Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 05.08.2024 – RN 4 S 24.1384
Titel:

Zur Reichweite von waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten

Normenketten:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5, § 36, § 46 Abs. 2
AWaffV § 13 Abs. 1
BJagdG § 18 S. 1
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5
Leitsätze:
1. Die Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das öffentliche Interesse, vor einem unzuverlässigen Waffenbesitzer geschützt zu werden, überwiegt jedenfalls gegenüber dem privaten Interesse des Betroffenen am Waffenbesitz. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen iSd § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der mit den Regelungen des Waffengesetzes bezweckte Schutz der höchstrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit gebietet eine strenge Auslegung, so dass in einem Fall, bei dem ein Waffenbesitzer während der Reinigung seiner Waffe zur Wohnungstür gehen will, seine Waffe zunächst ordnungsgemäß wieder verwahrt und dann erst die Tür öffnet. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine isolierte Anordnung der Einziehung, nicht aber der Ungültigerklärung des Jagdscheins ergibt aus jagdrechtlicher Sicht keinen Sinn. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
zur Reichweite von waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten, zur Ungültigerklärung und Einziehung eines Jagdscheins, zur Anordnung der Überlassung oder Unbrauchbarmachung von Waffen, waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten, Ungültigerklärung eines Jagdscheins, Einziehung eines Jagdscheins, sofortige Vollziehung, öffentliches Interesse
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32245

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wird hinsichtlich Nr. 2 und 3 des Bescheids vom 10.5.2024 wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 11.750,- € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten um waffen- und jagdrechtliche Anordnungen im einstweiligen Rechtsschutz.
2
Der am …1936 geborene, verrentete Antragsteller lebt alleine und ist Inhaber dreier Waffenbesitzkarten mit insgesamt 15 eingetragenen Kurz- und Langwaffen sowie eines Jagdscheins. Am 11.3.2024 wurde der Antragsteller einer verdachtsunabhängigen und unangemeldeten Kontrolle unterzogen. Gegenstand der Prüfung war die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition.
3
Bei der Kontrolle kam zutage, dass der Antragsteller drei Waffen in einem Nachttischkästchen verwahrte. Dabei handelte es sich um einen Revolver Weihrauch (Nr. …1), geladen mit acht Patronen, um eine halbautomatische Pistole (7,65 mm Browning) FEG Browning (Nr. …2), geladen mit vier Patronen im Magazin und einer Patrone im Patronenlager, und eine halbautomatische Pistole (6,35 mm Browning) Star (Nr. …3), geladen mit vier Patronen im Magazin und einer Patrone im Patronenlager. Eine Einzellader-Flinte 12/70 (Nr. …4) war im Aufbewahrungsbehältnis mit einer Patrone Schrot (Schrot 4 mm) geladen. In einer Holztruhe am Dachboden befanden sich der Lauf für die Doppelflinte Baikal (Nr. …5) und eine Repetierbüchse 22.lr (Nr. …6) mit Munition. Die Repetierbüchse 7x57 Frankonia (Nr. …7) war ohne Verschluss in einem offenen Blechschrank verwahrt. Eine nach Aussage des Antragstellers defekte halbautomatische Pistole .22lr (Nr. …8) war im Wohnzimmerschrank gelagert. Zwei Einzelladerbüchsen (Nr. …9 und …10) konnte der Antragsteller im Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorzeigen. Diese Waffen wurden kurz darauf von der unterstützend herangezogenen Polizei in einem unversperrten Kleiderschrank aufbewahrt gefunden. Laut Gedächtnisprotokoll des Kontrollpersonals äußerte der Antragsteller vor Ort zunächst, dass möglicherweise seine Putzkraft wisse, wo sich die beiden Waffen befänden. Zusätzlich wurden noch größere Mengen an erlaubnispflichtiger Munition in einfachen Schubladen und Schränkchen im Wohnzimmer gefunden. Das Landratsamt stellte die Waffen und Waffenbesitzkarten des Antragstellers daraufhin aufgrund Bescheids vom 14.3.2024 sofortig sicher.
