Inhalt

LG Kempten, Endurteil v. 27.09.2024 – 11 O 1705/23 Bau
Titel:

Verjährung werkvertraglicher Entschädigungsansprüche wegen nutzloser Vorhaltung von Leitungspersonal infolge Bauzeitverzögerung

Normenketten:
BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 203, § 642
VOB/B § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 5
Leitsätze:
1. Anordnungen zur Bauzeit sind keine Änderungen des Bauentwurfs i.S.v. § 1 Abs. 3 VOB/B. Denn der Bauentwurf beschreibt die erfolgsorientierte Komponente des Werkvertrags. Die Bauzeit gehört nicht dazu. (Rn. 24 – 25)
2. Anordnungen zur Bauzeit sind auch keine "anderen Anordnungen" i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B (entgegen KG, IBR 2024, 504). Derartige andere Anordnungen setzen eine gesonderte Vereinbarung voraus. (Rn. 26)
3. Der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch aus § 642 BGB entsteht grundsätzlich mit Abschluss des Jahres, in dem die jeweiligen Kosten angefallen sind. (Rn. 30 – 31)
Schlagworte:
Werkvertrag, Mitwirkung des Bestellers, Entschädigung, Bauzeitverzögerung, nutzlose Vorhaltung von Leitungspersonal, Verjährungsbeginn, Verjährungshemmung, Verhandlungen
Rechtsmittelinstanz:
OLG München vom -- – 27 U 3460/24 Bau e
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31292

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss 
Der Streitwert wird auf 258.834,19 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1
Mit der am 22.11.2023 eingereichten Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte Entschädigungsansprüche wegen nutzloser Vorhaltung von Leitungspersonal und Zinsforderungen geltend.
2
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Montage, Programmierung, Anschluss und Einrichtung von Medientechnik. Sie hat für die Beklagte die Einrichtung des Projekts …-Halle … mit Medientechnik wahrgenommen.
3
Das Projekt umfasste die Sanierung und bedarfsgerechte Erweiterung der …-Halle … Dabei sollte das Bestandsgebäude der …-Halle erhalten und mit weiteren Gebäudeteilen umbaut werden, welche zusätzliche Räumlichkeiten für Versammlungen enthalten sollten.
4
Der Auftrag zur Wahrnehmung des Gewerks Audiovideo-Medientechnik ist der Klägerin am 25.04.2016 erteilt worden.
5
Wegen des weiteren Inhalts des abgeschlossenen Vertrags wird auf die Anlagen K1 – 3 Bezug genommen.
6
Mit der Klage macht die Klägerin Entschädigung wegen Bauzeitverzögerung für die Zeiträume vom 19.06.2017 bis zum 31.12.2017 (135 Arbeitstage) und vom 01.04 bis 30.06.2018. (60 Arbeitstage) geltend.
7
Mit Schriftsatz vom 02.04. 2024 erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung.
8
Die Klägerin behauptet, dass sich für die Zeiträume vom 19.06.2017 bis zum 31.12.2017 und vom 01.04 bis 30.06.2018 insgesamt 2.270 Stunden nutzloser Vorhaltung für ihr Leitungspersonal ergeben hätten. Insgesamt sei der Klägerin unter Berücksichtigung eines ebenfalls geltend gemachten Zinsschadens ein Gesamtschaden in Höhe von Euro 258.834,19 entstanden.
9
Anspruchsgrundlage für die Forderung der Klägerin seien § 642 BGB und § 2 Abs. 5 VOB/B.
10
Die Forderung sei auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verjährt, da die Parteien im Zeitraum vom 15.11.2017 bis zum 17.10.2022 Verhandlungen geführt hätten, aufgrund derer die Verjährung gehemmt worden sei.
11
Die Klägerin beantragt daher:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 258.834,19 nebst 9% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird zur Zahlung eines Verzugsschadensersatzes in Höhe von Euro 3.509,19 nebst9% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit verurteilt.
12
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
13
Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich Ansprüche der Klägerin jedenfalls nicht aus § 2 Abs. 5 VOB/B ergeben würden. Im Übrigen entspreche die von der Klägerin vorgetragene Berechnung der Entschädigung gemäß § 642 BGB nicht den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 30.01.2020, Az.: VII ZR 33/19).
14
Schließlich seien die Ansprüche der Klägerin verjährt. Die Einrede der Verjährung sei insoweit zu erheben. Ausreichende Hemmungstatbestände ergäben sich aus der von der Klägerin vorgelegten Kommunikation nicht.
15
Das Gericht hat am 31.07. 2024 mündlich zur Sache verhandelt. Beweis wurde nicht erhoben. Wegen des Inhalts der durchgeführten Verhandlung wird auf das zur Sitzung vom 31.07. 2024 gefertigte Protokoll Bezug genommen.
