Titel:
Hinterbliebenenversorgung bei Spätehenklausel
Normenketten:
BetrAVG § 1
BGB § 134, § 305c, § 307
AGG § 1, § 3, § 7
GG Art. 6 Abs. 1
Leitsätze:
Die Klägerin verlangt vergeblich Witwenrente aus der betrieblichen Altersversorgung ihres verstorbenen Ehemanns, dessen Versorgungszusage die Klausel enthält, dass eine Witwenrente nicht geschuldet sein solle, wenn die Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden sei und keine 15 Jahre bestanden habe. Die Ehe der Klägerin wurde erst nach dem Renteneintritt ihres Manns geschlossen und dauerte 12 Jahre. Die ausschließende Klausel ist weder überraschend noch unangemessen benachteiligend noch diskriminierend. (Rn. 37 – 65)
1. Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, wonach Witwen, deren Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden ist und deren Ehe nicht 15 Jahre Bestand hatte, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sein sollen, ist weder iSv § 305c Abs. 1 BGB überraschend noch führt sie zu einer unangemessenen Benachteiligung iSv § 307 BGB. (Rn. 37 – 43 und 44 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine derartige Regelung hält auch einer Überprüfung am Maßstab des AGG stand und ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG, § 134 BGB unwirksam. (Rn. 59 – 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Witwenrente, Spätehenklausel, Rückausnahme, AGB, betriebliche Altersversorgung
Vorinstanz:
ArbG Augsburg, Endurteil vom 08.02.2024 – 5 Ca 1854/23
Fundstellen:
NWB 2025, 497
BeckRS 2024, 31747
LSK 2024, 31747
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 08.02.2024, Az.: 5 Ca 1854/23, wird kostenpflichtig zurückgewiesen; ihre Klageerweiterung wird abgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenversorgung aus einer betrieblichen Rentenzusage.
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Der am ...1931 geborene und am 25.07.2022 verstorbene Ehemann der Klägerin war bis 01.10.1996 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin – zuletzt als leitender Angestellter – beschäftigt. Seit seinem Ruhestandseintritt erhielt er von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente in Höhe von zuletzt € 4.601,35 brutto. Grundlage für die Rentenzahlung war eine Versorgungsvereinbarung vom 01.09.1967, welche unter dem 15.07.1976 novelliert wurde (in Anlage K4 zur Klage vom 22.09.2023, Bl. 14 ff.d.A.). Deren § 6 enthielt folgende Regelung:
(1) Stirbt der versorgungsberechtigte Angestellte während der Dauer des Dienstverhältnisses oder nach Eintritt des Versorgungsfalles, erhält seine Witwe eine Versorgungsleistung in halber Höhe des Betrages, auf den der verstorbene Ehemann im Zeitpunkt des Todes Anspruch oder Anwartschaft hatte.
(2) Die Witwenrente wird erstmals für den Monat gezahlt, in dem ein Anspruch auf Gehalt oder Rente nicht mehr besteht, letztmals für den Monat, in dem die Witwe stirbt oder sich wieder verheiratet.
(3) Ein Anspruch auf Witwenrente besteht nicht,
a. wenn die Ehe des Mitarbeiters nicht mindestens 2 Jahre bestanden hat,
b. wenn die Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wird, es sei denn, die Ehe hat mindestens 15 Jahre bestanden,
c. für die geschiedene Ehefrau.
(4) Im übrigen gelten die Bestimmungen für die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes entsprechend.“
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Ferner setzte die Beklagte mit Wirkung zum 01.01.1981 einen Versorgungsplan für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kraft (in Anlage K5 zur Klage vom 22.09.2023, Bl. 20 ff.d.A.), dessen § 8 lautete:
(1) Witwenrente erhält die Ehefrau des verstorbenen Mitarbeiters oder eines Versorgungsempfängers unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung.
(2) Die Witwenrente beträgt 60% der NCR-Rente, auf die der Ehemann bei seinem Ableben Anspruch oder Anwartschaft hatte. Die Witwenrente beginnt frühestens im Anschluss an die letzten Bezüge aus dem aktiven Arbeitsverhältnis und endet mit Ablauf des Monats, in dem die Witwe stirbt oder sich wiederverheiratet.
Im Falle der Wiederverheiratung erhält die Witwe eine einmalige Abfindung in Höhe des 18fachen Betrages ihrer Monatsrente.