4
Unter dem 10.5.2024 erließ das Landratsamt ... nach Anhörung des Antragstellers folgenden Bescheid:
5
1. Die Ihnen, Herr …, geb. …1936, wh. …, erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse Waffenbesitzkarten Nrn. …11 (ausgestellt am 01.09.1976 durch die Stadt P. ), Nr. …14 (ausgestellt am 13.12.1982 durch das Landratsamt ... ), Nr. …13 (ausgestellt durch das Landratsamt ... ) werden widerrufen.
6
2. Das Ihnen vom Landratsamt ... erteilte jagdrechtliche Erlaubnisdokument (Jagdschein Nr. …15) wird eingezogen.
7
3. Die vom Landratsamt ... sichergestellten Waffen und Munition sind von Ihnen bis spätestens 30.06.2024 an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen.
8
4. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 3 wird angeordnet.
9
5. Falls Sie der Verpflichtung in Nr. 3 nicht innerhalb der genannten Frist nachkommen, werden die Waffen innerhalb eines Monats nach Fristablauf eingezogen. Die Einziehung und Verwertung oder Vernichtung der sichergestellten Waffen oder Munition wird angeordnet.
10
6. Die Kosten des Verfahrens haben Sie zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 70,00 € festgesetzt.
11
In den Gründen des Bescheids stützt das Landratsamt die Anordnung Nr. 1 auf § 45 Abs. 2 Waffengesetz (WaffG). Durch die Aufbewahrung etlicher Waffen außerhalb des Waffenschranks im geladenen Zustand habe der Antragsteller massiv gegen seine Pflichten als Waffenbesitzer verstoßen, wie § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 2 Allgemeine Waffenverordnung (AWaffV) zeigten. Daher sei der Antragsteller gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen, so dass nachträglich eine Voraussetzung des § 4 WaffG für die Erteilung der Waffenbesitzkarte weggefallen sei. Die in der Anhörung angegebene Behauptung, der Antragsteller sei gerade dabei gewesen, die Waffen zu reinigen, sei unglaubwürdig. Weder habe der Antragsteller bei der Kontrolle diesen Rechtfertigungsgrund vorgetragen noch sei Entsprechendes für die Kontrollpersonen ersichtlich gewesen, zumal der Antragsteller während der Kontrolle die Aufbewahrung der Waffen mit seiner Angst vor Einbrechern gerechtfertigt habe. Unabhängig davon hätte der Antragsteller – wenn er tatsächlich Waffen gereinigt haben sollte – diese vor Einlass der Kontrollpersonen ungeladen in den Waffenschrank zurücklegen müssen. Dass der Antragsteller allein in der Wohnung lebe, ändere an diesen Umständen nichts. Ebenso wenig ändere etwas, dass der Antragsteller seit über 50 Jahre Waffenbesitzer ohne Vorkommnisse sei.
12
Der Jagdschein sei ebenfalls aufgrund der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers gem. § 18 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) für ungültig zu erklären und einzuziehen gewesen. Rechtsgrundlage für die Einziehung der Jagdscheindokumente sei Art. 52 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
13
Die Anordnung in Nr. 3 des Bescheids stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Anordnung in Nr. 5 des Bescheids stütze sich auf § 46 Abs. 5 WaffG.
