Titel:
Glücksspiel, Verbundspielhalle, Nebenbestimmungen zu glücksspielrechtlicher Spielhallenerlaubnis
Normenketten:
GlüStV 2021 § 24
GlüStV 2021 § 5
Schlagworte:
Glücksspiel, Verbundspielhalle, Nebenbestimmungen zu glücksspielrechtlicher Spielhallenerlaubnis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32400
Tenor
I. Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Die Bescheide der Beklagten vom ... Dezember 2022 werden jeweils in den Nummern 5.5, 5.6 und 6 aufgehoben.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen zu den ihr erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse für den Betrieb von drei Spielhallen „Löwen Play Spielhalle 2“, „Löwen Play Spielhalle 3“ und „Löwen Play Spielhalle 4“ im Gebiet der beklagten Stadt.
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Mit drei im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom … Dezember 2022, zugestellt am ... Dezember 2022, erteilte die Beklagte der Klägerin jeweils die glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielhallen „Löwen Play Spielhalle 2“, „Löwen Play Spielhalle 3“ und „Löwen Play Spielhalle 4“ (jeweils Nummer 1 des Bescheidstenors) im baulichen Verbund (jeweils Nummer 2 des Bescheidstenors). Die Erlaubnisse erlöschen jeweils mit Ablauf des … Juni 2026 (jeweils Nummer 3 des Bescheidstenors).
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Die glücksspielrechtlichen Erlaubnisse enthalten daneben unter anderem jeweils die nachfolgenden Bestimmungen:
„4. Die Erlaubnisinhaberin wird verpflichtet, die von ihr vorgelegten Unterlassungs- bzw. Verpflichtungserklärungen und die von ihr vorgelegten Konzepte vollumfänglich einzuhalten; es sind dies:
a) die Unterlassungserklärung zum Internetverbot vom …09.2021 b) die Unterlassungserklärung zum Verbot audiovisueller oder rein visueller Übertragung von Automatenspielen und der Teilnahme über das Internet vom …09.2021 c) das Werbekonzept in der Fassung vom …09.2021 d) das Sozialkonzept (Arbeitsstand: …10.2021)
e) bei Verbundspielhallen: die Verpflichtungserklärung zum Zutrittsverbot von Personen unter 21 Jahren vom …09.2021 Die vorgenannten Unterlagen werden zum Bestandteil dieses Bescheids erklärt. Mit Ausnahme des Sozialkonzeptes sind diese mit dem Siegel der Stadt (…) und dem Datum dieses Bescheides gekennzeichnet.
5. Die Erlaubnis wird gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV unter folgenden Auflagen erteilt:
5.2 Nebenbestimmungen zur Werbung und dem vorgelegten Werbekonzept gem. § 5 GlüStV (…)
5.2.2 In der laufenden Werbung sind spielanreizende Bezeichnungen wie „Casino“ und „Casinospiele“ unzulässig. Die Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) und von zum Zweck des öffentlichen Glückspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten (bspw. Roulettetisch) bei Werbemaßnahmen ist unzulässig. Eine Werbung mit Boni ist nicht erlaubt.
5.2.4 In der Spielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Erlaubnisinhabers darf für andere als die in der Spielhalle angebotenen Glücksspiele sowie für andere Spielhallen oder Örtlichkeiten, an denen Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, nicht geworben werden.
5.3 Nebenbestimmungen zum Sozialkonzept gem. § 6 GlüStV
5.3.1 Die Einhaltung der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV 2021 (insbesondere regelmäßige Schulung des Personals, Dokumentation von Maßnahmen und Auslage aktueller Informationen zu Spielsucht) ist dauerhaft sicherzustellen und das vorgelegte Sozialkonzept vom 14.10.2021 bei Bedarf zur Anpassung an aktuelle Verhältnisse zu aktualisieren.
5.5 Zur Sicherstellung des Teilnahmeverbots gesperrter Spieler ist bei jedem Betreten der Spielhalle ein Abgleich mit der zentralen Sperrdatei OASIS durchzuführen. Die Spielteilnahme ist nur zulässig, wenn die Abfrage bei OASIS ergeben hat, dass der Spieler dort nicht als „gesperrt“ eingetragen ist.
5.6 Eine Kopie dieser Erlaubnis, des Werbekonzepts und des Sozialkonzepts samt zugehehöriger Dokumentation sind jederzeit in der Spielhalle zur Einsichtnahme durch die Aufsichts- und Erlaubnisbehörden im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen bereitzuhalten.
5.11 Die Erlaubnis für eine Spielhalle im baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen wird unter Einhaltung folgender zusätzlicher Auflagen (gem. Art. 15 Abs. 3 AGGlüStV) erteilt:
5.11.1 Die Spielhalle ist unverzüglich gem. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a AGGIüStV zu zertifizieren, sobald die Akkreditierung von Prüforganisationen bei der nationalen Akkreditierungsstelle abgeschlossen ist. Ein Nachweis über die Zertifizierung ist binnen zwei Wochen nach deren Abschluss unaufgefordert bei der Erlaubnisbehörde vorzulegen. Die Zertifizierung ist gem. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b AGGlüStV mindestens alle zwei Jahre zu wiederholen. Binnen vier Wochen nach dem Stichtag ist der Erlaubnisbehörde jeweils unaufgefordert ein Nachweis über die Wiederholung der Zertifizierung vorzulegen.
