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LG Augsburg, Urteil v. 24.05.2024 – 9 NBs 203 Js 122905/22
Titel:

Voraussetzungen und Anfechtbarkeit einer Entscheidung nach § 329 Abs. 1 StPO

Normenkette:
StPO § 329 Abs. 1
Schlagworte:
Verfahrensrüge, Verfahrenshindernis, Strafantrag
Vorinstanz:
AG Augsburg, Urteil vom 23.05.2023 – 5 Cs 203 Js 122905/22
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 14.11.2024 – 206 StRR 388/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31759

Tenor

Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 23.05.2023 wird kostenpflichtig verworfen.

Entscheidungsgründe

1
Der Angeklagte hat gegen das in der Urteilsformel bezeichnete Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
2
Die Ladung zum heutigen Hauptverhandlungstermin, welche eine Belehrung über die Folgen eines nicht bzw. nicht genügend entschuldigten Ausbleibens enthielt, wurde an den Zustellungsbevollmächtigen des Angeklagten, an seinen Verteidiger Rechtsanwalt M., ordnungsgemäß zugestellt am 13.05.2024.
3
Gründe für das Ausbleiben des Angeklagten sind nicht belegt worden. Der Angeklagte lässt im hiesigen Verfahren seit 20.09.2023 vortragen, dass er sich in Haft bzw. Hausarrest in Brasilien befinde. Ein entsprechender Nachweis wurde bisher nicht vorgelegt.
4
Mit gerichtliche Verfügung vom 04.12.2023 sowie vom 16.02.2024 wurde der Angeklagte über seinen Verteidiger zur Vorlage des Nachweises bzgl. der Inhaftierung bzw. Hausarrests aufgefordert. Im Hauptverhandlungstermin vom 07.05.2024 hat das Gericht nochmals darauf hingewiesen, dass bisher keinerlei Nachweise für die behauptete Inhaftierung bzw. Hausarrest vorliegen.
5
Auch im Termin am 24.05.2024 erklärte der Verteidiger, dass ihm kein Dokument vorliegt, aus dem hervorgeht, dass der Angeklagte nicht nach Deutschland einreisen kann bzw. Brasilien nicht verlassen kann. Er hat kein Dokument über die Inhaftierung oder den Hausarrest des Angeklagten in Brasilien.
6
Auch gibt es keinerlei Ermittlungsansätze für das Gericht, um selbst zu ermitteln, ob der Angeklagte inhaftiert ist bzw. unter Hausarrest steht. Dem Gericht ist nicht bekannt, wo der Angeklagte sich genau in Brasilien aufhält. Es ist weder ein Aktenzeichen noch die Strafverfolgungsbehörde bekannt. Damit sieht sich das Gericht nicht im Stande, Ermittlungen zum Aufenthaltsort des Angeklagten durchzuführen.
7
Allein der Vortrag des Angeklagten, dass er in Brasilien in Haft bzw. unter Hausarrest stehe, reicht dem Gericht für die Bejahung einer Entschuldigung nicht aus. Es liegt dem Gericht keinerlei Nachweis für diesen Vortrag vor. Vielmehr handelt es sich um eine unbelegte Behauptung des Angeklagten.
8
Der Angeklagte war von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung auch nicht entbunden worden.
9
Der Angeklagte ist ohne Entschuldigung ausgeblieben. Im Termin am 07.05.2024, zu dem der Angeklagte ebenfalls trotz ordnungsgemäßer Ladung und Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht erschienen war, war mit Beschluss nochmals das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet worden mit dem Hinweis, dass die Berufung des Angeklagten verworfen wird, wenn er im Fortsetzungstermin am 24.05.2024 ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Der Verteidiger hatte zwar in beiden Terminen eine Vertretungsvollmacht. Für die Kammer war aber das persönliche Erscheinen des Angeklagten für die Bestimmung der Strafe unumgänglich. Der Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 23.05.2023 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde.
10
Die Verteidigung begehrt in der Berufungsinstanz die Verhängung einer Geldstrafe, die Staatsanwaltschaft die Verhängung einer Vollzugsstrafe, zumindest einer höheren Bewährungsstrafe. Insoweit ist insbesondere für die Prognoseentscheidung, nämlich für die Frage der Prüfung der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung, die Anwesenheit des Angeklagten unumgänglich. Der Angeklagte war zum Fortsetzungstermin mit dem Hinweis geladen worden, dass die Berufung des Angeklagten verworfen wird, wenn er im Fortsetzungstermin am 24.05.2024 ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint (Belehrung nach § 329 Abs. 4 StPO).
11
Die Berufung des Angeklagten ist daher nach § 329 StPO zu verwerfen.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.