(3) Ein Anspruch auf Witwenrente besteht nicht,
a) wenn die Ehe des Mitarbeiters nicht mindestens 2 Jahre bestanden hat,
b) wenn die Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wird, es sei denn, die Ehe hat mindestens 15 Jahre bestanden,
c) für die geschiedene Ehefrau.“
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Die Beklagte stellte die Zahlung der Betriebsrente mit dem Sterbemonat des Ehemanns der Klägerin, nämlich mit Juli 2022, ein.
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Dagegen richtet sich die Klägerin, die seit 08.09.2010 mit dem Versorgungsempfänger verheiratet war, mit ihrer Klage. Sie fordert Zahlung von Witwenrente nach dem Versorgungsplan der Beklagten.
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Erstinstanzlich hat sie dazu vorgetragen, zwischen ihr und ihrem Ehemann habe vor der Eheschließung bereits eine rund 23-jährige Partnerschaft bestanden. Einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe sie nicht.
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Die Regelung nach § 8 des Versorgungsplans der Beklagten, die für ihren Fall eine Rentenzahlung ausschließe, sei unwirksam. Sie benachteilige sie unangemessen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB: die Forderung nach einer 15jährigen Ehedauer sei nicht erforderlich, um Versorgungsehen aus dem Geltungsbereich auszuschließen, außerdem fehle die Möglichkeit einer Rückausnahme; beides aber werde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Wirksamkeit derartiger Klauseln gefordert.
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Auch sei die Klausel überraschend, da sie in Abs. 1 den Eindruck erwecke, die Witwenrente werde „unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung“ gewährt, diesen Anspruch jedoch in Abs. 3 wieder einschränke. Dies habe ihr Ehemann auch nicht erwartet, sonst hätte er anderweitig Vorsorge für sie getroffen.
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Darüber benachteiligte § 8 Abs. 3b des Versorgungsplans mit der Anknüpfung an eine feste Altersgrenze von 63 und das Erfordernis einer 15jährigen Ehe ältere Menschen entgegen § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 2 AGG. Statistisch sei das danach notwendige Alter des Versorgungsberechtigten (78 Jahre) nicht zu erreichen. Die Regelung sei nicht nach § 10 Abs. 2 AG gerechtfertigt, namentlich sei sie nicht erforderlich, weil sie keine Rückausnahme für den Fall normiere, dass zum Zeitpunkt der Heirat der Tod des Hauptberechtigten nicht absehbar gewesen sei.
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Bei alledem sei zu beachten, dass die Beklagte mit der Zahlung nicht mehr belastet sei, weil ihr Ehemann während seiner Tätigkeit in erster Ehe verheiratet gewesen sei und damit nur eine Auswechslung der Person der anspruchsberechtigten Ehefrau erfolge.
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Erstinstanzlich hat die Klägerin daher beantragt,
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständiger Hinterbliebenenrente seit dem 01.08.2022 bis 31.08.2023 in Höhe von 33.129,72 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 2.760,81 EUR brutto jeweils spätestens am Ende eines Kalendermonats, beginnend mit dem 01.09.2023 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Sie hat die Regelung in § 8 Abs. 3b des Versorgungsplans für wirksam gehalten. Klauseln wie die hiesige, welche die Witwenrente für nach dem Versorgungsfall geschlossene Ehen zur Begrenzung des Risikos des Versorgungsschuldners ausschlössen, seien von der Rechtsprechung ohne weitere Einschränkungen anerkannt. Die Regelung knüpfe beim Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente nicht an eine starre Altersgrenze und ein bestimmtes Alter des Versorgungsempfängers, sondern an den Beginn der Versorgungsphase und damit an ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip an. Dieser Beginn sei gerade nicht starr, sondern hänge von dem jeweils einschlägigen Versorgungsfall – ob wegen Alters, vorgezogenen Ruhestands oder Invalidität – ab. Davon mache der Versorgungsplan dann für Härtefälle eine Rückausnahme für den Fall einer langen Ehedauer. Eine entsprechende Regelung kenne auch das Beamtenversorgungsgesetz.
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Die Regelung sei entgegen der klägerischen Kritik nicht überraschend, sondern stelle durchaus üblich zunächst mit dem Verweis auf die gesetzliche Hinterbliebenenrente den Grundsatz auf, um dann Ausnahmen zu formulieren. Im übrigen sei sie übersichtlich und die Ausschlussregelung in dem Text gleich zu sehen.
