Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 04.10.2024 – Au 2 K 24.30579
Titel:

Wehrpflicht in der Russischen Föderation und Einberufung zum Militärdienst

Normenketten:
AsylG § 3 Abs. 2, § 3b Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 2 Nr. 4, § 25 Abs. 1 S. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3,
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Die Wehrpflicht in der Russischen Föderation bestand bis zum 31.12.2023 zwischen 18 und 27 Jahren, seit 1.1.2024 bis 30 Jahren. Zudem wird nur ein Drittel der jährlich ins wehrdienstpflichtige Alter kommenden jungen Männer tatsächlich eingezogen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es auch nicht davon auszugehen, dass dem Kläger wegen Wehrdienstentziehung eine oppositionelle Gesinnung zugeschrieben würde (vgl. § 3b Abs. 2 AsylG) und er deshalb verfolgungsrelevante Handlungen des russischen Regimes zu erwarten hätte. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht Russische, Föderation, behauptete afghanische und russische Staatsbürgerschaft, bei Ausreise 32-jähriger Mann, Wehrdienstentziehung, Vorbringen nicht glaubhaft, Russische Föderation, unglaubhaftes Vorbringen, oppositionelle Gesinnung, Angriffskrieg gegen die Ukraine, Einberufung zum Militärdienst, Einberufungsbefehle
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31710

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Der Kläger macht Schutzansprüche nach dem AsylG und nach dem AufenthG geltend.
2
Nach seinen Angaben ist der Kläger afghanischer und russischer Staatsangehöriger. Er habe Afghanistan Mitte 2008 verlassen und sich seither in Russland aufgehalten. In der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 2022 habe er Russland verlassen und sei in die Türkei gereist. Über Serbien, Ungarn und Österreich sei er am 26. Oktober 2022 nach Deutschland eingereist. Am 8. Februar 2023 stellte er formell einen Asylantrag. Die Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erfolgte am 23. März 2023.
3
Mit Bescheid vom 28. März 2023 lehnte das Bundesamt den Asylantrag in Anwendung der Dublin III-Verordnung und § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Österreich an.
4
Nachdem eine Abschiebung innerhalb der Überstellungfrist nicht erfolgten konnte, hob das Bundesamt mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Juni 2024 den Bescheid vom 28. März 2023 auf (1.) und lehnte den Asylantrag hinsichtlich sämtlicher Schutzansprüche (Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbote) ab (2. – 5.). Die Abschiebung des Klägers in die Russische Föderation wurde angedroht (6.). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (7.). Abzustellen sei auf die Russische Föderation, deren Staatsangehörigkeit der Kläger nach eigenen Angaben ebenfalls besitze. Besitze ein Antragsteller mehr als eine Staatsangehörigkeit, kommt eine positive Entscheidung über seinen Asylantrag nur in Betracht, wenn für alle Staaten die nötigen Voraussetzungen vorlägen. In Bezug auf die Russische Föderation sei dies nicht der Fall. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Entziehung von Wehrdienst bzw. eines Militärdiensteinsatzes in der Ukraine. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 24. Juni 2024 und dessen Begründung Bezug genommen (§ 77 Abs. 3 AsylG).
5
Der Kläger ließ am 4. Juli 2024 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben. Er beantragt,
6
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.6.2024 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
7
Zunächst nahm er auf seine Angaben vor dem Bundesamt Bezug. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2024 übermittelte der Kläger ein Dokument, das er vorab per E-Mail von einem Freund und früheren Mitbewohner erhalten habe und bei dem es sich um eine Vorladung zu einem Termin am 10. August 2022 zum Militärkommissariat handele. Dem Kläger drohe bei einer Rückkehr in die Russische Föderation Verfolgung, weil er sich seiner Einberufung durch Flucht entzogen habe. Nach der Erkenntnislage seien die normalen gesetzlichen Regelungen für die Wehrpflicht bei eingebürgerten russischen Staatsangehörigen außer Kraft gesetzt.
