Titel:
Rechtmäßigkeit der Übermittlung einer Verurteilung an das Kraftfahrtbundesamt
Normenketten:
EGGVG § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 2, § 22 Abs. 1, §§ 23 ff.
StVG § 21 Abs. 1 Nr. 2, § 28 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4
FEV § 40 Anl. 13
Leitsätze:
Eine Mitteilung durch die Staatsanwaltschaft an das Kraftfahrtbundesamt zur Eintragung einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Anordnens oder Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in das Fahreignungsregister erfordert nicht, dass neben dem Umstand, dass die andere Person keine Fahrerlaubnis hatte, auch ein Fahrverbot gegen diese verhängt worden ist oder die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme deren Führerscheins vorliegt. (Rn. 17)
Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Mitteilung einer Verurteilung durch die Staatsanwaltschaft an das KBA ist nach § 22 Abs. 1 S. 1 EGGVG grundsätzlich der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet, sofern die Rechtsgrundlage für die Übermittlung nicht in den Vorschriften enthalten ist, die das Verfahren der übermittelnden Stelle – hier der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde – regeln. Dies ist der Fall, wenn die Staatsanwaltschaft die Daten auf der Grundlage von § 28 Abs. 4 iVm Abs. 3 Nr. 1 StVG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 EGGVG zwecks Eintragung im Fahreignungsregister an das KBA übermittelt hat. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Staatsanwaltschaft, Mitteilung, Verurteilung, Rechtsweg, Anordnen oder Zulassen, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahreignungsregister
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31645
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15.08.2024 wird auf Kosten des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
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Das Amtsgericht Laufen hat den Antragsteller mit Strafbefehl vom 14.09.2023, rechtskräftig seit 27.12.2023, wegen vorsätzlichen Anordnens oder Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine isolierte Sperre wurde nicht angeordnet. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die Ehefrau des Antragstellers am 15.08.2023 gegen 10:40 Uhr in dessen Auftrag mit dem Pkw des Antragstellers auf der BAB A 8 im Bereich von Bad Reichenhall fuhr, obwohl sie die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Ihre ausländische Fahrerlaubnis berechtigte sie gemäß § 29 Abs. 1 Satz 4 Fahrerlaubnis-Verordnung nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, was dem Antragsteller auch bekannt war.
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Mit Verfügung vom 24.01.2024 wurde seitens der Vollstreckungsbehörde, der Staatsanwaltschaft Traunstein, die Mitteilung der Verurteilung an das Fahreignungsregister (im Folgenden: FAER) angeordnet, die am 30.01.2024 vollzogen wurde.
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Seit 30.01.2024 ist die Verurteilung im FAER gespeichert.
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Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 29.07.2024, eingegangen beim Bayerischen Obersten Landesgericht am 15.08.2024, beantragt der Antragsteller, die Verfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein, Aktenzeichen 303 Js 38241/23, vom 30.01.2024 über die Mitteilung der Strafentscheidung vom 14.09.2023 des Amtsgerichts Laufen, Aktenzeichen 10 Cs 303 Js 38241/23, an das FAER beim Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) aufzuheben.
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Zur Begründung führt er aus, dass die Mitteilung nicht hätte erfolgen dürfen, weil ein mitteilungsfähiger Tatbestand gemäß Anlage 13 der Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: FeV) nicht vorliege, da der Führerschein der Fahrerin nicht in amtlicher Verwahrung gewesen und gegen diese auch kein Fahrverbot verhängt gewesen sei. Mitteilungsfähig wären nämlich nur Taten des Anordnens oder Zulassens des Führens eines Kraftfahrzugs ohne Fahrerlaubnis, wenn kumulativ ein Fahrverbot oder die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins vorliegen würde.
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Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Schreiben vom 24.10.2024, den Antrag als unzulässig zu verwerfen und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antrag wäre verspätet, da der Antragsteller bereits mit Schreiben vom 30.01.2024 über die Meldung an das FAER unterrichtet worden sei. Dieses Schreiben wäre nicht zurückgekommen, weshalb anzunehmen sei, das es ihm zugegangen sei. Ausgehend davon sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung verspätet, im Übrigen auch unbegründet.
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Hierzu nahm der Antragsteller nochmals mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 06.11.2024 Stellung und bestritt, das Schreiben vom 30.01.2024 über eine Mitteilung der Meldung zum FAER erhalten zu haben.
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Der Senat nimmt auf die genannten Entscheidungen, Verfügungen und Schreiben vollumfänglich Bezug.
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1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 29.07.2024 ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 ff. EGGVG statthaft und auch sonst zulässig.
