Titel:
Unzulässige Fortsetzungsfeststellungsklage, Fortsetzungsfeststellungsinteresse (verneint), Auflösung einer Versammlung durch die Polizei, Rosenkranzgebet
Normenketten:
BayVersG Art. 15
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
GG Art. 8
GG Art. 4
Schlagworte:
Unzulässige Fortsetzungsfeststellungsklage, Fortsetzungsfeststellungsinteresse (verneint), Auflösung einer Versammlung durch die Polizei, Rosenkranzgebet
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32411
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit zweier polizeilicher Handlungen im Zusammenhang mit dem sog. Rosenkranzgebet am ... Januar 2022 in …
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Die Landeshauptstadt München erließ als allgemeine Versammlungsbehörde am 30. Dezember 2021 eine Allgemeinverfügung, nach welcher im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München alle stationären oder sich fortbewegenden Versammlungen im Zusammenhang mit Protesten gegen Corona-Maßnahmen, wie beispielsweise sog. „Corona“-, „Montags“- oder „Abschluss“- „Spaziergänge“ bzw. Kerzendemos, untersagt wurden, sofern die Anzeige- und Mitteilungspflicht nach Art. 13 BayVersG nicht eingehalten war (Ziffer 1. der Allgemeinverfügung). Die Allgemeinverfügung galt am Samstag, den 1. Januar 2022, am Montag, den 3. Januar 2022, sowie am Mittwoch, den 5. Januar 2022, jeweils von 0:00 bis 24:00 Uhr (Ziffer 2. der Allgemeinverfügung).
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Am … Januar 2022 fragten per E-Mail zwei Personen bei der Landeshauptstadt München an, ob für ein Rosenkranzgebet einer kleinen Gruppe von Betenden an der …, das am … Januar 2022 zum fünften Mal stattfinden solle, eine Anmeldung nötig sei, da das letzte Rosenkranzgebet am … Dezember 2021 von der Polizei aufgelöst worden sei. Die Landeshauptstadt München hat die Anfrage dahingehend beantwortet, dass von einer religiösen Zusammenkunft auszugehen sei, bei der zwar die Abstandsregeln einzuhalten seien, aber keine Versammlung vorliege, sondern Gemeingebrauch. Der Polizei wurde mit E-Mail vom 4. Januar 2022 dies ebenfalls mitgeteilt sowie dass für den Fall einer sehr dynamischen Situation am …platz den Betenden die alternative Örtlichkeit des … am … Tor empfohlen werden solle. Bei den bisherigen Rosenkranzgebeten habe es sich immer um eine kleine Gruppe Betender in der Größenordnung von ca. 10 Personen gehandelt.
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Nach der schriftlichen Stellungnahme des stellvertretenden Einsatzabschnittsführers vom … März 2022 habe ab 17:45 Uhr am …platz sowie im Fußgängerbereich ein erhöhtes Besucheraufkommen geherrscht. Es seien Pfiffe und Parolen („Friede, Freude“) wahrnehmbar gewesen. Um 18:00 Uhr habe er am … mit Herrn H., der ihm aus anderen Einsätzen persönlich bekannt war, gesprochen. Herrn H. sei mitgeteilt worden, dass aufgrund der sog. „Corona-Spaziergänge“ es nicht möglich sei, das Rosenkranzgebet an der …säule durchzuführen, da Lautsprecherdurchsagen erfolgen müssten. Es sei die Ersatzörtlichkeit am … Tor angeboten worden, was aber von Herrn H. abgelehnt worden sei. Auch ein Vertreter der Landeshauptstadt München habe Herrn H. über die Rechtslage aufgeklärt. Um 18:00 Uhr sei mit den Lautsprecherdurchsagen begonnen worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich bereits 50 bis 60 Personen an der …säule befunden. Innerhalb weniger Minuten habe sich die Zahl auf 100 Personen erhöht. Die Personen wurden der Querdenker-Szene zugeordnet. Ab 18:00 Uhr lief laut TLT-Durchsagebogen eine Durchsage der Polizei in Dauerschleife mit dem Hinweis auf die