16
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
17
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 31.07. 2024 gingen noch Schriftsätze der Klagepartei vom 13.08.24, 28.08.24 und 25.09. 2024 sowie ein Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 20.08. 2024 bei Gericht ein.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Ansprüche der Klägerin aus § 642 BGB sind verjährt, da die für diesen Anspruch maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist bei Einreichung der Klage am 23.11.2023 bereits abgelaufen war.
20
Der Einwand der Klägerin, dass zwischen den Parteien während des Laufs der Verjährungsfrist Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch iSv § 203 BGB mit der Folge stattgefunden hätten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen war, ändert nichts daran, dass die geltend gemachten Ansprüche bei Einreichung der Klage bereits verjährt waren.
21
1. Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten für unproduktiv vorgehaltenes Leitungspersonal ist § 642 BGB (vgl. BGH NJW 2020, 1293 ff.).
22
Entgegen der Auffassung des Klägervertreters stehen der Klägerin daneben keine Ansprüche aus § 2 Abs. 5 VOB/B zu, da Anordnungen zur Bauzeit weder als Änderung des Bauentwurfs noch als sonstige andere Anordnungen im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen sind.
23
a. Anspruchsgrundlage für die klägerseits geltend gemachten Kosten für unproduktiv vorgehaltenes Leitungspersonal ist § 642 BGB.
24
b. Daneben stehen der Klägerin wegen der geltend gemachten Kosten keine Ansprüche aus § 2 Abs. 5 VOB/B zu, da das darin geregelte Anordnungsrecht des Auftraggebers die vorliegend ausgesprochenen bauzeitlichen Anordnungen grundsätzlich nicht erfasst. Denn der Bauentwurf beschreibt die erfolgsorientiere Komponente des Werkvertrags. Die Bauzeit gehört dazu nicht.
25
Das gilt auch, soweit die den Bauentwurf ändernden Anordnungen zu einer Änderung der Bauzeit zwingen. Es besteht keine Notwendigkeit, insoweit Werkerfolg und Bauzeit zu verknüpfen. Die notwendige Anpassung findet auch ohne eine Anordnung des Auftraggebers statt. Ist keine Bauzeit vereinbart, gilt nach geänderter Leistung die dafür erforderliche Zeit, § 271 BGB. Ist eine Bauzeit vereinbart, muss diese in ergänzender Vertragsauslegung an die geänderten Verhältnisse angepasst werden, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Kniffka/Koeble, Teil 4 Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers Rn. 167, beck-online; vgl. auch BeckOK VOB/B/Kandel, 55. Ed. 1.5. 2024, VOB/B § 2 Abs. 5 Rn. 46, beck-online).
26
Anordnungen, die den Bauinhalt unberührt lassen und nur die Bauumstände regeln, sind lediglich als sonstige Anordnung denkbar (Thode ZfBR 2004, 214; Kapellmann/Messerschmidt/Lederer § 1 Rn. 54; aA lngenstau/Korbion Rn. 20, § 1 Abs. 3 Rn. 7). Sie setzen daher zu Ihrer Wirksamkeit, da von § 1 Abs. 3 nicht gedeckt, eine gesonderte Vereinbarung voraus (BeckOK VOB/B/Kandel, 55. Ed. 1.5. 2024, VOB/B § 2 Abs. 5 Rn. 44, beck-online).
27
2. Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus § 642 BGB beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB).
28
Für die geltend gemachten Kosten für den Zeitraum vom 09.06.2017 bis 31.12.2017 ist der Anspruch aus§ 642 BGB danach am 01.01.2018 entstanden.
29
Für die geltend gemachten Kosten für den Zeitraum vom 01.04 bis 30.06.2018 ist der Anspruch aus § 642 BGB am 01.01.2019 entstanden.
30
a. Der Entschädigungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren (Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Auflage 2022 § 642 BGB Rn. 51)
31
b. Dieser Anspruch aus § 642 BGB entsteht grundsätzlich mit Abschluss des Jahres, in dem die jeweiligen Kosten angefallen sind.
32
aa. Bei § 642 BGB handelt es sich um einen eigenständigen Entschädigungsanspruch der unabhängig von der Fälligkeit der Werklohnforderung entsteht.
33
Der Begriff „angemessene Entschädigung“ in § 642 1 BGB macht deutlich, dass es sich bei dem Anspruch aus§ 642 BGB nicht um einen umfassenden Schadensersatzanspruch, sondern um einen verschuldensunabhängigen Anspruch sui generis handelt, auf den die Vorschriften der§§ 249 ff. BGB zur Berechnung von Schadensersatz nicht anwendbar sind (BGH, NJW 2020, 1293 Rn. 42, beck-online).