6. Die Stadt (…) behält sich bei Verstößen der Erlaubnisinhaberin gegen eine oder mehrere der unter Nr. 5 dieses Bescheids erlassenen Auflagen den Widerruf der glücksspielrechtlichen Erlaubnis vor. Dies gilt insbesondere für die verspätete bzw. nicht erfolgte Einreichung von Unterlagen, die gemäß Nr.5.11 gesetzliche Voraussetzungen für zusätzliche Erlaubnisse oder Befreiungen darstellen."
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 4. Januar 2023, elektronisch eingegangen am 5. Januar 2023, ließ die Klägerin Klage erheben und (sinngemäß) beantragen,
die in den drei Erlaubnisbescheiden der Beklagten vom … Dezember 2022 unter den Nummern 5.2.2 Satz 1 (soweit sie sich auch auf den Innenbereich der Spielhallen erstreckt), 5.2.4, 5.3.1 Halbsatz 2, 5.5, 5.6, 5.11.1 Satz 2 und Satz 4 enthaltenen Auflagen sowie den unter Nummer 6 enthaltenen Widerrufsvorbehalt aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die drei glücksspielrechtlichen Erlaubnisse ohne die im Anfechtungsweg beanstandeten Nebenbestimmungen zu erlassen.
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Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen ausgeführt, die jeweils in Nummer 5.2.2 Satz 1 für den Innenbereich und in Nummer 5.2.4 enthaltenen Auflagen könnten weder auf § 26 Abs. 1 GlüStV 2021 noch auf § 5 Abs. 2 GlüStV 2021 gestützt werden, so dass es an einer Rechtsgrundlage fehle. Die jeweils in Nummer 5.3.1 Halbsatz 2 enthaltene Auflage sei unbestimmt. Die jeweils in Nummer 5.5 und Nummer 5.6 enthaltenen Auflagen seien nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Die jeweils in Nummer 5.11.1 Satz 2 und Satz 4 enthaltene Auflage verlange etwas tatsächlich Unmögliches. Auch der jeweils in Nummer 6 enthaltene Widerrufsbehalt sei nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Hinsichtlich der weiteren, ausführlichen Begründung wird auf die Schriftsätze der Klagepartei vom 4. Januar 2023 und 18. April 2023 verwiesen.
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Die Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die jeweils in Nummer 5.2.2 Satz 1 enthaltene Auflage basiere auf § 5 GlüStV 2021, der sich nicht auf den Außenbereich beschränke. Die jeweils in Nummer 5.2.4 enthaltene Auflage basiere auf § 26 Abs. 1 GlüStV 2021 und § 5 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021. Die jeweils in Nummer 5.3.1 Halbsatz 2 enthaltene Auflage würde auf § 6 Abs. 2 GlüStV 2021 basieren. In jedem Sozialkonzept seien Informationen enthalten, die sich jederzeit ändern könnten (bspw. die Person des Sozialkonzeptbeauftragten bzw. die verantwortliche Person vor Ort oder die anbieterunabhängigen Hilfsangebote). Um einen effektiven Spielerschutz zu gewährleisten, müssten diese Informationen immer auf dem aktuellen Stand sein. Die Auflage in der jeweiligen Nummer 5.6 der Bescheide basiere auf § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 9 GlüStV 2021. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV 2021 könne die zuständige Behörde insbesondere jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen, Daten und Nachweise verlangen, die zur Prüfung im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 erforderlich sind. Aus dem in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV 2021 geregelten Betretungsrecht der Geschäftsräume und Grundstücke zum Zwecke der Prüfung, ergebe sich ohne weiteres, dass die einschlägigen Unterlagen wie insbesondere die Erlaubnis, das Werbekonzept und das Sozialkonzept in den Geschäftsräumen aufzubewahren seien. Die jeweils in Nummer 5.11.1 Satz 2 und Satz 4 enthaltene Auflage fuße auf Art. 15 Abs. 3 AGGlüStV. Rechtsgrundlage des jeweils in Nummer 6 enthaltenen Widerrufsvorbehalts sei § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021. Da die Erlaubnis bei Nichterfüllung einer Auflage gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG aber ohnehin widerrufen werden dürfe, hätte eine Aufhebung der Nebenbestimmung keine rechtliche Besserstellung für die Erlaubnisinhaberin zur Folge. Hinsichtlich der weiteren, ausführlichen Begründung wird auf den Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 22. März 2023 verwiesen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2024 sicherte der Vertreter der Beklagten im Hinblick auf die jeweiligen Nebenbestimmungen in Nummer 5.2.2 zu, dass die in den Spielhallen befindlichen Teppiche und Stühle mit dem Schriftzug „Casino“ bis zum Ablauf der jeweiligen Erlaubnisse am … Juni 2026 von Seiten der Glücksspielaufsicht nicht beanstandet werden. Zu den jeweiligen Nebenbestimmungen in Nummer 5.11.1 Satz 2 erklärte der Vertreter der Beklagten, dass das Wort „Abschluss“ definiert werde als Tag der Ausstellung des Zertifikats.
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Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der jeweils in Nummer 5.2.2 Satz 1 und Nummer 5.11.1 Satz 2 und Satz 4 enthaltenen Nebenbestimmungen übereinstimmend für erledigt. Im Übrigen wurden die o.g. Anträge gestellt.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte der Beklagten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (betrifft jeweils Nummer 5.2.2 Satz 1 und Nummer 5.11.1 Satz 2 und Satz 4 des Bescheidstenors), war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen (Nummer I des Urteilstenors). Wegen der Entscheidung über die Kostentragung wird auf die Ausführungen zur einheitlichen Kostenentscheidung am Ende der Entscheidungsgründe verwiesen.
