Inhalt

VGH München, Beschluss v. 20.02.2024 – 15 NE 23.1455
Titel:

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Bebauungsplan "Sondergebiet Tierklinik"

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6
BauNVO § 11
BImSchG § 3 Abs. 1
BayGO Art. 26 Abs. 2
BauGB § 1 Abs. 7, § 10 Abs. 3
BayBO Art. 81
Leitsätze:
1. Die Ausfertigung eines Bebauungsplans muss spätestens unmittelbar vor der amtlichen Bekanntmachung der Satzung erfolgen. Zum Zweck der Ausfertigung hat der erste Bürgermeister oder sein Stellvertreter den beschlossenen Normtext unter Angabe des Datums handschriftlich zu unterzeichnen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Besteht die Satzung aus einem Planteil mit zeichnerischen Festsetzungen und einem Teil mit textlichen Festsetzungen, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind, sondern auf mehreren Blättern, sind grundsätzlich alle Teile mit einem Ausfertigungsvermerk zu versehen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Bebauungsplan an dem Tage, an dem er ausgefertigt worden ist, noch bekanntgemacht wird. Die Übereinstimmung von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum kann aber ein Indiz dafür sein, dass die Reihenfolge nicht gewahrt ist, insbesondere wenn der Satzungsbeschluss in einem Amtsblatt oder in einer Tageszeitung bekannt gemacht wird. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Beschränkung von Betriebsleiterwohnungen nach ihrer Anzahl ist der Baunutzungsordnung fremd. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
5. Zur Unzulässigkeit einer städtebaulichen Planung im Gewand einer örtlichen Bauvorschrift. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolleilantrag, Sondergebiet Tierklinik, Ausfertigungsmangel, Lärm- und Geruchsimmissionen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 22.04.2025 – 15 NE 25.90
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3116

Tenor

I. Der am 7. Juli 2023 bekanntgemachte Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ mit integriertem Grünordnungsplan der Antragsgegnerin wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens zur Hälfte, die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen jeweils ein Sechstel der Kosten und die Beigeladenen zu 3 und 4 tragen ein weiteres Sechstel der Kosten als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ mit integriertem Grünordnungsplan der Antragsgegnerin, bekannt gemacht am 7. Juli 2023.
2
Am 28. April 2020 beschloss die Antragsgegnerin, eine 2018 eingeleitete Planung nicht weiterzuverfolgen und den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ neu zu fassen. Entsprechend der Begründung ist es Ziel der Planung, zur Sicherstellung der Fortentwicklung der am östlichen Ortsrand von G. … bestehenden tierärztlichen Klinik durch eine städtebauliche Neuordnung für den Bereich und Umgriff des kompletten bestehenden und künftigen Gesamt-Betriebsgeländes inklusive aller zugehörigen bzw. damit verbundener Flächennutzungen Rechnung zu tragen. Mit der Planung sollen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige bzw. möglichst weitreichende Standortoptimierung und -sicherung der tierärztlichen Klinik unter Berücksichtigung der immissionsschutzfachlichen und / -rechtlichen Belange i.V.m. der bestmöglichen Wahrung der nachbarlichen Interessen geschaffen werden. Das Plangebiet grenzt im Westen an wohngenutzte Bebauung an. In nördlicher und östlicher Richtung befinden sich mit Ausnahme von zwei im Bereich des G. …wegs angrenzenden, wohngenutzten Gebäudebeständen intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen. Richtung Süden grenzen ebenfalls intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen an. Auf dem Grundstück der Antragsteller, FlNr. … Gemarkung G. …, befindet sich, im Westen, Nordwesten, Norden und Südosten von bestehenden Anlagen der Tierklinik umgeben und nicht ins Plangebiet einbezogen, das ehemalige Betriebsleiter-Wohngebäude der Tierklinik. Dieses wird von den Antragstellern als Wohngebäude genutzt.
3
Im Bauleitplanverfahren haben die Antragsteller mit Schriftsätzen vom 27. Juli 2020, 22. November 2021 und 14. Oktober 2022 jeweils Einwendungen erhoben. Die Antragsgegnerin beschloss am 16. Januar 2023 über die eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen sowie den Bebauungsplan als Satzung. Der Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ wurde im Planteil am 6. Juli 2023 sowie im Textteil am 7. Juli 2023 ausgefertigt und am 7. Juli 2023 im amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekannt gemacht.
4
Mit Schriftsatz vom 14. August 2023 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag (15 N 23.1454) erhoben, über den noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig haben sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und diesen mit Schriftsätzen vom 14. August 2023 und 3. Januar 2024 begründet.
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Sie sind der Ansicht, in mehr als geringfügigen abwägungserheblichen Belangen hinsichtlich einer planbedingten Erhöhung der Geruchs- und Lärmbelastung betroffen zu sein. Da bereits Bauanträge gestellt worden seien, sei mit einer kurzfristigen Realisierung der Bauvorhaben zu rechnen. Der Erfolg des Normenkontrollantrags im Hauptsacheverfahren stelle ein wesentliches Indiz für die notwendige Suspendierung des Bebauungsplans dar.
6
Der Bebauungsplan leide bereits an einem Ausfertigungsmangel, weil er sowohl am 7. Juli 2023 ausgefertigt als auch veröffentlicht worden sei. Die korrekte Reihenfolge zwischen Ausfertigung und Bekanntmachung sei daher nicht eingehalten, zumal die Verfügung der Bekanntmachung schon am 3. Juli 2023 erfolgt sei.