34
Diese Einstufung hat zur Konsequenz, dass es sich bei diesem nicht um einen vergütungsähnlichen Anspruch handelt, der als unselbständiger Rechnungsposten gemeinsam mit der Werklohnforderung fällig wird (a.A. Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch 82. Auflage 2023 § 642 Rn. 6a.). Es gibt auch keinen vernünftigen Grund, die Entstehung des Anspruchs aus§ 642 BGB von der Stellung der Werklohnforderung abhängig zu machen, die ihrerseits eine Abnahme erfordert.
35
§ 642 BGB setzt nach seinem Wortlaut nur voraus, dass der Besteller durch das Unterlassen einer Handlung, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, in Annahmeverzug gerät. Dass für diesen Anspruch die Erstellung einer Schlussrechnung erforderlich ist, die ihrerseits eine Abnahme erfordert, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen.
36
Gegen die Annahme, dass es sich bei § 642 BGB um einen unselbständigen Rechnungsposten handelt, der gemeinsam mit der Werklohnforderung fällig wird, spricht auch der in § 642 BGB verwendete Begriff „Entschädigung“. Für die Kammer wäre auch nicht erklärlich warum für einen Anspruch aus § 642 BGB, dessen Grundlage gerade die bestellerseitig veranlasste Untätigkeit des Unternehmers ist, eine Abnahme sein sollte, die unbeschadet etwaiger Abnahmesurrogate zwingende Voraussetzung für die Fälligkeit einer Schlussrechnung ist. Es geht insoweit hin sichtlich des unproduktiv vorgehaltenen Leitungspersonals gerade nicht darum, die Werkleistung des Unternehmers auf dessen Mangelfreiheit hin zu überprüfen. § 642 BGB gewährt nach seinem Sinn und Zweck dem Unternehmer eine angemessene Entschädigung dafür, dass er während des Annahmeverzugs des Bestellers infolge Unterlassens einer diesem obliegenden Mitwirkungshandlung Personal, Geräte und Kapital, also die Produktionsmittel zur Herstellung der Werkleistung, bereithält (vgl. BGH NJW 2020, 1293).
37
Gegen die Annahme eines unselbständigen Rechnungsposten spricht auch nicht, dass für die zu gewährende Entschädigung gern. § 642 Abs. 2 BGB die „Höhe der vereinbarten Vergütung“ zu berücksichtigen ist, da diese Regelung lediglich für die Höhe des Anspruchs gemäß § 642 BGB maßgeblich ist.
38
bb. Dieser Entschädigungsanspruch entsteht spätestens mit Beendigung des für die geltend gemachten Kosten maßgeblichen Annahmeverzugs.
39
Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (Kleine-Möller/Merl/Glöckner, PrivBauR-HdB, § 17. Behinderung Rn. 103, beck-online).
40
Nachdem der Bundesgerichtshof als zeitliches Kriterium für die Bemessung der Entschädigungshöhe aufgrund des Wortlauts des § 642 Abs. 2 BGB auf die Dauer des Annahmeverzugs abgestellt hat, mithin eine Entschädigung nach § 642 BGB auch nur für diesen Zeitraum beansprucht werden kann (BGHZ 216, 319 = NJW 2018, 544 Rn. 28), entsteht der Anspruch aus§ 642 BGB spätestens mit Beendigung des für die geltend gemachten Kosten maßgeblichen Annahmeverzugs.
41
cc. Die Verjährungsfrist für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB beginnt daher aufgrund der obigen Ausführungen für den klägerseits genannten Zeitraum vom 19.06.2017 bis zum 31.12.2017 mit dem 01.01.2018. Für den klägerseits benannten Zeitraum vom 01.04 bis 30.06 beginnt die Verjährungsfrist für den diesbezüglichen Anspruch aus § 642 BGB mit dem 01.01.2019 zu laufen.
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3. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 22.11.2023 war die dreijährige Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche bereits abgelaufen.
43
a. Die ab 01.01.2018 laufende Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche für den Zeitraum vom 19.06.2017 bis zum 31.12.2017 lief grundsätzlich am 31.12.2020 ab.
44
Die ab 01.01.2019 laufende Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche für den Zeit raum vom 01.04.2018 bis 30.06.2018 lief grundsätzlich am 31.12.2021 ab.
45
Die am 22.11.2023 eingereichte Klage konnte die bereits zuvor eingetretene Verjährung nicht unterbrechen. Insbesondere konnte die Klägerin nicht darlegen, dass für den maßgeblichen Zeit raum bis zur Klageeinreichung ausreichende Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB geführt worden sind, die die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche bis zur Einreichung der Klage gehemmt haben.
46
b. Der Einwand der Klägerin, dass zwischen den Parteien während des Laufs der Verjährungsfrist-Verhandlungen über den geltend gemachten Anspruch iSv § 203 BGB mit der Folge stattgefunden hätten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen war, ist unzutreffend.