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Die nach § 42 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet, soweit es die den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen jeweils beigefügten Nebenbestimmungen in den Nummern 5.2.4 und 5.3.1 Halbsatz 2 betrifft. Diese Nebenbestimmungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 Satz 1 VwGO).
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1. Die jeweils in Nummer 5.2.4 enthaltene Nebenbestimmung gibt der Klägerin auf, in der jeweiligen Spielhalle und im umliegenden Einflussbereich nicht für andere als die in der Spielhalle angebotenen Glücksspiele sowie für andere Spielhallen oder Örtlichkeiten, an denen Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, zu werben. Es handelt sich um eine Auflage.
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1.1 Rechtsgrundlage für die werbebezogene Auflage ist § 2 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 Glücksspielstaatsvertrag 2021 in der seit dem 1. Juli 2021 geltenden Fassung (GlüStV 2021) und § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021.
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Zu Nebenbestimmungen für Werbemaßnahmen regelt § 5 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021, dass in der Erlaubnis nach § 4 GlüStV 2021 Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Ausgestaltung der Werbung für öffentliches Glücksspiel, insbesondere im Fernsehen und im Internet einschließlich fernsehähnlichen Telemedien und Video-Sharing-Diensten, sowie zu Pflichthinweisen festzulegen sind. Dies gilt nach § 2 Abs. 3 GlüStV 2021 für die glücksspielrechtliche Spielhallenerlaubnis gleichermaßen.
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Im Übrigen kann die Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden. Einer weitergehenden Rechtsgrundlage bedarf es daneben nicht. Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) stellt klar, dass ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, stets dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden darf, „wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen“ ist (zum Vorrang des Fachrechts siehe auch Art. 1 Abs. 1 Halbsatz 2 BayVwVfG).
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Ergänzend zur Ermächtigung von Inhalts- und Nebenbestimmungen bestimmt Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (AGGlüStV), dass die glücksspielrechtliche Spielhallenerlaubnis nur erteilt werden darf, wenn die Einhaltung der Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV 2021 sichergestellt ist.
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Hiervon ausgehend hatte die Beklagte in den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen der klägerischen Spielhallen Nebenbestimmungen zu Inhalt und zur Ausgestaltung der Werbung festzulegen, die das mit den Erlaubnissen verbundene Recht der Klägerin, für ihr erlaubtes Angebot ihrer Spielhalle zu werben, nach Art und Inhalt beschränken. „Für erlaubte Anbieter sind in der glücksspielrechtlichen Erlaubnis Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Ausgestaltung der Werbung aufzunehmen. Diese Bestimmungen können sämtliche Bereiche der Werbung betreffen und für einzelne Glücksspiele, Werbeformen und -mittel auch Verbote zur Einhaltung der Ziele des § 1 GlüStV 2021 enthalten. Welche Maßnahmen im Einzelnen vorgesehen werden, liegt im Ermessen der zuständigen Erlaubnisbehörde“ (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 86).
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1.2 Die Auflage Nummer 5.2.4 ist hinreichend bestimmt. Das Werbeverbot ist der Klägerin als Spielhallenbetreiberin auferlegt. Wie weit der „Einflussbereich“ der Klägerin als Spielhallenbetreiberin reicht, ergibt sich hinreichend bestimmt aus dem Wortlaut der Auflage und deren Auslegung anhand ihres Zwecks. Mit der Wendung „in der Spielhalle“ sind die Räume bezeichnet, die die Klägerin in ihrem jeweiligen Erlaubnisantrag unter Bezugnahme auf die ihr erteilte gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i Gewerbeordnung (GewO) benannt hat. Über diese hat sie die Verfügungsgewalt. Darüber hinaus sind auch die Bereiche erfasst, die im „umliegenden Einflussbereich“ der Klägerin als Spielhallenbetreiberin liegen. Die Beklagte beschreibt den „umliegenden Einflussbereich“ unter anderem in Nummer 5.9 des jeweiligen Bescheidstenors beispielhaft mit „Eingangsbereich, Nebenräume, Parkplatz“ und veranschaulicht damit den maßgeblichen Bereich als funktional mit der Spielhallennutzung unmittelbar in Zusammenhang stehende Räume oder sonstige Flächen bzw. Bereiche, die zudem „umliegend“ sein müssen, also im unmittelbaren Nahbereich zum Spielhallenbetrieb liegen. Für die Auflage Nummer 5.2.4 gilt nichts Anderes. „Einfluss“ hat die Klägerin als Spielhallenbetreiberin auf Werbemaßnahmen, wenn sie diese verhindern kann. Verhindern kann die Klägerin Werbung, wenn sie rechtlich hierzu imstande ist, etwa, weil sie Eigentümerin oder obligatorisch Berechtigte dieser Bereiche ist, also aufgrund ihrer Rechtsstellung verlangen kann, dass die ihr untersagte Werbung dort zu unterlassen ist.
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1.3 Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Auflage Nummer 5.2.4.
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Eine Spielhalle im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags ist nach § 3 Abs. 9 GlüStV 2021 ein Unternehmen oder Teil eines Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO dient. Die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle bedarf nach § 24 Abs. 1 GlüStV 2021 der glücksspielrechtlichen Erlaubnis. § 5 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 stellt zunächst klar, dass Erlaubnisinhaber grundsätzlich Werbung und Sponsoring für ihr erlaubtes Angebot betreiben dürfen (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 86). Jedoch darf gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021 Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht den Zielen des § 1 GlüStV 2021 zuwiderlaufen. So darf Werbung nicht übermäßig sein, § 5 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2021. Auch ist nach § 5 Abs. 2 Satz 6 GlüStV 2021 irreführende Werbung für öffentliches Glücksspiel, insbesondere solche, die unzutreffende Aussagen über die Gewinnchancen oder Art und Höhe der Gewinne enthält, verboten.