Allgemeinverfügung und die Begehung einer Ordnungswidrigkeit. Gegen 18:15 Uhr sei eine ihm unbekannte Person auf ihn zugekommen und habe ihn nach dem Grund für die Auflösung des Gebets gefragt. Er habe geantwortet, dass eine Auflösung noch nicht erfolgt sei. Aufgrund der immer lauter werdenden Parolen habe er aber nun das Gebet als Versammlung bewertet. Er habe angeboten, dass sich die Betenden von den Personen, die Parolen rufen, distanzieren und sich zum …brunnen begeben sollten. Kurze Zeit später seien alle Personen zum …brunnen gezogen. Betende Personen seien nicht mehr wahrnehmbar gewesen. Um 18:28 Uhr wurde die Durchsage geändert und die Auflösung der Versammlung mitgeteilt sowie die Teilnehmer aufgefordert, sich vom …platz zu entfernen. Um 18:35 Uhr wurde die Durchsage dahingehend abgeändert, dass nun auch die Feststellung der Personalien angekündigt wurde.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10. Januar 2022, eingegangen beim Verwaltungsgericht am selben Tag, erhob der Kläger Klage und beantragt zuletzt,
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festzustellen, dass die am ...1.2001 (gemeint: 2022) um ca. 18:05 Uhr gegenüber Herrn H. mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, auf dem … …platz an der …säule an diesem Abend nicht den Rosenkranz zu beten, rechtswidrig gewesen ist und den Kläger dadurch in einem Grundrecht der Glaubensfreiheit verletzt hat,
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festzustellen, dass die am ...1.2022 um ca. 18:07 Uhr gegenüber dem Kläger mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, auf dem … …platz an der …säule an diesem Abend nicht den Rosenkranz zu beten, rechtswidrig gewesen ist und den Kläger dadurch in seinem Grundrecht der Glaubensfreiheit verletzt hat,
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Hilfsweise festzustellen, dass die … Polizei am ...1.2022 um ca. 18:07 Uhr nicht berechtigt gewesen ist, den Kläger mit den ihm gegenüber ausgesprochenen „Hinweisen“ dazu zu bringen, vom Beten des Rosenkranzgebets an der …säule abzusehen
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Sowie festzustellen, dass die am ...1.2022 um 18:28 Uhr an die am …brunnen auf dem … …platz verbliebenen Teilnehmer des Rosenkranzgebets mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, das Rosenkranzgebet zu beenden und sich umgehend vom …platz unter Vermeidung einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit zu entfernen, rechtswidrig gewesen ist und den Kläger dadurch in seinem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt hat.
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Zur Begründung führt der Kläger aus, im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie habe sich bundesweit eine Initiative gebildet „Deutschland betet Rosenkranz“. Seit Mitte Dezember 2021 hätten sich jeden Mittwoch um 18:00 Uhr an der … …säule Gläubige zum Rosenkranzgebet getroffen. Ein solches Gebet sei am 22. Dezember 2021 ohne Probleme verlaufen. Am 29. Dezember 2021 sei dies jedoch von der Polizei um 18:10 Uhr aufgelöst worden. Am ... Januar 2022 habe die Polizei die Betenden kurz nach Beginn aufgefordert, den …platz zu verlassen. Auf den Hinweis, dass es sich nicht um eine Versammlung, sondern ein Gebet handle, habe es nach weiteren fünf Minuten geheißen, man könne zum Bereich zwischen dem …brunnen und dem benachbarten Kaufhaus gehen, was die Betenden getan hätten. Um 18:20 Uhr sei das Gebet vorzeitig durch eine mündlich an die Teilnehmer ausgesprochene Verfügung der Polizei aufgelöst worden mit der Begründung, es handle sich um eine verbotene Versammlung gegen die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der genannten Maßnahmen. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da die Polizei nun zum zweiten Mal das Rosenkranzgebet unterbunden habe. Außerdem bestehe ein Rehabilitationsinteresse, weil der Kläger mit der Auflösung der Gruppe der Querdenker zugeordnet worden sei. Dies habe diskriminierende Wirkung. Die Verfügungen seien zudem rechtswidrig, da es sich bei dem Rosenkranzgebet nicht um eine Versammlung handle, sondern um eine religiöse Veranstaltung, die nicht anmeldepflichtig gewesen sei. Die Umqualifikation des Rosenkranzgebets durch die Polizei in eine Versammlung verstoße gegen die Glaubensfreiheit. Ein Verstoß gegen die Abstandsregelungen habe nicht vorgelegen. Es fehle daher bereits an einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinn von Art. 11 Abs. 1 PAG. Der Kläger sei auch kein Störer im Sinn des Art. 7 Abs. 1 PAG gewesen. Die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Klägers als Nichtstörer nach Art. 10 PAG hätten zudem nicht vorgelegen. Der sofortige Erlass einer Verbotsverfügung sei zudem nicht erforderlich gewesen und verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Kläger sei dadurch in seiner Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verletzt. In einer weiteren Begründung trägt der Kläger vor, auch die erste Maßnahme der Polizei sei für ihn als Verwaltungsakt zu verstehen gewesen. Der stellvertretende Einsatzgruppenführer habe keinen Zweifel daran gelassen, dass der …platz für die Betenden tabu sei und hier keine Veranstaltungen stattfinden würden. Es stünde den Beteiligten frei zum … Tor (…) umzuziehen. Gleichzeitig sei mittels einer Laufbandanzeige und Durchsagen alle drei Minuten darauf hingewiesen worden, dass Versammlungen verboten seien. Der Kläger habe darauf hingewiesen, dass das Rosenkranzgebet keine verbotene Versammlung sei, sondern die Ausübung der Glaubensfreiheit. Die Betenden seien daher an der …säule geblieben in der Hoffnung, die Polizei würde ihren Irrtum erkennen. Zehn Minuten später sei der Beamte zu den Betenden zurückgekehrt und habe diesen mitgeteilt, dass das Gebet am …brunnen fortgesetzt werden könne. Auch bis zur Auflösung habe es keine Anzeigen für eine größere Ansammlung von Corona-Spaziergängern gegeben. Diese hätten sich erst gegen 19:00 Uhr am Beginn der K. Straße versammelt. Weder in der Presse noch im Polizeibericht sei die Rede davon, dass zwischen 18:15 Uhr und 18:28 Uhr eine störende Gruppe auf der Ostseite des …platzes gewesen sei. Der Kläger und die anderen Teilnehmer des Gebets hätten die Polizei so verstanden, dass das Beten verboten sei. Daher hätten sie zunächst nicht um 18:00 Uhr mit dem Gebet begonnen. Daher liege auch insoweit ein Verwaltungsakt vor. Außerdem liege ein Verwaltungsakt darin, dass um 18:15 Uhr die Betenden zum …brunnen geschickt worden seien. Es liege weiterhin eine Wiederholungsgefahr vor und ein schwerwiegender Grundrechtseingriff in die Glaubensfreiheit. Die Assoziation mit den Querdenkern habe der Kläger subjektiv als diskriminierend empfunden.
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Gleichzeitig beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, dem Freistaat Bayern zu untersagen, das am 12. Januar 2022 auf dem … …platz an der …säule zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr stattfindende Rosenkranzgebet durch Verfügungen der Polizei zu unterbinden. Mit Beschluss des Gerichts vom 12. Januar 2022 (Az. M 23 E 22.104) wurde der Antrag abgelehnt. Eine Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. B.v. 12.1.2022 – 10 CE 22.68) blieb ohne Erfolg.