8
Die Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen
10
und bezieht sich auf ihren Bescheid vom 24. Juni 2024.
11
Mit Beschluss vom 1. August 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
12
Am 4. Oktober 2024 fand die mündliche Verhandlung statt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten des Bundesamts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schutzansprüche (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG; subsidiärer Schutz gem. § 4 AsylG; Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG) nicht zu. Die ausgesprochene Abschiebungsandrohung und die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenso wenig zu beanstanden. Der Bescheid des Bundesamts vom 24. Juni 2024 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
15
1. Die rechtlichen Voraussetzungen und Maßstäbe für die vom Kläger geltend gemachten Schutzansprüche nach § 3 AsylG sowie (jeweils hilfsweise) § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG) sind in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend aufgeführt worden. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger nach seinen Angaben sowohl afghanischer als auch russischer Staatsangehöriger ist. Hinsichtlich der Russischen Föderation liegen, wie nachstehend ausgeführt, keine Schutzansprüche vor, so dass es nicht darauf ankommt, ob solche hinsichtlich Afghanistans bestünden (vgl. VG München, U.v. 20.4.2022 – M 18 K 19.32390 – juris Rn. 25 f. m.w.N.). Vorsorglich – weil vom Klageantrag nicht umfasst – ist zu bemerken, dass sich zugunsten des Klägers nichts daraus ergibt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG vom Bundesamt nur in Bezug auf die Russische Föderation geprüft worden sind, und nicht auch in Bezug auf Afghanistan. Vielmehr besteht in der Regel – und so auch hier – kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf vorsorgliche Feststellung von Abschiebungshindernissen bezüglich anderer als der in der Abschiebungsandrohung (hier ausschließlich die Russische Föderation) benannten Staaten. Der Kläger hat auch keinen berechtigten Anlass zu befürchten, nach Afghanistan abgeschoben zu werden; hierfür bietet insbesondere die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids keinerlei Anhaltspunkte. Selbst wenn das Bundesamt dem Kläger gleichwohl die Abschiebung dorthin androhen sollte, stünde ihm gegen diese Zielstaatsbestimmung eigenständig Rechtsschutz offen (vgl. OVG NW, U.v. 23.4.2021 – 19 A 4214/18.A – juris Rn. 20 ff. m.w.N.).
16
Zur Überzeugung des Gerichts trifft ferner die im Bescheid vom 24. Juni 2024 für die Russische Föderation dargestellte tatsächliche Situation zu, namentlich zum Wehrdienst, zum Umgang mit Wehrdienstentziehern und mit Grundwehrdienstleistenden sowie zu deren Einsatz im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ferner sind in dem Bescheid das Vorbringen des Klägers vor dem Bundesamt – hierauf hat der Kläger im Klageverfahren zunächst ausdrücklich verwiesen –, insbesondere hinsichtlich der von ihm angeführten Befürchtung, wegen Wehrdienstentziehung, namentlich als „Vaterlandsverräter“ bestraft zu werden oder im Rahmen des Wehrdienstes im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt zu werden, sowie seine sonstige Situation und Lage nach einer Rückkehr zutreffend gewürdigt worden. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte in dem Bescheid zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger keine Ansprüche auf internationalen Schutz (§§ 3,4 AsylG) oder auf Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG zustehen. Die Darstellungen und Würdigungen in dem Bescheid beanspruchen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AsylG) weiterhin Geltung. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sich die Sachlage seit Bescheiderlass entscheidungserheblich geändert hat. Namentlich der vom Kläger angeführte Themenbericht des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 2. April 2024 stammt vor dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses (zu dem entsprechenden Klägervortrag auch noch unten 3.4).
17
Das Gericht folgt daher in vollem Umfang, d.h. einschließlich derjenigen zur Abschiebungsandrohung und zum Einreise- und Aufenthaltsverbot, der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und nimmt hierauf Bezug (§ 77 Abs. 3 AsylG).