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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die einfachgesetzliche Ermächtigung des § 5 GlüStV 2021, bestimmte Werbemaßnahmen durch die Festlegung von Inhalts- und Nebenbestimmungen zu untersagen oder einzuschränken, bestehen nicht.
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Werbeverbote und Werbebeschränkungen für erlaubtes Glücksspiel beeinträchtigen die Klägerin zwar in ihren Grundrechten der aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) folgenden Kommunikationsfreiheit und der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG. Denn der Schutz dieser Grundrechte erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen wie Wirtschaftswerbung und die Außendarstellung von selbständigen Berufstätigen wie der gewerblich tätigen Klägerin (vgl. BVerfG, U.v. 12.12.2000 – 1 BvR 1762/95 u.a. – juris Rn. 40; BVerfG, B.v. 22.5.1996 – 1 BvR 744/88 u.a. – juris Rn. 82; vgl. auch Krönke, Verfassungsrechtliche Grenzen jugend- und verbraucherschützender Werbebeschränkungen, GewArch 2024, 338 [Teil 1] und 382 [Teil 2]; jeweils m.w.N.).
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Die unter anderem in § 5 Abs. 2 GlüStV 2021 geregelten Werbeverbote und Werbebeschränkungen sowie die Ermächtigung der zuständigen Behörden zum Erlass von werbebeschränkenden Inhalts- und Nebenbestimmungen zur glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021 begegnen aus Sicht des Gerichts unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Werbeverbote und Werbebeschränkungen sind geeignet, zur Umsetzung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags 2021 beizutragen, insbesondere die in § 1 GlüStV 2021 genannten Ziele und zugleich Gemeinwohlbelange der Bekämpfung von Glücksspielsucht sowie des Jugend- und Spielerschutzes zu fördern (vgl. BVerfG, B.v. 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 – juris Rn. 39 ff. zum GlüStV 2008). Sie sind auch erforderlich, um diese mit dem Staatsvertrag angestrebten Ziele zu erreichen. Insbesondere kann durch das Verbot unangemessener und unsachlicher Werbung, die zur Teilnahme am Glücksspiel auffordert, anreizt oder ermuntert und damit die Glücksspielsucht fördert, einer Ausweitung der Spielleidenschaft entgegengewirkt werden. Gleich wirksame, alternative Maßnahmen, die die von den Verboten und Einschränkungen Betroffenen weniger belasten, sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 43 ff.). Die unter anderem in § 5 Abs. 2 GlüStV 2021 geregelten Werbeverbote und Werbebeschränkungen sind auch nicht unangemessen. Denn das staatliche Glücksspielangebot soll der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 57).
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Für das durch den GlüStV 2021 zugelassene Angebot erlaubter Glücksspiele gilt den Gesetzgebungsmaterialien zufolge nichts Anderes. Werbung für erlaubtes Glücksspiel dient danach der Kanalisierung vorhandener Nachfrage in einen erlaubten Markt, weil durch sie bereits spielende oder spielwillige Personen auf erlaubte Angebote aufmerksam werden und somit vor dem gefährlicheren Spiel im Schwarzmarkt geschützt werden können. Andererseits muss gemäß den Zielen des Staatsvertrages ein möglichst umfassender Schutz für die das erlaubte Angebot wahrnehmenden Spieler gewährleistet sein. Da Werbung insbesondere auf vulnerable Personen (z. B. Minderjährige, Spielsuchtgefährdete und Spielsüchtige) eine verstärkt spielanreizende Wirkung hat, zugleich zu Fehlvorstellungen über die Beeinflussbarkeit des Spielergebnisses führen und ferner dazu beitragen kann, eine ohne Werbung nicht vorhandene Nachfrage nach Glücksspielen erst auszulösen und hierdurch zum Entstehen von Glücksspielsucht und der Wahrnehmung betrügerischer Angebote beizutragen, enthält der Glücksspielstaatsvertrag Regulierungsvorgaben für die Werbung für Glücksspiele, die von den jeweils für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörden in der zu erteilenden Erlaubnis entsprechend der Gefährlichkeit des jeweiligen Glücksspiels im zulässigen Rahmen weiter ausgeformt und ergänzt werden können (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 52 f., 63). Die Rechtfertigung der die Werbung für erlaubtes Glücksspiel einschränkenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags ist danach nicht allein am überragend wichtigen Gemeinwohlziel der Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht und ihrer Begleiterscheinungen wie der schwerwiegenden Folgen für Familien der Betroffenen und für die Gemeinschaft ausgerichtet (vgl. BVerfG, U.v. 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – juris Rn. 99 m.w.N.), sondern bezweckt zugleich die im Staatsvertrag unmittelbar angelegte Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen durch ein begrenztes Glücksspielangebot, um der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken (§ 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2021). Die Kernziele der Kanalisierung und Begrenzung des Spielangebots – auch im Sinn einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor – ermächtigen den Gesetzgeber nach wie vor, Werbung für erlaubtes Glücksspiel auf das zu beschränken, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den erlaubten Glücksspielen zu lenken, ohne dabei gezielt Unentschlossene anzureizen und zur Teilnahme zu motivieren (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 85).