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Der Beklagte beantragt,
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Der erste Klageantrag sei bereits unstatthaft, da keine polizeiliche Maßnahme in Form eines belastenden Verwaltungsakts oder Realakts gegenüber dem Kläger ergangen sei. Der Vorschlag einer Ausweichmöglichkeit entfalte keinen Regelungscharakter. Der zweite Klageantrag sei wegen fehlendem Fortsetzungsfeststellungsinteresse bereits unzulässig. Weder liege eine Wiederholungsgefahr vor, noch bestehe mangels persönlicher Betroffenheit des Klägers ein Rehabilitationsinteresse. Die versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung habe sich gegen die Gesamtheit der Versammlung gerichtet. Auch ein tiefgreifender Grundrechtseingriff sei nicht erkennbar. Die polizeiliche Maßnahme habe nicht auf eine Einschränkung der Glaubensfreiheit abgezielt, sondern die gesetzliche Vorgabe des Art. 15 Abs. 6 BayVersG umgesetzt, wonach verbotene Versammlungen aufzulösen seien. Es habe dem Kläger freigestanden, seiner Glaubensfreiheit an einem anderen Ort nachzugehen. Im Übrigen sei der zweite Klageantrag auch unbegründet. Die Auflösungsverfügung beruhe auf Art. 15 Abs. 6 BayVersG. Die gegenständliche Versammlung habe gegen die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt München vom 30. Dezember 2021 verstoßen. Gegen 18:15 Uhr habe eine unbekannte Person den stellvertretenden Einsatzabschnittsführer angesprochen und nach dem Grund der Auflösung des Rosenkranzgebets gefragt. Dieser habe geantwortet, dass das Rosenkranzgebet nicht aufgelöst worden sei. Er habe aber darauf hingewiesen, dass die wachsende Personengruppe im Bereich der Gebetsörtlichkeit an der …säule nunmehr als (Teil-)Versammlung betrachtet werde, da zu diesem Zeitpunkt immer lauter werdende Parolen gerufen worden seien. Es sei erneut ein alternativer Gebetsort angeboten worden, dieses Mal am …brunnen. Kurze Zeit später hätten sich alle Personen zum …brunnen begeben. Visuell seien nur noch protestierende Personen wahrnehmbar gewesen aber keine Betenden. Daher sei um 18:28 Uhr die Versammlung aufgelöst worden. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung innerhalb derselben befunden und sei daher ebenfalls Adressat.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 25. März 2024 wurden die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Der Gerichtsbescheid erging mit Datum vom 30. April 2024, dem Klägervertreter zugestellt per Postzustellungsurkunde am 15. Mai 2024. Mit Schreiben vom 9. Juni 2024, eingegangen am 10. Juni 2024, hat der Klägervertreter Antrag auf mündliche Verhandlung sowie Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 23 E 22.104, das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2024 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde rechtzeitig binnen eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids gestellt (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Damit gilt der Gerichtsbescheid nicht als ergangen (§ 84 Abs. 3 2. Alt. VwGO).
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2. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Das Gericht folgt insoweit zunächst der Begründung des Gerichtsbescheids vom 30. April 2024 (§ 84 Abs. 4 VwGO).
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a) Unabhängig von der Frage, ob die in der mündlichen Verhandlung geänderten Anträge zu ersten Sachverhaltskomplex eine zulässige Klageänderung bzw. Klageerweiterung nach § 91 Abs. 1 und 2 VwGO darstellen, woran hier bereits Zweifel bestehen, da die Klageänderung und Klageerweiterung hinsichtlich der Feststellung, dass die am ... Januar 2022 um ca. 18:05 Uhr gegenüber Herrn H. mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, auf dem … …platz an der …säule an diesem Abend nicht den Rosenkranz zu beten, rechtswidrig gewesen ist und den Kläger dadurch in einem Grundrecht der Glaubensfreiheit verletzt hat sowie, dass die am 5.1.2022 um ca. 18:07 Uhr gegenüber dem Kläger mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, auf dem … …platz an der …säule an diesem Abend nicht den Rosenkranz zu beten, rechtswidrig gewesen ist und den Kläger dadurch in seinem Grundrecht der Glaubensfreiheit verletzt hat, bereits nicht sachdienlich erscheint, sind auch die neuen Anträge nicht statthaft.
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Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog kann nur ein Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 BayVwVfG sein. Verwaltungsakt ist nach der Legaldefinition des Art. 35 BayVwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Insbesondere muss eine konkret-individuelle Regelung vorliegen, um ein behördliches Handeln als Verwaltungsakt zu qualifizieren.