18
2. Zudem kann das Gericht nicht zur Überzeugung gelangen, dass das vom Kläger zur Begründung seines Asylantrags Vorgetragene zutrifft, weil sein Vortrag nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Asylvorbringen entspricht; sein Vorbringen ist nicht glaubhaft.
19
Es ist Sache des Schutzsuchenden, selbst (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG) seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag, insbesondere ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen. An einem solchen schlüssigen Vortrag fehlt es vorliegend aus folgenden Gründen:
20
2.1 Der Kläger hat im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt angegeben, seinen originalen russischen Reisepass dem Schleuser in Serbien gegeben zu haben und zu diesem keinen Kontakt mehr zu haben (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 2). Dies erscheint nicht glaubhaft, weil der Kläger die Russische Föderation deshalb verlassen haben will und nunmehr um Schutz in der Bundesrepublik nachsucht, weil man ihn zum Wehrdienst habe heranziehen wollen und weil er seinen Reisepass zur Ausreise benutzt haben will. Damit war, wie dem Kläger bewusst sein musste, sein Reisepass als Identitäts- und Herkunftsnachweis ein entscheidendes Dokument für die Begründung seines Asylantrags. Die Bedeutung seines Reisepasses für einen erfolgreichen Asylantrag musste dem Kläger umso bewusster sein, als er bei seiner Ausreise am Flughafen danach gefragt worden sei, warum er das Land verlasse und er seinen Pass erst nach 20 Minuten wieder erhalten habe (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 5). Dass der Kläger seinen Pass ohne Weiteres, insbesondere ohne nachvollziehbaren Grund, einem Schleuser gegeben habe ist daher nicht nachvollziehbar, sondern deutet darauf hin, dass der Kläger entgegen seinen Mitwirkungspflichten im Asylverfahren (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 4, § 30 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3 AsylG) seine Herkunft verschleiern möchte.
21
Die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung lassen sein Vorbringen betreffend einen russischen Reisepass nicht schlüssig erscheinen. Schon grundsätzlich überzeugt es nicht, dass der Kläger bei Klageerhebung auf seine bisherigen Angaben Bezug nimmt, jedoch und erst in der mündlichen Verhandlung abweichende Angaben macht, insbesondere, nachdem im Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe vom 9. August 2024 zu Unschlüssigkeiten in seinem Vortrag ausgeführt wurde. Im Übrigen ist nicht erklärbar, weshalb der Kläger bei der Anhörung angegeben hat, er habe seinen russischen Reisepass dem Schleuser gegeben, während er in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, hat, es habe sich um einen „Mann mit einem gebrochenen Bein“ gehandelt, der wegen seiner Verletzung gleichsam im Serbien gestrandet gewesen sei. Zudem ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger deshalb, weil ein „Durchkommen“ bis Deutschland auf das erste Mal nicht sichergestellt gewesen sei, seinen Reisepass dem besagten Mann übergeben haben will. Es ist nicht erkennbar, welche Vorteile der Kläger hierdurch gehabt haben sollte, insbesondere, dass bei einem zweiten oder einem noch späteren Versuch die „Durchkommwahrscheinlichkeit“ höher gewesen sein sollte. Ohnehin ist vollkommen offen, welche Relevanz das Mitführen eines Reisepasses dafür haben sollte, ob der Kläger bis nach Deutschland „durchkommt“. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Reisepass als Herkunfts- und Identitätsnachweis ein zentrales Dokument für die Stellung und Begründung eines Asylantrags ist; das Beisichführen eines russischen Reisepasses wäre also, da der Kläger die Bundesrepublik als Ziel gehabt haben will, um dort Schutz vor russischen Behörden zu suchen, ausschließlich vorteilhaft gewesen. Dass der Kläger auch noch die Kontaktdaten des „Mannes mit gebrochenem Bein“ aufgrund Handyverlusts bei einem Autounfall verloren haben will, fügt sich in das Bild, dass der Kläger versucht, die Überprüfung seiner Herkunft zu erschweren.
