Inhalt

VGH München, Beschluss v. 14.02.2024 – 6 ZB 23.1557
Titel:

Rechtmäßigkeit einer richterlichen Beurteilung

Normenketten:
BBG § 21 S. 1
DRiG § 46
Leitsätze:
1. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle einer dienstlichen Beurteilung ist auf die allgemein für Beurteilungsentscheidungen anzuwendende Überprüfung beschränkt, ob der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (stRspr BVerwG BeckRS 2017, 113664). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es gibt keinen Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen (Anlassbeurteilungen und Regelbeurteilungen) hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und "absolut" gleich sein müssen; die "höchstmögliche" Vergleichbarkeit ist ein Optimierungsziel, das immer nur soweit wie möglich angestrebt werden kann (ebenso BVerwG BeckRS 2019, 20388). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Rechtswidrigkeit der Beurteilung ergibt sich hier weder aus der Abweichung von Beurteilungsbeiträgen durch die Beurteilerin noch aus dem Einwand der Anwendung eines uneinheitlichen Beurteilungsmaßstabs infolge der Berücksichtigung von Erledigungszahlen noch fehlender Würdigung der Verwendungsbreite oder wahrgenommener Verwaltungstätigkeiten. (Rn. 13 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Richter am Bundespatentgericht, Dienstliche Beurteilung, dienstliche Beurteilung, Beurteilungsbeitrag, Erledigungszahlen, Statistik, Vorsitzender, einheitlicher Beurteilungsmaßstab, Verwendungsbreite, Verwaltungstätigkeit
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 28.07.2023 – M 5 K 22.780
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3138

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Juli 2023 – M 5 K 22.780 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, dem Antrag zu entsprechen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Der Kläger, ein Richter am Bundespatentgericht, wendet sich gegen die für ihn unter dem 10. November 2020 erstellte dienstliche Regelbeurteilung für den Zeitraum 11. Juni 2016 bis 31. Mai 2019, die mit dem Gesamturteil „vollbefriedigend, obere Grenze“ abschließt. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage auf Aufhebung der Beurteilung vom 10. November 2020 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2022 sowie auf Erteilung einer erneuten dienstlichen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts als unbegründet abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitige Beurteilung rechtmäßig sei, da sie insbesondere nicht gegen die anzuwendenden Beurteilungsgrundsätze verstoße und sich die getroffenen Bewertungen allesamt innerhalb der Grenzen der dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsermächtigung hielten.
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2. Die gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
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a) Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel wären begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
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Der Zulassungsantrag setzt den überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung des Klagevortrags eine umfangreiche eigene rechtliche Bewertung entgegen. Der Kläger greift zwar eine Vielzahl aus seiner Sicht wichtiger Aspekte auf, verliert dabei aber die maßgeblichen rechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer dienstlichen Beurteilung aus dem Blick. Auch bei einer Gesamtschau der im Einzelnen im Zulassungsantrag und in der nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2023 vorgebrachten Umstände kann der Senat nicht erkennen, dass die vom Kläger angefochtene dienstliche Beurteilung vom 10. November 2020 rechtswidrig sein könnte.
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Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle einer dienstlichen Beurteilung ist auf die allgemein für Beurteilungsentscheidungen anzuwendende Überprüfung beschränkt, ob der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2017 – 2 C 21.16 – juris Rn. 15; U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 9).
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Eine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle ergibt sich dort, wo der Gesetzgeber Beurteilungs- und Ermessensspielräume für die Verwaltung eröffnet hat. Wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich zulässiger Weise Spielräume belässt, muss dieses behördliche Letztentscheidungsrecht auch von den Gerichten respektiert werden (BVerwG, U.v. 2.3.2017 – 2 C 21.16 – juris Rn. 16). Eine derartige Beurteilungsermächtigung ist in § 21 Satz 1 BBG enthalten. Diese Regelung gilt gemäß § 46 DRiG auch für Bundesrichter. Die dort angeordnete Beurteilung setzt notwendigerweise Bewertungen und hinsichtlich künftiger Verwendungseinschätzungen auch Prognosen voraus. Diese Feststellung kann nicht durch eine Einschätzung der Gerichte ersetzt werden. Da ein besonderes öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis des Beamten bzw. des Richters zu seinem Dienstherrn besteht, muss auch die Einschätzung, ob und inwieweit der Beamte bzw. Richter den – ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden – fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes entsprochen hat, dem Dienstherrn vorbehalten sein. Die gesetzliche Bestimmung spricht dem Dienstherrn somit auch eine immanente Beurteilungsermächtigung zu (BVerwG, U.v. 2.3.2017 – 2 C 21.16 – juris Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 6 ZB 19.1143 – juris Rn. 8).