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Gemessen an diesen Grundsätzen liegt in dem Gespräch des stellvertretenden Einsatzabschnittführers mit Herrn H. um 18:05 Uhr lediglich ein einfaches behördliches Handeln ohne Charakter eines Verwaltungsaktes vor. Es fehlt bereits an einem konkret-individuellen Regelungsgehalt. Herrn H. wurde lediglich mitgeteilt, dass es aufgrund der Corona-Spaziergänge am …platz tatsächlich nicht möglich wäre, den Rosenkranz zu beten. Die Polizei müsse die erforderlichen Lautsprecherdurchsagen machen. Gleichzeitig wurde die Ersatzörtlichkeit angeboten. Dies wurde nochmals durch den anwesenden Vertreter der Landeshauptstadt München als Versammlungsbehörde erläutert. Auch gegenüber der unbekannten Person (wohl dem Kläger), die sich um 18:15 Uhr an den stellvertretenden Einsatzabschnittsführer wandte mit der Frage, warum er das Gebet auflöse, wurde geantwortet, dass eine Auflösung nicht erfolgt sei. Damit wurde auch dem Kläger gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Gespräch mit Herrn H. um 18:05 Uhr nur hinweisenden und keinen regelnden Charakter hatte. Zudem erfolgten keine weiteren (Vollstreckungs-)Maßnahmen seitens der Polizei, als Herr H. und die übrigen Betenden sich auf den ersten oder auch weiteren Hinweis seitens der Polizei nicht entfernten. Auch diese lässt erkennen, dass es sich lediglich um einen unverbindlichen Hinweis ohne Regelungscharakter handelte. Es fehlte daher auch um 18:05 Uhr an einer Bekanntgabe eines vom Kläger behaupteten Verwaltungsakts an alle Betenden. Damit stellt sich zudem die Frage, ob überhaupt die erforderliche Außenwirkung gegeben war. Zudem erging diese Aussage des stellvertretenden Einsatzabschnittsführers – wie der erste Klageantrag ausdrücklich besagt, gegenüber Herrn H. Eine Rechtsverletzung des Klägers, der nicht Adressat dieser Äußerung war, kann daher schon aus diesem Grund betreffend der gegenüber Herrn H. seitens der Polizei getätigten Äußerungen nicht vorliegen. Auch die weitere Äußerung gegenüber dem Kläger um 18:07 Uhr enthielt keinen Regelungscharakter, sondern stellte lediglich einen Hinweis auf die tatsächliche Situation dar.
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Eine Umdeutung in eine allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO (Hilfsantrag) scheidet aus. Es wurde bereits nicht hinreichend dargelegt, welches Rechtsverhältnis vorliegen soll, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll. Auch wurde das notwendige berechtigte Interesse des Klägers an der Feststellung nicht dargelegt.
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Der Kläger verkennt, dass es sich bei dem schlicht hoheitlichen Handeln der Polizei im vorliegenden Fall lediglich um Hinweis auf die tatsächliche Situation vor Ort handelte. Aufgrund der erforderlichen Lautsprecherdurchsagen wegen der sich zuspitzenden Versammlungssituation an der Örtlichkeit, war faktisch ein ungestörtes Rosenkranzgebet nicht möglich. Die Ausübung der Religionsfreiheit wäre dem Kläger im Übrigen auch an der angebotenen Ersatzörtlichkeit möglich und auch zumutbar gewesen. Dass das Rosenkranzgebet gerade nicht in irgendeiner Form aufgelöst oder an einen anderen Ort verwiesen wurde, ergibt sich aus dem vom Kläger selbst vorgetragenen Sachverhalt auf Blatt 122 der Behördenakte. Nach der Weigerung von Herrn H. hat der zuständige stellvertretende Einsatzabschnittsführer gerade keinen Platzverweis oder ähnliches ausgesprochen. Auch eine weitere Durchsetzung, der vom Kläger als polizeilichen Verfügungen benannten Äußerungen, fand gerade nicht statt. Dies wäre aber der Fall gewesen, hätte die Polizei vor Ort eine Anordnung mit Regelungscharakter treffen wollen. Es ist zuzugestehen, dass aufgrund der angespannten Gesamtsituation und der sich weiter zuspitzenden Lage der vor Ort befindliche stellvertretende Einsatzabschnittsführer etwas kurz angebunden und ggfs. etwas „ruppig“ auf die weitere Ansprache durch den Kläger reagiert hat. Zu diesem Zeitpunkt war aber zudem auch ein Vertreter der Landeshauptstadt München vor Ort und hat weitere Erläuterungen zur Sach- und Rechtslage abgegeben.