22
2.2 Der Kläger hat bei seiner Anhörung am 23. März 2023 angegeben, die russische Staatsangehörigkeit seit 3. Juni 2022 zu haben (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 6). Dies steht im offensichtlichen Widerspruch zu seiner Angabe bei der Antragsannahme am 8. Februar 2023, dass er die russische Staatsangehörigkeit seit ca. 14 Jahren besitze (Aktenvermerk, Bundesamtsakte Bl. 65). Eine Erklärung hierfür ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung abweichend von seinen Angaben bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 23. März 2023 angegeben, er habe die russische Staatsangehörigkeit seit Mai 2022.
23
2.3 Die Antwort des Klägers auf die – berechtigte – Frage des Bundesamts, weshalb er die russische Staatsangehörigkeit erst nach so langer Zeit (der Kläger hatte angegeben, bereits seit Mitte 2008 in Russland gewohnt zu haben) beantragt habe, ist nicht nachvollziehbar. Sein Hinweis auf einen geringen Steuersatz (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 6) betrifft nicht das „Wann“, sondern das „Ob“ der Annahme der Staatsangehörigkeit. Nachdem der Kläger schon lange – zunächst als Angestellter, dann selbstständig – in Russland gearbeitet haben will (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 4), hätte sich die Frage eines Steuervorteils durch Beantragung der russischen Staatsangehörigkeit schon viel früher gestellt. Die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Staatsangehörigkeit im Jahre 2020 beantragt zu haben, ändert an dieser Beurteilung nichts bzw. stellt ebenfalls keine schlüssige Erklärung für das späte Beantragen der russischen Staatsbürgerschaft dar. Damit hat der Kläger auch insoweit verschleiernde Angaben in Bezug auf seine Staatsangehörigkeit gemacht.
24
2.4 Mit der Auskunftslage nicht in Einklang zu bringen und damit unglaubhaft ist das (Kern-) Vorbringen des Klägers (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 5 f.), Polizisten seien zu ihm nach Hause und auf seine Arbeitsstelle gekommen, um ihn zum Wehrdienst einzuziehen.
25
2.4.1 Als Polizisten zu ihm nach Hause gekommen sein sollen (4.10.2022), wäre der Kläger bereits 32 Jahre alt gewesen. Nach den nicht in Zweifel zu ziehenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 4) bestand aber Wehrpflicht in der Russischen Föderation bis zum 31. Dezember 2023 zwischen 18 und 27 Jahren, seit 1. Januar 2024 bis 30 Jahren. Hiervon geht auch die Rechtsprechung aus (vgl. OVG MV, U.v. 17.6.2024 – 4 LB 215/20 OVG – juris Rn. 62 f.; SächsOVG, U.v. 12.1.2024 – 2 A 1107/19.A – juris Rn. 24 unter Hinweis auf Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Russische Föderation – Militärdienst vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, 2.4.2024 S. 5). Zudem wird nur ein Drittel der jährlich ins wehrdienstpflichtige Alter kommenden jungen Männer tatsächlich eingezogen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, a.a.O., S. 5 f.). Mithin war und ist der Kläger bereits nicht wehrpflichtig. Dass der Kläger als Reservist einberufen werden sollte, ist nicht ersichtlich; er hat nicht vorgetragen, dass er nach Ableistung eines früheren Wehrdienstes aus der Armee ausgeschieden sei (vgl. zum Begriff des Reservisten OVG MV, U.v. 17.6.2024 – 4 LB 215/20 OVG – juris Rn. 65 sowie Auswärtiges Amt, Schreiben vom 10.2.2023 an das Bundesministerium des Innern und für Heimat Berlin S. 2). Welches besondere Interesse der russische Staat dennoch am Kläger für eine Einziehung in den Militärdienst gehabt haben soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr verstärkt die Angabe des Klägers den Eindruck des Versuchs, aus einer Wehrpflicht in Russland einen tatsächlich nicht bestehenden Verfolgungs- bzw. Schutzgrund für sich herzuleiten.