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Gemessen an diesem Maßstab teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die dienstliche Beurteilung vom 10. November 2020 rechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Die Rüge, das Verwaltungsgericht gehe von der Anwendbarkeit der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 10. Februar 2023 vorgelegten Beurteilungsgrundsätze aus, wobei aber aufgrund der Vorlage unterschiedlicher Texte unklar sei, auf welcher Grundlage die Beurteilerin die streitgegenständliche Beurteilung erstellt habe, kann nicht überzeugen.
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Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem zum Beurteilungsstichtag gegolten hat (BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7.99 – juris Rn. 15). Im vorliegenden Fall sind für die Beurteilung des Klägers zum Stichtag 31. Mai 2019 und den Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2022 zunächst § 21 BBG und §§ 48 ff. BLV in der zum maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Fassung einschlägig, die über § 46 DRiG auch für Bundesrichter anzuwenden sind. Daneben können die im Intranet des Bundespatentgerichts unter der Überschrift „Beurteilungswesen im Bundespatentgericht (richterlicher Dienst)“ veröffentlichten „Beurteilungsgrundsätze“, der Erlass des BMJ zu Notenstufen und deren Definitionen und der Hinweis auf den Inhalt einer Informationsveranstaltung für Richter vom 24. und 25. April 1998 (zu Fristen bzw. Anlässen für Beurteilungen) als ausreichende Grundlage für eine bestehende, einheitliche Beurteilungspraxis angesehen werden. Dafür, dass der Text dieses „Beurteilungswesens“ laufend weitreichende Änderungen erfahren hat und am Stichtag im Jahr 2019 eine entscheidungserheblich andere Version gehabt haben könnte, gibt es keinen Hinweis. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die Beurteilerin sich über den Inhalt des geltenden, im Intranet veröffentlichten „Beurteilungswesens“ nicht im Klaren gewesen wäre.
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bb) Entgegen der Ansicht des Zulassungsantrags ist auch der Beurteilungszeitraum nicht zu beanstanden. In dem das Beurteilungswesen am Bundespatengericht betreffenden Intranetausdruck heißt es dazu, dass die für die Erstellungen von Beurteilungen vorgesehenen Fristen mit einer gewissen Flexibilität gehandhabt werden. Nicht nachvollziehbar ist der Einwand des Klägers, es könnte eine Diskrepanz von zwei Monaten entstehen, wenn bei einem zu Beurteilenden auf den Monatsanfang abgerundet und bei dem gleichzeitig zu Beurteilenden auf das Monatsende aufgerundet würde, was sich im Hinblick auf die Erledigungszahlen im Beurteilungszeitraum ganz erheblich auswirken könne und gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstoße. Eine Diskrepanz von zwei vollen Monaten könnte sich tatsächlich nur dann ergeben, wenn jeweils für einen vollen Monat abgerundet und aufgerundet würde, was sehr unwahrscheinlich erscheint. Dass sich hier zugleich auffällige Diskrepanzen hinsichtlich der Erledigungszahlen ergeben, die allein der flexiblen Handhabung der Fristen geschuldet sind, wobei die beurteilende Person dies aber nicht erkennen kann, ist ebenso wenig nachvollziehbar. Im Übrigen gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein müssen. Die „höchstmögliche“ Vergleichbarkeit ist ein Optimierungsziel, das immer nur soweit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2018 – 2 C 1.18 – juris Rn. 58). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Anlassbeurteilungen, sondern auch für Regelbeurteilungen. Auch beim Vergleich von Regelbeurteilungen gibt es Konstellationen, in denen Abweichungen hinsichtlich des gemeinsamen Stichtags und Zeitraums vorkommen können (BVerwG a.a.O.).
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cc) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Beurteilungsentwurf ohne Note nicht zu beanstanden. Wie das Verwaltungsgericht in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darlegt, bedingt dies keinen Rechtsfehler. Ein Entwurf hat per se schon vorläufigen Charakter und ist als Arbeitsgrundlage gedacht, aus der keine Bindungswirkung abgeleitet werden kann, worauf das Verwaltungsgericht zur Recht hinweist (UA S. 9).