14
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 3 des Bescheids) stützte die Behörde auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug aus Gründen der Gefahrenabwehr bestehe regelmäßig auch für die nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen, wie die Waffen unbrauchbar zu machen oder sie einem Dritten zu übergeben bzw. für die Anordnung der Einziehung von Erlaubnisurkunden. Es liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass die angeordnete Maßnahme vor der bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs u. U. erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheids wirksam werde. Die Anordnungen würden ihren vom Gesetzgeber vorgesehenen Zweck verfehlen, wenn ihr Vollzug durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit hinausgeschoben werden könnte, zumal die Abwicklung solcher Rechtsbehelfsverfahren durch die verschiedenen Instanzen u. U. Jahre in Anspruch nähme. Der Schutz der Allgemeinheit vor einem unzulässigen Waffenbesitzer sei höher einzustufen als das Interesse eines unzuverlässigen Erlaubnisinhabers, Waffen und Munition sowie das waffenrechtliche Erlaubnisdokument weiter behalten zu können. Der Antragsteller sei aufgrund der unsachgemäßen Aufbewahrung unzuverlässig im Sinne des WaffG und BJagdG. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofort wirksamen Anordnung im Rahmen des Widerrufs der Waffenbesitzkarten gegenüber dem privaten Interesse, waffenrechtliche Erlaubnisurkunden bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides zu besitzen, ergebe daher einen eindeutigen Vorrang der öffentlichen Belange. Nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei sichergestellt, dass dem Antragsteller innerhalb kürzester Zeit keine Möglichkeit verbleibe, die tatsächliche Gewalt über waffenrechtliche Erlaubnisurkunden auszuüben. Dies solle vor allem der Sicherheit des Rechtsverkehrs und der Verhinderung eines eventuellen Missbrauchs dienen.
15
Die Kostenanordnung stützt das Landratsamt auf Art. 1, 2, 6, 10 Kostengesetz (KG) sowie die Tarif Nr. 2.II.7 Nr. 39 des Kostenverzeichnisses (Kvz).
16
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 10.6.2024 Klage erheben lassen und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz ersucht.
17
Der Bescheid vom 10.5.2024 sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Antragsteller habe gegen keine Aufbewahrungsvorschriften verstoßen. Die drei im Nachttischkästchen vorgefundenen Waffen habe der Antragsteller im Zeitpunkt der Kontrolle gerade reinigen wollen und dabei festgestellt, dass eine der Pistolen nicht mehr richtig funktioniere. Andernfalls wären die Waffen im dafür vorgesehenen Sicherheitsbehältnis in ungeladenem Zustand verwahrt worden. Das gelte auch für die vorgefundenen Gewehre. Die im Dachboden vorgefundene Repetierbüchse und der Lauf für die Doppelflinte Baikal seien beide defekt gewesen, so dass durch die Aufbewahrung in einer Holztruhe auf dem Dachboden keine Gefährdung von Personen vorliege. Auch die im Blechschrank vorgefundene Repetierbüchse Frankonia sei defekt. Im Übrigen lebe der Antragsteller alleine in dem Haus, so dass keine Gefahr bestanden habe, dass Dritte Zugriff auf die Waffen bekämen oder die Waffen abhandenkämen. Auch besitze der Antragsteller bereits seit 50 Jahren einen Jagdschein, wobei es bislang zu keinerlei Beanstandungen gekommen sei.
18
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der am 10.6.2024 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 10.5.2024 wiederherzustellen.
19
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
20
In der Antragserwiderung vom 13.6.2024 verweist der Antragsgegner auf die Bescheidsgründe. Bei den vorgefundenen Zuständen beim Antragsteller handele es sich um waffenrechtliche Verstöße, weshalb der Antragsteller gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen sei. Insbesondere habe der Antragsteller auch nach mehrmaligem Nachfragen immer noch nicht sagen können, wo die zwei noch verbliebenen Langwaffen seien. Zusätzlich seien noch größere Mengen von Munition in einfachen Schubladen und Schränkchen im Wohnzimmer gefunden worden. Laut Kontrollpersonen des Landratsamts sowie der hinzugezogenen Polizeibeamten könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller an Demenz leide. Aufgrund der erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter könne im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden. Daher rechtfertige bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Die vom Antragsteller angeführte Reparaturbedürftigkeit der Waffen entbinde ihn nicht von seinen waffenrechtlichen Verpflichtungen. Gerade der Umgang mit aus Sicht des Waffenbesitzers defekten Waffen erfordere ein besonderes Maß an Vorsicht, da die Gefahr einer unbeabsichtigten Schussabgabe sehr hoch sei. Bei der Aussage, der Antragsteller habe die Waffen im Zeitpunkt der Kontrolle lediglich reinigen wollen, handele es sich um eine wenig glaubhafte Schutzbehauptung. Im Übrigen habe er auch für den Fall, dass der Antragsteller tatsächlich gerade beim Reinigen der Waffen gewesen sei, gegen die Aufbewahrungsvorschriften verstoßen.