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a) Der Antragsteller wendet sich gegen die Übermittlung der Verurteilung vom 14.09.2023 durch die Staatsanwaltschaft Traunstein an das KBA. Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer solchen Mitteilung ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 EGGVG grundsätzlich (vorbehaltlich der in § 22 Abs. 1 Satz 2 EGGVG geregelten Ausnahmen) der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet, sofern die Rechtsgrundlage für die Übermittlung nicht in den Vorschriften enthalten ist, die das Verfahren der übermittelnden Stelle – hier der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde – regeln (KG Berlin, Beschluss vom 29.06.2015 – 4 VAs 18/15 –, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.02.2008 – 4 VAs 1/08 –, juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Staatsanwaltschaft die Daten auf der Grundlage von § 28 Abs. 4 und Abs. 3 Nr. 1 StVG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 EGGVG zwecks Eintragung im FAER an das KBA übermittelt hat (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 13.07.2006 – 1 VAs 6/05 –, juris Rn. 10 ff.; VRS 115, 439; KG Berlin, Beschluss vom 29.06.2015 – 4 VAs 18/15 –, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.02.2008 – 4 VAs 1/08 –, juris Rn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 22 EGGVG Rn. 1; BeckOK GVG/Ebner, 24. Ed. 15.08.2024, EGGVG § 22 Rn. 2.1).
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b) Auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben.
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Die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens nach § 24 Abs. 2 EGGVG war nicht erforderlich, da Mitteilungen der Staatsanwaltschaft an das KBA keine Entscheidung oder Anordnung der Vollstreckungsbehörde darstellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.02.2008 – 4 VAs 1/08 –, juris Rn. 5; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 13.07.2006 – 1 VAs 6/05 –, juris Rn. 21; KG Berlin, Beschluss vom 29.06.2015 – 4 VAs 18/15 –, juris).
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Eine Verfristung liegt nicht vor, da der Beginn der Antragsfrist nach § 26 Abs. 1 EGGVG und damit auch ein möglicher Fristablauf nicht festzustellen war. Ein Nachweis über eine Zustellung oder eine schriftliche Bekanntgabe an den Antragsteller liegt nicht vor und dieser bestreitet den Zugang einer entsprechenden Mitteilung. Im Übrigen ergibt sich aus der Verfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein vom 30.01.2024, mit der die Unterrichtung angeordnet wurde, auch nicht, dass die Unterrichtung auch hinsichtlich der Mitteilung an das FAER erfolgte. Aus der Verfügung ergibt sich lediglich eine Unterrichtung nach § 21 Abs. 2 EGGVG hinsichtlich der Mistra-Empfänger und nicht auch des KBA.
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2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Maßnahmen der Staatsanwaltschaft Traunstein ist zu Recht erfolgt, da die Voraussetzungen des – als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung allein in Betracht kommenden – § 28 Abs. 4 und Abs. 3 Nr. 1 StVG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 EGGVG (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 29.06.2015 – 4 VAs 18/15 –, juris) erfüllt sind.
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a) Nach § 28 Abs. 4 StVG teilen die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem KBA unverzüglich die nach § 28 Abs. 3 StVG im Fahreignungsregister zu speichernden Daten mit. Zu diesen gehören nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 StVG Daten über rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte wegen einer Straftat, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG bezeichnet ist, soweit sie auf Strafe oder Verwarnung mit Strafvorbehalt erkennen oder einen Schuldspruch enthalten. Voraussetzung für die Speicherung ist danach, dass es sich um eine der Straftaten handelt, die der Verordnungsgeber in Anlage 13 zu § 40 FeV ausdrücklich zur Speicherung bestimmt hat (vgl. BR-Drucks 810/12 S. 61 ff.; BT-Drucks 17/12636 S. 45; MüKoStVR/Koehl, 1. Aufl. 2016, StVG § 28 Rn. 11).
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b) Danach war die Staatsanwaltschaft Traunstein nach § 28 Abs. 4 StVG berechtigt und auch verpflichtet, dem KBA Daten über den gegen den Antragsteller ergangenen rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Laufen vom 14.09.2023 mitzuteilen.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind Verurteilungen wegen vorsätzlichen Anordnens oder Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG nicht nur in den Fällen mitzuteilen, in denen zusätzlich ein Fahrverbot oder die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins vorliegt. Die entsprechende Formulierung in der Spalte 2 der Ziff. 2.1.11 der Anlage 13 zur FeV, nämlich „Führen oder Anordnen oder Zulassen des Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis, trotz Fahrverbots oder trotz Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins“ verweist erkennbar auf die einzelnen Tatbestandsalternativen, wie sie in § 21 Abs. 1 und 2 StVG genannt sind, was sich auch daraus erschließt, dass in der dritten Spalte der Anlage 13 zur FeV § 21 StVG ausdrücklich genannt ist. Hierbei handelt es sich um folgende (hier relevante) Tatbestandsalternativen:
§ 21 Fahren ohne Fahrerlaubnis
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
2. als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt,
der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer
3. vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.
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Insoweit ist eindeutig, dass die Formulierung in Spalte 2 der Ziff. 2.1.11 der Anlage 13 zur FeV die einzelnen Tatbestandsalternativen des § 21 StVG aufzählt und nicht irgendein dem Gesetz unbekanntes kumulatives Zusammenstehen von mehreren der einzelnen Tatbestandsalternativen fordert. Insoweit erfolgte die Mitteilung an das FAER zu Recht.
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1. Die Tragung der Gerichtskosten durch den Antragsteller wird unmittelbar durch das Gesetz geregelt (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG). Es besteht kein Anlass, die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dem Antragsteller entstandenen außergerichtlichen Kosten aus der Staatskasse anzuordnen (§ 30 EGGVG).
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2. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 19 GNotKG.
21
3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 29 Abs. 1 EGGVG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich – wie oben dargelegt – nicht.