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Der Kläger bemängelt, das Verwaltungsgericht habe einen sachlichen Grund für den Entwurf ohne Note in der Aussage der Beurteilerin gesehen, sie habe die unterschiedlichen Voten von Senatsvorsitzenden mit dem Kläger besprechen wollen. Dies könne aber nicht überzeugen, denn die unterschiedlichen Beurteilungsbeiträge seien im Beurteilungsentwurf bereits verarbeitet worden. Gefehlt hätte im Entwurf eine Würdigung der Tätigkeiten des Klägers im Sachgebiet 5.2 (Informationsdienste), obwohl die dortigen Tätigkeiten des Klägers von der Beurteilerin als unmittelbarer Vorgesetzter hätten gewürdigt werden müssen. Warum dies zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils führen soll, erschließt sich nicht. Auch wenn die verschiedenen Beurteilungsbeiträge schon im Entwurf verarbeitet wurden, kann die Intention der Beurteilerin, hierüber mit dem Beurteilten in der Phase der Erstellung der Beurteilung zu sprechen, nicht in rechtlich relevanter Weise „beanstandet“ werden. Ansonsten wäre jede Besprechung eines Entwurfs auf ihre Motivation hin zu überprüfen und alles, was bereits im Entwurf „verarbeitet“ wurde, dürfte keinen Anlass mehr geben, dies zu besprechen.
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dd) Es ist rechtlich nichts daran zu erinnern, dass die Beurteilerin vom Beurteilungsentwurf abgewichen ist. Wie bereits im angefochtenen Urteil ausgeführt und oben erwähnt, ist der Entwurf eine Arbeitsgrundlage ohne Bindungswirkung. Der Beurteilerin war es daher nicht verwehrt, in der dienstlichen Beurteilung vom Entwurf abzuweichen. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit das Verwaltungsgericht hier in zulassungsrechtlich relevanter Weise wesentlichen Sachvortrag übergangen haben soll. Da aus dem Entwurf keine Bindungswirkung abgeleitet werden kann, wie das Verwaltungsgericht zu Recht feststellt (UA S. 9), kommt es auf die Abweichungen im Einzelnen nicht an.
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Soweit der Kläger bemängelt, die Beurteilerin habe Herabstufungen gegenüber ihrem eigenen für den Kläger erstellten Beurteilungsbeitrag vorgenommen, wobei dieser Beitrag weder von der Beklagten vorgelegt noch vom Verwaltungsgericht angefordert worden sei, vermag dieser Vortrag ebenfalls nicht zu überzeugen. Beurteilungsbeiträge sind dann unerlässlich, wenn der Beurteiler bzw. die Beurteilerin nicht selbst in der Lage ist, sich aus eigener Anschauung ein vollständiges Bild von den Leistungen sowie der Befähigung und Eignung des zu beurteilenden Beamten bzw. Richter zu machen. Dann ist die Einholung einer Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft sinnvoll. Abweichungen hiervon sind in der dienstlichen Beurteilung nachvollziehbar zu begründen (BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1/16 – juris Rn. 36; U.v. 2.3.2017 – 2 C 21/16 – juris Rn. 23; OVG Bremen, B.v. 12.11.2018 – 2 B 167/18 – juris Rn. 11). Hier liegt gerade der Fall vor, dass die Beurteilerin selbst neben den Beiträgen der jeweiligen Senatsvorsitzenden einen Beurteilungsbeitrag für den Kläger erstellt hat, soweit sie in einem Teilbereich der dienstlichen Tätigkeiten des Klägers unmittelbare Vorgesetzte war. Sie konnte sich insoweit ein eigenständiges Bild von den Leistungen sowie der Befähigung und Eignung des zu beurteilenden Kläger machen. Daher sind insoweit Abweichungen von einer von ihr selbst verfassten Stellungnahme, soweit diese in relevanter Weise überhaupt vorliegen sollten, irrelevant.
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ee) Der Kläger kann auch mit seinem Einwand, die Beurteilerin habe in rechtswidriger Weise einen uneinheitlichen Beurteilungsmaßstab angelegt, nicht durchdringen. Er bezieht sich auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil, wonach die Beurteilerin nach ihren Angaben die von ihr erstmals zu beurteilenden sechs Richterinnen und Richter sowie die Richterin, für die eine weitere Beurteilung zu erstellen war, anhand des von ihr seit Jahren angewendeten Maßstabs für die rechtskundigen Richterinnen und Richter als Beisitzer in einem Senat verglichen habe (UA S. 9). Er bemängelt, das Verwaltungsgericht sei hierbei über widersprüchliche Aussagen der als Zeugin vernommenen Beurteilerin zur Frage der Vergleichsgruppe hinweggegangen. Denn diese habe auch gesagt, sie vergleiche die zu erstellenden Beurteilungen mit den Beurteilungen aus dem vergangenen halben oder vielleicht einem Jahr und alle Richter am Bundespatentgericht würden grundsätzlich die einheitliche Vergleichsgruppe bilden, jedenfalls die rechtskundigen Mitglieder. Der Kläger wendet insoweit ein, Senatsvorsitzende seien auch rechtskundige Mitglieder des Bundespatengerichts.