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Hiervon ausgehend darf der Erlaubnisinhaber zwar für das in seiner Spielhalle erlaubte Angebot nach dem Glücksspielstaatsvertrag Werbung betreiben. Werbung für Glücksspiele, die in der Spielhalle nicht angeboten werden oder nicht angeboten werden dürfen, ist jedoch Werbung für fremdes Glücksspiel. Auch das Bewerben von Spielhallen an anderen Standorten ist Fremdwerbung, selbst wenn der Erlaubnisinhaber für eine Spielhalle zugleich eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer weiteren Spielhalle an einem anderen Standort hat. Denn die glücksspielrechtliche Erlaubnis wird für eine Spielhalle erteilt und diese eine glücksspielrechtliche Erlaubnis eröffnet den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021.
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Die Werbung für andere Glücksspiele als die, die in der Spielhalle legal angeboten werden, ist danach keine grundsätzlich zulässige Werbung. Sie ist vielmehr irreführend i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 6 GlüStV 2021, weil sie geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, in der Spielhalle werde auch darin nicht erlaubtes Glücksspiel angeboten. Sie ist zugleich übermäßig i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2021, weil sie deutlich über das hinausgeht, was zur Zielerreichung, den Adressaten der Werbung auf das in der Spielhalle angebotene legale Glücksspiel zu lenken, erforderlich ist (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 87).
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Die Werbung für andere Spielhallen oder Örtlichkeiten, an denen Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten bereitgehalten werden, ist aus vorgenanntem Grund gleichfalls übermäßig.
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1.4 Die Auflage in Nummer 5.2.4 des jeweiligen Bescheidstenors ist insbesondere auch ermessensgerecht und verhältnismäßig.
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Die Beklagte hat das ihr bei der Festlegung der werbebezogenen Nebenbestimmung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021 zustehende Ermessen gesehen (Nummer 5 und Nummer 5.2 der Bescheidsbegründung). Sie hat ihre Ermessensentscheidung hinreichend mit den Zielen des § 1 GlüStV 2021 hinsichtlich des Spieler- und Jugendschutzes sowie der Suchtprävention begründet und ausgeführt, dass die inhaltlichen Vorgaben zur Werbung den Zweck verfolgen, potentiellen Spielern kein falsches Bild von den Gewinnmöglichkeiten zu vermitteln. Auch in Bezug auf die in Nummer 5.2.4 enthaltene Werbebeschränkung in der Spielhalle hat die Beklagte dem Spielerschutz ein höheres Gewicht beigemessen. Ergänzend hat sie hierzu dargelegt, dass ein Spieler, der sich immer in derselben Spielhalle und in seinem gewohnten Rahmen aufhält, der Überwachung durch die dort beschäftigte Aufsicht unterliegt, die bei Anzeichen einer möglichen Suchtgefahr eingreifen und aktiv auf den Spieler zugehen kann, wohingegen die Werbung für andere Glücksspiele oder Spielhallen zur Folge hätte, dass insbesondere regelmäßige und gefährdete Spieler häufig ihren Spielort wechseln, wodurch ein erfolgreicher Spielerschutz bzw. eine wirksame Suchtbekämpfung erheblich erschwert würde.
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Ein Ermessensdefizit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte bei der Festlegung von Nebenbestimmungen vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erarbeitete „Musternebenbestimmungen für Spielhallenerlaubnisse“ vom 6. Oktober 2021 (Az.: A4-2166-1-202) verwendet. Bei diesen handelt es sich nicht um Vorgaben, sondern lediglich um – nicht abschließende – Vorschläge. Die auf Grundlage der Empfehlungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 6. Oktober 2021 ausgewählten Bestimmungen über Inhalt und Ausgestaltung zulässiger Werbung für Spielhallen entsprechen dem Zweck der Ermächtigung insbesondere nach § 5 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 GlüStV 2021, überschreiten die Grenzen des Ermessens nicht und genügen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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Besonders das gewerbliche Automatenspiel in Spielhallen weist in Bezug auf das Entstehen von Spielsucht ein hohes Gefährdungspotential auf. Die Mehrzahl der sich wegen pathologischen Glücksspiels in ambulanter oder stationärer Behandlung befindlichen Personen gaben weiterhin als Hauptglücksspielform das Automatenspiel in Spielhallen an (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 50, siehe auch Meyer in GewArch 2023, 492, „Wissenschaftliche Studie zur Vorbereitung der Evaluation der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung: Anmerkungen aus der Perspektive der Suchtprävention“ – vgl. Studie vom 9. Juni 2023 „Bericht SpielV (bmwk.de)“). Insbesondere aus Gründen des Schutzes von Minderjährigen und des Schutzes vor den gesundheitlichen Risiken des Glücksspiels ist es der gesetzgeberischen Intention zufolge gerechtfertigt, Werbung – auch für Spielhallen – so zu begrenzen, „dass der in der Bevölkerung vorhandene Spieltrieb in Bezug auf Glücksspiele in den erlaubten Markt gelenkt wird, zugleich jedoch durch diese Werbung so wenig zusätzliche Nachfrage nach Glücksspielen wie möglich geschaffen wird. Berührungspunkte vulnerabler Zielgruppen mit Werbung und unrichtige Vorstellungen von Glücksspielen beim Empfänger der Werbung sollen nach Möglichkeit verhindert werden“ (vgl. LT-Drs. 18/11128, S. 63).