7
Zahlreiche Festsetzungen des Bebauungsplans seien unwirksam und genügten nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Dies betreffe die textlichen Festsetzungen § 2.3 (Betriebsleiterwohnung), § 2.3.1 (andere Wohnnutzungen), § 3.1.1 (Überschreitung der Grundflächenzahl), § 4.1 (abweichende Bauweise), § 6.1 (zulässige Gebäudebreite), § 6.5 (außenwandbündige Dachaufbauten), § 6.6 (Quergiebel[bauwerke] bzw. Quer- / Wiederkehrbauten) sowie § 10.1 (Aufschüttungen und Abgrabungen) i.V.m. § 3.2 (Wand- und Firsthöhen).
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Der Bebauungsplan leide ferner an Abwägungsfehlern. So lägen Ermittlungsfehler vor, weil die angestellten Prognosen fehlerhaft seien. Für das Wohngebäude der Antragsteller sei eine Geruchsstundenhäufigkeit von 0,18 prognostiziert und eine Geruchsstundenhäufigkeit von 0,20 zugrunde gelegt worden, obwohl in Dorfgebiets-Innenbereichslage maximal eine Geruchsstundenhäufigkeit von 0,15 angesetzt werden dürfe. Das Wohngebäude der Antragsteller befinde sich im Innenbereich, da die vorhandenen Gebäude der Tierklinik, die Bebauung nördlich und südlich des G. …weges, westlich des G. …weges und östlich des A. …weges einen bebauten Ortsteil bildeten. Zur maßgeblichen Bebauung zählten hierbei nicht nur Wohngebäude, sondern auch gewerblich genutzte Gebäude, in denen sich Menschen typischerweise aufhielten. Bei der Tierklinik handle es sich nicht um einen – typischerweise im Außenbereich angesiedelten – landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um einen Gewerbebetrieb. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Werte der TA Luft gälten aber nur für Tierhaltungsanlagen, die sich von der hier gegenständlichen Tierklinik stark unterschieden. Während Tierhaltungsanlagen dem Bereich der Landwirtschaft zuzuordnen seien, diene die Tierklinik der Behandlung und Regeneration kranker Tiere aller Art und sei der gewerblichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen. Der für Tierhaltungsanlagen im Dorfgebiet erhöhte Wert könne daher nicht zur Anwendung kommen. Auch bei einer Zuordnung zum Außenbereich könne der Wert für Dorfgebiete nicht angesetzt werden und eine konkrete Einzelfallbeurteilung sei nicht erfolgt. Die fehlende Plausibilität der Geruchs-Immissionsprognose der M. … GmbH vom 18. Juli 2022 ergebe sich aus einer Stellungnahme des Ingenieurbüros K. … vom 22. November 2022. Danach gehe die Geruchsprognose u.a. von einer dichten Überdachung des Innenhofes zwischen Stall 1 und 3 am Stall 2 aus, was technisch nicht realisierbar sei. Zudem seien die angesetzten Kaminmündungshöhen aus statischen Gründen nicht umsetzbar und der vorhandene kleine Pferdestall neben der Reithalle und die Reithalle nicht berücksichtigt worden. Die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung der M. … GmbH vom 6. April 2021 mit Ergänzungen vom 7. Oktober 2021 und vom 7. März 2021 gehe von pauschalierten Schallimmissionen aus, die dem tatsächlichen Betrieb einer Tierklinik nicht gerecht würden. Die Laute von verletzten oder kranken Pferden, vor oder nach einer Operation oder Behandlung seien unzutreffend berücksichtigt. Es sei daher in Quantität und Lautstärke mit nach oben abweichenden Lauten zu rechnen. Gleiches gelte für die Berücksichtigung von Lauten exotischer Tiere und von Zoo- oder Wildtieren. Die Antragsgegnerin habe verkannt, dass schutzwürdige Interessen der Antragsteller nicht nur berührt, sondern unzumutbar beeinträchtigt seien. So seien schutzwürdige Räume, wie Schlaf- oder Kinderzimmer, direkt betroffen. Ein Handlungsbedarf ergebe sich nicht erst auf der Ebene des Baugenehmigungsverfahrens, da vorhersehbar sei, dass sich die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte nicht einhalten ließen. Schließlich seien die nach den Gutachten erforderlichen Maßnahmen, wie beispielsweise die angenommene Kaminhöhe, weder realisierbar noch festgesetzt. Die Abwägung zu Geruchs- und Lärmimmissionen beziehe sich auf Gutachten und Prognosen, die in den Festsetzungen keinen Niederschlag gefunden hätten. Nicht konkretisiert sei, was für den Betrieb und den Unterhalt der Tierklinik erforderlich sei. Dies hätte erfolgen müssen, um Nutzungen auszuschließen, die gegebenenfalls weitaus höhere Lärm- und Geruchsbelastungen hervorrufen könnten. Zum Schutz der Antragsteller hätten daher Emissionskontingente festgesetzt werden müssen, die den Betrieb der Tierklinik zum Teil einschränkten.
9
Die Antragsteller beantragen,
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den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragsteller außer Vollzug zu setzen.
11
Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Normenkontrollantrag sei in der Hauptsache unbegründet und selbst bei offenen Erfolgsaussichten lägen keine schweren Nachteile oder anderen wichtigen Gründe vor, die dem Normenkontrolleilantrag zum Erfolg verhelfen könnten. So stelle der bloße Planvollzug keinen schweren Nachteil dar, zumal im Baugenehmigungsverfahren durch entsprechende schall- und geruchstechnische Gutachten nachzuweisen sei, dass die maßgeblichen Richtwerte am Anwesen der Antragsteller eingehalten seien und die Antragsteller im dortigen Verfahren um Rechtsschutz nachsuchen könnten.
