Inhalt

ArbG Augsburg, Endurteil v. 08.02.2024 – 5 Ca 1854/23
Titel:

Hinterbliebenenversorgung bei Spätehenklausel

Normenketten:
BetrAVG § 1
BGB § 305c, § 307
AGG § 1, § 3, § 7
Leitsätze:
1. Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, wonach Witwen, deren Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden ist und deren Ehe nicht 15 Jahre Bestand hatte, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sein sollen, ist weder iSv § 305c Abs. 1 BGB überraschend noch führt sie zu einer unangemessenen Benachteiligung iSv § 307 BGB. (Rn. 16 – 19 und 20 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine solche Regelung trägt dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung, die besonderen Risiken, die mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbunden sind, zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu machen. Dazu wird der Kreis der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen auf Personen beschränkt, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf vor dem Eintritt des Versorgungsfalls beim Versorgungsberechtigten angelegt war und bis zu dessen Tod fortbestand. Dadurch werden auch die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt (Anschluss an BAG BeckRS 2013, 73853). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die den Anspruch auf Witwenrente einschränkende Voraussetzung hält auch einer Überprüfung am Maßstab des AGG stand. Sie ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. (Rn. 23 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Witwenrente, Hinterbliebenenversorgung, betriebliche Altersversorgung, Spätehenklausel, Inhaltskontrolle, Einbeziehungskontrolle
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Urteil vom 05.07.2024 – 4 SLa 95/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31748

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 132.518,88 Euro festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um eine Witwenrente aus einer betrieblichen Altersversorgung.
2
Der am 0.0.1931 geborene und am 25.7.2022 verstorbene Ehemann der Klägerin war bis 1.10.1996 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt als leitender Angestellter. Seit seinem Ruhestandseintritt erhielt der Ehemann der Klägerin von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente in Höhe von zuletzt 4.601,35 Euro brutto. Die Beklagte hat die Zahlung der Betriebsrente mit dem Sterbemonat Juli 2022 eingestellt.
3
Die Klägerin und ihr Ehemann haben am 8.9.2010 miteinander die Ehe geschlossen.
4
Grundlage für die Rentenzahlung an den Ehemann der Klägerin ist eine Versorgungsvereinbarung zwischen dem Ehemann und der Beklagten vom 1.9.1967, welche mit Zusatz vom 2.1.1968 und Neufassung vom 15.7.1976 ergänzt und verändert worden ist. Ferner setzte die Beklagte unter dem 1.1.9 S. 81 ein Versorgungsplan für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kraft, dessen § 8 lautet:
„§ 8 Witwenrente
(1) Witwenrente erhält die Ehefrau des verstorbenen Mitarbeiters oder eines Versorgungsempfängers unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung.
(2) Die Witwenrente beträgt 60% der NCR-Rente, auf die der Ehemann bei seinem Ableben Anspruch oder Anwartschaft hatte. Die Witwenrente beginnt frühestens im Anschluss an die letzten Bezüge aus dem aktiven Arbeitsverhältnis und endet mit Ablauf des Monats, in dem die Witwe stirbt oder sich wiederverheiratet.
Im Falle der Wiederverheiratung erhält die Witwe eine einmalige Abfindung in Höhe des 18-fachen Betrages ihrer Monatsrente.
(3) Ein Anspruch auf Witwenrente besteht nicht,
a) wenn die Ehe des Mitarbeiters nicht mindestens 2 Jahre bestanden hat,
b) wenn die Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wird, es sei denn, die Ehe hat mindestens 15 Jahre bestanden,
c) für die geschiedene Ehefrau.“
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Die Klägerin behauptet, zwischen ihr und ihrem Ehemann habe zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits eine rund 23-jährige Partnerschaft bestanden. Einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe sie nicht.
6
Die Klägerin ist der Rechtsauffassung die Regelung, nach § 8 des Versorgungsplans der Beklagten sei unwirksam. Zum einen benachteilige die Regelung die Klägerin unangemessen und sei daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Zum anderen sei die Klausel überraschend, da sie in Abs. 1 den Eindruck erwecke, die Witwenrente werde
„unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung“ gewährt, diesen Anspruch jedoch in Abs. 3 wieder einschränke [Bl. 7ff d.A.]. Darüber hinaus verstoße § 8 Abs. 3b des Versorgungsplans gegen das in § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 2 AGG normierte Verbot der mittelbaren Benachteiligung. Die Klausel knüpfe nicht an ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip an, sie sei zur Erreichung des Ziels nicht angemessen und erforderlich im Sinne des § 3 AGG [Bl. 53ff d.A.].