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b) Die grundsätzlich gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog betreffend eine Auflösung einer Versammlung statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage ist mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig (Klageantrag betreffend die am 5.1.2022 um 18:28 Uhr an die am …brunnen auf dem … …platz verbliebenen Teilnehmer des Rosenkranzgebets mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei, das Rosenkranzgebet zu beenden und sich umgehend vom …platz unter Vermeidung einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit zu entfernen).
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Für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falls anzuerkennende, schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei es Sache des Klägers ist, die Umstände darzulegen, aus denen sich das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG, U.v 15.11.1990 – 3 C 49.87 – juris; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 109). In versammlungsrechtlichen Verfahren besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77; BayVGH, B.v. 13.1.2023 – 10 ZB 22.1408 – juris; U.v. 10.7.2018 – 10 BV 17.2405 – juris) ein solches Interesse unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht, die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtsmäßigkeit angenommen werden kann.
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aa) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich im vorliegenden Fall nicht aus einer Wiederholungsgefahr.
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Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass die Behörde erneut einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt des erledigten Verwaltungsakts oder zumindest einen gleichartigen Verwaltungsakt erlässt. Dies setzt jedoch nicht nur die konkrete Gefahr voraus, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung der maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 112). Konkret bezogen auf versammlungsrechtliche Streitigkeiten setzt das Erfordernis der Wiederholungsgefahr zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2004, – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier eine konkrete Wiederholungsgefahr weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Die von der Landeshauptstadt München erlassene Allgemeinverfügung vom 30. Dezember 2021 galt nur noch für den fraglichen ... Januar 2022. Aktuell besteht keine akute pandemische Lage mehr, die mit der Situation zum Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung am 5. Januar 2022 vergleichbar wäre. Insbesondere sind alle rechtlichen Infektionsschutzmaßnahmen, die Gegenstand einer vergleichbaren Versammlung oder einer entsprechenden Allgemeinverfügung sein könnten, aufgegeben worden. Eine Versammlungsauflösung nach Art. 15 Abs. 6 BayVersG auf der Basis der Allgemeinverfügung vom 30. Dezember 2021 ist daher bereits nicht mehr möglich. Eine Wiederholungsgefahr besteht daher nach Ende der Pandemie nicht mehr (vgl. BayVGH, B.v. 10.3.2024 – 10 ZB 24.129 – juris). Dabei kann insoweit dahinstehen, ob das Rosenkranzgebet hier – wie vom Kläger angenommen – als Versammlung vom Beklagten umqualifiziert worden ist oder nicht und aufgelöst wurde. Eine Auflösung des Rosenkranzgebets als solchem gegenüber ausschließlich den Teilnehmern desselben fand nicht statt. Verfahrensgegenstand ist vielmehr die Auflösung einer durch Allgemeinverfügung untersagten Versammlung nach Art. 15 Abs. 6 BayVersG.
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bb) Ebenfalls ergibt sich im konkreten Fall kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus Gründen der Rehabilitierung.