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Aus dem Gesamtzusammenhang lässt sich erkennen, dass sich die Aussage der Zeugin auf Beisitzerinnen und Beisitzer und nicht auf Vorsitzende bezog. Sie erläuterte ihre Vorgehensweise dahin, dass sie bei der Erstellung der Beurteilung zunächst die Beiträge der Senatsvorsitzenden („Voten“) berücksichtigt. Hieraus ergibt sich schon, dass Vorsitzende Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht ihrerseits nicht in die Vergleichsgruppe einbezogen waren. Soweit der Kläger weiter einwendet, dass sich die Beurteilerin im Hinblick auf die Erledigungszahlen auf die durchschnittliche Erledigungszahl aller Markensenate bezogen habe und sodann nicht mehr auf alle rechtskundigen Mitglieder des Bundespatentgerichts, ist dies nicht zu beanstanden. Die Beurteilerin hat hier innerhalb der Vergleichsgruppe eine weitere, sachlich ohne weiteres einleuchtende Differenzierung vorgenommen, weil bei einem rein numerischen Vergleich der Erledigungszahlen eine materielle Vergleichbarkeit nicht gegeben wäre.
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Der Kläger meint des Weiteren, besonders deutlich zeige sich der uneinheitliche Maßstab daran, dass die Beurteilerin bereits im Dezember 2019 zwei Richter aus der Gruppe der „sechs Landesjuristen“ beurteilt habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch kein Überblick über die Erledigungszahlen insgesamt und in der Gruppe dieser Landesjuristen bestanden habe. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im Detail dargelegt, warum hier kein uneinheitlicher Maßstab ersichtlich ist. Denn die Zeugin hat angegeben, dass sie für die herausragende Bewertung dieser beiden Richter keine genauen Zahlen benötigt habe, insbesondere die Durchschnittszahlen der Markensenate. Hierbei bezog sie sich auf die ihr zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Voten der Senatsvorsitzenden und die darin enthaltenen Angaben zu Erledigungszahlen und zu (herausragender) Qualität bei der Arbeit. Diese Vorgehensweise ist angesichts des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums rechtlich nicht zu beanstanden.
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Soweit der Kläger meint, es sei widersprüchlich, dass die Beurteilerin mit E-Mail vom 24. Januar 2020 eine personalisierte Jahresstatistik für das Jahr 2019 von den Senatsvorsitzenden angefordert habe, um alle Richter vergleichen zu können, aber bereits Ende 2019 zwei Beurteilungen gemacht habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beurteilerin hat nachvollziehbar erläutert, warum sie die Statistik für diese beiden Beurteilungen von Ende 2019 nicht für notwendig hielt.
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ff) Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe im Hinblick auf seine Verwendungsbreite unberücksichtigt gelassen, dass er neben seiner Tätigkeit in einem Markenbeschwerdesenat auch in dem einzigen Design-Beschwerdesenat tätig gewesen sei. Dies ist nicht nachvollziehbar, zumal die zwei Erledigungen in zwei Design-Nichtigkeitsverfahren in der angefochtenen Beurteilung erwähnt sind. Hieran zeigt sich zugleich, dass diese Tätigkeit untergeordnet war.
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Auch die Rügen des Klägers bezüglich der von ihm wahrgenommenen Verwaltungstätigkeiten sind nicht begründet. In der streitgegenständlichen Beurteilung sind die Tätigkeiten des Klägers als Leiter des Referats 5 (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Informationsdienste), als Pressesprecher und als juris-Beauftragter auf drei Seiten ausführlich dargestellt und bewertet worden. Soweit der Kläger einwendet, dass seine Vorträge bei einer nordrhein-westfälischen Dienststelle im Polizeibereich keinen Eingang in die dienstliche Beurteilung gefunden hätten, ist dieser Einwand unbegründet. In den Grundsätzen für das „Beurteilungswesen im Bundespatentgericht (richterlicher Dienst)“ ist aufgeführt, dass in die Tätigkeitsbeschreibung nur „wissenschaftliche Tätigkeiten (Veröffentlichungen, Vorträge, Lehrtätigkeit) mit Fachbezug“ aufzunehmen sind. Somit ist nicht jede rechtswissenschaftliche Tätigkeit auf beliebigen Rechtsgebieten aufzunehmen. Im Übrigen konnte die Beurteilerin – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – im rechtlich zulässigen Rahmen ihres Beurteilungsspielraums die vom Kläger aufgeführten Tätigkeiten bei „juris“ und an der Ausbildungsstätte der Polizei N.-W. im Gesamtrahmen als unbedeutend einschätzen (UA S. 13).