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Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB hat die Klägerin mit der Beklagten nur für die Zeiträume vom 01.01.2018 bis 19.02.2018, dem 02.03.2020 bis 20.05.2020, dem 10.08.2021 bis 29.09.2021 und 07.10.2022 bis 28.11.2022 geführt.
48
Im Übrigen sind Verhandlungen zwischen den Parteien aufgrund des bis 31.07. 2024 (Schluss der mündlichen Verhandlung) unterbreiteten Sachvortrags nicht gegeben.
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aa. Der Begriff von Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB ist verwirklicht, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar die Leistung ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BGH, ZfBR 2017, 253, beck-online).
50
Hierbei ist zu berücksichtigten, dass nicht schon die Anfrage der einen oder anderen Seite genügt, sondern dass es auf die Einlassung des Gegners auf den Meinungsaustausch ankommt. Erfolgt diese freilich, ist der Beginn der Verhandlungen auf das Einleitungsschreiben zurückzudatieren (BGH ZIP 2014, 687 Rn 2; vgl BGHZ 213, 213 = ZIP 2017, 236 Rn 20). Dabei genügt aber keine bloße formularmäßige Eingangsbestätigung (Palandt/Ellenberger Rn 2), wohl aber der Hinweis auf eine spätere Antwort. Dabei kommt es darauf an, dass sich die andere Seite tatsächlich auf Verhandlungen einlässt. Es genügt nicht, dass sie dazu – etwa auf Grund einer Verhandlungs- oder Mediationspflicht – verpflichtet ist (Staudinger/Peters/Jacoby (2019) BGB§ 203, Rn. 9).
51
Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung im Fall schwebender Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Für eine Beendigung der Hemmung reicht es auch aus, wenn die Verhandlungen beidseits nicht fortgesetzt werden, sie – bildlich gesprochen – einschlafen. Dies hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB aF entschieden (BGH, Urteil vom 6. März 1990 – VI ZR 44/89, VersR 1990, 755, 756; vom 5. November 2002 – VI ZR 416/01, BGHZ 152, 298, 303; vom 1. März 2005 – VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047). Diese Grundsätze haben auch im Anwendungsbereich des§ 203 Satz 1 BGB Geltung. Dies war nicht nur der eindeutige Wille des Gesetzgebers, sondern diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, innerhalb angemessener Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (BGH, Urteil vom 6. November 2008 – IX ZR 158/07, NJW 2009, 1806 Rn. 12). Die Verhandlungen sind in diesem Sinne zu dem Zeitpunkt „eingeschlafen“, in dem spätestens eine Erklärung der anderen Seite zu erwarten gewesen wäre (BGH, ZfBR 2017, 253, beck-online)
52
Feste Fristen, wann Verhandlungen einschlafen, bestehen nicht. Der Zeitraum, den man dem einen Teil zur Reaktion auf die Äußerung des anderen Teils einräumen muss, hängt von dem Gegenstand der Verhandlung und der Verhandlungssituation ab (vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 203 Rn. 6; BGH, ZfBR 2017, 253, beck-online).
53
Als grober Anhaltspunkt findet sich in der Rechtsprechung mehrfach die Äußerung, dass im Regelfall eine einmonatige Untätigkeit ausreichend sei (OLG Dresden Urt. v. 23.2.2010 – 9 U 2043/08, BeckRS 2010, 29433; OLG Hamm Urt. v. 4.12.2008 – 28 U 25/08, BeckRS 2009, 19107; OLG Koblenz ZGS 2006, 117, 119; OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2018, 25352, Rn. 149).
54
Im vorliegenden Fall hat die Kammer eine 2-monatige Untätigkeit für das Einschlafen der Verhandlungen als ausreichend angesehen. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Parteien ausweislich des vorliegenden Schriftverkehrs in den Fällen, in denen konkrete Verhandlungen stattgefunden hatten, regelmäßig innerhalb der angenommenen Frist von 2 Monaten zusammenhängend kommuniziert hatten. Bei der Bemessung dieser Frist hat die Kammer auch die zeitweiligen coronabedingte Einschränkungen in der persönlichen Kommunikation berücksichtigt. Zudem hat die Kammer berücksichtigt, dass die Verhandlungen über abgrenzbare Ansprüche aus § 642 BGB für zwei überschaubare Zeiträume im Jahr 2017 und 2018 geführt wurden. Schließlich hat das Gericht bei der Bemessung der Frist berücksichtigt, dass auf beiden Seiten bereits von Beginn an Rechtsanwälte eingeschaltet waren, so dass die bemessene Frist von 2 Monaten auch vor dem Hintergrund etwaiger zu bewältigender rechtlicher Problemstellungen angemessen erscheint.