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Ein berechtigtes Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme bei vernünftiger Würdigung und objektiver Betrachtung der Verhältnisse eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, B.v. 25.6.2019 – 6 B 154.18 – juris; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris). Ein Rehabilitierungsinteresse begründet ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nur dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 4.10.2006 – 6 B 64.06 – BayVBl 2007, 505). Eine solche Beeinträchtigung kann sich beispielsweise aus der Begründung einer Verwaltungsentscheidung ergeben insbesondere wenn sie Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem zu erwartenden kriminellen Verhalten auf Versammlungen enthält (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer Rehabilitierung bei objektiver Betrachtung der Verhältnisse nicht erkennbar. Weder enthält die Allgemeinverfügung vom 30. Dezember 2021 noch die vor Ort um 18:28 Uhr erfolgte Auflösung der Versammlung irgendwelche Feststellungen oder Ausführungen zur Person des Klägers oder in sonstiger Weise allgemein zur Stigmatisierung einzelner Personen geeignete Inhalte. Der Kläger war den Polizeibeamten vor Ort nicht persönlich bekannt. Der Kläger will auch gerade nicht selbst an den Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen sondern lediglich am Rosenkranzgebet teilgenommen haben. Da sich die Auflösung lediglich gegen die nicht angezeigte Versammlung und nicht gegen das Rosenkranzgebet als solches gerichtet hat, scheidet auch insoweit eine Stigmatisierung des Klägers durch einen Bezug zu Querdenkern aus. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass auch das Rosenkranzgebet aufgelöst worden ist, so richtete sich die Auflösung gegen alle auf dem …platz anwesenden Demonstrierenden. Bei objektiver Betrachtung der Verhältnisse stach der Kläger nicht aus dieser Masse heraus, so dass eine persönliche Stigmatisierung des Klägers vorliegen würde. Vielmehr fühlt sich der Kläger nur subjektiv stigmatisiert. Auch eine eventuelle, nicht näher dargelegte Möglichkeit der Identifizierung des Klägers durch KIgestützte Auswertung von Videoaufnahmen durch die Polizei ist spekulativ und würde der nötigen Rechtsgrundlage entbehren. Für die Polizei gab und gibt es keine Notwendigkeit, die Identität des Klägers festzustellen. Wäre dies notwendig gewesen, so hätte dies vor Ort bereits stattgefunden. Die Identität des Klägers wurde der Polizei erst durch die hier geführten gerichtlichen Verfahren bekannt.
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cc) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich im konkreten Fall auch nicht aufgrund eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – juris; BayVGH, U.v. 10.7.2018 – 10 BV 17.2405 – juris) gebietet es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. In versammlungsrechtlichen Streitigkeiten ist ein schwerwiegender Eingriff in die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG, der ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen und damit die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes eröffnen kann, dann gegeben, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Dasselbe gilt, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von Auflagen nur in einer Weise, die den spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben.
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Gemessen hieran ist vorliegend auch kein tiefgreifender Grundrechtseingriff anzunehmen. Zwar wurde die Versammlung auf dem …platz aufgelöst. Dies betraf aber die nicht angemeldete und nach der Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt München vom 30. Dezember 2021 für diesen Tag untersagte Versammlung im Zusammenhang mit Protesten gegen Corona-Maßnahmen. Nicht untersagt wurde hingegen das Rosenkranzgebet als solches. Eine solche Auflösung gegenüber den Teilnehmern des Rosenkranzgebets fand auch um 18:28 Uhr nicht statt. Dies ergibt sich aus den dokumentierten Durchsagen der Polizei, die sich ausdrücklich auf die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt München vom 30. Dezember 2021 bezogen haben. Die erste ab 18:00 Uhr erfolgte Durchsage hatte u.a. folgenden Wortlaut zum Inhalt „Durch die Stadt … wurden nicht angemeldete Versammlungen, Corona-Spaziergänge und Kerzendemos untersagt.