26
2.4.2 Zudem werden in der Russischen Föderation Einberufungsbefehle gemäß dem föderalen Gesetz über die Wehrpflicht und den Wehrdienst in schriftlicher Form und zusätzlich elektronisch übermittelt. Die elektronische Zustellung erfolgt über das On-line-Portal Gosuslugi, was eine Registrierung auf https://www.gosuslugi.ru/ erfordert. Die Registrierung geschieht auf freiwilliger Basis. Die Einberufungsbefehle werden vom Militärkommissariat per eingeschriebenem Brief verschickt. Möglich ist auch die persönliche Aushändigung des Einberufungsbefehls durch Mitarbeiter des Militärkommissariats oder durch andere für Militärregistertätigkeiten verantwortliche Personen. So die Zustellung eines Einberufungsbefehls auf die dargestellte Art und Weise nicht möglich ist, gilt der Einberufungsbefehl spätestens sieben Tage nach dessen Eintragung ins Einberufungsbefehlsregister als zugestellt. Verweigert ein Bürger den Erhalt des per Post zugestellten oder persönlich ausgehändigten Einberufungsbefehls des Militärkommissariats, gilt der Einberufungsbefehl am Tag der Verweigerung als zugestellt. Personen, welche innerhalb von 20 Tagen einem zugestellten Einberufungsbefehl (Ladungstermin) unentschuldigt nicht Folge leisten, unterliegen vorübergehenden Einschränkungen, darunter Unternehmensregistrierungsverbot, Einschränkungen im Umgang mit Immobilien, eingeschränktem Recht auf Fahrzeuglenkung und Verbot eines Kreditvertragsabschlusses (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich: Russische Föderation – Militärdienst vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, 2.4.2024, S. 7).
27
Hiermit steht das Vorbringen des Klägers vor dem Bundesamt, wie es zum Versuch seiner Einberufung zum Militärdienst gekommen sein soll, nämlich, dass „Polizisten“ unvermittelt zu ihm nach Hause und später auf die Arbeitsstelle gekommen sein sollen, auch nicht ansatzweise im Einklang. Seine Darstellung betreffend Festnahmen auf der Straße oder aus dem Auto wirkt vielmehr bewusst übertrieben. Dass es vor dem Aufsuchen durch
„Polizisten“ zu einem der vorstehend beschriebenen Schritte gekommen sei (Zustellung eines Einberufungsbefehls oder Versuch desselben), lässt sich dem Vorbringen des Klägers – auf das er zunächst ausdrücklich verwiesen hat – nicht entnehmen.
28
2.4.3 Das Vorbringen des Klägers, nunmehr eine Vorladung zu einem Termin beim Militärkommissariat am 10. August 2022 erhalten zu haben, macht das Vorbringen des Klägers zu einer ihm drohenden Einziehung zum Militärdienst bzw. zu Sanktionen wegen Wehrdienstentzugs nicht schlüssig; vielmehr ist es ebenfalls widersprüchlich und auch sonst unstimmig.
29
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2024 vortragen lassen, die Vorladung von einem „Freund und früheren Mitbewohner“ „per E-Mail“ übersandt bekommen zu haben. Hingegen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, das Dokument per Messenger (WhatsApp) von seinem „Chef“ erhalten zu haben. Hierin liegt eine deutliche Diskrepanz, unabhängig davon, welche wirtschaftliche Funktion der „Chef“ genau hatte (Investor, Geschäftspartner, [stiller] Teilhaber etc.).