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Mit Endurteil vom 08.02.2024, auf das hinsichtlich seiner Tatsachenfeststellungen wie rechtlichen Erwägungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Augsburg unter dem Aktenzeichen 5 Ca 1854/23 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin bestehe nicht. Ein solcher ergebe sich nicht aus § 8 des Versorgungsplans; dessen Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil die Ehe erst nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden sei und zum Zeitpunkt des Todes des Ehemanns noch keine 15 Jahre bestanden habe. Diese Regelung sei nicht unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Geschäftsbedingung unwirksam: weder sei sie überraschend – die Reihung von Grundsatz und Ausnahme entspreche vielmehr einer üblichen Regelungsweise – noch benachteilige sie die Klägerin unangemessen; denn wenn mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugunsten der Kostenkalkulierbarkeit eine Beschränkung der Berechtigten auf den Stand bei Eintritt des Versorgungsfalls möglich sei, dann gelte dies erst recht, wenn zugunsten der Arbeitnehmer:innen eine Rückausnahme für lange Ehen erfolge.
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Eine unzulässige Diskriminierung liege darin nicht: zwar sei möglicherweise eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters gegeben, weil ältere Menschen eher von der Regelung betroffen seien als jüngere; die Beschränkung des Kreises der Begünstigten jedoch sei durch das sachliche Ziel der Kalkulierbarkeit der ohnehin freiwilligen Leistung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt.
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Gegen diese ihr am 20.02.2024 zugegangene Entscheidung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.03.2024, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, Berufung eingelegt, die sie mit solchem vom 13.05.2024, am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, innerhalb der bis dahin verlängerten Frist begründet hat.
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Sie rügt darin Rechtsfehler der erstinstanzlichen Entscheidung.
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§ 8 des Versorgungsplans sei eine überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB: Die Beklagte verspreche darin eine Witwenversorgung unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung, schränke dies aber in Abs. 3 derart massiv gegenüber § 46 Abs. 2a SGB-VI ein, dass nichts mehr von der Grundregelung in Abs. 1 übrigbleibe, der damit unklar sei. Dabei sei zu beachten, dass sie über keine gesetzliche Rente verfüge und ihr Ehemann als Versorgungsurheber „dem Versorgungsregime der Beklagten unterworfen“ gewesen sei und hierauf vertraut habe.
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Auch liege ein Verstoß gegen das AGG vor. Die Beklagte habe keine wirksame Begrenzung ihrer Zahlungspflicht errichtet. Zum einen sei mit der zweiten Ehe ihres Manns kein neues Risiko nach dem Eintritt des Versorgungsfalls hinzugekommen, sondern angesichts der ersten Ehe während der aktiven Zeit nur ein Wechsel der Anspruchstellerin.
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Zudem sei die Regelung nicht erforderlich und insgesamt unangemessen: Ihr Sinn sei der Ausschluss von Versorgungsehen, wie sich aus der Rückausnahme mit der vorgegebenen Mindestehedauer ergebe. Dieses Ziel aber sei mit anderen Mitteln erreichbar, wie etwa entsprechend § 46 Abs. 2a SGB-VI mit der Forderung einer einjährigen Mindestdauer. Schließlich fehle eine Härtefallregelung mit der Möglichkeit der Hinterbliebenen nachzuweisen, dass gerade keine Versorgungsehe vorgelegen habe, weil das Risiko des Todes im Moment der Eheschließung nicht absehbar gewesen sei.