14
Der Bebauungsplan leide an keinem formellen Fehler. Die Ausfertigung sei am 6. Juli 2023 und damit vor der Bekanntmachung am 7. Juli 2023 erfolgt. Im Übrigen wäre ein derartiger Mangel in einem ergänzenden Verfahren rückwirkend während des Normenkontrollverfahrens heilbar.
15
Die beanstandeten Festsetzungen widersprächen nicht dem Typenzwang. Sämtliche Festsetzungen seien auch inhaltlich hinreichend bestimmt.
16
Die Antragsgegnerin habe durch Gutachten zu Geruchs- und Lärmimmissionen geprüft, ob die Schutzansprüche des ans Plangebiet im Westen angrenzenden Wohngebiets verletzt werden könnten und ob eine zulässige Umsetzung der angestrebten Festsetzungen möglich sei. Die Zuordnung des Wohngebäudes der Antragsteller zum Innen- oder Außenbereich sei schwierig, weshalb der Prognose und Beurteilung beide Ansätze zugrunde gelegt worden seien. Für den Fall, dass das Wohngebäude dem Außenbereich zuzuordnen sei, sei ein Beurteilungswert von 0,20 zugrunde gelegt worden und ein Prognosewert von 0,18 für zumutbar erachtet worden. Hilfsweise sei auch von einer Innenbereichslage ausgegangen worden, für die allerdings aufgrund der Lage des Wohngebäudes am Rand zum Außenbereich, der bestehenden Vorbelastung, der ehemaligen Nutzung als landwirtschaftliches Betriebsleiterwohnhaus auf dem Gelände der Tierklinik sowie der Annahme, dass bei den Haltungsbedingungen einer Tierklinik gegenüber einem klassischen landwirtschaftlichen Betrieb von deutlich geringeren spezifischen Geruchsimmissionen ausgegangen werden könne und es sich bei den Werten der GIRL nur um Orientierungswerte handle, die prognostizierte Geruchsbelastung ebenfalls zumutbar sei. Die Prognose sei auch plausibel, wie sich aus den ergänzenden Stellungnahmen des Gutachters M. … GmbH ergebe. Sowohl die Geruchsimmissionsprognose als auch die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung seien ordnungsgemäß erstellt worden. Lautäußerungen von Pferden seien im Rahmen eines „worst-case“-Szenarios berücksichtigt worden, obwohl die von Pferden verursachten Laute kaum relevant seien und kranke oder verletzte Tiere keine anderen Laute abgäben als gesunde Tiere. Auch bei exotischen Tieren gebe es keine Anhaltspunkte für ein lautes Schmerzverhalten. Geruchsimmissionsprognose und schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung kämen zu dem Ergebnis, dass – gegebenenfalls unter Auflagen im jeweiligen Baugenehmigungsverfahren – ein erweiterter Betrieb der Tierklinik mit den angrenzenden Wohnnutzungen verträglich sei. Für den Angebotsbebauungsplan seien der Bestand der Tierklinik sowie deren Umsetzungsziele berücksichtigt worden. Weitergehende Festsetzungen seien weder notwendig noch mangels konkreten Vorhabenbezugs möglich. Selbst wenn die zugrunde gelegten Emissionsquellen nicht umsetzbar wären, wäre der Bebauungsplan nicht unwirksam; vielmehr ergebe sich lediglich eine geringere Umsetzbarkeit.
17
Die Beigeladenen sind Grundstückseigentümer im Bereich des Plangebiets und beabsichtigen teilweise als Bauherrn die Umsetzung des Bebauungsplans. Sie beantragen ebenfalls,
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den Antrag abzulehnen.
19
Die Antragsteller seien bereits nicht antragsbefugt. Es erfolge kein substantiierter Vortrag, dass der Bebauungsplan eine bestehende Immissionslage am Gebäude der Antragsteller nachteilig verändere. Der Bebauungsplan sei ordnungsgemäß ausgefertigt. Auf den Zeitpunkt der Verfügung einer nachfolgenden Bekanntmachung komme es nicht an.
20
Die getroffenen Festsetzungen seien weder unzulässig noch unbestimmt. So habe sich die Antragsgegnerin beispielsweise bei den Betriebsleiterwohnungen im festgesetzten Sondergebiet an § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO orientiert. Auf die zulässig implementierten Gestaltungsvorschriften komme es nicht an.
21
Der Bebauungsplan leide auch nicht an Abwägungsfehlern. So würden die Antragsteller die planungsrechtliche Nutzung der benachbarten Gebäude verkennen und übersehen, dass ihr Anwesen nicht nur an Außenbereichsmaßstäben gemessen wurde, sondern eine Betrachtung sowohl für den Innenbereich als auch für den Außenbereich angestellt worden sei. Die denkbaren planungsrechtlichen Konstellationen seien unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, der Siedlungsstruktur, der Nutzung des betroffenen Gebäudes der Antragsteller, der historischen Entwicklung und der Ortsgebundenheit der beteiligten Immissionsquellen eingestellt worden. Aufgrund der Lage sei auch eine Zwischenwertbildung möglich oder sogar eine Belastung mit bis zu 0,2 Jahresgeruchsstunden denkbar. Die von den Antragstellern angeführte Plausibilitätsprüfung des Ingenieurbüros K. … vom 22. November 2022 sei wegen eines Interessenkonflikts des Erstellers nicht verwertbar und von diesem zurückgezogen worden. Im Übrigen beziehe sich die Stellungnahme nicht auf die abschließende gutachterliche Stellungnahme der M. … GmbH und sei nicht auf Grundlage zutreffender Annahmen und Schlussfolgerungen zustande gekommen. Die Einwendungen gegen die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung seien vermutungsbasiert und unsubstantiiert. Kranke oder verletzte Pferde verursachten keine anderen Laute als gesunde Tiere. Durch die vorliegenden Gutachten der M. … GmbH seien die Anforderungen des Abwägungsgebots beachtet und das Gebot der Konfliktbewältigung gewahrt. Die Antragsgegnerin habe auf Grundlage der eingeführten Gutachten gesichert davon ausgehen können, dass die im gegenständlichen Angebotsbebauungsplan zugelassenen Nutzungen ihrer Art wie auch dem Maß nach ohne Verletzung nachbarschützender Rechte umsetzbar sind.