55
bb. Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB hat die Klägerin mit der Beklagten aufgrund des bis 31.07. 2024 unterbreiteten Sachvortrags nur für die Zeiträume vom 01.01.2018 bis 08.03.2018, dem 02.03.2020 bis 08.06.2020, dem 10.08.2021 bis 18.10.2021 und 07.10.2022 bis
17.12.2022 geführt.
56
(1) Verhandlungen wurden zwischen der Klägerin und der Beklagten für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 08.03.2018 (= 66 Tage) geführt.
57
Die Beklagte lies über ihren Prozessbevollmächtigten am 28.12.2017 mitteilen, dass bisher betreffend die Verzögerungsschäden keine Einigung gefunden worden sei und dass die Beklagte zur Führung weiterer Gespräche nach den Feiertagen ab Anfang Januar 2018 mit dem Ziel einer möglichst umfassenden Einigung bereit sei. Indem die Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2018 an die in Aussicht gestellte Aufnahme der Gespräche über den Ersatz der bisherigen Verzögerungskosten erinnerte, haben die Parteien Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB geführt. Da die Beklagte ausweislich des klägerischen Vortrags weder auf dieses Schreiben vom 08.01.2018 noch auf die Erinnerungsschreiben vom 22.01.2018, 09.03.2018 in angemessener Zeit reagiert hatte, waren die Verhandlungen spätestens nach Ablauf von 2 Monaten seit dem Schreiben vom 08.01.2018 mithin am 08.03.2018 beendet.
58
(2) Weitere Verhandlungen wurden zwischen der Klägerin und der Beklagten für den Zeitraum vom 02.03.2020 bis 08.06.2020 (= 98 Tage) geführt.
59
Weitere Verhandlungen hat die Klägerin erst für den Zeitraum ab 02.03.2020 dargelegt. Mit Schreiben vom 08.04.2020 (K24) hat die Beklagte mitteilen lassen, dass Ansprüche auf Ersatz eines Verzögerungsschadens bisher nicht schlüssig dargelegt worden seien und sich die Beklagte derzeit nicht in der Lage sehe auf Grundlage eines Schreibens der Klägerin vom 02.03.2020 die Höhe eines berechtigten Anspruchs festzustellen. Sofern die Klägerin ihre Darlegung entsprechend anpasse, sei die Beklagte selbstverständlich bereit sich um eine einvernehmliche Lösung zu kümmern. Da die Klägerin ausweislich des klägerischen Vortrags auf dieses Schreiben vom 08.04.2020 nicht in angemessener Zeit reagierte waren die Verhandlungen spätestens nach Ab lauf von 2 Monaten mithin am 08.06.2020 beendet.
60
(3) Auf Grundlage der Schreiben der Klägerin vom 18.12.2020 und 02.03.2021 an die Beklagte sind keine Verhandlungen zwischen den Parteien geführt worden.
61
Auf die Schreiben der Klägerin vom 18.12.2020 und 02.03.2021 hat die Beklagte aufgrund des bis 31.07. 2024 unterbreiteten Sachvortrags offensichtlich nicht innerhalb eines Zeitraumes von 2 Monaten reagiert, so dass aufgrund der beiden Schreiben der Klägerin vom 18.12.2020 und 02.03.2021 keine Verhandlungen zwischen den Parteien im Sinne von§ 203 BGB geführt worden sind.
62
(4) Weitere Verhandlungen wurden zwischen der Klägerin und der Beklagten für den Zeitraum vom 10.08.2021 bis 18.10.2021 (= 69 Tage) geführt.
63
Weitere Verhandlungen wurden ausweislich des klägerischen Vortrags aufgrund des zwischen den Parteien wechselseitig geführten Emailverkehrs, in dem die Parteien die Durchführung eines Gesprächstermins wegen der klagegegenständlichen Forderung erörtern beginnend mit der Email vom 10.08.2021 geführt (vgl. hierzu den Inhalt der Emails gemäß Anlage K 38). Da das in diesem zeitlichen Zusammenhang versandte Schreiben der Beklagten vom 18.08.2021 über mehr als 10 Monate unbeantwortet blieb enden die mit Email vom 10.08.2021 initiierten Verhandlungen spätestens mit Ablauf von 2 Monaten seit dem 18.08.2021 mithin am 18.10.2021.
64
(5) Weitere Verhandlungen wurden zwischen der Klägerin und der Beklagten für den Zeitraum vom 07.10.2022 bis 17.12.2022 (= 71 Tage) geführt.