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Die Klägerin beantragt daher klageerweiternd zu erkennen:
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Augsburg vom 08.02.2024, Az. 5 Ca 1854/23, verurteilt, an die Klägerin rückständiger Hinterbliebenenrente seit dem 01.08.2022 bis 30.06.2024 in Höhe von 63.498,63 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 2.760,81 EUR seit 01.09.2022,
aus 2.760,81 EUR seit 01.10.2022,
aus 2.760,81 EUR seit 01.11.2022,
aus 2.760,81 EUR seit 01.12.2022,
aus 2.760,81 EUR seit 01.01.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.02.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.03.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.04.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.05.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.06.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.07.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.08.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.09.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.10.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.11.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.12.2023,
aus 2.760,81 EUR seit 01.01.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.02.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.03.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.04.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.05.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.06.2024,
aus 2.760,81 EUR seit 01.07.2024
2. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Augsburg vom 08.02.2024, Az. 5 Ca 1854/23, verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 2.760,81 EUR brutto jeweils spätestens am Ende eines Kalendermonats, beginnend mit dem 01.07.2024 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Dabei bleibt sie dabei, dass die Regelung des Versorgungsplans nicht zu beanstanden sei. Namentlich sei sie entgegen der Ansicht der Klägerin nicht überraschend. Sie stelle die Geltung der gesetzlichen Rentenvoraussetzungen als Grundsatz vorweg, enthalte im folgenden dann aber – ganz üblich – mehrere Ausnahmen, nicht zuletzt in Abs. 2 auch zugunsten der Berechtigten, wenn darin eine lebenslange Rente zugesagt werde. Andernfalls wären weitere Regelungen in dieser Ziffer überflüssig; indem sie aber existent seien, sei erkennbar, dass sie Abweichungen enthielten. Im übrigen seien Späteheklauseln durchaus typisch und zu erwarten.
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Die Regelung sei auch nicht diskriminierend. Indem sie auf den Eintritt des Versorgungsfalls abstelle, greife sie zulässig auf ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip zurück, um damit – wiederum zulässig – den Kreis der Berechtigten auf Eheschließungen vor Renteneintritt zur Kalkulierbarkeit der Belastung zu begrenzen. Eine hypothetische Betrachtung, wie die Klägerin sie vornehme – dass auch bei Fortbestand der ersten Ehe Kosten entstanden wären – sei gegenüber der klaren Regelung unbeachtlich.
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Die Härtefallklausel ihrerseits sei rechtlich wirksam: eine lange Ehedauer stelle danach eine Gegenausnahme zugunsten der hinterbliebenen Ehefrau, nicht umgekehrt eine Voraussetzung für einen Anspruch (anders als in lit.a) und damit keine Mindestehendauer-, sondern eine Spätehenklausel dar. Sie kompensiere die in 15 Jahren Ehe konkretisierte Erwartung eines durch die Rentenzahlung geprägten Lebensstandards und sichere zugleich eine zeitliche Begrenzung zugunsten des Arbeitgebers angesichts des regelmäßig hohen Alters der dadurch begünstigten Hinterbliebenen, ohne unrealistische Anforderungen aufzustellen: Eine 15jährige Ehe sei keineswegs ausgeschlossen, zumal nach § 5 des Versorgungsplans ein Austritt aus dem aktiven Arbeitsleben mit 63 vorgesehen und frühere Renteneintritte nach § 6 möglich seien.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien und ihrer Rechtsauffassungen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, namentlich die der Klägerin vom 22.09.2023 (Bl. 1 ff.d.A.), und 17.01.2024 (Bl. 53 ff.d.A.) in erster und vom 20.03.2024 (Bl. 87 ff.d.A.), 22.04.2024 (Bl. 109 f.d.A.), 13.05.2024 (Bl. 112 ff.d.A.) sowie 27.06.2024 (Bl. 141 ff.d.A.) in zweiter Instanz, die der Beklagten vom 10.10.2023 (Bl. 34 d. A.), 24.11.2023 (Bl. 39 ff.d.A.) und 05.02.2024 (Bl. 59 ff.d.A.) vor dem Arbeits- und vom 12.06.2024 (Bl. 131 ff.d.A.) und 02.07.2024 (Bl. 149 ff.d.A.) vor dem Landesarbeitsgericht sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Augsburg vom 30.10.2023 und 08.02.2024 (Bl. 36 f. und 65 ff.d.A.) Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 17.05.2024 hat das Landesarbeitsgericht eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeregt, dem die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.05.2024 und die Beklagte mit solchem vom 27.05.2024 zugestimmt haben. Daraufhin ist mit Beschluss vom 28.05.2024 die Überleitung ins schriftliche Verfahren erfolgt und ein Entscheidungsverkündungstermin festgesetzt worden.
Entscheidungsgründe
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Die klageerweiternde Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Berufung ist zulässig, insbesondere entspricht sie der in § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO vorgeschriebenen Form und ist innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG mit Schriftsatz vom 20.03.2024 eingereicht und mit solchem vom 13.05.2024 innerhalb der bis dahin verlängerten Frist begründet worden (§ 66 Abs. 1 S. 2 und 5 ArbGG). Die Einlegungsfrist lief angesichts der Zustellung der angegriffenen Entscheidung am 20.02.2024 nach §§ 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 20.03.2024 ab.