22
Schließlich sei der Erlass der beantragten Anordnung nicht dringlich, da sich aus dem bloßen Vollzug des Bebauungsplans keine schweren Nachteile ergäben. Mit einer Verbescheidung der Bauanträge sei aufgrund der Erklärung des Landratsamts den Ausgang des Normenkontrolleilverfahrens abzuwarten, nicht zu rechnen.
23
Die Landesanwaltschaft als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat mit Schriftsatz vom 25. September 2023 zu den seitens der Beigeladenen gestellten Bauanträgen im Plangebiet Stellung genommen und mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2023 mitgeteilt, dass über diese nicht entschieden werde, solange keine Entscheidung im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes vorliege. Ein Antrag wurde seitens der Vertreterin des öffentlichen Interesses nicht gestellt.
24
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Planaufstellungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
25
Der Antrag auf einstweilige Anordnung hat Erfolg.
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1. Der Normenkontrolleilantrag ist zulässig; insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt.
27
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontroll(eil) antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer – möglichen – Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. In diesem Fall hat ein Antragsteller aufzuzeigen, dass seine aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) folgenden Rechte verletzt sein können. Das setzt voraus, dass die Planung einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers berührt. Abwägungserheblich sind private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es etwa bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2023 – 15 NE 23.56 – juris Rn. 20 m.w.N.).
28
Danach sind die Antragsteller, deren Wohngebäude auf drei Seiten vollständig vom Plangebiet umschlossen wird, jedenfalls hinsichtlich der angeführten Geruchsimmissionen antragsbefugt. Angesichts der mit der Bauleitplanung verbundenen deutlichen Erweiterungsmöglichkeiten der bestehenden Tierklinik, kommt es hier nicht darauf an, ob die Antragsteller – wie die Beigeladenen vortragen – keinen substantiierten Vortrag dazu machten, dass sich die bestehende Immissionslage am Gebäude der Antragsteller nachteilig ändere. Denn abgesehen davon, dass sich die bestehende Immissionsbelastung schon nicht aus der Immissionsprognose Gerüche der M. … GmbH vom 18.7.2022 entnehmen lässt, da dort nur die – nach der Planung – prognostizierte Gesamtbelastung angegeben wird, sind insbesondere die Einstufung des Gebietes sowie die zugrunde gelegten Immissionsrichtwerte streitig, so dass eine eventuell andere Bewertungsgrundlage erhebliche Auswirkungen auf die Abwägung hat. Zudem zeigt auch die Behandlung der Einwendungen der Antragsteller im Abwägungsbeschluss vom 16. Januar 2023, dass die abwägungserheblichen Belange der Antragsteller nicht nur geringfügig betroffen sind.
29
2. Der Antrag ist auch begründet.
30
Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab bei Bebauungsplänen sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass dessen Vollzug suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Weg einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten in der Hauptsache – dringend geboten ist (BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 4 VR 3.19 – juris Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 1.2.2023 – 15 NE 23.56 – juris Rn. 24). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hier dringend geboten.
31
a) Der zulässige Normenkontrollantrag ist in der Hauptsache erfolgreich, da der Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ mit integriertem Grünordnungsplan bereits an einem formellen Fehler leidet, der zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt.
32
Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Kraft gesetzt werden. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass die Ausfertigung vor der Bekanntmachung zu erfolgen hat (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2020 – 4 CN 9.19 – juris Rn. 21). Mit der Ausfertigung einer Satzung wird die Originalurkunde geschaffen und bezeugt, dass der Inhalt der Urkunde (Satzung) mit dem Beschluss des zuständigen Organs des Normgebers übereinstimmt (Authentizität) und die für die Rechtswirksamkeit maßgeblichen Umstände beachtet worden sind (Legalität). Die Ausfertigung muss spätestens unmittelbar vor der amtlichen Bekanntmachung der Satzung erfolgen. Zum Zweck der Ausfertigung hat der erste Bürgermeister oder sein Stellvertreter den beschlossenen Normtext unter Angabe des Datums handschriftlich zu unterzeichnen (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 1.7.2014 – 15 N 12.333 – juris Rn. 26).
