Inhalt

VGH München, Beschluss v. 09.02.2024 – 21 ZB 19.1734
Titel:

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Verfahrensmängeln

Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 2, Abs. 3, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4
Bayerischen Ingenieurversorgung-Bau mit § 27 der Satzung der Psychotherapeutenversorgung (Stand 1. Dezember 2017)
Leitsätze:
1. Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben, außer es wird dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bezugnahme auf einen nur schriftsätzlich formulierten Beweisantrag genügt den Anforderungen des § 86 Abs. 2 VwGO dabei nicht. Erforderlich ist es, dass das Ersuchen unter Angabe von Beweisthema und Beweismittel ausdrücklich ausgesprochen und als mündlich gestellter Antrag in das Protokoll aufgenommen worden ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es besteht keine Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Eine Hinweispflicht besteht für das Gericht nur dann, wenn es seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt hätte stützen will, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Gericht darf im Verwaltungsverfahren eingeholte und von den Beteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten im Wege des Urkundenbeweises verwerten. In diesem Fall ist es zur Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nur verpflichtet, wenn das vorgelegte Gutachten an offen erkennbaren Mängeln oder unlösbaren Widersprüchen leidet, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ingenieurversorgung, erfolgloser Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, Ruhegeld bei Berufsunfähigkeit, kein Verfahrensmangel, fehlender Beweisantrag, keine Verletzung der Aufklärungspflicht, Gehörsverstoß verneint, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 11.07.2019 – RN 5 K 18.121
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3130

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 51.905,16 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der beklagten Versorgungsanstalt einen Anspruch auf Ruhegeld im Falle von Berufsunfähigkeit hat.
2
Der Kläger ist seit 1. Januar 1995 Pflichtmitglied der Beklagten.
3
Am 13. August 2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistung von Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit. Mehrere durch die Beklagte in Auftrag gegebene Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht in der Lage sei, eine Berufstätigkeit als Bauingenieur auszuüben, wobei die Prognose unsicher sei.
4
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22. September 2015 für den Zeitraum 1. Juni 2014 bis 31. Mai 2017 ein monatliches Ruhegeld wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit in Höhe von 1.514,13 Euro fest.
5
Am 6. April 2017 beantragte der Kläger die Weiterzahlung des Ruhegeldes unter Vorlage eines Attestes des Facharztes für psychosomatische Medizin sowie Innere und Allgemeinmedizin Dr. … vom 4. April 2017. Dieses endete mit der Feststellung, der Kläger sei auf Dauer nicht mehr arbeitsfähig in seinem bisherigen Beruf.
6
Eine fachärztliche Nachbegutachtung durch Herrn Dr. … lehnte der Kläger mit Schreiben vom 12. Mai 2017 ab.
7
Die von der Beklagten beauftragte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. … gelangte in ihrem Gutachten vom 3. August 2017 zu dem Ergebnis, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers deutlich gebessert habe und der Kläger derzeit wieder in der Lage sei, die Tätigkeiten als Bauingenieur sowohl als Selbstständiger als auch im Angestelltenverhältnis auszuüben.
8
Mit Schreiben vom 22. September 2017 brachte der Kläger Einwände gegen das Gutachten von Frau Dr. … vor und machte insbesondere geltend, dass das Gutachten das Attest von Dr. … vom 4. April 2017 nicht berücksichtige. Frau Dr. … legte ein ergänzendes Gutachten vom 19. Oktober 2017 vor und nahm unter Einbeziehung des Attests von Herrn Dr. … am 27. November 2017 nochmals gutachterlich Stellung.
9
Mit Bescheid vom 4. Januar 2018 wurde der Antrag auf Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit durch die Beklagte abgelehnt.
10
Der Kläger hat am 24. Januar 2018 Klage erhoben.
11
Mit Urteil vom 11. Juli 2019 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
12
Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
13
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das von dem Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Weder liegt ein Verfahrensmangel vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), noch bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), oder ist den Darlegungsanforderungen an eine grundsätzliche Bedeutung Genüge getan (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
14
1. Soweit der Kläger Verfahrensmängel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Gestalt eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO und in Gestalt von Verstößen gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs rügt, wurden diese bereits nicht entsprechend den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.
15
1.1 Der Kläger rügt, dass das Verwaltungsgericht keine Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt habe. Zwar trage der Kläger die Beweislast, das Gericht hätte ihn aber darauf hinweisen müssen, dass es keine Ermittlungen von Amts wegen beabsichtige und der Kläger weitere Nachweise für seine behauptete Berufsunfähigkeit vorlegen müsse.
16
Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren. Vielmehr ist darzulegen, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5), außer es wird dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 10 ZB 22.1265 – juris Rn. 6).