“. In der zweiten Durchsage um 18:28 Uhr hieß es ebenfalls „Durch die Landeshauptstadt München wurden nicht angemeldete Versammlungen, Corona-Spaziergänge und Kerzendemos untersagt. Die Durchführung ihrer Versammlung ist unzulässig und stellt für sie als Teilnehmer eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Versammlung ist hiermit aufgelöst.“. Das Rosenkranzgebet wurde in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Das Rosenkranzgebet selbst wurde – insbesondere auch nach Klärung der Rechtsfrage durch die E-Mail der Landeshauptstadt München/Versammlungsbehörde vom 4. Januar 2022 – und nach einer Auflösung am 29. Dezember 2021 gerade nicht mehr als anmeldepflichtige Versammlung, sondern als religiöse Veranstaltung im Rahmen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs seitens der Polizei betrachtet. Eine Auflösung des Rosenkranzgebets nach versammlungsrechtlichen Vorschriften fand nicht statt. Die Polizei hat die Lage auf dem …platz zunächst ab 18:00 Uhr als reines Rosenkranzgebet betrachtet. Gegen 18:15 Uhr hatten sich die bislang ca. 50 bis 60 Personen am …platz innerhalb weniger Minuten auf ca. 100 Personen erhöht. Gleichzeitig wurden Parolen gerufen, welche sich gegen die Corona-Maßnahmen richteten. Zu diesem Zeitpunkt fragte eine unbekannte Person den stellvertretenden Einsatzabschnittsführer, warum das Gebet aufgelöst wurden sei. Es kann angenommen werden, dass es sich bei dieser Person um den Kläger handelte. Ihm wurde erklärt, dass das Gebet nicht aufgelöst sei. Die Lage veränderte sich zu dem Zeitpunkt aber dahingehend, dass neben den Beteten auch eine nicht angezeigte Versammlung entstand. Diese und auch nur diese wurde um 18:28 Uhr aufgelöst. Der unbekannten Person, vermutlich dem Kläger, wurde eine Verlegung an den …brunnen angeboten und gesagt, er solle sich von den Personen, welche Parolen skandieren, distanzieren. Zum Zeitpunkt der Auflösung um 18:28 Uhr waren betende Personen nicht mehr wahrnehmbar. Auch der Kläger sagt selbst, dass das Gebet nicht fortgesetzt worden sei. Der Kläger trägt selbst vor, dass er lediglich Betender war und nicht an der dann aufgelösten Versammlung teilgenommen habe. Er beruft sich insoweit auch auf sein Grundrecht auf freie Religionsausübung nach Art. 4 GG und gerade nicht auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG. Ein Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit des Klägers scheidet daher schon aus diesem Grund aus. Ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Religionsausübung fand durch die Auflösung der Versammlung nicht statt. Der Kläger übersieht insoweit, dass es neben dem Rosenkranzgebet auch eine nicht angezeigte Versammlung gab. Eine „Umqualifizierung“ des Rosenkranzgebets in eine nicht angezeigte Versammlung, wie sie der Kläger vorträgt, fand nicht statt. Die allgemeine Lage vor Ort stellte sich so dar, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Betenden mehr feststellbar waren, sondern nur noch gegen Corona-Maßnahmen Demonstrierende.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von einem Zeugen gemachten Beobachtung, nach welcher ein Polizeibeamter noch vor der Durchsage um 18:28 Uhr mit den Armen eine beendigende Geste gemacht und „es ist vorbei“ gesagt haben soll. Eine Einvernahme des Zeugen war entbehrlich, da dieser Sachverhalt von der Beklagtenseite unstreitig gestellt wurde. Streitgegenstand ist nach dem klägerischen Antrag allein die um 18:28 Uhr mündlich ausgesprochene Verfügung der bayerischen Polizei. Dabei handelt es sich um die Durchsage der Polizei, mit welcher die sich entwickelnde Versammlung aufgelöst wurde. Eine weitere Erweiterung der Klage auf diesen Lebenssachverhalt wäre im Übrigen nicht sachdienlich. Das Rosenkranzgebet wurde zudem in dieser Durchsage nicht erwähnt. Entsprechend fand nie eine Auflösung des Rosenkranzgebets statt. Die Geste und der entsprechende Satz wurden vor der Durchsage getätigt und sind entsprechend dem Klageantrag bereits nicht Klagegegenstand. Im Übrigen wäre es auch denkbar, dass die Geste und der entsprechende Satz nicht dem Zeugen und den anderen Teilnehmern des Rosenkranzgebets galt, sondern anderen umstehenden Polizeibeamten.
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3. Die Kostentragung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.