Titel:
Anwendungsbereich der VO (EU) 576/2013, Tatbestandsmerkmal der Verbringung, Beweislast bezüglich der Verbringung, Zusammenhang zwischen der Verbringung und hierauf gestützten Maßnahmen nach Art. 34, 35 VO (EU) 576/2013, Ausschluss einer Kostenerhebung nach nationalen Vorschriften im Anwendungsbereich von Art. 13 BayAGTierGesG
Normenketten:
Art. 34, 35 VO (EU) 576/2013, § 20 BmTierSSchV
TierGesG § 24 Abs. 3
BayAGTierGesG Art. 13
Schlagworte:
Anwendungsbereich der VO (EU) 576/2013, Tatbestandsmerkmal der Verbringung, Beweislast bezüglich der Verbringung, Zusammenhang zwischen der Verbringung und hierauf gestützten Maßnahmen nach Art. 34, 35 VO (EU) 576/2013, Ausschluss einer Kostenerhebung nach nationalen Vorschriften im Anwendungsbereich von Art. 13 BayAGTierGesG
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32228
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 3.11.2021, Az.: *****, wird aufge-hoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungs-schuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in glei-cher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen einen Kostenbescheid betreffend tierseuchenrechtliche Maßnahmen.
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Am 26.1.2017 wurde für die beiden Hunde „*****1“ (Mikrochip-Nr. UKR *****) und „*****2“ (Mik-rochip-Nr. UKR *****) der Klägerin nach einer Kontrolle ihrer Tierhaltung in der ***** vom sel-ben Tag mündlich die Tollwutimpfung und Isolation der beiden Hunde unter amtlicher Kontrolle in einer Einrichtung angeordnet, was mit einer Anordnung vom 8.2.2017 schriftlich bestätigt wurde. Die Tiere seien ohne gültigen Tollwutimpfschutz aus der Ukraine nach Deutschland verbracht worden. Hierin sei ein Verstoß gegen die Vorschriften der VO (EU) 576/2013 zu sehen, weshalb die Tiere in Quarantäne zu nehmen und Impfungen vorzunehmen seien. Die Anordnung wurde gegenüber der Klägerin ausgesprochen, Adressatin sollte allerdings deren Tochter, Frau N., sein. Auch die schriftliche Bestätigung vom 8.2.2017 wurde gegenüber Frau N. erlassen, da lt. den Akten zu diesem Zeitpunkt sowohl die Klägerin als auch Frau N. ange-geben hätten, dass letztere Halterin der Tiere sei.
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Mit Schriftsatz vom 11.3.2017 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 8.2.2017 Klage, wobei Sie klarstellte, dass die Tiere ihr gehörten. Beide Hunde seien im Januar 2017 in Deutschland gekauft worden. Die Mikrochips seien aus der Ukraine geschickt worden. Die Hunde hätten Deutschland nie verlassen. Somit habe es für die Herausnahme der Tiere keine gesetzliche Grundlage gegeben. Mit Beschluss vom 23.8.2018 wurde das Verfahren nach
§ 92 Abs. 2, 3 Alt. 2 VwGO eingestellt.
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Nach Aufhebung der Quarantäne durch die Beklagte und Bestätigung der Tochter der Klägerin vom 17.7.2017, dass die Hunde der Klägerin gehörten, wurden die Hunde durch die Klägerin am 21.7.2017 und 7.8.2017 abgeholt.
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Mit Schreiben vom 15.7.2021 wurde die Klägerin zum Erlass eines Kostenbescheides ange-hört.
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Mit Bescheid vom 3.11.2021 wurden die gegenständlichen Anordnungen getroffen. Die Klä-gerin habe die angefallenen Kosten für die Tollwutimpfung und Isolation unter amtlicher Über-wachung der Hündin „*****1“ (Mikrochip-Nr. UKR *****) zu tragen. Es seien Unterbringungs- und tierärztliche Versorgungskosten i.H.v. 2.711,26 EUR entstanden (Ziffer 1). Sie habe ferner die angefallenen Kosten für die Isolation unter amtlicher Überwachung der Hündin „*****2“ (Mikrochip-Nr. UKR *****) zu tragen. Es seien Unterbringungs- und tierärztliche Versorgungs-kosten i.H.v. 3.243,20 EUR entstanden (Ziffer 2). Als Rechtsgrundlage für die Kostenforderun-gen wurde Art. 35 Abs. 3 VO EU 576/2013 angegeben. Im Übrigen wird auf den Bescheid und die Behördenakte verwiesen, insbesondere wegen der Einzelheiten zur Höhe und Zusammen-setzung der Kosten.