33
Besteht ein Bebauungsplan dabei nicht aus einer einheitlichen Planurkunde mit zeichnerischen und textlichen Festsetzungen, sondern ist in verschiedenen Dokumenten verkörpert, müssen die Festsetzungen nicht zwingend in einem Plandokument zusammengeführt werden, das den Gegenstand der Ausfertigung bildet. Der dargestellten rechtsstaatlichen Funktion der Ausfertigung kann auch dann Genüge getan sein, wenn die Satzungsteile getrennt ausgefertigt werden und sich dabei keine Zweifel hinsichtlich der Authentizität der Satzung ergeben. Besteht die Satzung – wie hier – aus einem Planteil mit zeichnerischen Festsetzungen und einem Teil mit textlichen Festsetzungen, die nicht auf einem Blatt zusammengefasst sind, sondern auf mehreren Blättern, sind dazu grundsätzlich alle Teile mit einem Ausfertigungsvermerk zu versehen (vgl. OVG NW, U.v. 25.2.2019 – 10 A 2557/16 – juris Rn. 100). Unter Berücksichtigung der Anforderungen an eine „gedankliche Schnur“ kann aber in Einzelfällen auch die Ausfertigung eines Teils des Bebauungsplans für eine wirksame Ausfertigung genügen (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2021 – 15 N 20.1649 – juris Rn. 23; U.v. 5.10.2021 – 15 N 21.1470 – juris Rn. 41).
34
Hier ist die Planurkunde mit den zeichnerischen Festsetzungen und der Teil mit den textlichen Festsetzungen auf getrennten Dokumenten mit unterschiedlichen Ausfertigungsdaten versehen. Während die Planurkunde beim Ausfertigungsvermerk das Datum 6. Juli 2023 trägt, ist der Textteil unter dem Datum 7. Juli 2023 ausgefertigt (Textteil S. 25 und S. 117). Dies mag irrelevant sein, solange beide Ausfertigungsdaten vor der amtlichen Bekanntmachung erfolgt sind. Dies ist hier aber nicht der Fall.
35
Die Bekanntmachung im amtlichen Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin ist am 7. Juli 2023 und damit am selben Tag erfolgt, wie die Ausfertigung des Teils mit den textlichen Festsetzungen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Bebauungsplan an dem Tage, an dem er ausgefertigt worden ist, noch bekanntgemacht wird. Die Übereinstimmung von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum kann aber ein Indiz dafür sein, dass die Reihenfolge nicht gewahrt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.1.1999 – 4 B 129.98 – juris Rn. 6), insbesondere wenn der Satzungsbeschluss in einem Amtsblatt oder in einer Tageszeitung (vgl. Art. 26 Abs. 2 GO) bekannt gemacht wird. Denn in diesem Fall wird die Bekanntmachung in der Regel nicht noch an dem Tag möglich sein, an dem die Satzung ausgefertigt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2012 – 15 ZB 10.2153 – juris Rn. 5; U.v. 30.6.2016 – 2 N 15.713 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 26.5.2023 – 9 N 19.699 – juris Rn. 39). Anhaltspunkt dafür, dass dies hier anders sein könnte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Der angefochtene Bebauungsplan ist deshalb hier im Zeitpunkt seiner Bekanntmachung im amtlichen Mitteilungsblatt am 7. Juli 2023 nicht vollständig ordnungsgemäß ausgefertigt gewesen, weil nur die Planurkunde mit den zeichnerischen Festsetzungen, nicht jedoch der separate Teil mit den textlichen Festsetzungen vor der Bekanntmachung ausgefertigt wurde. Es kann auch nicht allein auf die Ausfertigung des Planteils mit den zeichnerischen Festsetzungen abgestellt werden, weil sich den zeichnerischen Festsetzungen nicht entnehmen lässt, in welchem Umfang textliche Festsetzungen getroffen wurden und die Bebauungsplan-Satzung durch die erst nach der amtlichen Bekanntmachung erfolgte eigenständige Ausfertigung des Teils mit den textlichen Festsetzungen nicht vollständig wäre. Der angefochtene Bebauungsplan leidet daher an einem formellen Fehler, der zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt.
36
Dieser Fehler ist auch ein beachtlicher Formfehler, da § 214 BauGB nur für Verstöße gegen Anforderungen des BauGB Anwendung findet. Auch auf die Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt es insoweit – unabhängig davon, dass dieser Mangel vom Antragsteller auch gerügt wurde – nicht an (vgl. BayVGH, U.v. 24.5.2022 – 15 N 21.2545 – juris Rn. 29).
37
b) Der angefochtene Bebauungsplan leidet im Hinblick auf die die textlichen Festsetzungen II. § 2 Nr. 2.3 Satz 2 und II. § 6 Nr. 6.1 auch an materiellen Fehlern.
38
aa) Die textliche Festsetzung II. § 2 Nr. 2.3 Satz 2, wonach ausnahmsweise bezogen auf die Gesamtheit der festgesetzten Sondergebietsflächen (bzw. der 7 Baugebietsteilflächen) „1 Wohnung“ für Betriebsleiter, Betriebsinhaber sowie Aufsichts- und Bereitschaftspersonen zugelassen werden kann, ist unwirksam.
39
Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 Abs. 2 BayBO (i.V. mit § 9 Abs. 4 BauGB) sowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB und auf Basis von § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jeweils abschließend geregelt. Ein darüberhinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber – abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB – nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V. mit den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der planenden Gemeinde daher verboten und mithin von vornherein unwirksam (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2022 – 15 N 21.2243 – juris Rn. 22 m.w.N.).