17
Vorliegend fehlt es bereits an einem Beweisantrag gem. § 86 Abs. 2 VwGO, der auf weitere Aufklärung zur behaupteten Berufsunfähigkeit des Klägers gerichtet war. Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung wurde kein Beweisantrag gem. § 86 Abs. 2 VwGO gestellt. Nach § 105 VwGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO belegt die fehlende Erwähnung im Protokoll, dass ein Beweisantrag nicht gestellt worden ist (siehe BVerwG, B.v. 26.4.2022 – 4 BN 28.21 – juris Rn. 8). Die Bezugnahme auf einen nur schriftsätzlich formulierten Antrag genügt den Anforderungen des § 86 Abs. 2 VwGO dabei nicht. Erforderlich ist es, dass das Ersuchen unter Angabe von Beweisthema und Beweismittel ausdrücklich ausgesprochen und als mündlich gestellter Antrag in das Protokoll aufgenommen worden ist (vgl. Dawin/Panzer in Schoch/Schneider, VwGO, Stand März 2023, § 86 Rn. 97; siehe auch BVerwG, B.v. 22.9.1961 – VIII B 61.61 – NJW 1962, 124).
18
Es wurde auch nicht dargelegt, weshalb sich eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, weshalb das Verwaltungsgericht deshalb von Amts wegen weitere Aufklärungsbemühungen hätte unternehmen müssen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Vornahme der entsprechenden Sachaufklärung getroffen worden wären.
19
Eine hinreichende Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Ausprägung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO (vgl. BVerfG B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 37) ist ebenfalls nicht gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung besteht keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche oder rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Das Verwaltungsgericht wäre lediglich verpflichtet gewesen, entsprechende Hinweise zu erteilen, wenn es seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt hätte stützen und damit dem Rechtsstreit eine Wendung hätte geben wollen, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2021 – 8 B 15.21 – juris Rn. 7; B.v. 15.7.2022 – 4 B 32/21 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 20.3.2023 – 23 ZB 22.2666 – juris Rn. 20).
20
1.2 Der Kläger sieht den Anspruch auf rechtliches Gehör ferner dadurch verletzt, dass ein in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellter Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt worden sei. Wie bereits unter 1.1 ausgeführt wurde ein Beweisantrag gerade nicht gestellt.
21
1.3 Der Kläger erachtet seinen Anspruch auf rechtliches Gehör auch dadurch verletzt, dass ein Antrag auf Verlegung oder Vertagung zu Unrecht und nicht formgerecht abgelehnt worden sei.
22
1.3.1 Es sei ein erheblicher Grund für eine Verlegung oder Vertagung gegeben gewesen, da klägerseits versucht worden sei, eine Stellungnahme von Herrn Dr. … zur ergänzenden Stellungnahme der Frau Dr. … vom 1. Juli 2019 zu erhalten, Dr. … aber urlaubsbedingt nicht erreichbar gewesen sei. Die Entscheidung des Gerichts vom 9. Juli 2019 sei auch nicht in der erforderlichen Form erfolgt. Gem. § 227 Abs. 4 ZPO hätte der Vorsitzende über die Aufhebung oder Verlegung des Termins durch Verfügung entscheiden müssen. Das Gericht hätte über die Vertagung durch Beschluss entscheiden müssen. Abgesehen davon, dass das Schreiben vom 9. Juli 2019 diesen Formerfordernissen nicht entspreche, sei auch nicht erkennbar, ob es vom Vorsitzenden oder vom Gericht stamme.
23
1.3.2 Mit der diesbezüglichen Rüge ist der Kläger bereits gem. § 173 VwGO in Verbindung mit § 295 ZPO ausgeschlossen. Der behauptete Verfahrensfehler wurde in der mündlichen Verhandlung weder nach eigener Behauptung noch ausweislich der hierfür gem. § 105 VwGO i. V. m. § 165 ZPO Beweis erbringenden Verhandlungsniederschrift gerügt, womit der Kläger dieses Rügerecht verloren hat (vgl. BVerwG, U.v. 6.7.1998 – 9 C 45/97 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 6.4.2000 – 7 ZB 99.3670 – juris Rn. 3).
24
Es ist auch kein erheblicher Grund für die Terminsverlegung ersichtlich. Ihre Bedenken hinsichtlich der durch Herrn Dr. … gestellten Diagnose der mittelschweren bis schweren depressiven Episoden hat Frau Dr. … bereits in ihren Stellungnahmen aus dem Jahr 2017 geäußert, so dass für den Kläger ausreichend Gelegenheit bestand, eine ergänzende Stellungnahme des Herrn Dr. … einzuholen.
25
Die Ablehnung der Terminsverlegung wurde auch ordnungsgemäß durch den Vorsitzenden verfügt. Ein Beschluss durch die Kammer ist ersichtlich nicht erfolgt. Dieser wäre aber auch nur für den Fall der Vertagung nötig gewesen. Eine Vertagung setzt aber voraus, dass die mündliche Verhandlung bereits eröffnet wurde, was hier ersichtlich nicht der Fall war (siehe Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 102 Rn. 5).