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Mit Schreiben vom 27.12.2021 hat die Klägerin eine Anfechtungsklage mit dem Ziel der Auf-hebung des Bescheides erhoben. Die Quarantäne im Tierheim sei nicht notwendig gewesen, weil die Tiere in Deutschland gekauft worden seien und Regensburg nie verlassen hätten. Somit habe es keine Rechtsgrundlage für die Herausnahme der Tiere gegeben.
den Bescheid der Beklagten vom 3.11.2021 (Az. 31.1.4/*****) aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Wegnahme der Tiere auf Grundlage der VO (EU) 576/2013 sei gerechtfertigt gewesen. Die Hunde seien mit ukrainischen Mikrochips gekennzeichnet gewesen. In ihren Impfausweisen sei die Länderkennung der Ukraine mit „Tippex“ unkenntlich gemacht worden. Daher hätten starke Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Tiere aus der Ukraine unrechtmäßig nach Deutschland verbracht worden seien. Die Ausführungen der Klägerin, sie habe den Tieren selbst die aus der Ukraine geschickten Mikrochips implantiert, sei nicht glaubhaft, da hierfür fundierte medizinische Kenntnisse erforderlich seien. Bei der Ukraine handele es sich um ein nicht gelistetes Drittland. Hunde aus solchen Ländern dürften nur in einen Mitgliedsstaat ver-bracht werden, wenn sie eine gültige Tollwutimpfung nach den Vorgaben der VO (EU) 576/2013 erhalten hätten und einem Test zur Titrierung auf Tollwutantikörper unterzogen wor-den seien, ferner sei eine Tiergesundheitsbescheinigung nach Art. 25 VO (EU) 576/2013 vor-zulegen. All dies habe nicht nachgewiesen werden können, sodass kein nachweisbarer Toll-wutimpfschutz vorgelegen habe. Deshalb seien die entsprechenden Maßnahmen nach Art. 35 VO (EU) 576/2013 sowie § 24 Abs. 3 Nrn. 7, 10 TierGesG angeordnet worden. Nach erfolgter und erfolgreicher Impfung seien die Hunde aus der Quarantäne entlassen worden. Rechts-grundlage für den Kostenerstattungsanspruch seien Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 5 KG sowie Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013. Heranzuziehen sei die Klägerin gewesen, da sie jedenfalls die Veranlasserin der Kosten gewesen sei, auch wenn zunächst falsche Anga-ben über die Eigentümerverhältnisse gemacht worden seien.
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Mit Schreiben vom 20.10.2024 führte die Klägerin nochmals aus, dass es keine Beweise dafür gebe, dass die Hunde aus der Ukraine nach Deutschland gebracht worden seien. Die Hunde seien in Deutschland gekauft worden. Sie stellten keine Gefahr dar, eine Quarantäne hätte auch in ihrer Wohnung stattfinden können. Die Chips habe die Klägerin selbst einsetzen kön-nen, weil sie vor 2010 ehrenamtlich herrenlose Tiere versorgt und dort die notwendigen Fähig-keiten erworben habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie Behördenakten verwiesen, ferner auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2024.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet, der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Es gibt keine einschlägige Rechtsgrundlage, aufgrund derer der Klägerin die streitigen Kosten auferlegt werden können. Eine Kostenerhebung aufgrund von Art. 35 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 12.6.2013 über die Ver-bringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 (nachfolgend: VO (EU) 576/2013) scheidet mangels nachgewiesener Ver-bringung durch die Klägerin, ferner mangels nachgewiesenem zeitlichen Zusammenhang zwi-schen (unterstellter) Verbringung und Erlass der Maßnahmen aus. Einer Kostenerhebung aufgrund von § 20 der Verordnung über das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren und Waren (nachfolgend: BmTiersSSchV) bzw. § 24 Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (nachfol-gend: TierGesG) i.V.m. den Vorschriften des Kostengesetzes steht Art. 13 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes (nachfolgend: BayAGTierGesG) entgegen, im Hin-blick auf § 20 BmTierSSchV fehlt es zudem wiederum an einer nachgewiesenen innergemein-schaftlichen Verbringung.