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2. Die jeweils in Nummer 5.3.1 des Bescheidstenors enthaltene Nebenbestimmung ist eine Auflage und verpflichtet die Klägerin, die Einhaltung der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV 2021 (insbesondere regelmäßige Schulung des Personals, Dokumentation von Maßnahmen und Auslage aktueller Informationen zu Spielsucht) dauerhaft sicherzustellen und das vorgelegte Sozialkonzept vom 14. Oktober 2021 bei Bedarf zur Anpassung an aktuelle Verhältnisse zu aktualisieren.
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2.1 Ermächtigungsgrundlage für die Auflage ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021, wonach die glücksspielrechtliche Spielhallenerlaubnis jederzeit mit Nebenbestimmungen versehen werden kann.
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2.2 Das Verlangen nach einer Anpassung des Sozialkonzepts an aktuelle Verhältnisse ist nicht unbestimmt. Die Anforderungen an den Inhalt eines den gesetzlichen Anforderungen genügenden Sozialkonzepts ergeben sich aus § 6 GlüStV 2021 i.V.m. § 2 Abs. 3 GlüStV 2021 und sind bis heute unverändert geblieben. Die Maßnahmen und sonstigen Inhalte des Sozialkonzepts sind notwendigen Änderungen unterworfen, insbesondere, wenn sie nach neueren Erkenntnissen falsch oder überholt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Sozialkonzept anzupassen.
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2.3 Nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e AGGlüStV darf die glücksspielrechtliche Erlaubnis nur erteilt werden, wenn die Einhaltung der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV 2021 sichergestellt ist.
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Zutreffend ist zwar, dass die Klägerin ihr Sozialkonzept nicht nur zu entwickeln und mit dem Erlaubnisantrag vorzulegen, sondern nach § 6 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021 auch umzusetzen hat. Dies hindert die Beklagte aber nicht daran, die Klägerin auch durch eine Nebenbestimmung an die Einhaltung und Fortentwicklung ihres Sozialkonzepts zu binden. Dies folgt bereits aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GlüStV 2021, wonach die zuständige Behörde (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV) unter anderem Anforderungen an die Umsetzung des Sozialkonzepts stellen kann. Davon abgesehen erschöpft sich die Verpflichtung zur Einhaltung des Sozialkonzepts nicht in der bloßen Einhaltung des im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung vorgelegten bzw. angewendeten Sozialkonzepts, sondern geht darüber hinaus, indem sie die Klägerin als Spielhallenbetreiberin an die dynamisch angelegte Verpflichtung zum Spielerschutz bindet. Hiergegen ist nichts zu erinnern, insbesondere wird die Verpflichtung der Klägerin nicht lediglich wiederholt, sondern inhaltlich konkretisiert und um eine laufende Anpassung an die jeweils aktuellen Verhältnisse erweitert (vgl. VG München, U.v. 13.10.2020 – M 16 K 17.3848 – juris Rn. 74). Anhaltspunkte dafür, dass ein zum jeweiligen Erlaubnisbescheid genommenes und genehmigtes Sozialkonzept in seiner eingereichten Fassung einen irgendwie gearteten Bestandsschutz gegenüber rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen hätte, bestehen nicht. Hierauf weisen sowohl die Bezeichnung als „Konzept“ hin als auch der Zweck des Sozialkonzepts, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen.
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Die laufend aktuelle Führung des Sozialkonzepts ist nicht nur in Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e AGGlüStV i.V.m. § 6 GlüStV 2021, sondern auch in den von der Klägerin vorgelegten Sozialkonzepten mit Arbeitsstand vom 14. Oktober 2021 bereits angelegt. So führt die Klägerin in ihren vorgelegten Sozialkonzepten unter anderem aus, dass ein hochwertiger Spieler- und Jugendschutz kein finaler Zustand ist, sondern ein ständiger Prozess der Verbesserung und der Weiterentwicklung. In der Folge unterliegt auch dieses Sozialkonzept einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Alle Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen werden unmittelbar nach der Maßnahme dokumentiert. Basierend auf diesen Dokumentationen werden regelmäßig Auswertungen erstellt, die über sämtliche Aktivitäten im Bereich Spieler- und Jugendschutz berichten. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen in die tägliche Präventionsarbeit ein und sind Grundlage für die Fortschreibung des Sozialkonzepts. Die aus den Berichten zum Spieler- und Jugendschutz gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die fortlaufende Überprüfung, Anpassung sowie Weiterentwicklung des Spielerschutzes und des Sozialkonzepts. Ausweislich ihrer Sozialkonzepte stellt sich die Klägerin bewusst diesem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. So erfolgt die Weiterentwicklung dieses Sozialkonzepts mindestens in einem Abstand von zwei Jahren. Bei der Aktualisierung fließen neben den gewonnenen Erkenntnissen aus der Berichterstattung stets aktuelle suchtwissenschaftliche Erkenntnisse, Gesetzesänderungen, Austausch mit den Sozialkonzeptbeauftragten der Betreiber sowie dem Hilfesystem sowie Praxiserfahrungen aus der täglichen Arbeit mit ein. Den Erlaubnisbehörden wird die jeweils aktuelle Variante des Konzepts zur Genehmigung vorgelegt (vgl. S. 51 f. der vorgelegten Sozialkonzepte).