21
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die behördliche sowie gerichtliche Akte mit den wechselseitigen Schriftsätzen verwiesen. Das Verfahren RN 4 K 24.1385 wurde beigezogen.
II.
22
1. Der zulässige Antrag, den das Gericht gem. § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO so auslegt, dass er hinsichtlich der Nr. 1 und Nr. 6 des Bescheids auf Anordnung, hinsichtlich der Nr. 2 und 3 des Bescheids auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet ist, ist nur zum Teil begründet.
23
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (hier für die Nr. 1 und 6 des Bescheids) oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet (hier für die Nr. 2 und 3 des Bescheids). In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids, und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
24
Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe stellt sich der Antrag hinsichtlich der Nr. 2 und 3 des Bescheids als begründet, im Übrigen als unbegründet dar. Zum einen genügt die Begründung des angeordneten Sofortvollzugs den formellen Anforderungen (dazu a)). Zum anderen ergibt die summarische Prüfung, dass die erhobene Klage hinsichtlich der Nr. 1 und 6 in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hinsichtlich der Nr. 2 und 3 dagegen voraussichtlich erfolgreich (dazu b). Demzufolge überwiegt hinsichtlich der Nr. 1 und 6 das öffentliche Vollzugsinteresse, hinsichtlich der Nr. 2 und 3 dagegen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers (dazu c)).
25
a) Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 – 19 ZS 01.2356 – NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
26
Gemessen an diesen Maßstäben ist die zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs hinsichtlich Nr. 2 und 3 des angefochtenen Bescheids ausreichend. Der Antragsgegner hat zur Begründung der insoweit in Nr. 4 angeordneten sofortigen Vollziehung angeordnet, dass es im überwiegenden öffentlichen Interesse liege, dass die Verpflichtung zur Abgabe der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition sowie entsprechender Erlaubnisurkunden vor der – bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs unter Umständen erst nach Jahren eintretenden – Bestandskraft wirksam werde. Das öffentliche Interesse, vor einem unzuverlässigen Waffenbesitzer geschützt zu werden, überwiege gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers am Waffenbesitz.
27
Dies erachtet das Gericht – insbesondere im Hinblick darauf, dass die Anordnung in Nr. 1 kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist – als ausreichend. Ob die Begründung auch in der Sache trägt, ist eine Frage des materiellen Rechts.
28
b) Bei summarischer Prüfung stellt sich die erhobene Klage in dem hier interessierenden Umfang als zulässig, aber nur teilweise begründet dar. Der Bescheid vom 10.5.2023 ist hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte in Nr. 1 und der Kostenanordnung in Nr. 6 voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die (isolierte) Einziehung des Jagscheins in Nr. 2 sowie die Anordnung der Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen in Nr. 3 sind dagegen voraussichtlich rechtswidrig.
29
(1) Die Kammer geht nach der gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass die Waffenbesitzkarten des Antragstellers zu Recht widerrufen wurden. Der Widerruf in Nr. 1 stützt sich in zulässiger Weise auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 WaffG besitzt.