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Die Klägerin beantragt,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständiger Hinterbliebenenrente seit dem 01.08.2022 bis 31.08.2023 in Höhe von 33.129,72 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 2.760,81 EUR brutto jeweils spätestens am Ende eines Kalendermonats, beginnend mit dem 01.09.2023 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Rechtsauffassung die Regelung in § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung sei wirksam. Klauseln zur Begrenzung des Risikos des Versorgungsschuldners, welche die Witwenrente für Ehen, die nach dem Vorsorgebedarf geschlossen werden, ausschließen, seien von der Rechtsprechung auch ohne weitere Einschränkungen anerkannt [Bl. 41 d.A.]. Die Regelung knüpfe beim Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente nicht an eine starre Altersgrenze und ein bestimmtes Alter des Versorgungsempfängers an, sondern an den Beginn der Versorgungsphase, dieser Beginn sei aber gerade nicht starr, sondern hänge von den individuellen Renten, welche der Versorgungsplan gewährt, ab Bl. 60f d.A..
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle gemäß §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 S. 2 ZPO verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
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1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG eröffnet.
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2. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Augsburg folgt aus §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.
II.
14
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 8 der Versorgungsordnung, da die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sind (1.) und die Klausel weder überraschend ist (2.), noch den Verwendungsgegner unangemessen benachteiligt (3.), noch eine Benachteiligung wegen den Alters darstellt (4.).
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1. Die Voraussetzungen des § 8 der Versorgungsordnung sind nicht erfüllt, da die Ehe der Kläger erst nach Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurde und nicht mindestens 15 Jahre bestanden hat.
16
2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB.
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a. Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Prüfung nach § 305c Abs. 1 erfolgt in drei Schritten. Zunächst ist festzustellen, welche Vorstellungen und Erwartungen der Kunde vom Inhalt des abgeschlossenen Vertrages nach den Umständen hatte und haben durfte. Sodann ist der Inhalt der streitigen AGB-Klausel zu ermitteln. Schließlich ist zu fragen, ob die Diskrepanz zwischen den Vorstellungen des Kunden und dem Inhalt der AGB-Klausel so groß ist, dass sich die Annahme rechtfertigt, es handele sich um eine „überraschende“ Klausel iSd § 305c Abs. 1 (MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305c Rn. 7).
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„Überraschend“ ist die AGB-Klausel nur dann, wenn zwischen ihrem Inhalt und den Erwartungen des Kunden eine deutliche Diskrepanz besteht. Der Klausel muss ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen (MüKoBGB a.a.O. Rn. 12).
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b. Nach diesen Grundsätzen liegt keine überraschende Klausel vor. Bei Versorgungsordnungen muss der Verwendungsgegner differenzierte Regelungen zu den Anspruchsvoraussetzungen erwarten. Es handelt sich dabei um eine rechtstechnisch übliche Gestaltung, in einer Vorschrift zunächst grundsätzliche Regelung zu treffen, um sodann Einschränkungen Ausnahmen von der Grundregel aufzunehmen. Auch im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen kann und muss vom Verwendungsgegner erwartet werden, dass er nicht nur den ersten Satz der anspruchsbegründenden Norm liest.
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3. Die Klausel benachteiligt den Verwendungsgegner nicht unangemessen, § 307 Abs. 1 und 2 BGB.
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a. Nach § 307 Abs. 1. S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Bei der danach erforderlichen wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung der rechtlich anzuerkennenden Interessen der Vertragsparteien ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen.
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b. Die Regelung in § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung trägt dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung, die besonderen Risiken, die mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbunden sind, zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu machen. Dazu wird der Kreis der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen auf Personen beschränkt, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf vor dem Eintritt des Versorgungsfalls beim Versorgungsberechtigten angelegt war und bis zu dessen Tod fortbestand. Dadurch werden auch die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt (BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11). Die Rechtsprechung lässt eine solche Regelung ohne weitere Einschränkungen zu. Dass § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung unter der Voraussetzung, dass die Ehe mehr als 15 Jahren besteht, auch dann eine Witwenrente gewährt, wenn die Ehe nach dem Versorgungsfall geschlossen wurde, stellt ihm Vergleich hierzu eine Ausnahme zugunsten der Arbeitnehmer dar. Wenn jedoch schon der generelle Ausschluss von nach dem Versorgungsfall geschlossener Ehen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt, kann eine hiervon zugunsten des Arbeitnehmers abweichende Regelung erst recht keine unangemessene Benachteiligung darstellen. Soweit die Klägerin auf das Urteil des BAG vom 19.2.2019 (3 AZR 150/18) verweist, ist dieses auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar: In dem zitierten Fall galt die Mindestehedauer auch für Ehen, die vor dem Versorgungsfall geschlossen wurden.
