Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 27.09.2024 – 7 UF 153/24
Titel:

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung von Altersrentenzuschlägen nach Rentenbeginn

Normenkette:
VersAusglG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 3, § 9 Abs. 2,
Leitsätze:
1. Die nach Rentenbeginn erworbenen Altersrentenzuschläge müssen ausgeglichen werden, sind aber grundsätzlich in dem vom Versorgungsträger mitgeteilten Wert für die gesamte Ehezeit bereits enthalten. (Rn. 17)
2. Eine gesonderte Tenorierung hinsichtlich in der Ehezeit nach Rentenbeginn erworbener und seit 01.01.2023 vorhandener Altersrentenzuschläge ist nicht notwendig.     Die     Differenzierung     hätte     nur     bei     einer     gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich vor diesem Stichtag erfolgen müssen, weil nicht geteilt werden kann, was (noch) nicht vorhanden ist.  (Rn. 18)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Altersrentenzuschlag, Grundrentenzuschlag, interne Teilung, Ehezeit, Rentenbeginn, Kapitalwertberechnung, Rentenanpassung nach Stichtag, gesonderte Tenorierung, Differenzierung vor Stichtag
Vorinstanz:
AG Lichtenfels, Endbeschluss vom 13.08.2024 – 002 F 355/21
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31755

Tenor

1. Auf die Beschwerden der Deutschen Rentenversicherung ... wird der Endbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lichtenfels vom 13.08.2024 in Ziffer 2 abgeändert wie folgt:
Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4,2281 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, übertragen.
Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 30,9618 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, übertragen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.182 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Das Amtsgericht – Familiengericht – Lichtenfels hat mit Endbeschluss vom 13.08.2024 die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt wie folgt:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... (Vers. Nr. …) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4,2326 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, übertragen.“
2
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ... (Vers. Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 30,9618 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, übertragen.
3
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ... (Vers. Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,3251 Entgeltpunkten (Grundrentenzuschlag) auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, übertragen.
4
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Auskünfte der Versorgungsträger sowie den Tenor und die Gründe des Endbeschlusses vom 13.08.2024 verwiesen.
5
Gegen diese ihr am 14.08.2024 zugestellte Entscheidung legte die Deutsche Rentenversicherung ... mit Schreiben vom 16.08.2024 und 11.09.2024, eingegangen beim Amtsgericht jeweils am selben Tag, Beschwerde ein und beantragt, die Entscheidung hinsichtlich der Durchführung des Versorgungsausgleichs bezüglich der von den Ehegatten erworbenen Anrechte abzuändern. Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts habe der Antragsgegner keinen Grundrentenzuschlag erworben, sondern einen Anspruch auf Altersrentenzuschlag. Zudem sei die für die Antragstellerin erteilte Auskunft vom 30.11.2022 nicht mehr korrekt, weil auch die Ehefrau inzwischen Rente beziehe.
6
Mit Schreiben vom 29.08.2024 übermittelte der Versorgungsträger für die Antragstellerin eine korrigierte Auskunft.
II.
7
Die nach §§ 58 ff, 217 ff FamFG zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden des Versorgungsträgers sind begründet und führen zur Abänderung der am 13.08.2024 getroffenen Entscheidung.
8
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung der Sache (§ 221 Abs. 1 FamG) in der Beschwerdeinstanz nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, da hiervon bei den gegebenen Umständen keine weitergehenden Erkenntnisse (§ 26 FamFG) zu erwarten waren.
9
1) Grundsätzlich sind nach § 1 VersAusglG im Versorgungsausgleich alle in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs. 1 VersAusglG). Damit beginnt die gesetzliche Ehezeit vorliegend am 01.10.1976 und endet am 30.11.2021.
10
2) Gemäß § 9 Abs. 2 VersAusglG sind die von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anrechte in der Regel nach den §§ 10 bis 13 intern zu teilen. Die interne Teilung nach §§ 10 ff VersAusglG entspricht dem früheren Splitting und der Realteilung und ist deswegen die regelmäßige Ausgleichsform.
11
3) Tatsächlich haben die Ehegatten in der gesetzlichen Ehezeit folgende Anrechte erworben:
12
Die Antragstellerin hat bei der Deutschen Rentenversicherung ... ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 8,4561 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 4,2281 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 32.668,95 Euro.
13
Der Antragsgegner hat bei der Deutschen Rentenversicherung ... ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 61,9235 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 30,9618 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 239.230,25 Euro.
14
Dabei hat der Antragsgegner in der Ehezeit auch Zuschläge nach Rentenbeginn erworben (0,6502 Entgeltpunkte), die im oben genannten Wert allerdings bereits enthalten sind.
15
4) Für die Durchführung des Ausgleichs ist von den vom Versorgungsträger am 09.08.2023 und 29.08.2024 mitgeteilten Werten auszugehen. Keiner der Beteiligten hat gegen diese Werte Einwendungen erhoben. Auch der Senat kann Fehler bei der Berechnung nicht feststellen. Die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung muss demnach hinsichtlich der von den Eheleuten erworbenen Anrechte abgeändert werden:
16
a) Zugunsten des Antragsgegners ist im Weg der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... ein Anrecht in Höhe von 4,2281 (statt: 4,2326) Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 30.11.2021, zu übertragen.
17
b)Zudem muss Absatz 3 der Ziffer 2 des Tenors gestrichen werden. Einen „Grundrentenzuschlag“ hatte der Antragsgegner ohnehin nicht erworben. Die von ihm nach Rentenbeginn erworbenen Zuschläge müssen zwar ausgeglichen werden, sind aber in dem vom Versorgungsträger mitgeteilten Wert für die gesamte Ehezeit (30,9618 Entgeltpunkte) bereits enthalten.
18
Eine gesonderte Tenorierung hinsichtlich der Zeit bis zum 31.12.2022 und für die Zeit ab 01.01.2023 (vgl. hierzu BGH FamRZ 2016, 1233) ist vorliegend nicht notwendig. Da die Zuschläge beim Antragsgegner bereits seit 01.01.2023 „vorhanden“ sind, können sie auch geteilt werden.
19
Die Differenzierung hätte nur bei einer gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich vor diesem Stichtag erfolgen müssen, weil nicht geteilt werden kann, was (noch) nicht vorhanden ist.
III.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 81 FamFG.
21
Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach §§ 40, 50 FamGKG. Nach den Angaben in erster Instanz betrug das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten zu Beginn des Verfahren 20.910 Euro. Da in der Beschwerdeinstanz zwei Anrechte zu überprüfen waren, ist der Verfahrenswert auf (20.910 x 0,2 =) 4.182 Euro festzusetzen.
22
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs. 2 FamFG).