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1. Die Forderung kann nicht auf Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013 gestützt werden. Be-reits der Anwendungsbereich der Verordnung ist in Bezug auf die Klägerin nicht eröff-net. Die Verordnung setzt zunächst die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken aus einem Mitgliedsstaat in einen anderen oder aus einem Gebiet oder Drittland in die Mitgliedsstaaten voraus (vgl. Art. 2 Abs. 1 VO (EU) 576/2013). Ei-ne Verbringung zu anderen als Handelszwecken ist jede Verbringung, die weder den Verkauf eines Heimtieres noch den Übergang des Eigentums an dem Heimtier be-zweckt (vgl. Art. 3 Buchst. a) VO (EU) 576/2013). Ein Heimtier ist ein Tier der in An-hang I genannten Arten (Hunde, Katzen und Frettchen, vgl. Anhang I Teil A VO (EU) 576/2013), das von seinem Halter oder einer ermächtigten Person bei einer Verbrin-gung zu anderen als Handelszwecken mitgeführt wird und für das der Halter oder die ermächtigte Person für die Dauer solch einer Verbringung zu anderen als Handelszwe-cken verantwortlich bleibt (vgl. Art. 3 Buchst. b) VO (EU) 576/2013). Bereits hieran scheitert es. So ist es der Beklagtenseite nicht gelungen, eine solche Verbringung nachzuweisen – jedenfalls keine, im Rahmen derer die Klägerin die verantwortliche Halterin gewesen wäre (vgl. Art. 3 Buchst. b) VO (EU) 576/2013). Da es sich bei der Verbringung aber um eine Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung handelt und mithin um eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für einen Verwaltungsakt, der auf Grundlage dieser Verordnung – konkret auf Grundlage von Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013 i.V.m. Art. 34 VO (EU) 576/2013 – erlassen wird, trägt die Beklagte nach all-gemeinen Regeln hierfür die Beweislast (vgl. OVG Bautzen, B.v. 23.11.2020 – 6 B 80/20 – BeckRS 2020, 41549, Rn. 10). Dieser ist sie nicht nachgekommen.
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Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sie habe die Hunde am 17.1.2017 in Regensburg und in Unkenntnis über deren Herkunft gekauft. Anschlie-ßend habe sie im Internet Chips gekauft, die sie den Tieren selbst implantiert habe – dies sei nicht besonders schwer, sie könne dies, weil sie in der Ukraine mit Tieren ge-arbeitet habe. Dass die Chips aus der Ukraine kämen, sei Zufall. Die Ausstreichungen mittels „TippEx“ im Impfpass stammten nicht von ihr. Die Vertreterin der Stadt hat hier-zu ausgeführt, dass aufgrund der Umstände davon auszugehen gewesen sei, dass die Hunde – von wem auch immer – aus der Ukraine eingeführt worden seien, weshalb die entsprechenden Maßnahmen erlassen worden seien.
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Obwohl das Gericht den Vortrag der Klägerin für jedenfalls zweifelhaft hält, muss doch festgehalten werden, dass es der Klägerin von Seiten der Beklagte nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie tatsächlich als Halterin oder verantwortliche Person (vgl. Art.3 Buchst. b) VO (EU) 576/2013) etwas mit einer etwaigen Verbringung der Tiere aus der Ukraine nach Deutschland zu tun hatte. So hält es das Gericht zwar für durchaus wahrscheinlich, dass die Hunde – von wem auch immer und wann auch immer – aus der Ukraine nach Deutschland gebracht wurden. Ob die Klägerin damit aber etwas zu tun hatte oder ob Sie die Tiere in Deutschland gekauft hat – im Wissen oder im Unwis-sen über die Umstände ihrer Herkunft – konnte nicht aufgeklärt werden. Dies geht hier zu Lasten der Beklagten, nachdem diese die Beweislast trägt (s.o.). Schon aus diesem Grund konnten die Kosten nicht aufgrund von Art . 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013 von der Klägerin erhoben werden.
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Hinzu kommt, dass es – selbst wenn es in der Vergangenheit zu einer Verbringung durch die Klägerin gekommen sein sollte – an einem zeitlichen und inhaltlichen Zu-sammenhang zwischen der Verbringung und den hier erlassenen Maßnahmen fehlt, der nach Ansicht des Gerichts aber zwingende Voraussetzung für Maßnahmen auf Grundlage von Art. 35 Abs. 1, 2 VO (EU) 576/2013 ist. In Art. 34 VO (EU) 576/2013 ist geregelt, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats Dokumenten- und Näm-lichkeitskontrollen am Einreiseort des Reisenden für Heimtiere durchführt, die zu ande-ren als Handelszwecken in diesen Mitgliedstaat aus einem anderen als einem nach Art. 13 Abs. 1 und gegebenenfalls Art. 15 VO (EU) 576/2013 aufgelisteten Gebiet oder Drittland verbracht werden (Abs. 1) sowie weitere Punkte bezüglich dieser Kontrollen