40
In Sondergebieten – wie hier – wird die allgemeine und ausnahmsweise Zulässigkeit von Nutzungen nicht durch die BauNVO vorgegeben, sondern i.R.d. festzusetzenden Zweckbestimmung und zulässigen Art der Nutzung durch die Festsetzung im Bebauungsplan eigenständig geregelt (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2023, § 1 BauNVO Rn. 42). Im Rahmen des § 11 BauNVO ist die Gemeinde dabei weder an die in den §§ 2 bis 9 BauNVO aufgeführten Nutzungsarten noch an die in § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO für die normativ ausgestalteten Baugebiete eröffneten Differenzierungsmöglichkeiten gebunden. Vielmehr liegt die Definitionsmacht darüber, welche Anlagen zulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig sind, bei ihr. Sie kann die Art der baulichen Nutzung über die Möglichkeiten hinaus, die § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 9 BauNVO eröffnen, näher konkretisieren und zu diesem Zweck die Merkmale bestimmen, die ihr am besten geeignet erscheinen, um das von ihr verfolgte Planungsziel zu erreichen. Die Grundlage hierfür findet sich unmittelbar in § 11 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 4 CN 5.01 – juris Rn. 21).
41
Die Antragsgegnerin hat hier ein Sondergebiet mit der Zwecksetzung „Tierklinik“ festgesetzt (II. § 2 Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen; Nr. 5.1.1 Punkt 2 der Begründung, S. 50). Die Regelung zur Zulässigkeit von Betriebsleiterwohnungen in II. § 2 Nr. 2.3 Satz 2 der textlichen Festsetzungen orientiert sich dabei an § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, wobei auch betriebsbezogene Wohnungen in einem Sondergebiet grundsätzlich festgesetzt werden können (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 11 BauNVO Rn. 37).
42
Unzulässig ist allerdings, das System der vorhabenbezogenen Typisierung zu verlassen, auf dem die Vorschriften der BauNVO zur Art der baulichen Nutzung beruhen (vgl. BVerwG, U.v. 3.4.2008 – 4 CN 3.07 – juris Rn. 16). Dies ist hier der Fall, da eine Beschränkung nach der Zahl sowohl der Regelung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zur Zulässigkeit von Betriebsleiterwohnungen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 8 BauNVO Rn. 37) als auch der BauNVO insgesamt fremd ist. Die Zahl von Vorhaben bestimmt weder den Zweck, dem das Sondergebiet dient, noch setzt die numerische Beschränkung die Art der baulichen Nutzung fest. Eine numerische Beschränkung qualifiziert nicht einen Anlagentyp, sondern quantifiziert Nutzungsoptionen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.2022 – 4 CN 5.20 – juris Rn. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 11 BauNVO Rn. 30). Danach ist die Festsetzung II. § 2 Nr. 2.3 Satz 2 der textlichen Festsetzungen unwirksam.
43
Im Hinblick auf die textliche Festsetzung II. § 2 Nr. 2.3.1 zur ausnahmsweisen Zulässigkeit anderer Wohnnutzungen dürfte einiges dafür sprechen, dass die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung II. § 2 Nr. 2.3 Satz 2 nur zur Teilunwirksamkeit des angefochtenen Bebauungsplans führt (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2013 – 4 BN 40.13 – juris Rn. 6; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 19). Dies kann jedoch angesichts des oben festgestellten formellen Mangels im Normenkontrolleilverfahren offenbleiben.
44
bb) Die Festlegung des Höchstmaßes der zulässigen Gebäudebreite mit 22 m in II. § 6 Nr. 6.1 der textlichen Festsetzungen ist ebenfalls unwirksam.
45
Rechtsgrundlage für die unter der Überschrift „Gestaltung baulicher Anlagen“ getroffene Festsetzung zur Gebäudebreite könnte § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO sein, wonach besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern erlassen werden können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass damit keine bodenrechtliche Regelung, sondern ausschließlich baugestalterische Regelungen bezweckt sind (vgl. BVerwG, B.v. 31.5.2005 – 4 B 14.05 – juris Rn. 7; B.v. 10.7.1997 – 4 NB 15.97 – juris Rn. 3). Unzulässig ist es, im Gewand einer örtlichen Bauvorschrift städtebauliche Planung zu betreiben (vgl. BayVGH, U.v. 8.2.2004 – 2 N 04.2141 – juris Rn. 19).
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Die Begründung der Antragsgegnerin zu der getroffenen Festsetzung (Nr. 5.1.5 Punkt 2, S. 58 f.) stellt darauf ab, dass die Regelung zur Gebäudebreite im gesamtplanerischen Kontext mit den weiteren hierfür relevanten Festsetzungseckpunkten gerade auch der zugelassenen hohen Intensität und Flexibilität in Bezug auf die Überbauung / -formung der Baugebietsflächen Rechnung trägt, um eine bedarfsgerechte Bebauung in einem aus städtebaulich-ortsplanerischer Sicht zielführenden und gesamtverträglichen Umfang sicherzustellen. Im Ergebnis soll im Gesamtgebiet eine grundsätzlich strukturell abwechslungsreich untergliederte Bebauung erfolgen bzw. sollen dieser Zielsetzung entgegenstehende, allzu groß dimensionierte und in der Gesamtheit allzu massiv bzw. „räumlich-wuchtig“ wirkende, gebietsunverträgliche Grundrisssituationen bzw. Gebäudekomplexe / -gemenge, etc. vermieden werden. Gerade angesichts der mittels Baugrenzen äußerst groß festgesetzten Bauräume ist die Regelung unter Berücksichtigung des genannten Sinns und Zwecks der Festsetzung, allzu massive Bebauung zu verhindern, der städtebaulichen Planung und damit dem Bodenrecht zuzuordnen (vgl. BayVGH, U.v. 8.2.2004 – 2 N 04.2141 – juris Rn. 19). Gestalterische Anforderungen lassen sich der Begründung insoweit kaum entnehmen.