65
Da die Beklagte auf das das Schreiben der Klägerin vom 13.06.2022 ausweislich des klägerischen Vortrags nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums von 2 Monaten reagiert hatte, wurden zwischen den Parteien erst mit Schreiben der Klägerin vom 07.10.2022 und der Antwort der Beklagten vom 17.10.2022 weitere Verhandlungen geführt. Im Schreiben der Klägerin vom 07.10.2022 hatte diese der Beklagten eine letzte Frist bis 19.10.2022 zur Rückmeldung eingeräumt um eine „Weiterführung der Verhandlungen“ zu erreichen. Die Beklagte beantwortete dieses Schreiben mit Schreiben vom 17.10.2022. In diesem teilte sie mit, dass sie aufgrund der bisherigen Angaben nicht „halbwegs belastbar“ beurteilen könne, ob der Klägerin ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, so dass ein Gespräch aus Sicht der Beklagten „derzeit“ keinen Sinn mache.
66
Da die Klägerin auf dieses Schreiben der Beklagten vom 17.10.2022 vor Einreichung der Klage am 22.11.2023 nicht mehr geantwortet hatte, enden die Verhandlungen zwischen den Parteien mit Ablauf von 2 Monaten seitdem 17.10.2022 mithin am 17.12.2022.
67
(6) Die Wiederaufnahme der eingeschlafenen Verhandlungen – die Verhandlungen wurden gemäß den Ausführungen unter Ziffern (2), (4) und (5) wieder aufgenommen – hat nicht eine Hemmung rückwirkend ab dem 01.01.2018 bzw. den 01.01.2019 zur Folge.
68
Werden beidseits nicht fortgesetzte und deswegen als abgebrochen anzusehende Verhandlungen wieder aufgenommen, kommt eine rückwirkende Hemmung durch die neuen Verhandlungen auf den Zeitpunkt der ersten Verhandlung nicht in Betracht. Für eine Rückwirkung der Hemmung unter wertenden Gesichtspunkten oder bei einem engen zeitlichen Zusammenhang besteht schon kein Bedarf, weil bei Vorliegen besonderer Umstände auch bei längeren Zeiträumen zwischen den Kontakten zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten nicht von einem das Verhandlungsende bewirkenden Einschlafen auszugehen ist (BGH, ZfBR 2017, 253 unter Hinweis auf BeckOGK-BGB/Meller-Hannich, 2016, § 203 Rn. 54).
69
Solche besonderen Umstände, die gegen das unter den Ziffern (1), (2), (4) und (5) jeweils dargestellte Einschlafen der Verhandlungen sprechen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
70
Im Übrigen muss die Frage, wie die Zeiträume zwischen beendeten und wiederaufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu bewerten sind, in beiden Fällen des Verhandlungsendes aus systematischen Gründen gleich beantwortet werden, also sowohl in dem Fall, dass Verhandlungen endgültig abgelehnt werden, als auch in dem Fall, dass sie einschlafen. Ein nachvollziehbarer Grund, eingeschlafene und ausdrücklich abgebrochene Verhandlungen bei der Bewertung ihrer Wiederaufnahme unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber wollte eingeschlafene und abgelehnte Vergleichsverhandlungen im Rahmen des § 203 BGB gleichbehandeln. Dies ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren (vgl. ST-Drucks. 14/6857 S. 43; BGH, Urteil vom 6. November 2008- IX ZR 158/07, NJW 2009, 1806 Rn. 12). Hat aber der Verpflichtete die Fortsetzung der Verhandlungen ausdrücklich abgelehnt, würde es ihn unzumutbar belasten, wenn die Hemmung nur deshalb zurückwirkte, weil er später wieder gesprächsbereit ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 1. Juli 2013 – 5 U 44/13, nv; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 203 Rn. 12; BeckOGK-BGB/Meller-Hannich, 2016, § 203 Rn. 56). Entsprechendes gilt aber auch, wenn der Berechtigte die Verhandlungen einschlafen lässt (BGH, ZfBR 2017, 253).
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cc) Auf Basis dieser dargestellten Hemmungszeiträume die einen Zeitraum von insgesamt 304 Tagen umfassen, war festzustellen, dass die Verjährungsfrist für beide Ansprüche vor Einreichung der Klage am 22.11. 2024 bereits abgelaufen war.
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Der Zeitraum vom 01.01.2021 (Verjährungsbeginn für die geltend gemachten Kosten für den Zeit raum vom 09.06.2017 bis 31.12.2017) bis zur Einreichung der Klage am 22.11.2023 beträgt 1055 Tage.
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Der Zeitraum vom 01.01.2022 (Verjährungsbeginn für die geltend gemachten Kosten für den Zeit raum vom 01.04 bis 30.06.2018) bis zur Einreichung der Klage am 22.11.2023 beträgt 690 Tage.
74
Vor diesem Hintergrund war die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage abgelaufen.
75
5. Weitere Angriffs- und Verteidigungsmittel in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen des Klägervertreters vom 13.08. 2024 und 28.08. 2024 und 25.09. 2024 waren nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, nicht mehr zu berücksichtigen (§ 296a ZPO).