(Abs. 2 – 4). Werden bei diesen Kontrollen Verstöße vorgefunden, so können hierauf basierend Maßnahmen, bspw. der Isolation und Impfung, angeordnet (Art. 35 Abs. 1 Buchst. b) VO (EU) 576/2013) und die Kosten dieser Maßnahmen dem Tierhalter auf-erlegt (Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013) werden. Gerade im Falle des Art. 34 VO (EU) 576/2013, wenn es sich – wie hier – um die Verbringung aus einem nicht gelisteten Drittland wie der Ukraine handelt, gibt es besonders strenge Vorgaben an das Verbrin-gungsverfahren und die Dokumenten- und Nämlichkeitskontrolle, wie die Kontrolle am Einreiseort nach Art. 34 Abs. 1 VO (EU) 576/2013). Wortlaut und Systematik der Art. 34, 35 VO (EU) 576/2013 legen es dabei nahe, dass diese Vorschriften in ihrer Ge-samtheit nur einheitlich anwendbar sind. Art. 35 Abs. 1, 2 VO (EU) 576/2013 regeln Maßnahmen, die basierend auf Kontrollen nach Art. 33, 34 VO (EU) 576/2013 ergehen können („Ergeben die Kontrollen gemäß den Artikeln 33 und 34…“, vgl. Art. 35 Abs. 1 VO (EU) 576/2013)). Dementsprechend regelt Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013 nach der Überzeugung des Gerichts nur die Tragung der Kosten, die wiederum direkt auf solchen Maßnahmen beruhen. Das Gericht geht hier aber nicht davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Maßnahmen um solche Maßnahmen handelt. Unab-hängig von der oben thematisierten Verbringung und selbst wenn eine solche durch die Klägerin unterstellt wird, haben die Kontrollen nicht im Zusammenhang mit, im zeitli-chen Kontext einer oder aufgrund einer vermuteten Verbringung stattgefunden, viel-mehr aufgrund einer Beschwerde eines Bürgers, dass in der Wohnung der Klägerin re-gelmäßig ein Hund auf den Balkon gesperrt würde (Bl. 31 .d Behördenakte). Nur bei dieser Gelegenheit wurden die Hunde vorgefunden und entstand der Verdacht, dass diese aus der Ukraine eingeführt worden sein könnten. Da die Regelungen in Art. 33 – 35 VO (EU) 576/2013 aber ein in sich geschlossenes Regelungssystem darstellen, welches nach Überzeugung des Gerichts eben nur die konkrete Verbringung eines Tie-res über eine europäische Binnengrenze (Art. 33 VO (EU) 576/2013) bzw. Außengren-ze (Art. 34 VO (EU) 576/2013) regelt sowie damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Kontrollen und Maßnahmen – bei Art. 34 Abs. 1 VO (EU) 576/2013 insbe-sondere die Kontrolle am Einreiseort –, ist Art. 35 Abs. 3 VO (EU) 576/2013 nach An-sicht des Gerichts hier nicht anwendbar (vgl. zur Problematik überzeugend und aus-führlich: VG Düsseldorf, U.v. 26.6.2023 – 29 K 4078/21 – juris, Rn. 84, 92 ff.).
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2. Dies heißt ausdrücklich nicht, dass die Beklagte hinsichtlich der Quarantäne- und Impf-anordnung rechtsfehlerhaft gehandelt hat. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass auf-grund der äußeren Umstände bei der Kontrolle am 26.1.2017 berechtigt davon ausge-gangen wurde, dass die Hunde aus der Ukraine stammen, ohne Tollwutimpfschutz nach Deutschland eingeführt wurden und dass deshalb Maßnahmen zu ergreifen wa-ren, u.a. wegen des Verdachts eines fortdauernden Verstoßes gegen die Vorschriften in Art. 10 ff. VO (EU) 576/2013 im Hinblick auf den Tollwutimpfschutz der Hunde (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 26.6.2023 – 29 K 4078/21 – juris, Rn. 127 ff.). Insoweit hat die Ve-terinärin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch überzeugend ausgeführt, dass bzgl. der Ukraine, weil es sich um einen nicht gelisteten Drittstaat handelt, ein be-sonderes Gefahrenpotential bestehe. Dementsprechend spricht einiges dafür, dass die Maßnahmen zurecht angeordnet wurden. Grundlage hierfür konnte aber nicht Art. 35 VO Abs. 1, 2 VO (EU) 576/2013 sein, vielmehr dürfte es sich um Maßnahmen nach § 24 Abs. 3 Sätze 1, 2 TierGesG gehandelt haben. Letztlich kann dies aber dahinstehen, genauso wie die Frage, ob die konkreten Maßnahmen im Ergebnis rechtmäßig waren.
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Denn jedenfalls steht in Bayern im Anwendungsbereich von § 24 Abs. 3 TierGesG der Art. 13 BayAGTierGesG einer Kostenerhebung entgegen, sodass für die streitigen Maßnahmen unabhängig von deren Rechtmäßigkeit keine Kosten erhoben werden können. Dies würde auch bei einer Anwendbarkeit von § 20 BmTierSSchV gelten, die aber bereits mangels innergemeinschaftlichen Verbringens zu verneinen ist (vgl. zu Art. 13 BayAGTierGesG: BayVGH, U.v. 1.6.2017 – 20 B 16.2241 – juris, Rn. 21 ff.).
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Nach alledem gibt es keine Rechtsgrundlage, die die streitige Kostenerhebung trägt, sodass der Bescheid aufzuheben war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Voll-streckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.