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Die Erweiterung des Klageantrags hinsichtlich der geforderten Summe um weitere Monate der Rentenzahlung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO statthaft.
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Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg ist unbegründet. Zutreffend und mit sorgfältiger Begründung, der die Berufungskammer ausdrücklich folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen: die Klägerin hat keinen Anspruch auf die verlangte Hinterbliebenenversorgung. Die Berufung war daher zurück- und die anspruchserhöhende Klageerweiterung abzuweisen.
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Grundsätzlich und auf die Monita der Berufung sind folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:
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1. Die Parteien haben sich in diesem Zusammenhang über § 8 des Versorgungsplans auseinandergesetzt.
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Es ist nicht ersichtlich, wodurch der Versorgungsplan Geltung auf das Verhältnis der Parteien erlangt haben soll. Die vorgelegte Versorgungszusage in der novellierten Fassung von 1976 enthält keine Öffnungsklausel oder dynamische Verweisung auf die jeweilige Ordnung der Beklagten. Die Parteien ihrerseits haben dazu keine Ausführungen gemacht; und auch das Erstgericht hat eine Prüfung dazu unterlassen.
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In der Sache kann die Frage der Rechtsgrundlage jedoch offenbleiben. Denn § 6 der Versorgungszusage von 1976 enthält eine weitgehend vergleichbare Regelung, jedenfalls entspricht diese hinsichtlich des Ausschlusses des Anspruchs in Abs. 3 wortgenau § 8 Abs. 3 des Versorgungsplans.
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2. Die Klausel, die den Anwendungsbereich der Hinterbliebenenrente einschränkt, ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB und nicht deshalb unwirksam.
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a. § 305c Abs. 1 BGB findet auf die streitgegenständlichen Versorgungsregelungen grundsätzlich Anwendung. Es handelt sich sowohl bei der Versorgungszusage von 1976 wie bei dem Versorgungsplan von 1981 um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Beide sind erkennbar vorformuliert und – im Fall des Versorgungsplans ausdrücklich in § 1 – nicht für den Einzelfall, sondern für viele Mitarbeiter:innen gemacht.
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b. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat überraschenden Charakter i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht: Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Überraschenden Klauseln muss dabei ein „Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt“ innewohnen. Die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners bestimmen sich nach den konkreten Umständen bei Vertragsschluss wie nach der Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere dessen äußerem Erscheinungsbild. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen. Im Einzelfall können Verwender gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorzuheben (BAG 21.03.2018 – 7 AZR 428/16 Rn. 28 – zitiert nach juris; BAG v. 20.03.2019 – 7 AZR 98/17 Rn. 26 – zitiert nach juris; MüKoBGB – Fornasier BGB § 305c Rn. 7, 12- zitiert nach beckonline).
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c. Nach diesen Grundsätzen liegt weder in § 6 der Zusage noch in § 8 des Versorgungsplans eine überraschende Klausel vor.
41
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind in Versorgungsordnungen differenzierte Regelungen zu den Anspruchsvoraussetzungen zu erwarten. Dies gilt gerade auch für die Bestimmung des Kreises der berechtigten Hinterbliebenen; dort sind weitere Voraussetzungen oder Ausschlusstatbestände üblich.
42
Auch an der äußeren Gestaltung der Regelungen ist nichts auszusetzen: sowohl § 6 der Zusage wie § 8 des Versorgungsplans sind textlich kurz, übersichtlich und mit der Aufteilung in insgesamt je drei Absätze deutlich strukturiert. Die Ausschlusstatbestände in den Absätzen 3 sind dabei nicht zu überlesen; umgekehrt fallen sie drucktechnisch durch die untereinanderstehende Aufzählung auf.
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Wenn die Klägerin schließlich hinsichtlich § 8 des Versorgungsplans moniert, dessen Absatz 3 konterkariere die allgemeine Zusage einer der gesetzlichen Rente entsprechenden Witwenversorgung in Absatz 1, so ist mit dem Arbeitsgericht darauf zu rekurrieren, dass es sich dabei um eine rechtstechnisch übliche und inhaltlich übersichtliche Gestaltung handelt, in einer Vorschrift zunächst grundsätzliche Regelungen zu treffen, um anschließend Ausnahmen von dieser Grundregel aufzunehmen. Auf eine anderweitige Erwartung an die Klausel kann die Klägerin sich nicht berufen: diese konnte sich nicht allein an dem ersten Absatz der Regelung orientieren; vielmehr kann von Lesern allgemeiner Geschäftsbedingungen erwartet werden, dass sie über den ersten Satz der anspruchsbegründenden Norm hinaus bis zu deren Ende lesen.