39
Die Anforderungen an den Inhalt des klägerischen Sozialkonzepts sind danach nicht nur im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung zu wahren, sondern während der gesamten Geltungsdauer der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse. Dass Sozialkonzepte an aktuelle Verhältnisse anzupassen sind, folgt bereits aus den Mindestangaben etwa zur verantwortlichen Person, zu den Inhalten regelmäßiger Schulungen etc. Eine notwendige Anpassung ist dann erforderlich, wenn die Mindestinhalte des Sozialkonzepts falsch geworden sind, etwa, wenn sich die verantwortliche Person geändert hat, oder rechtliche, technische oder wissenschaftliche Grundlagen, auf denen das Sozialkonzept aufbaut, überholt sind. Um den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels wirksam vorbeugen zu können, müssen auch neue Erkenntnisse berücksichtigt werden, die im Zeitpunkt der Abfassung der Sozialkonzepte – hier mit Arbeitsstand vom 14. Oktober 2021 – noch nicht bekannt waren wie etwa konkrete Inhalte zur Umsetzung und Anwendung des bundesweiten Spielersperrsystems OASIS, das wohl erst Anfang 2023 vollständig in Betrieb genommen wurde (vgl. z.B. S. 37 ff. der vorgelegten Sozialkonzepte).
40
Der Klägerin wird mit der Auflage Nummer 5.3.1 Halbsatz 2 nicht aufgegeben, jede noch so unbedeutende Änderung zum Anlass zu nehmen, ihr Sozialkonzept anzupassen. Dies folgt aus der Beifügung der Worte „bei Bedarf“. Sofern einzelne Inhalte oder Maßnahmen der Überarbeitung bedürfen, genügt in der Regel ein Zusatz oder der Austausch einer oder mehrerer Seiten. Soweit die Änderungen und/oder Ergänzungen bloße Berichtigungen sind (z.B. aktualisierte Adressen oder Telefonnummern), bedarf es keiner Mitteilung an die Erlaubnisbehörde. Grundlegende Änderungen, etwa hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen oder bei Anpassung an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, sollten aber der Beklagten mitgeteilt und mit dieser abgestimmt werden.
41
Eines vorangegangenen Fehlverhaltens der Klägerin bedarf es nicht, um diese Auflage rechtfertigen zu können.
42
2.4 Dass das Ermessen durch die Beklagte fehlerhaft ausgeübt worden wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat das ihr bei der Festlegung der Auflage in Nummer 5.3.1 nach § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021 zustehende Ermessen gesehen (Nummer 5 und Nummer 5.3 der Bescheidsbegründung). Sie hat ihre Ermessensentscheidung hinreichend mit dem Erfordernis begründet, die Klägerin durch eine Nebenbestimmung an ihre Sozialkonzepte zu binden, und insoweit ausdrücklich auf § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 9 GlüStV 2021 Bezug genommen, der eine kontinuierliche Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen zum Zweck von Rückschlüssen auf die Auswirkungen der jeweils angebotenen Glücksspiele festschreibt. Ergänzend hat die Beklagte hierzu im gerichtlichen Verfahren ausgeführt (§ 114 Satz 2 VwGO), die im Sozialkonzept enthaltenen Informationen, beispielsweise zu den Personen des Sozialkonzeptbeauftragten bzw. zur verantwortlichen Person vor Ort (§ 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 GlüStV 2021) oder zu den anbieterunabhängigen Hilfeangeboten (§ 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 Buchst. e GlüStV 2021), müssen immer auf dem aktuellen Stand sein, damit gefährdete Spieler im Bedarfsfall jederzeit Unterstützung durch die jeweiligen Mitarbeiter oder eine unabhängige Einrichtung bekommen können und so ein effektiver Spielerschutz gewährleistet werden kann. Zudem hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass auch im Falle einer Änderung der gesetzlichen Regelungen, auf die sich das Sozialkonzept bezieht, eine Aktualisierung des Sozialkonzepts unabdingbar ist, damit es den jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen entspricht.
43
Ein Ermessensdefizit ergibt sich auch hier nicht daraus, dass die Beklagte bei der Festlegung von Nebenbestimmungen vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erarbeitete „Musternebenbestimmungen für Spielhallenerlaubnisse“ verwendet.
44
Die zulässige Klage ist begründet, soweit es die den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen jeweils beigefügten Nebenbestimmungen in den Nummern 5.5, 5.6 und 6 betrifft.
45
1. Die Nebenbestimmungen in Nummer 5.5 und 5.6 sind Auflagen. Sie sind mangels Erforderlichkeit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 Satz 1 VwGO).
46
1.1 Nummer 5.5 gibt der Klägerin auf, zur Sicherstellung des Teilnahmeverbots gesperrter Spieler bei jedem Betreten der Spielhalle einen Abgleich mit der zentralen Sperrdatei OASIS durchzuführen, und bestimmt, dass die Spielteilnahme nur zulässig ist, wenn die Abfrage bei OASIS ergeben hat, dass der Spieler dort nicht als „gesperrt“ eingetragen ist.
47
Wie die Klagepartei zu Recht ausführt, handelt es sich dabei um eine reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts in § 8 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 und Satz 5 GlüStV 2021, ohne dass der Auflage eine darüber hinausgehende Konkretisierung zu entnehmen ist oder hierfür im konkreten Einzelfall ein Anlass besteht. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus der Bescheidsbegründung (vgl. Nummer 5.5 der jeweiligen Bescheidsbegründung). Angesichts der Möglichkeit der Beklagten, im Falle eines Verstoßes gegen die als Auflage verfügte Verpflichtung die jeweilige glücksspielrechtliche Erlaubnis der Klägerin gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG unter erleichterten Voraussetzungen zu widerrufen, ist die Auflage Nummer 5.5 unverhältnismäßig und beschwert die Klägerin (vgl. zur Rechtswidrigkeit von allein den Gesetzeswortlaut wiederholenden Auflagen bereits VG München, U.v. 13.10.2020 – M 16 K 18.297 – juris Rn. 22 ff. sowie BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17).