76
a. Zwar hat der Klägervertreter in der Sitzung vom 31.07. 2024 die Gewährung einer Schriftsatzfrist zum neuen Vorbringen im Schriftsatz der Gegenseite vom 25.07. 2024 beantragt. Diese Schriftsatzfrist war jedoch nicht zu bewilligen, da die Voraussetzungen des § 283 ZPO nicht vorgelegen haben.
77
Soweit die Problematik der Verjährung der klägerischen Ansprüche vor dem Hintergrund etwaiger Hemmungstatbestände betroffen ist, hat der Beklagtenvertreter diesbezüglich keine neuen Tatsachen vorgetragen, sondern lediglich seine Rechtsauffassung zum Vorliegen der Verjährung auf Basis des klägerischen Vortrags dargelegt, so dass bezüglich neuer Tatsachen die Gewährung einer Schriftsatzfrist nicht veranlasst war.
78
Soweit die im Schriftsatz vom 25.07. 2024 vertretene Rechtsauffassung des Beklagtenvertreters zum Vorliegen ausreichender Hemmungstatbestände betroffen ist, handelte es sich diesbezüglich ebenfalls nicht um neue Rechtsausführungen. Vielmehr hatte sich der Klägervertreter bereits mit Schriftsatz vom 10.06. 2024 auf dessen Seite 17 und 18 mit den Voraussetzungen des § 203 BGB auseinandergesetzt und die Auffassung vertreten, dass Verhandlungen zwischen den Parteien vom 15.11.2017 bis zum 17.10.2022 geführt worden seien. Dem Klägervertreter war danach bewusst, dass es für Frage, ob Verjährung eingetreten ist, auf die Frage ankommen konnte, ob ausreichenden Verhandlungen zwischen den Parteien geführt worden sind.
79
b. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen ist nicht veranlasst, da ein die Wiederaufnahme recht fertigender Grund gemäß § 156 Abs. 1, 2 ZPO nicht gegeben ist.
80
Unbeschadet dessen hätten die Ausführungen der Klagepartei in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen nach Schluss der mündlichen Verhandlung keine Auswirkung auf das dargestellte Ergebnis, wonach Verjährung eingetreten ist.
81
Bei der Behauptung im Schriftsatz der Klägerin vom 13.08. 2024, die Beklagte habe im Schriftsatz vom 25.07. 2024 neuen Sachvortrag unterbreitet, da sie geäußert habe, dass im Austausch zwischen den Parteien mehrere größeren Unterbrechungen vorhanden gewesen seien, handelt es sich nicht um neuen Sachvortrag der Beklagtenpartei, sondern lediglich um die Bewertung des bisherigen Sachvortrags im Sinne einer Schlussfolgerung, mithin um eine Meinung.
82
Soweit die Klägerin in beiden Schriftsätzen neue außergerichtliche Schreiben benennt aufgrund derer Verhandlungen geführt worden seien, können diese Schreiben den Eintritt der Verjährung nicht hindern.
83
Zwar lassen die weiteren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze vom 13.08. 2024 und 28.08. 2024 nebst den als Anlagen vorgelegten Schreiben Rückschlüsse darauf zu, dass die Verjährung gemäß§ 203 BGB auch im Zeitraum vom 18.12.2020 bis 29.05.2021 gehemmt war und dass in dem unter Ziffer (2) abgehandelten Zeitraum die Verhandlungen bereits am 03.02.2020 begonnen haben und bis 08.06.2020 andauerten und dass die Verjährung in dem unter (4) abgehandelten Zeitraum vom 10.08.2021 bis einschließlich 08.11.2021 gemäß § 203 BGB gehemmt war. Schließlich wäre aufgrund des nach Schluss der mündlichen Verhandlung unterbreiteten Vortrags in dem unter Ziffer (5) abgehandelten Zeitraum ein weitergehender Zeitraum vom 30.08.2022 bis 17.12.2022 gemäß§ 203 BGB zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift war die Verjährungsfrist dennoch abgelaufen.
84
aa. Soweit das Schreiben der Klägerin vom 18.12.2020 gemäß Anlage K 45 und die Mails der Beklagten vom 19.02.2021, 09.03.2021 und 16.03.2021 und das korrespondierende Schreiben der Klägerin vom 25.02.2021 betroffen sind, kann auf Basis dieses Schriftverkehrs die erneute Aufnahme von Verhandlungen zwar begründet werden vgl. zum Ablauf der Hemmung bei Fristsetzung BGH NJW 2003, 895, 897). Diese erstrecken sich aufgrund der dargestellten Korrespondenz vom 18.12.2020 bis 16.03.2020. Eine Reaktion der Beklagten war aufgrund der Email vom 16.03.2021 bis spätestens 29.05.2021 zu erwarten. Für dieses Ende der Verhandlungen hat die Kammer berücksichtigt, dass der Beklagtenvertreter in der Email vom 16.03.2021 mitgeteilt hatte, dass der zuständige Sachbearbeiter bei der Beklagten bis einschließlich 28.03.2021 im Urlaub war, so dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Reaktion erwartet werden konnte. Die Kammer hat ab dem ersten Arbeitstag dieses Mitarbeiters (29.03.2021) unter Berücksichtigung von etwaiger erforderlicher Abstimmungen einen weiteren großzügig bemessenen Zeitraum von 2 Monaten berücksichtigt, nach dessen fruchtlosen Ablauf (29.05.2021) mit einer Reaktion der Beklagten nicht mehr gerechnet werden konnte. Der Hemmungszeitraum umfasste danach 162 Tage.