30
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG stellt es u.a. einen absoluten Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
31
Vorsichtig und sachgemäß im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen sind, folgen aus § 36 WaffG. Nach dieser Bestimmung hat ein Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. § 13 Abs. 1 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) konkretisiert diese Anforderungen weiter, indem die Norm festlegt, dass die Waffen ungeladen in einem dort vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnis verwahrt werden müssen. Das erforderliche Sicherheitsbehältnis für erlaubnispflichtige Munition ist in § 13 Abs. 2 AWaffV geregelt.
32
Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine auf zutreffend ermittelte Tatsachen gestützte Prognose des zukünftig zu erwartenden Verhaltens des Betroffenen voraus (Gade in Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn. 18). An die Prognose dürfen indes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Denn das Zuverlässigkeitserfordernis dient dem Zweck, die mit jedem Waffenbesitz verbundenen Risiken nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das uneingeschränkte Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2014 – 6 C 30/13, NJW 2015, 1127). Ein Restrisiko braucht folglich nicht hingenommen zu werden (BayVGH, B. v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564, juris Rn. 10). Die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit ist in Anlegung dieses Maßstabs nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.2015 – 6 C 1.14, NJW 2015, 3594, 3596).
33
Unter Beachtung dieser Maßgaben hat das erkennende Gericht die vorläufige Überzeugung gewonnen, dass am 11.3.2024 eine rechtswidrige Aufbewahrung der Waffen und Munition durch den Antragsteller gegeben war, die einen Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG darstellt (dazu (a)) und dies die Prognose rechtfertigt, der Antragsteller werde auch künftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren (dazu (b)). Zudem ist der Antragsteller auch gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG als unzuverlässig anzusehen (dazu c)).
34
(a) Bei summarischer Prüfung geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller gegen die Aufbewahrungsvorschrift des § 36 Abs. 1 WaffG verstoßen hat. Der Antragsteller hat, was im Übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, etliche Waffen, teils durchgeladen, nicht in einem ordnungsgemäßen Sicherheitsbehältnis aufbewahrt, sondern nur in leicht überwindbaren Behältnissen, wie einem Nachtkästchen oder Kleiderschrank. Zusätzlich hat er erlaubnispflichtige Munition nicht ordnungsgemäß verschlossen.
35
Dabei ist nach derzeitiger Einschätzung davon auszugehen, dass es sich nicht um ein berechtigtes Führen der Waffen auf dem eigenen Grundstück handelt. Vielmehr ist aufgrund der vorgefundenen Lage davon auszugehen, dass der Antragsteller die Waffen auch in Zeiten, in denen er keine Kontrolle über diese hat, namentlich, wenn er schläft oder seine Wohnung verlässt, geladen herumliegen ließ. Abgesehen davon konnte der Antragsteller kaum sämtliche Waffen zugleich kontrollieren, zumal sich diese in verschiedenen Räumen seiner Wohnung, u.a. auf dem Dachboden, befanden. Dies wird durch die bislang unbestrittene Aussage des Kontrollpersonals des Landratsamtes bestätigt, der Antragsteller habe im Zeitpunkt der Kontrolle erwähnt, dass er die Waffen in seinem Nachtkästchen aus Angst vor Einbrechern geladen lagere. Die Behauptung, der Antragsteller sei im Zeitpunkt der Kontrolle gerade dabei gewesen, sämtliche Waffen zu reinigen, ist nach Ansicht des Gerichts nicht glaubwürdig, sondern als bloße Schutzbehauptung einzuordnen. Abgesehen davon, dass die Waffen dann nicht in der Wohnung verteilt herumgelegen hätten, hat der Antragsteller bei der Kontrolle am 11.3.2024 nichts Entsprechendes erwähnt. Auch konnte der Antragsteller im Zeitpunkt der Kontrolle zwei seiner Waffen nicht vorzeigen. Ungeachtet dessen wäre selbst dann ein Aufbewahrungsverstoß zu bejahen, wenn der Antragsteller die Waffen tatsächlich gereinigt hätte, da er in diesem Fall vor Empfang des Kontrollpersonals gehalten gewesen wäre, die Waffen wieder zu verschließen. Der gegenteiligen Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, ein Waffenbesitzer verstoße nicht gegen seine Pflichten aus § 36 WaffG, wenn er im Fall einer Kontrolle vor die Türe tritt, ohne die Waffe in ein Behältnis gemäß § 13 AWaffV zu schließen (BayVGH, U.v. 10.6.2024 – 24 B 23.2009, juris Rn. 22) schließt sich die entscheidende Kammer nicht an, weil sie übersieht, dass der Waffenbesitzer im Zeitpunkt des Öffnens der Türe keine Kontrolle mehr über die Waffe besitzt. Vielmehr gebietet der mit den Regelungen des Waffengesetzes bezweckte Schutz der höchstrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit eine strenge Auslegung, so dass in einem solchen Fall die Reinigung der Waffe zu unterbrechen, sie ordnungsgemäß zu verwahren und erst danach die Türe zu öffnen ist. Auch räumte der Antragsteller gegenüber dem Kontrollpersonal selbst ein, dass zumindest seine Putzkraft Zugriff auf die beiden ursprünglich nicht auffindbaren Langwaffen habe.