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gg) Die Rüge, die Beurteilerin sei voreingenommen gewesen, geht fehl. Eine dienstliche Beurteilung ist aufzuheben, wenn der Dienstherr gegen seine selbstverständliche Pflicht verstoßen hat, den Beamten oder Richter gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen. Die Besorgnis der Befangenheit genügt insoweit allerdings nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Eine solche tatsächliche Voreingenommenheit liegt vor, wenn der Beurteiler nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beamten oder Richter sachlich und gerecht zu beurteilen (BayVGH, B.v. 3.6.2015 – 6 ZB 14.312 – juris Rn. 14; B.v. 2.9.2020 – 6 CE 20.1351 – juris Rn. 28).
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Ausgehend davon lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers objektiv keine vernünftigen Gründe für die Annahme feststellen, die streitige Anlassbeurteilung sei durch Voreingenommenheit der Präsidentin des Bundespatentgerichts beeinflusst gewesen. Insoweit trägt der Kläger lediglich vor, die Beurteilerin habe im Fall des Klägers eine andere Praxis, insbesondere auch im Hinblick auf das Beurteilungsverfahren und die Dauer des Verfahrens, angewandt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Beurteilerin einen Beurteilungsentwurf erstellt und mit dem Kläger sachlich erörtert. Für die längere Dauer des Beurteilungsverfahrens sind sachliche Gründe ersichtlich. Insbesondere hatte der Kläger, nachdem ihm der Entwurf zur Kenntnis gebracht worden war, selbst umfangreiche Änderungsvorschläge vorgebracht.
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ee) Mit seinem Vorbringen wendet sich der Kläger letztlich erfolglos gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Solche Fehler sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich. Dabei weckt nicht bereits der Vortrag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten, als das Verwaltungsgericht es getan habe. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung ist der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 19). Derartige schwerwiegende Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat der Kläger aber nicht aufgezeigt.
25
b) Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
26
Der Kläger rügt die unterlassene Beeidigung der Zeugin. Mit dieser Rüge vermag er nicht durchzudringen. Eine generelle Pflicht zur Begründung der richterlichen Ermessensentscheidung, einen Zeugen mit Rücksicht auf die Bedeutung seiner Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage zu beeidigen, ist nach § 98 VwGO, § 391 ZPO nicht vorgesehen (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.1998 – 9 B 562.98 – NJW 1998, 3369) und darüber hinaus hat der Kläger gegen die vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung gegebene Begründung keinerlei Kritik oder auch nur Bedenken erhoben, so dass er gemäß § 173 VwGO, § 295 Abs. 1 ZPO sein Rügerecht verloren hat (BVerwG a.a.O.). Denn die „nächste mündliche Verhandlung“ i.S.d. § 295 Abs. 1 ZPO ist nicht notwendig ein – hier nicht mehr stattgefundener – neuer Termin, sondern kann auch eine Verhandlung sein, die sich innerhalb der mündlichen Verhandlung an jenen Verfahrensabschnitt anschließt, in dem der geltend gemachte Verfahrensfehler geschehen sein soll (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2023 – 2 B 36.22 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 16.4.2002 – 19 ZB 01.3072 – juris Rn. 8; Buchheister in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, Rn. 102 zu § 132 VwGO). Im vorliegenden Fall schloss sich, nachdem der geltend gemachte Verfahrensfehler geschehen sein soll, ein weiterer Verfahrensabschnitt an, ohne dass der Kläger entsprechende Bedenken geltend gemacht hatte.
27
Soweit der Kläger vorträgt, er habe ausdrücklich einen Antrag auf Beeidigung der Zeugin gestellt, weshalb eine weitere „Rüge“ nach Zurückweisung dieses Antrags weder erforderlich noch geboten gewesen sei, kann er damit nicht durchdringen. Da laut Protokoll der Einzelrichter den Antrag auf Beeidigung mit einem mit Gründen versehenen Beschluss abgelehnt hat, wäre es Sache des anwaltlich vertretenen Klägers gewesen, sich im abschließenden Vortrag mit der im Beschluss zutage getretenen Rechtsauffassung des Gerichts auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG, B.v. 8.12.1988 – 9 B 388.88 – juris Rn. 5). Da für eine solche Rüge nichts vorgetragen oder ersichtlich ist, kann von einem rechtserheblichen Verfahrensverstoß – sofern er vorgelegen hat – nicht gesprochen werden.
28
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 10.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
29
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).