30
Ohnehin ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger am 5. September 2024 und damit bald zwei Jahre nach seiner Einreise in die Bundesrepublik und erst kurz vor der mündlichen Verhandlung (erstmals) ein Dokument erhalten haben will, welches für seine Furcht, zum Militärdienst eingezogen zu werden, von zentraler Bedeutung sein soll. Vielmehr drängt sich auf, dass der Kläger, der Unschlüssigkeit seines Vorbringens durch den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 9. August 2024 gewahr geworden, nunmehr versucht, nachträglich die Richtigkeit seines Vortrags schlüssig erscheinen zu lassen. Der Kläger hat offenbar die Möglichkeit, dass ein solches Dokument existierte, ernsthaft in Betracht gezogen, andernfalls er nicht – wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat – seine Ehefrau diesbezüglich (vor Erhalt des Bundesamtsbescheids) telefonisch befragt hätte. Ein solches Nachfragen nach einem potenziell asylrelevanten Dokument hat der Kläger aber bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt auch nicht ansatzweise erwähnt, obwohl dort nach seiner Frau mehrfach gefragt wurde und der Kläger sogar angegeben hatte, diese habe ihm von einer Nachfrage durch Polizisten berichtet (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 6). Völlig unerklärlich ist zudem, weshalb seiner Ehefrau von einem solchen Dokument nichts bekannt gewesen sein soll, obwohl sie nach Angaben des Klägers vor dem Bundesamt „immer“ im dem Lager, das er gemietet habe, gewesen sein soll, dass es aber dem „Chef“ bzw. Investor innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit möglich gewesen sein soll, das Dokument zu finden und ihm zu übermitteln. Zudem hat der Kläger die Existenz dieses „Chefs“ bzw. Investors, dem nunmehr bei der Dokumentenbeschaffung eine entscheidende Rolle zugekommen sein soll, beim Bundesamt mit keinem Wort erwähnt.
31
Vollkommen unklar ist auch, wann die russischen (Militär-) Behörden versucht haben sollten, dem Kläger das Dokument zukommen zu lassen. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung keine nachvollziehbaren Angaben gemacht. Es spricht alles dafür, dass eine Vorladung für den 10. August 2022 den Kläger vor diesem Datum erreichen sollte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger, der Anfang Oktober 2022 ausgereist sein will, noch in Russland. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, weshalb den Kläger eine solche Vorladung weder an seiner Wohnanschrift noch an seiner Geschäftsadresse erreicht haben sollte. Dass der Kläger den russischen Militärbehörden aus dem Weg zu gehen suchte, hat er erst für den Zeitpunkt des Aufsuchens durch Militärbehörden bzw. diesen zuzurechnende Bedienstete des russischen Staates Anfang Oktober 2022 berichtet. Die Erklärung des Klägers, auch andere hätten Vorladungen erst lange nach Verstreichen des in der Vorladung genannten Termins erreicht, hält das Gericht für eine bloße Ausrede, zumal der Kläger von der Existenz solcher Vorladungen – oder zumindest seiner Vermutung, es gebe solche – bei der Anhörung vor dem Bundesamt nichts erwähnt hat, obwohl er dort Angaben Dritter dazu referiert hat, wie die russischen Militärbehörden vorgingen, zumal bei Ladungen (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 5: „Beim ersten Mal bringen sie eine Ladung…“).
32
2.5 Nicht nachvollziehbar ist auch, weshalb es dem Kläger, obwohl sein Name bereits auf einer Liste der Polizisten gestanden habe, die ihn zu Hause aufgesucht hätten, und es sogar eine Vorladung zu einem Termin bei einer Militärbehörde am 10. August 2022 gegeben haben soll, den der Kläger nicht wahrgenommen hat, problemlos gelang, die Russische Föderation auf legalem Weg (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 6) zu verlassen. Denn gemäß dem föderalen Gesetz zur Aus- und Einreise dürfen zum Wehrdienst einberufene Staatsbürger das Land bis zur Beendigung des Wehrdiensts nicht verlassen. Darüber wird der Grenzschutz des Inlandsgeheimdienstes FSB direkt informiert (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich: Russische Föderation – Militärdienst vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, 2.4.2024, S. 6). Das Vorbringen des Klägers lässt nicht erkennen, ob das Aufsuchen seiner Wohnung durch zwei Polizisten Anfang Oktober 2022 den Schluss zulassen soll, er sei bereits einberufen worden bzw. dieses Aufsuchen habe seiner Einberufung dienen sollen. Diese Unklarheit geht ebenfalls zu Lasten des Klägers, der, wie ausgeführt, gehalten ist, selbst die Gründe für den geltend gemachten Schutzanspruch detailliert und schlüssig vorzutragen.