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3. Die Klausel, wonach Witwen, deren Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden ist und deren Ehe nicht 15 Jahre Bestand hatte, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sein sollen, benachteiligt nicht unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 und 2 BGB.
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a. Das Erfordernis unterliegt der Inhaltskontrolle. Diese ist nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Die Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung weicht von der die Hinterbliebenenversorgung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kennzeichnenden Grundregelung ab, wonach bestimmte Personen eines abgrenzbaren Näheverhältnisses zum Versorgungsberechtigten absichert sind.
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b. Nach § 307 Abs. 1. S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Benachteiligung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG v. 02.12. 2021 – 3 AZR 254/21 Rn. 22 – zitiert nach juris; BAG v. 21.11.2023 – 3 AZR 44/23 Rn. 43 – zitiert nach juris).
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c. Die Regelung in § 6 Abs. 3 der Versorgungszusage bzw. in § 8 Abs. 3 des Versorgungsplans ist nicht schon nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
48
Danach ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Abweichung den Kernbereich der gesetzlichen Regelung betrifft (BAG v. 23.11.2023 – 3 AZR 44/23 Rn. 38 ff.- zitiert nach juris, m.w.N.).
49
Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Der Arbeitgeber kann Leistungen der Hinterbliebenenversorgung versprechen, eine Rechtspflicht trifft ihn hierzu nicht. Insofern ist er frei, die Voraussetzungen einer Hinterbliebenenrente enger als im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht zu beschreiben.
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d. Die Regelung in § 6 Abs. 3 der Versorgungszusage und § 8 Abs. 3b des Versorgungsplans ist auch nicht nach der Generalklausel in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen.
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(1) Die Klauseln dienen dem berechtigten Interesse der Beklagten, die besonderen Risiken, die mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbunden sind, zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu machen, indem sie den Kreis der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen auf Personen beschränken, hinsichtlich derer der Versorgungsbedarf vor dem Eintritt des Versorgungsfalls beim Versorgungsberechtigten angelegt war.
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Die Anforderung, dass die Ehe vor dem Beginn des Ruhegeldbezugs des Versorgungsberechtigten geschlossen worden sein muss, widerspricht dabei nicht dem Verbot des Art. 6 Abs. 1 GG, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen. Ehepartnern entsteht durch diese Einschränkung kein Nachteil, den sie ohne die Heirat nicht gehabt hätten; das Ausbleiben eines erhofften Vorteils aber ist kein rechtlicher Nachteil (BAG 15. 10. 2013 – 3 AZR 294/ 11 Rn. 48 ff. – zitiert nach juris: BAG v. 03.06.2020 – 3 AZR 226/19 Rn. 37 – zitiert nach juris).
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Gleichzeitig berücksichtigt die Regelung das Interesse des Hauptberechtigten, seine unter Geltung einer Versorgungszusage geleistete Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung berücksichtigt zu wissen. Dies geschieht grundsätzlich. bis zum Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Die Regelung verknüpft damit den Anspruch mit einem betriebsrentenrechtlichen Strukturprinzip und damit mit einem für alle Beteiligten nachvollziehbaren Moment. Dieser Ausgleich der Interessen ist zulässig (BAG v. 14.11.2017 – 3 AZR 781/16 Rn. 40 – zitiert nach juris; BAG v. 19.02.2019 – 3 AZR 215/18 Rn. 44 – zitiert nach juris; BAG v. 03.06.2020 – 3 AZR 226/19 Rn. 41 – zitiert nach juris).
