Inhalt

LArbG München, Beschluss v. 01.10.2024 – 3 Ta 168/24
Titel:

Wertfestsetzung für Zustimmungsersetzungsanträge in Massenverfahren

Normenketten:
RVG § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2, § 33
GKG § 39
BetrVG § 99 Abs. 4
Leitsätze:
Soweit bei Massenverfahren in Beschlussverfahren nach Ziff. II Nr. 14.7 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 01.02.2024 (bzw. seinem Vorgänger) ein linearer Anstieg des Gesamtwertes zu bilden ist, bezieht sich die Staffelung auf den zuvor für den ersten Arbeitnehmer ermittelten Wert (sog. für den Einzelfall ermittelter Ausgangswert; Konkretisierung zu LAG München, Beschluss vom 12.12.2023 – 3 Ta 220/23 –). (Rn. 3)
Bei der Wertfestsetzung für Zustimmungsersetzungsanträge bei Einstellungen gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist eine Staffelung des Ausgangswertes entsprechend der Dauer der Einstellung in drei Stufen vorzunehmen. Bei einer Einstellung von bis zu drei Monaten ist 1/3 des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG anzusetzen. Liegt ein Massenverfahren (objektive Antragshäufung) mit wesentlich gleichem Sachverhalt vor, wird die erste Einstellung mit dem zuvor ermittelten vollen Wert bewertet; die 2. bis 20. Einstellung mit 25%, die 21. bis 50. Einstellung mit 12,5% und alle weiteren Einstellungen mit 10% dieses Wertes. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschlussverfahren, Massenverfahren, Reduzierung, Ausgangswert
Vorinstanz:
ArbG München, Beschluss vom 21.08.2024 – 12 BV 175/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 31217

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 21.08.2024 – 12 BV 175/24 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird auf 9.375,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte Beschwerde ist zulässig (§ 33 Abs. 3 S. 1 und S. 3 RVG) und begründet. Der Gegenstandswert der Zustimmungsersetzungsanträge zu 1., 3., 5., 7., 9., 11., 13., 15., 17., 19., 21. und 23. betreffend die Einstellung von Leiharbeitnehmern für eine Dauer von weniger als drei Monate nach § 99 Abs. 4 BetrVG war mit insgesamt 6.250,04 € festzusetzen. Die Anträge zu 2., 4., 6., 8., 10., 12., 14., 16., 18., 20., 22. und 24. nach § 100 BetrVG sind mit dem ½ Wert der Verfahrensanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG, d.h. mit 3.125,02 € zu bewerten. Hieraus ergibt sich der vorstehend festgesetzte Gesamtwert.
2
1. Die Beschwerdekammer des LAG München vertritt die Auffassung, dass bei der Wertfestsetzung für Zustimmungsersetzungsanträge bei Einstellungen gem. § 99 Abs. 4 BetrVG eine Staffelung des Ausgangswertes entsprechend der Dauer der Einstellung in drei Stufen vorzunehmen ist (vgl. LAG München, Beschluss vom 12.12.2023 – 3 Ta 220/23 – Rn. 13 und 14 m. w. Nachw.). Bei einer Einstellung von bis zu drei Monaten – wie sie her vorliegt – ist 1/3 des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 S. 2 2. HS RVG anzusetzen. Liegt ein Massenverfahren (objektive Antragshäufung) mit wesentlich gleichem Sachverhalt vor, wird die erste Einstellung mit dem zuvor ermittelten vollen Wert bewertet; die 2. bis 20. Einstellung mit 25%, die 21. bis 50. Einstellung mit 12,5% und alle weiteren Einstellungen mit 10 3 Ta 168/24 – 3 – % dieses Wertes (LAG München, Beschluss vom 12.12.2023 – 3 Ta 220/23 – Rn. 15 m. w. Nachw.).
3
2. Entgegen der Entscheidung des LAG Nürnberg vom 18.01.2021 – 2 Ta 154/20 – wird der lineare Anstieg des Gesamtwertes bei Massenverfahren mit wesentlich gleichem Sachverhalt mit dem prozentualem Wert des für den Einzelfall ermittelten Ausgangswerts und nicht mit dem Wert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG berechnet. Dies folgt bereits aus Ziff. II. Nr. 14.7 Streitwertkatalog 2024 (Fassung vom 01.02.2024, NZA 2024, 308 ff) bzw. der Vorgängerversion, auf den sich die Beschwerdekammer stützt. In dieser wird ausdrücklich auf den für den Einzelfall ermittelten Ausgangswert abgestellt. Andernfalls würde auch nicht berücksichtigt werden, dass in Massenverfahren beide Bewertungsgrundsätze zu kombinieren sind. Im Ergebnis wendet das LAG Nürnberg in der vorgenannten Entscheidung lediglich Ziff. II. Nr. 14.7 Streitwertkatalog 2018 an und setzt sich damit in Widerspruch zu seinem Bewertungsgrundsatz, wonach sich der Wert des einzelnen Zustimmungsersetzungsantrags bei Einstellungen grundsätzlich nach der Dauer der Einstellung bemisst. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass die konkrete Berechnung des Gegenstandswertes durch das LAG Nürnberg im Verfahren – 2 Ta 154/20 – versehentlich erfolgt ist. Im Wertfestsetzungsverfahren 2 Ta 31/22 für ein Einleitungserzwingungsverfahren zur Eingruppierung von 38 geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer wurden für die 2. bis 20. Anträge jeweils 25% des reduzierten Wertes und nicht des Wertes des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG berücksichtigt (vgl. Beschluss vom 27.6.2022 – 2 Ta 31/22 – Rn. 19).
II.
4
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil Kosten der Beteiligten nicht erstattet werden, § 33 Abs. 9 RVG. Aufgrund der Stattgabe der Beschwerde wird die Gebühr nach Nr. 8614 KV GKG nicht erhoben.
III.
5
Diese Entscheidung, die gem. § 78 S. 3 ArbGG durch die Vorsitzende der Beschwerdekammer allein ergeht, ist unanfechtbar, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.