33
2.6 Abweichend von seinen Angaben vor dem Bundesamt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass Polizisten ihn am 7. Oktober 2022 aufgesucht hätten (Bundesamt: 4.10.2022, vgl. dessen Anhörungsniederschrift S. 6). Nachdem dieses Aufsuchen das fluchtauslösende Vorkommnis gewesen sein soll – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat –, handelt es sich, auch wenn die Divergenz nur wenige Tage beträgt, um einen wesentlichen Widerspruch, zumal der Kläger nach seinen Angaben vor dem Bundesamt vor seiner Ausreise noch einige Erkundigungen, auch zu strategischen Fragen einer Flucht, vorgenommen haben will (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 5), während bei einer Ausreise am 8. Oktober 2022 oder sogar in der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 2022 (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 3) nach einem Aufsuchen am 7. Oktober 2022 (namentlich abends, vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 5) die Ausreise deutlich zeitlich gedrängter, wenn nicht „Hals über Kopf“ erfolgt wäre.
34
2.7 Die Widersprüche und Unklarheiten im Klägervorbringen sind derart zahlreich und betreffen derart maßgebliche Gesichtspunkte der Gründe für sein Schutzgesuch, dass sie sich mit unzureichender sprachlicher Ausdrucksfähigkeit (insbesondere deshalb, weil Russisch nicht die Muttersprache des Klägers wäre), nicht erklären lassen.
35
3. Zusätzlich zu den unter 2. aufgeführten Gründen für die fehlende Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens ist nochmals zusammenfassend folgendes auszuführen:
36
3.1 Schon angesichts des Alters des Klägers ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass er zum Wehrdienst herangezogen würde (vgl. oben 2.5.1). Insofern besteht auch keine zureichende Grundlage für seine Befürchtung, wegen Wehrdienstentziehung bestraft zu werden, oder er werde als Soldat im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt.
37
3.2 Selbst, wenn man den Kläger als Grundwehrdienstpflichtigen ansehen würde, stünde ihm kein Schutz nach § 3 oder § 4 AsylG zu.
38
3.2.1 Mit dem streitgegenständlichen Bescheid (S. 4 f.) und den dort aufgeführten Erkenntnisquellen ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger wegen Wehrdienstentziehung eine oppositionelle Gesinnung zugeschrieben würde (vgl. § 3b Abs. 2 AsylG) und er deshalb verfolgungsrelevante Handlungen des russischen Regimes zu erwarten hätte; auf die diesbezüglichen Ausführungen wird nochmals gem. § 77 Abs. 3 AsylG Bezug genommen. Insofern sowie ergibt sich für den Kläger bei der gebotenen tatsächlichen Prüfung aller relevanten Umstände, namentlich aktueller Erkenntnisquellen (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2023 – 1 B 11.23 – juris Rn. 13; U.v. 19.1.2023 – 1 C 22.21 – juris Rn. 46 ff.) sowie der unter 2. dargelegten fehlenden Schlüssigkeit seines Vorbringens, auch nichts aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu einer „starken Vermutung“ für eine Verknüpfung der Verweigerung des Militärdienstes mit asylerheblichen Gründen (vgl. EuGH, U.v. 19.11.2020 – C-238/19).