48
1.2 Die Auflage in Nummer 5.6 des jeweiligen Bescheids verpflichtet die Klägerin, eine Kopie der jeweiligen Erlaubnis, des Werbekonzepts und des Sozialkonzepts samt zugehöriger Dokumentation jederzeit zur Einsichtnahme durch die Aufsichts- und Erlaubnisbehörden im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen bereitzuhalten.
49
Diese Auflage wurde auf die Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021 gestützt. Zur Begründung führt die Beklagte in Nummer 5.6 der jeweiligen Bescheidsgründe aus, die Bereithaltung der genannten Unterlagen zur Einsichtnahme durch Kontrollorgane ermögliche es der Glücksspielaufsichtsbehörde, die Erfüllung der nach dem GlüStV 2021 bestehenden oder auf Grund des GlüStV 2021 begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterbleiben.
50
Die Beifügung dieser Auflage ist nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig (so schon VG München, U.v. 13.10.2020 – M 16 K 18.297 – juris Rn. 28 ff.). Der Beklagten liegen als zuständiger Glücksspielaufsichtsbehörde sowohl die von ihr selbst erlassene jeweilige glücksspielrechtliche Erlaubnis als auch das jeweilige Werbe- und Sozialkonzept als Teil der Antragsunterlagen vor. Die Dokumentation über die im Rahmen des Sozialkonzepts ergriffenen Maßnahmen hat die Klägerin laut den Auflagen 5.3.3 und 5.3.4 der streitgegenständlichen Bescheide der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde jederzeit auf Verlangen vorzulegen und zudem der Beklagten unaufgefordert alle zwei Jahre vorzulegen. Zudem hat die Beklagte als zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde gemäß Art. 11 Satz 2 AGGlüStV i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV 2021 die Möglichkeit, jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen, Daten und Nachweise zu verlangen, die erforderlich sind, um die Erfüllung der nach dem GlüStV 2021 bestehenden oder auf Grund des GlüStV 2021 begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterbleiben. Das beauflagte Bereithalten der Dokumentation für einen nicht näher begrenzten Zeitraum bzw. auf Dauer ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.
51
2. Der in Nummer 6 des jeweiligen Bescheids enthaltene Widerrufsvorbehalt im Falle eines Verstoßes gegen eine oder mehrere der unter Nummer 5 des jeweiligen Bescheids erlassenen Auflagen ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 Satz 1 VwGO).
52
Der Widerrufsvorbehalt wurde auf die Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2021 gestützt. Zur Begründung führt die Beklagte in Nummer 6 der jeweiligen Bescheidsgründe aus, die Bestimmung sei erforderlich, um die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 GlüStV 2021 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 AGGlüStV und die Ziele des GlüStV 2021 durch Umsetzung der entsprechenden Auflagen zu erreichen.
53
Der Widerruf erfolgt auch bei Vorliegen eines Widerrufsvorbehalts durch einen neuen Verwaltungsakt. Die Voraussetzungen des Widerrufs ergeben sich grundsätzlich aus dem Vorbehalt selbst, auf der Rechtsfolgenseite steht der Erlass des Widerrufsbescheids im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (vgl. Schröder in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 4. EL November 2023, § 36 VwVfG Rn. 71).
54
Aus dem Wortlaut von Nummer 6 kann vorliegend jedoch auch unter Berücksichtigung der Bescheidsbegründung nicht eindeutig geschlossen werden, ob es sich um eine reine (und damit eigentlich überflüssige) Wiederholung des Gesetzeswortlauts des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG handeln soll oder um eine (rechtswidrige) Begrenzung des der Beklagten gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums gegenüber der Klägerin (vgl. hierzu Schröder in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 4. EL November 2023, § 36 VwVfG Rn. 73). In Nummer 6 Satz 2 wird insbesondere die verspätete bzw. nicht erfolgte Einreichung von Unterlagen, die gemäß Nummer 5.11 des jeweiligen Bescheids gesetzliche Voraussetzungen für zusätzliche Erlaubnisse oder Befreiungen darstellen, hervorgehoben. Nicht jede noch so geringe Verspätung bei der Einreichung dieser Unterlagen wird jedoch automatisch einen Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG rechtfertigen. Vielmehr wird es auch in diesen Fällen und trotz der Bedeutung insbesondere der Zertifizierung nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a und Buchst. b AGGlüStV einer Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls bedürfen, zumal beispielsweise eine verspätete Vorlage des Nachweises über die Zertifizierung nicht zwingend bedeutet, dass die Zertifizierung selbst zu spät erfolgt ist.
55
Soweit die Beklagte im gerichtlichen Verfahren ausgeführt hat, dass die rechtliche Wirkung des Widerrufsvorbehalts als „relativ gering“ anzusehen sei, da die Erlaubnis bei Nichterfüllung einer Auflage ohnehin gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG widerrufen werden dürfe, bleibt weiterhin unklar, welche – wenn auch „relativ geringe“ – rechtliche Wirkung sich die Beklagte hiervon verspricht.
56
Nach alledem war der Widerrufsvorbehalt aufzuheben.
57
Die (einheitliche) Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erledigten Teils des Klageverfahrens auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und hinsichtlich des nicht erledigten Teils des Klageverfahrens auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Die Anträge auf Aufhebung der Nummern 5.2.2 (Satz 1) und 5.11.1 (Satz 2 und Satz 4) wären im Wesentlichen erfolglos geblieben.
58
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.