47
Insbesondere im Hinblick auf die tragenden Planungsziele der Antragsgegnerin, eine städtebauliche Neuordnung für den Bereich / Umgriff des kompletten Gesamtbetriebsgeländes und eine zielführende Festlegung der planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige bzw. möglichst weitreichende Standortoptimierung und -sicherung der tierärztlichen Klinik (Nr. 1 der Begründung, S. 27 f.) zu erreichen, mag einiges dafür sprechen, dass die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung II. § 6 Nr. 6.1 nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führt. Andererseits wollte die Antragsgegnerin gerade auch einen gesamtverträglichen Umfang sicherstellen, um die hohe Intensität in Bezug auf die bauliche Verwertbarkeit zu begrenzen (Nr. 5.1.5 Punkt 2 der Begründung, S. 59). Ob sich daraus ein untrennbarer Zusammenhang mit den restlichen Festsetzungen ergibt, der dazu führt, dass die von der Antragsgegnerin gewollte städtebaulich Ordnung nicht realisiert werden kann und diese den Plan nicht in gleicher Weise mit diesem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 15.6.2020 – 15 N 20.1650 – juris Rn. 38), kann angesichts des oben festgestellten formellen Mangels, der zur Gesamtunwirksamkeit führt, im vorliegenden Verfahren offenbleiben.
48
c) Im Übrigen sind die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, im Hinblick auf die Abwägung der Geruchsimmissionen als offen zu beurteilen.
49
Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. § 2 Abs. 3 BauGB ergänzt dieses materiell-rechtliche Abwägungsgebot, um die Verfahrensanforderung (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), dass die abwägungserheblichen Belange in wesentlichen Punkten (zutreffend) zu ermitteln und zu bewerten sind. Zu ermitteln und zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind alle Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden müssen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – juris Rn. 12).
50
Da die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden müssen, hat jeder Bebauungsplan grundsätzlich auch die von ihm geschaffenen oder ihm zurechenbaren Konflikte zu lösen. Von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf die Gemeinde aber Abstand nehmen, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung sind indes überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der Interessenkonflikt auch in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht lösen lassen wird. Eine Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener auf der Ebene der Vorhabenzulassung letztlich ungelöst bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 CN 3.11 – juris Rn. 19; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 15.3.2022 – 15 N 21.1422 – juris Rn. 34). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange einem Belang den Vorrang einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl. BayVGH, U.v. 12.4.2023 – 15 N 22.1678 – juris Rn. 23). Maßgeblich für die Abwägung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die angefochtene Satzung (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
51
Ausgehend von diesen Grundsätzen bedarf es weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren, ob der angefochtene Bebauungsplan, insbesondere im Hinblick auf die geltend gemachten Geruchsimmissionen an zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsmängeln leidet. Die Antragsgegnerin kommt im Rahmen ihrer Abwägung zu dem Ergebnis, dass die prognostizierte Geruchsstundenhäufigkeit von 0,18 an der Nordseite des Wohnhauses der Antragsteller zumutbar sei. Grundlage dieser Bewertung ist die Immissionsprognose Gerüche der M. … GmbH vom 18. Juli 2022, deren Ergebnisse von den Maßgaben abhängig sind, dass die Innenluft der Klinik 2 und des Stalles 5 über einen Kamin abgeführt wird, die Paddocks nur zur Hälfte und von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr belegt sind sowie eine Überdachung am Stall 2 zwischen den Ställen 1 und 3 vorhanden ist.
52
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass – anders als das geplante Klinikgebäude 2 und der geplante Stall 5 – Paddocks bereits im Bestand vorhanden sind und nicht auf Anhieb ersichtlich ist, ob die zugrunde gelegten Beschränkungen auch insoweit erfolgt oder erforderlich sind. Zwar wird im Gutachten ausgeführt, dass im Rahmen der bestehenden, bestandsgeschützten Genehmigung des westlich gelegenen Paddocks keine Einschränkungen bezüglich der Nutzung der Paddocks berücksichtigt wurden; eine entsprechende Einschränkung ergibt sich aber bei den angeführten Maßgaben nicht (Nr. 9.2.2 Immissionsprognose Gerüche M. … GmbH vom 18.7.2022, S. 39). Es wird daher aufzuklären sein, ob die angeführte Belegungs- und Zeitbeschränkung der Paddocks nur für neu hinzukommende oder auch für die bestehenden Paddocks Geltung beansprucht und welche Auswirkungen gegebenenfalls eine für den Bestand erforderliche Beschränkung der Belegung hat, solange diesbezüglich keine Änderungsgenehmigung erfolgt.