26
2. Die Berufung ist auch nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
27
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – jeweils juris). Solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
28
2.1 Der Einwand des Klägers, Frau Dr. … habe zur Zeit der Erstellung des Gutachtens vom 3. August 2017 das Attest des Herrn Dr. … vom 4. April 2017 nicht vorgelegen, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
29
2.1.1 Der Kläger führt aus, es sei nicht auszuschließen, dass Frau Dr. … bei Vorliegen des Attestes vom 4. April 2017 im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Klägers aufgrund der Feststellungen des Dr. … konkrete Fragen an den Kläger gerichtet hätte. Die später erfolgten ergänzenden Stellungnahmen ließen außer Acht, dass eine persönliche Exploration nicht mehr erfolgt sei und erfahrungsgemäß in derartigen Situationen ein Gutachter von seiner ursprünglichen Beurteilung nicht mehr abweiche.
30
2.1.2 Der Kläger, den gem. § 27 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Bayerischen Ingenieurversorgung-Bau mit Psychotherapeutenversorgung vom 18. Januar 1995 (Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 4) in der hier maßgeblichen Fassung der 15. Änderungssatzung vom 1. Dezember 2017 (Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 49) (im Folgenden: Satzung) die materielle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit trifft, hat nicht hinreichend dargelegt, dass die von Frau Dr. … erstellten gutachterlichen Äußerungen an offen erkennbaren Mängeln oder unlösbaren Widersprüchen leiden, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder dass Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachterin besteht (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2010 – 8 B 15/10 – juris Rn. 4).
31
Soweit der Kläger bezüglich der Tatsache, dass das Attest des Herrn Dr. … vom 4. April 2017 Frau Dr. … bei der persönlichen Vorstellung des Klägers noch nicht vorgelegen hat, einen Mangel des Gutachtens rügt, hat er nicht dargelegt, dass die Stellungnahmen von Frau Dr. … in ihrer Gesamtheit fachlichen Ansprüchen nicht genügen. Es gilt zu berücksichtigen, dass Frau Dr. … am 27. November 2017 eine erneute gutachterliche Stellungnahme bezüglich des Attestes des Herrn Dr. … abgab und auch nach sorgfältiger Würdigung dessen Inhaltes am Ergebnis ihrer Beurteilung hinsichtlich der Ablehnung der Berufsunfähigkeit festhielt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihre Stellungnahme anders ausgefallen wäre, wenn ihr das Attest schon bei der persönlichen Vorstellung des Klägers vorgelegen hätte. Die Annahme, dass ein Gutachter auch bei Hinzutreten neuer Erkenntnisse nicht von seiner ursprünglichen Beurteilung abweiche, stellt sich als reine Spekulation dar.
32
Das klägerische Vorbringen vermag die gutachterlichen Äußerungen somit nicht zu erschüttern. Eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens sowie den zur Anwendung gelangten Explorations- und Anamnesemethoden unterbleibt völlig.
33
2.2 Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt nur unzureichend ermittelt worden sei. Das Gericht habe mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 nur angefragt, ob in medizinischer Hinsicht oder sonstiger Weise seit Klagebegründung bzw. Klageerwiderung ein wesentlicher neuer Sachstand eingetreten sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum kein richterlicher Hinweis erteilt worden sei.
34
Diesbezüglich ist auf die Erörterungen unter 1.1 zu verweisen.
35
2.3 Ernstliche Zweifel folgen auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht Ausführungen zu § 27 Abs. 4 Satz 1 der Satzung macht. Entgegen den klägerischen Ausführungen findet sich die Regelung, dass die Berufsunfähigkeit durch „ärztliche Atteste, Befunde, Gutachten und ähnliche Unterlagen“ nachzuweisen sei, gerade in § 27 Abs. 4 Satz 1 der Satzung und nicht in § 27 Abs. 5 Satz 1 der Satzung. Auch die Verpflichtung der Beklagten, bei nicht hinreichend erscheinenden Nachweisen Gutachten einzuholen, beruht – wie auch durch das Verwaltungsgericht ausgeführt – auf § 27 Abs. 4 Satz 3 der Satzung und nicht auf § 27 Abs. 5 Satz 2.
36
3. Zu dem vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geht die Darlegung nicht über das hinaus, was zur Begründung der Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt ist. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 27) ergeben sich daraus nicht.
37
4. Der Kläger macht ohne Erfolg eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend.
38
Zu einer dem Darlegungsgebot genügenden Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren und darzulegen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, weshalb sie klärungsbedürftig ist und inwiefern der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72).
39
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob das Gericht bei Prüfung der Frage der Berufsunfähigkeit ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens sich einem Parteigutachten anschließen darf.
40
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Gericht im Verwaltungsverfahren eingeholte und von den Beteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten im Wege des Urkundenbeweises verwerten darf. In diesem Fall ist es zur Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nur verpflichtet, wenn das vorgelegte Gutachten an offen erkennbaren Mängeln oder unlösbaren Widersprüchen leidet, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (st. Rspr. des BVerwG vgl. z.B. B.v. 4.12.1991 – 2 B 135.91 – juris Rn. 2; B.v. 30.9.2010 – 8 B 15/10 – juris Rn. 4).
41
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
42
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat an Nr. 14.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert hat.
43
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).