39
Zudem drohte dem Kläger bei – unabhängig von der zumindest Unterstellung einer regimekritischen Gesinnung – bei Wehrdienstentziehung keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, wie sich aus der im streitgegenständlichen Bescheid (S. 5) überzeugend dargestellten Strafzumessungspraxis bei Wehrdienstentziehung ergibt. Insofern bestehen auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger durch Sanktionierung seiner Geschäftstätigkeit eine erniedrigende Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG drohte.
40
3.2.2 Dem Kläger drohte auch nicht Verfolgung gem. § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG (Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen) oder ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 AsylG deshalb, weil er als Grundwehrdienstpflichtiger im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt würde. Ein solcher Einsatz bzw. eine entsprechende Gefährdung ist angesichts der im streitgegenständlichen Bescheid (S. 7) überzeugend dargestellten Erkenntnislage nicht beachtlich wahrscheinlich.
41
3.3 Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen nicht. Der Kläger hat angegeben, in der Russischen Föderation zunächst als Angestellter, dann als Selbstständiger gearbeitet zu haben. Seine wirtschaftliche Situation hat er selbst als zuletzt „durchschnittlich“ bezeichnet (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 4); er konnte für seine Ausreise 5.000 US-Dollar ansparen (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 3). Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht vorgebracht.
42
3.4 Zu Gunsten des Klägers und der von ihm geltend gemachten Schutzansprüche folgt auch nicht aus seinem Verweis (Schriftsatz vom 2.10.2024) auf die Handhabung der Wehrpflicht bei eingebürgerten russischen Staatsangehörigen. Dem steht zunächst entgegen, dass der Kläger in Bezug auf seine Herkunft verschleiernde Angaben gemacht hat (vgl. 2.1 – 2.3), so dass schon keine belastbare Grundlage für die Annahme besteht, beim Kläger handele es sich um einen eingebürgerten russischen Staatsangehörigen. Auf die insgesamt fehlende Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens (2.) ist im Übrigen nochmals zu verweisen. Zudem kann das Gericht nicht erkennen, dass beim Kläger eine mit der von ihm in Bezug genommenen Erkenntnisquelle (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 2.4.2024, S. 15 ff.) genannten Situation(en) ethnischer Minderheiten in Bezug auf den Militärdienst vorläge. Der Kläger stammt zwar seinen Angaben zu Folge aus Afghanistan, hatte aber 14 Jahre in Russland gelebt, dort zunächst als Angestellter und später als Selbstständiger gearbeitet, war (dadurch) eine wirtschaftlich durchschnittliche Situation gelangt (Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 4), hatte geheiratet (seine Frau sei Russin, Anhörungsniederschrift Bundesamt S. 3) und die russische Staatsbürgerschaft erhalten. Von Problemen vor Oktober 2022 wegen seiner Herkunft hat der Kläger weder vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren berichtet. Am ehesten könnten auf den Kläger die Ausführungen zur „verdeckten Mobilmachung“ in der von ihm genannten Erkenntnisquelle (S. 16) zutreffen, die auch kürzlich eingebürgerte russische Staatsangehörige betreffen sollen. Auch insoweit ist aber weder erkennbar, dass dies für alle Personen gelten sollte, die nicht in Russland geboren wurden, noch, dass gerade für den Kläger eine beachtliche Wahrscheinlichkeit bestünde, entsprechenden Maßnahmen ausgesetzt zu sein; seine von ihm angeführten Umstände über seinen bisherigen Aufenthalt in der Russischen Föderation (s.o., insbesondere die nunmehr nach seinen Angaben bereits deutlich über zwei Jahre zurück liegende Verleihung der russischen Staatsbürgerschaft) sprechen dagegen, dass der Kläger sich in einer der von ihm angeführten Erkenntnisquelle zu entnehmenden Zwangslage gewesen ist bzw. bei einer Rückkehr befinden würde, die sich die russischen Militärbehörden zu Nutze machen könnten.
43
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.