36
(b) Die nicht sorgfältige Aufbewahrung rechtfertigt auch die Prognose, der Antragsteller werde auch künftig Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren. Aufgrund der fortgesetzten eklatanten Verstöße ist unter Zugrundelegung der oben erläuterten, tendenziell strengen Maßstäbe ohne weiteres von einer hinreichenden Gefahr auszugehen, dass sich entsprechende Aufbewahrungsverstöße auch in Zukunft wiederholen könnten. Hat ein Waffenbesitzer einmal versagt, ist eine Negativprognose indiziert. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich bei dem festgestellten Aufbewahrungsverstoß um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts handelt, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19). Letzteres kommt vorliegend aber aufgrund der Erheblichkeit der festgestellten Aufbewahrungsverstöße nicht in Betracht.
37
(c) Überdies ist der Antragsteller gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG als unzuverlässig anzusehen, da er sowohl gröblich als auch wiederholt gegen das WaffG verstoßen hat. Bei der Aufbewahrungsvorschrift des § 36 WaffG handelt es sich um eine zentrale Norm des WaffG. Aufgrund der Vielzahl der unzureichend, teils sogar durchgeladen aufbewahrten Waffen als auch der zeitlichen Dauer der Verstöße ist sowohl von einem gröblichen als auch wiederholten Verstoß auszugehen.
38
(2) Rechtlich zu beanstanden ist bei summarischer Prüfung hingegen die in Nr. 2 des Bescheids vom 10.5.2024 ergangene jagdrechtliche Anordnung.
39
Gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift darf bei Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG nur ein Falknerjagdschein ausgestellt werden.
40
Nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG, der insoweit wortlautgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist, stellt es u.a. einen absoluten Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahrt werden. Gemäß § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG stellt es einen (Regel-)Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn der Antragsteller wiederholt oder gröblich gegen das WaffG verstoßen hat. Insoweit kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden.
41
Aufgrund der nachträglich eingetretenen Unzuverlässigkeit ist der Jagdschein daher gem. § 18 Satz 1 BJagdG für ungültig zu erklären und einzuziehen. Mit der Ungültigerklärung erlischt die durch das Jagdrecht vermittelte Befugnis, die Einziehung stellt die Anordnung der körperlichen Herausgabe des jagdrechtlichen Dokuments dar. Vorliegend bezieht sich der eindeutige Tenor der Nr. 2 des Bescheids explizit auf das jagdrechtliche Dokument, nicht aber auf die rechtliche Befugnis zum Jagen. Daher hat die Waffenbehörde vorliegend nach vorläufiger Einschätzung der Kammer isoliert die Herausgabe des Dokuments ohne gleichzeitige Entziehung des Rechts angeordnet. Eine andere Auslegung der Nr. 2 ist auch nicht zulässig mit Blick auf die Bescheidsgründe, welche hinsichtlich § 18 Satz 1 BJagdG sehr wohl zwischen Recht und Dokument zu differenzieren scheinen. Dem Bescheidstenor kommt aber insoweit der stärkere Erklärungsgehalt zu, welcher nach seiner klaren Formulierung keiner Auslegung zugänglich erscheint. Auch bezieht sich die Begründung zur Sofortvollzugsanordnung wiederum nur auf das Dokument, nicht aber das Recht. Solche Auslegungsschwierigkeiten dürfen nicht zulasten des Bescheidsadressaten gehen. Vielmehr ist es Aufgabe der Waffenbehörde, den Bescheid präzise und für den Antragsteller verständlich zu formulieren (vgl. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG).