85
bb. Soweit der Emailverkehr gemäß Anlage K 49 betroffen ist, ergibt sich aus diesem, dass die Parteien nach dem letzten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bekannten Schreiben der Beklagten vom 18.08.2021 (vgl. die Ausführungen unter Ziffer 4) tatsächlich erst aufgrund der Emails der Klägerin und des Beklagten jeweils vom 08.09.2021 endete, so dass die mit Email vom 10.08.2021 initiierten Verhandlungen spätestens mit Ablauf von 2 Monaten seit dem 08.09.2021 mithin am 08.11.2021 endeten. Der Hemmungszeitraum umfasste danach 90 Tage cc. Soweit die Anlage K 44 betroffen ist, ergibt sich aus dieser, dass der Zeitraum der Verhandlungen gemäß Ziffer (02) aufgrund des in dieser Anlage mitgeteilten Schreibens der Beklagten vom 03.02.2020 bis 08.06.2020 dauerte. Der Hemmungszeitraum umfasste danach 126 Tage.
86
Auch aus der Anlage K 50 ergibt sich nicht, dass die Parteien zu konkret benennbaren Zeiträumen weitere Verhandlungen geführt haben. Soweit die Email der Klägerin an die Beklagte vom 30.06.2022 betroffen ist, ist bereits nicht erkennbar, dass die Beklagte auf Basis dieser Nachricht die Verhandlungen innerhalb von 2 Monaten wieder aufgenommen hat.
87
dd. Soweit die Anlage K51 betroffen ist, ist bereits nicht ersichtlich, wieso der Meinungsaustausch der Klägerin mit einem Sachverständigen weitere Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beklagten begründen soll, zumal nicht ersichtlich ist, dass sich die Beklagte des Sachverständigen zur Führung von Verhandlungen bedient hatte/bedienen wollte.
88
ee. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28.08. 2024 auf ein Schreiben vom 30.08.2022 verweist, ist der Inhalt dieses Schreibens nicht bekannt. Sollte die Klägerin tatsächlich mit Schreiben vom 30.08.2022 an die Angelegenheit erinnert haben, wären aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17.10.2022 Verhandlungen geführt worden. Da ausweislich des klägerischen Vortrag auf dieses Schreiben vom 17.10.20222 nicht in angemessener Zeit reagiert wurde, wären die Verhandlungen spätestens nach Ablauf von 2 Monaten mithin am 17.12.2022 beendet. Der Hemmungszeitraum würde danach weitere 111 Tage umfassen.
89
c. Anhaltspunkte für ein im Schriftsatz vom 13.08. 2024 behauptetes Stillhalteabkommen fehlen. Aus den als Anlage vorgelegten Schriftsätzen geht ein solches durch Angebot und Annahme geschlossene Vereinbarung nicht hervor. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Bereitschaft, Verhandlungen über die klägerischen Ansprüche zu führen, diese bis zur Klärung der offenen Fragen der Hemmung unterwerfen wollte.
90
d. Soweit der Beklagtenvertreter schließlich im Schriftsatz vom 28.08. 2024 behauptet hat, die Kammer habe in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass die Verjährung der Ansprüche aus§ 642 BGB erst nach Stellung der Schlussrechnung eintrete, ist dies unzutreffend, da die Kammer die ihr unterstellte Auffassung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten hat.
91
e. Im Ergebnis sind zwar aufgrund der weiteren Schriftsätze der Klägerin vom 13.08. 2024 und 28.08. 2024 und 25.09. 2024 unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen unter Ziffer (1) ff. Verhandlungen für einen Zeitraum von insgesamt 555 Tagen dargestellt worden. Berücksichtigt wurden hierbei die dargestellten Zeiträume vom 01.01.2018 bis 19.02.2018, dem 03.02.2020 bis 08.06.2020, dem 18.12.2020 bis 29.05. 2024, dem 10.08.2021 bis 08.11.2021 und dem 28.08.2022 bis 17.12.2022.
92
An der bei Klageeinreichung bereits eingetreten Verjährung ändert dies jedoch nichts.
II.
93
Die Kostenentscheidung folgt aus§ 91 ZPO
III.
94
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus§ 709 ZPO.