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(2) Daran ändert nichts, dass der Ehemann der Klägerin während seiner aktiven Arbeitszeit bereits einmal verheiratet war, diese Ehe aber später geschieden wurde und die damalige Ehefrau damit nach Abs. 3 lit. c) beider Versorgungsordnungen vom Anspruch auf Hinterbliebenenrente ausgeschlossen war. Ein Nachrücken in den Anspruch sehen beide Versorgungsregelungen nicht vor; vielmehr ist mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils das in der Ehe angelegte Versorgungsrisiko entfallen, bevor es sich verwirklicht hat, und die Beklagte von der potentiellen Verpflichtung frei geworden (vgl. zur Konstellation der erneuten Eheschließung mit derselben Frau BAG v. 15.10.2013 – 3 AZR 707/11 Rn. 59 – zitiert nach juris). Eine Differenzierung hinsichtlich der Rentenberechtigung zwischen Ehefrauen, deren Ehe nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen worden ist, danach, ob der versorgungsberechtigte Ehemann früher bereits verheiratet war oder nicht, erschiene ihrerseits willkürlich und nicht angemessen.
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(3) Unbeachtlich für die Bewertung ist schließlich, dass sowohl § 6 Abs. 3 lit. b der Versorgungszusage wie § 8 Abs. 3 lit. b des Versorgungsplans eine Gegenausnahme für den Fall machen, dass die Ehe im Moment des Todes des Hauptberechtigten 15 Jahre bestanden hat.
56
Diese Regelung stellt keine Anforderung an die Dauer der Ehe als Voraussetzung des Anspruchs auf, sondern gewährt ausgeschlossenen Personen zur Kompensation bestehender Härten ausnahmsweise einen Anspruch. Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dies diene der Kompensation der durch die Dauer der Ehe verfestigten Erwartung, den bisherigen durch die Versorgungsleistung geprägten Lebensstandard auch nach dem Tod des hauptberechtigten Ehemanns weiterhin aufrecht erhalten zu können. Gleichzeitig sei das Zahlungsrisiko der Beklagten durch das regelmäßig fortgeschrittene Alter danach begünstigter Witwen überschaubar.
57
Dies entspricht einem angemessenen Ausgleich der beteiligten Interessen: der Versorgungsberechtigten einerseits, den über längere Zeit gelebten Standard zu behalten; und der Beklagten auf die Kalkulierbarkeit der Kostenverpflichtung.
58
Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Ehedauerklauseln passt hier nicht; denn es geht nicht um die Begrenzung des Zahlungsrisikos durch den Ausschluss von Versorgungsehen, in denen sich das Risiko des Todes des Hauptberechtigten zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits konkretisiert hat (so in BAG v. 21.11.2023 – 3 AZR 44/23 und BAG v. 02.12.2021 – 3 AZR 254/21), sondern um eine begünstigende Rückausnahme zu dem an sich zulässigen Ausschlusstatbestand einer Spätehe.
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4. Die den Anspruch auf Witwenrente einschränkende Voraussetzung in § 6 Abs. 2 lit.b der Versorgungszusage bzw. § 8 Abs. 3 lit.b des Versorgungsplans hält schließlich einer Überprüfung am Maßstab des AGG stand. Sie ist nicht nach §§ 7 Abs. 2 AGG, 134 BGB unwirksam.
60
a. Nach § 7 Abs. 1 Hs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – u.a. wegen des Alters – benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen.
61
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Eine mittelbare Diskriminierung ist nach § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
62
b. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt, wie das Arbeitsgericht festgestellt hat, nicht vor: die einschränkende Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenversorgung, dass die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen worden ist, knüpft nicht an das Lebensalter an.
63
c. In Frage kommt allein eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, weil durch die Vorgabe einer Eheschließung vor Eintritt des Versorgungsfalls regelmäßig vor allem ältere Personen ausgeschlossen sein werden, weil der häufigste Versorgungsfall der der Altersrente ist.
64
Indes ist die Regelung durch das Ziel, das Kostenrisiko der Beklagten zu begrenzen, sachlich gerechtfertigt und als Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Dazu gilt das unter Ziff. 3 zur Interessenabwägung i.R.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Gesagte entsprechend.
65
Die Rückausnahme für langbestehende Ehen ihrerseits stellt keine Benachteiligung älterer Personen, sondern allenfalls eine Begünstigung derselben dar.
66
5. Die Klageerweiterung, mit der die Klägerin weitere Monate rückständiger Rentenzahlung geltend macht, ist aus denselben Gründen ohne Erfolg: Es fehlt an einem entsprechenden Anspruch.
67
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO: Die berufungsführende Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
68
Die Revision war nicht zuzulassen, insbesondere kommt dem Fall keine besondere über die Klärung der zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen hinausgehende Bedeutung i. S. d. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu.
69
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.