42
Eine isolierte Anordnung der Einziehung, nicht aber der Ungültigerklärung des Jagdscheins ergibt aus jagdrechtlicher Sicht keinen Sinn. Es besteht kein schutzwürdiges öffentliches Interesse, trotz vorliegender Voraussetzungen des § 18 Satz 1 BJagdG das jagdrechtliche Dokument einzuziehen, solange das dadurch vermittelte Recht noch nicht entzogen wurde, so dass die Nr. 2 des Bescheids nach vorläufiger Einschätzung als rechtswidrig anzusehen ist.
43
(3) Rechtlich zu beanstanden ist nach summarischer Prüfung auch die Nr. 3 des Bescheids.
44
Diese Anordnung des Bescheids findet ihre Grundlage in § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass jemand, der auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen hat und noch besitzt, binnen angemessener Frist Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Diese Anordnung hat das Landratsamt auf den vorliegenden Fall umformuliert, dass Waffen und Munition bereits sichergestellt sind.
45
Nach § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG kann die Waffenbehörde die sichergestellten Waffen und Munition einziehen sowie verwerten oder vernichten, wenn der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats ab Sicherstellung eine empfangsberechtigte und -bereite Person benennt. Für die getroffene Anordnung besteht vorliegend daher kein sachlicher Grund; vielmehr ist davon auszugehen, dass § 46 Abs. 2 WaffG nur auf die Konstellation zugeschnitten ist, dass die streitgegenständlichen Waffen noch nicht sichergestellt sind. Die zusätzliche Anordnung in Nr. 3 ist nicht von der letztgenannten Norm gedeckt sind (vgl. VG Regensburg, B.v. 22.2.2022 – RN 4 S 21.2199). Sie erzeugt gegenüber dem Antragsteller einen zusätzlichen, nicht gesetzlich vorgesehenen Handlungsdruck und erweist sich vor diesem Hintergrund als rechtswidrig.
46
(4) Rechtliche Bedenken gegen die (kraft Gesetzes vollziehbare) Kostenanordnung in Nr. 6 des Bescheids sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die angeordnete Gebühr knüpft ausschließlich an den (rechtmäßigen) Widerruf der Waffenbesitzkarte an und hält sich im gesetzlich vorgesehenen Rahmen. Die voraussichtliche Rechtswidrigkeit der Nr. 2 und 3 des Bescheids ist folglich ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Kostenanordnung.
47
c) Soweit die Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung. Aufgrund der hohen Bedeutung der im Waffenrecht zu schützenden Rechtsgüter Leben und Gesundheit kann dessen Bestandskraft nicht abgewartet werden. Soweit die Hauptsache dagegen voraussichtlich erfolgreich sein wird, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
48
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
49
3. Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Ziffer 1.5, 50.2 und 20.3 des Streitwertkatalogs 2013 der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hierbei sind die Waffenbesitzkarte (mitsamt einer Waffe) mit einem Streitwert von 5.000 €, die 14 weiteren Waffen mit einem Wert von je 750 € und der Jagdschein mit einem Wert von 8.000 € anzusetzen. Dieser Gesamtwert von 23.500 € ist im vorläufigen Rechtsschutz zu halbieren.