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4. Die den Anspruch auf Witwenrente einschränkende Voraussetzung hält einer Überprüfung am Maßstab des AGG stand. Sie ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.
24
Die in § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung vorgesehene einschränkende Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenversorgung, dass die Ehe nicht erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurde, verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters nach § 7 Abs. 2 Hs. 1 AGG und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Regelung bewirkt weder eine unmittelbare noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.
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a. Nach § 7 Abs. 1 Hs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – ua wegen des Alters – benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (BAG, Urt. v. 15.10.2013 – 3 AZR 653/11).
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b. Da die in § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung vorgesehene einschränkende Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenversorgung, dass die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurde, nicht an das Lebensalter anknüpft und auch nicht unmittelbar auf diesem Merkmal beruht, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters aus. Eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv § 3 Abs. 2 AGG liegt ebenfalls nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen worden sein muss, überhaupt typischerweise eine Benachteiligung wegen des Lebensalters bewirken kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, läge darin keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich. Dies schließt den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG aus (BAG a.a.O.).
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c. Der in § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung vorgesehene Ausschluss von der Witwenversorgung für den Fall, dass die Ehe erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurde geschlossen wurde, ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Mit dieser Regelung sollen die Leistungspflichten des Arbeitgebers erkennbar auf Risiken begrenzt werden, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren. Das Ziel, die Leistungspflichten des Arbeitgebers auf Risiken zu begrenzen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren, ist rechtmäßig iSd § 3 Abs. 2 AGG. Der Arbeitgeber entscheidet bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert. Er kann Leistungen der Hinterbliebenenversorgung versprechen, eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn nicht. Aus diesem Grund ist er grundsätzlich auch berechtigt, die Hinterbliebenenversorgung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen und damit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen (BAG a.a.O. mwN).
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Eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Dritten durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale liegt gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nah, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt.
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Diese betreffen nicht nur den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch die Dauer der Leistungserbringung. Vor diesem Hintergrund hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu halten. Diesem Ziel dient es, den Kreis der Anspruchsberechtigten auf Personen zu beschränken, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt war. Die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung ist Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Durch die Zusage soll der Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage seiner Hinterbliebenen entlastet werden. Die Hinterbliebenenversorgung nach dem Betriebsrentengesetz knüpft an das typisierte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers an. Der Versorgungsschuldner hat ein berechtigtes Interesse daran, die von ihm freiwillig eingeführte Hinterbliebenenversorgung auf einen Personenkreis zu beschränken, hinsichtlich dessen der Versorgungsbedarf bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses angelegt war. Insoweit ist das Ende des Arbeitsverhältnisses für den Versorgungsschuldner eine wesentliche Zäsur und damit ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für Regelungen der Hinterbliebenenversorgung (BAG a.a.O.).
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Die Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen sein muss, ist zur Erreichung des Ziels, die Leistungspflichten des Arbeitgebers auf Risiken zu begrenzen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren, angemessen und erforderlich. Die angestrebte Risikobegrenzung kann durch eine andere Regelung nicht erreicht werden (BAG a.a.O.).
31
d. Der Umstand, dass § 8 Abs. 3b der Versorgungsordnung anders als die in dem zitierten Urteil geprüfte Regelung, Ehen, die erst nach Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurden, nicht generell von der Versorgung ausschließt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch diese Regelung knüpft an dem Eintritt des Versorgungsfalles als betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip an. Auch in diesem Fall beschränkt der Arbeitgeber seine Leistungspflicht auf Risiken, die bereits während des Arbeitsverhältnisses angelegt waren, ohne sie für jeden Fall auszuschließen.
III.
32
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
33
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Für Antrag 1 ist die Höhe der Forderung, für Antrag 2 der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend. Für die Ermittlung des Beschwerdestreitwertes nimmt das Gericht die Addition des Wertes der Klageanträge 1 und 2 vor, da § 42 Abs. 3 S. 1 GKG nur für die Bestimmung des Kostenstreitwertes Anwendung findet.
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Gegen dieses Urteil steht der Klägerin das Rechtsmittel der Berufung an das Landesarbeitsgericht München gemäß nachfolgender Rechtsbehelfsbelehrung zu.