Titel:
Amtsangemessene Beschäftigung einer Lehrkraft
Normenketten:
BayLDO § 9a
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Eine amtsangemessene Beschäftigung verlangt nicht zwingend die Übertragung des „üblichen“ Aufgabenbereiches. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Einsatz von Lehrkräften als mobile Reserve ist vom Organisationsermessen des Dienstherrn abgedeckt, für eine entsprechende Beschränkung der Dienstaufgaben an der Stammschule der Lehrkraft gilt entsprechendes. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Amtsangemessene Beschäftigung, Lehrkraft, Regulärer Unterricht, amtsangemesses Beschäftigung, Organisationsermessen, Vertretungsunterricht, Aufsicht, vorläufiger Rechtsschutz
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 24.11.2023 – B 5 E 23.767
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3134
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache amtsangemessen zu beschäftigen. Im Übrigen hat es den Antrag gemäß § 123 VwGO, die Antragstellerin mit der Erteilung von Unterricht mit vollem Deputat zu beschäftigen, abgelehnt. Die Antragstellerin könne in der momentanen Situation nicht beanspruchen, eigenverantwortlich regulären Unterricht zu erteilen. Hierfür seien nach Lage der Akten die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit und die Gefährdung der Erreichung der Unterrichtsziele zu gravierend.
2
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag insoweit zu Recht abgelehnt, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die hiergegen fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung.
3
Die Antragstellerin räumt ein, dass die Erteilung von Vertretungsunterricht zum Berufsbild einer Oberstudienrätin gehöre und deshalb auch die Erteilung von Vertretungsunterricht amtsangemessen sein könne; das Verwaltungsgericht gehe allerdings fehl, wenn es eine Beschäftigung ausschließlich mit Vertretungsunterricht bzw. umgekehrt gesprochen ohne eigenverantwortlichen Unterricht für amtsangemessen halte. Vielmehr sei es unabdingbarer Bestandteil einer Beschäftigung als Oberstudienrätin, dass diese zu einem erheblichen Teil eigenverantwortlich regulären Unterricht erteile und nicht nur Vertretungsunterricht oder sonstige Tätigkeiten. Dies setze § 9a Abs. 3 LDO voraus und stehe in Übereinstimmung mit dem traditionellen Leitbild des Dienstpostens. Nur die Zuordnung bestimmter Klassen in einem bestimmten Fach erlaube es, das Schuljahr durch eine sinnvolle Verteilung der Lehrplaninhalte zu planen (Ziff. 2.2.1.1 der Beurteilungsrichtlinien – Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern). Auch nach der Rechtsprechung komme es auf das traditionelle Leitbild bzw. eben die Üblichkeit an. Insbesondere auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Juni 2001 (6 B 1577/00) werde Bezug genommen. Dass nach Ansicht des Antragsgegners die Dienstfähigkeit der Antragstellerin in Frage stehe, rechtfertige ihre Beschäftigung ohne Zuweisung regulären Unterrichts nicht. Die Antragstellerin habe seit dem 30. November 2023 keinen Vertretungsunterricht erteilt; sie werde ausschließlich mit Aufsichten (einschließlich Küchen- und Hofaufsichten) betraut.
4
Damit kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Zu Recht hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass § 9a Abs. 3 LDO keinem Umkehrschluss dahingehend zugänglich ist, dass jeder Lehrer mit regulärem Unterricht betraut werden müsse. Der Einsatz von Lehrkräften als mobile Reserve ist vom Organisationsermessen des Dienstherrn abgedeckt, für eine entsprechende Beschränkung der Dienstaufgaben an der Stammschule der Lehrkraft gilt entsprechendes. Bei einer Gesamtwürdigung erscheint der Arbeitsbereich einer mit Vertretungsunterricht betrauten Lehrkraft nicht durch unterwertige Beschäftigungen geprägt. Dies hat auch das von der Antragstellerin in Bezug genommene Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. August 2014 (6 B 834/14 – juris Rn. 6, 8) entschieden, wonach der Dienstherr sein Organisationsermessen nicht willkürlich ausübt, wenn er eine Lehrerin fast ausschließlich mit Vertretungsunterricht (im Übrigen mit Mittagspausenaufsicht) betraut. Insoweit ist die frühere Entscheidung dieses Gerichts (B.v. 7.6.2001 – 6 B 1577/00 – juris Rn. 12) überholt. Die aktuellere Entscheidung, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, hält auch der Senat für zutreffend. Die von der Antragstellerin eingeforderte Berücksichtigung des traditionellen Leitbilds einer Lehrkraft ändert daran nichts, denn der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass nach Lage der Akten gravierende Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Unterrichtstätigkeit bestehen und die Erreichung der Unterrichtsziele gefährdet ist. Die in der Replik vom 8. Februar 2024 dagegen von der Antragstellerin vorgetragenen Einwände greifen nicht.
5
Vertretungsunterricht gehört zu dem abstrakt von allen Lehrkräften wahrzunehmenden Aufgabenbereich. Daraus, dass der Einsatz einer Lehrkraft sich üblicherweise auf die kontinuierliche Wahrnehmung des jeweiligen Fachunterrichtes über das gesamte Schuljahr erstreckt und nicht in der hier streitigen Weise beschränkt ist, ergibt sich nichts anderes. Eine amtsangemessene Beschäftigung verlangt nämlich nicht zwingend die Übertragung des „üblichen“ Aufgabenbereiches. Ebenso wenig ist die Amtsangemessenheit der Beschäftigung nur dann anzunehmen, wenn ein möglichst breites oder gar das gesamte mit dem statusrechtlichen Amt verbundene Aufgabenspektrum abgedeckt ist. Ein anderweitiges Verständnis würde das dem Dienstherrn beim Personaleinsatz und der sachgerechten Aufgabenbewältigung zustehende organisatorische Ermessen unverhältnismäßig einschränken. Es ist auch nicht erkennbar, dass der verbleibende Aufgabenbereich üblicherweise einem niedrigeren statusrechtlichen Amt zuzuordnen wäre, denn die Antragstellerin bekleidet kein Statusamt, das von der Verpflichtung, zeitweise als mobile Reserve tätig zu werden, ausgenommen wäre.
6
Ob die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung vom Antragsgegner (inzwischen) beachtet wird, kann – worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat – nicht Gegenstand der Beschwerde sein.
7
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).