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Aufklärungsbedarf besteht auch hinsichtlich der zugrunde gelegten Überdachung am Stall 2 zwischen den Ställen 1 und 3. Da es sich bei den genannten Ställen um Bestandsbauten handelt, erscheint eine Konfliktverlagerung ins Baugenehmigungsverfahren insoweit problematisch, als der Satzungsgeber im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sicher prognostizieren können muss, dass der Konflikt – bzw. die zugrunde gelegte Maßgabe einer Überdachung – bei Realisierung des Bebauungsplans auf der Ebene des Baugenehmigungsverfahrens gelöst werden kann. Da es sich hier um einen Angebotsbebauungsplan handelt, der – im Gegensatz zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB) – keine Durchführungsverpflichtung enthält, dürfte zu berücksichtigen sein, dass die angestrebte Erweiterung nur schrittweise oder auch nur teilweise erfolgen kann, was unter Umständen dazu führen könnte, dass für die Antragsteller immissionsrelevante bauliche Maßnahmen im Geltungsbereich des Bebauungsplans erfolgen, während die zugrunde gelegte Überdachung an den bestehenden Ställen vom Bauherrn zurückgestellt oder gar nicht errichtet wird. Zwar ist es bei einer – wie hier teilweisen – Bestandsüberplanung nicht zu beanstanden, wenn eine bestehende Situation konfliktneutral geregelt wird. Wird demgegenüber durch die Planung die Intensivierung einer der konfligierenden Nutzungen – hier die Erweiterung der Tierklinik – ermöglicht, muss dies planerisch bewältigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8.18 – juris Rn. 25). Gerade im Hinblick auf das gewählte Instrument der Angebotsbebauungsplanung muss die Antragsgegnerin von einer maximalen Ausnutzung der Festsetzungen des Bebauungsplans ausgehen (vgl. BayVGH, U.v. 12.4.2023 – 15 N 22.1678 – juris Rn. 28). Ob die in der Immissionsprognose Gerüche der M. … GmbH vom 18. Juli 2022 zugrunde gelegten Maßnahmen insoweit dem „worst-case“-Szenario der gewählten Angebotsplanung entsprechen und die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden ist, bedarf weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren, so dass die Erfolgsaussichten derzeit als offen zu beurteilen sind.
54
d) Die von den Antragstellern weiter geltend gemachten zahlreichen Einwendungen gegen die Bestimmtheit einzelner Festsetzungen sowie weitere abwägungserhebliche Belange in Bezug auf Lärm- und Geruchsimmissionen sind im vorliegenden Normenkontrolleilverfahren nicht weiter entscheidungserheblich. Insbesondere kann hier offen bleiben, ob der von der Antragsgegnerin für das Wohngebäude der Antragsteller zugrunde gelegte Geruchs-Immissionsrichtwert von 0,20 und die Zumutbarkeit der prognostizierten Geruchsstundenhäufigkeit von 0,18 unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten, wie der Ortsüblichkeit und der Siedlungsstruktur, der Nutzung des betreffenden Gebäudes, der historischen Entwicklung und der besonderen Ortsgebundenheit der Immissionsquelle (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2018 – 15 CS 18.1285 – juris Rn. 35) abwägungsfehlerfrei erfolgt sind.
55
e) Die Anordnung ist auch zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten.
56
Der voraussichtliche Erfolg der Hauptsache ist zwar ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. Eine einstweilige Anordnung kann in diesem Fall aber nur dann ergehen, wenn der (weitere) Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 27 m.w.N.).
57
Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12).
58
Unabhängig davon, dass der rein formelle Fehler nicht ordnungsgemäßer Ausfertigung des angefochtenen Bebauungsplans in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren geheilt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2018 – 15 NE 17.2429 – juris Rn. 15) und der bloße Vollzug des Bebauungsplans grundsätzlich noch keinen schweren Nachteil darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2021 – 15 NE 21.2427 – juris Rn. 16; B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 20), liegen die weiteren Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO hier allerdings vor. Angesichts dessen, dass es um einen Bebauungsplan geht, der ein Sondergebiet „Tierklinik“ festsetzt, das mit abwägungserheblichen Lärm- und Geruchsimmissionen zu Lasten der Antragsteller, die in unmittelbarer Nähe zur bestehenden Tierklinik wohnen und deren Grundstück und Wohngebäude auf drei Seiten von der bestehenden Tierklinik sowie dem Plangebiet umgeben sind, ist nicht auszuschließen, dass die Verwirklichung des Bebauungsplans in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Position der Antragsteller konkret erwarten lässt. Zwar hat die Baugenehmigungsbehörde – worauf die Beigeladenen zu Recht hinweisen – die Entscheidung über bereits gestellte Bauanträge zurückgestellt; allerdings nur bis zur Entscheidung im vorliegenden Normenkontrolleilverfahren und nicht bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, weshalb nach Abschluss des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz mit einer unverzüglichen Fortsetzung der Baugenehmigungsverfahren zu rechnen sein dürfte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass gerade die der Immissionsprognose Gerüche der M. … GmbH vom 18. Juli 2022 zugrunde gelegten Maßgaben einer nur teil- und zeitweisen Belegung der Paddocks sowie einer Überdachung am Stall 2 zwischen den Ställen 1 und 3, die sich in unmittelbarer Nähe nördlich des Wohngebäudes der Antragsteller befinden, soweit sie den Bestand betreffen keiner Durchführungsverpflichtung unterliegen und es gerade insoweit weiterer Aufklärung damit verbundener Auswirkungen bedarf.
59
Die gebotene Folgenabwägung ergibt, dass die Nachteile, die entstehen, wenn die aufzuklärenden Gesichtspunkte zu erheblichen Abwägungsmängeln führen, die – auch bei erneuter Abwägung – wohl nicht ohne Umplanung behoben werden könnten, das Interesse der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen an einer zügigen Realisierung der Bauleitplanung und einer Erweiterung der bestehenden Tierklinik auf deren Basis überwiegen. Um einerseits unwirtschaftliche Aufwendungen zu vermeiden und andererseits keine vollendeten Tatsachen zu Lasten der Antragsteller zu schaffen, sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans (vgl. BayVGH, B.v. 21.7.2020 – 15 NE 20.1222 – juris Rn. 21).
60
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Danach trägt die unterlegene Antragsgegnerin die Hälfte der Kosten, die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen jeweils ein Sechstel der Kosten und die Beigeladenen zu 3 und 4 tragen ein Sechstel der Kosten als Gesamtschuldner.
61
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
62
In entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin Nummer I der Entscheidung in derselben Weise zu veröffentlichen wie den angegriffenen Bebauungsplan.
63
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).