Inhalt

VGH München, Urteil v. 22.01.2024 – 8 A 22.40040
Titel:

Planfeststellung für Ausbau einer Bundesstraße mit Neubau einer Brücke

Normenketten:
FStrG § 8a Abs. 4, Abs. 7, § 17 Abs. 1 S. 4
BayVwVfG Art. 73 Abs. 1 S. 1, Art. 74 Abs. 2
BImSchG § 66 Abs. 2
FStrAbG § 1 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Der Planrechtfertigung steht nicht entgegen, dass ein Vorhaben nicht im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen enthalten ist. § 1 Abs. 2 S. 1 FStrAbG bestimmt lediglich positiv, dass die Feststellung des Bedarfs für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben verbindlich ist. Eine bindende negative Feststellung des Inhalts, dass für nicht in den Bedarfsplan aufgenommene Vorhaben kein Bedarf besteht, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Zufahrt kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne Widmung oder andere förmliche Sicherung ausnahmsweise rechtlich gesichert sein, wenn das Grundstück über ein der Gemeinde gehörendes Wegegrundstück mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden und die Gemeinde auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu untersagen. (Rn. 64) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die in der AVV Baulärm festgelegten Immissionsrichtwerte sind nicht bindend, wenn eine sie überschreitende tatsächliche Lärmvorbelastung vorliegt. Immissionen, die sich in deren Rahmen halten, sind – jedenfalls in aller Regel – zumutbar, selbst wenn sie Immissionsrichtwerte übersteigen. (Rn. 114) (redaktioneller Leitsatz)
4. Fragen der Bauausführung dürfen in der Regel aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, sofern nach dem Stand der Technik zur Problembewältigung geeignete Lösungen zur Verfügung stehen und die Wahrung der entsprechenden Regelwerke sichergestellt ist. (Rn. 131) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellung, Ausbau einer Bundesstraße mit Neubau einer Brücke, richtiger Vorhabenträger, Auslegung von Gutachten, Planrechtfertigung, Trassenwahl, Schließung einer Zufahrt zur Bundesstraße, Ersatzstellplätze, Baulärm und Bauerschütterungen, Problembewältigung, Schutzauflagen
Rechtsmittelinstanzen:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 25.09.2024 – 9 B 24.24
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 19.12.2024 – 9 B 67.24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 30880

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 31. Januar 2014 in der Fassung des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 5. April 2022 für die Bundesstraßen (B) 15/16 – Ausbau der N.-straße mit Neubau der S. R.-brücke und Umbau des L.er Kreisels (Baukm 0+080 bis Baukm 2+860: N.-straße und S. R.-brücke; Baukm 0+130 bis Baukm 0+645: L.er Kreisel).
2
Das Vorhaben umfasst den Ausbau der N.-straße (B 15), den Neubau der S. R.-brücke und den Umbau des L.er Kreisels (Verteilerring an der Anschlussstelle R. ... der A 93 mit Verknüpfung der B 16, Kreisstraße R 18 sowie Zufahrt L.). Die Planung sieht einen vierstreifigen Ausbau der N.-straße von der Kreuzung Br.-/I.-straße bis zur Kreuzung A2. Straße vor; zwischen Baukm 1+271 und 1+670 soll eine Schallschutzeinhausung errichtet werden, auf deren Deckel die Erschließungsstraße „Im G.“ geführt werden soll. Nach der Kreuzung mit der A2. Straße soll die B 15 in einem Neubauabschnitt westlich über den Regen (S. R.-brücke) geführt und an den L.er Kreisel sowie – über das vorhandene Unterführungsbauwerk an der A 93 – an den neuen Innerortsknoten L. angeschlossen werden.
3
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks FlNr. 200/... Gemarkung S., das südlich im Abstand von 2,05 m an die geplante Schallschutzeinhausung im Bereich der N.-straße grenzt und mit einer Teilfläche von 223 m2 vorübergehend in Anspruch genommen wird.
4
Die Beigeladene zu 1 beantragte unter dem 18. November 2008 im eigenen Namen und im Namen des Staatlichen Bauamts R. die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens. Die Planunterlagen wurden vom 26. Januar bis 27. Februar 2009 ausgelegt. Der Kläger erhob Einwendungen. Die gegen den Plan erhobenen Einwendungen wurden im Februar 2012 erörtert.
5
Die Regierung der O. stellte den Plan mit Beschluss vom 31. Januar 2014 fest. Die Auslegung erfolgte vom 3. bis 17. März 2014. Die Einwendungen des Klägers wurden zurückgewiesen (Einwendungsführer 0031, vgl. PFB S. 514 ff.).
6
Am 3. April 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 hat der Senat das Verfahren zur Nachholung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgesetzt.
7
Die Regierung der O. erließ am 5. April 2022 nach Verzicht auf einen Erörterungstermin einen Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss. Die Einwendungen des Klägers wurden zurückgewiesen (Einwendungsführer E017, vgl. PÄEB S. 238 ff.).
8
Der Kläger hat diesen Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss in seine Klage einbezogen. Er macht Verfahrensfehler geltend. Die Beigeladene zu 1 sei nicht die richtige Vorhabenträgerin; weitere Gutachten hätten ausgelegt werden müssen. Bei der Planergänzung sei rechtsfehlerhaft auf einen Erörterungstermin verzichtet worden. Die dem Vorhaben zugrundeliegenden Pläne seien völlig unzureichend; u.a. fehlten Katasterpläne. Dem Planfeststellungsbeschluss fehle die Planrechtfertigung. Er beruhe auf unheilbaren Abwägungsfehlern. Das Familienheim werde total zerstört und ab Baubeginn unbewohnbar. Die für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsgrenzwerte seien nicht eingehalten. Der südliche Gebäudeteil werde infolge des Heranrückens der Einhausung bis auf 2 m unzugänglich; eine Brandbekämpfung und das Aufstellen eines Baugerüsts seien unmöglich. Das ohne formelle Baugenehmigung, aber bestandsgeschützt vermietete Untergeschoss, das nach Süden ausgerichtete Erdgeschoss sowie das erste Obergeschoss würden verdunkelt und unbenutzbar. Die Nutzbarkeit der Außenbereichsflächen und des Gartens entfalle. Die südliche Zufahrt und drei Stellplätze gingen verloren. Der Schutz des Klägers vor Erschütterungen sei nicht hinreichend ermittelt und in die Abwägung eingestellt worden; entsprechende schützende Auflagen fehlten und seien zu ergänzen. Die hohe Luftschadstoffbelastung durch eine „Abgaswolke“ sei übersehen worden. Die vorzugswürdigen Alternativen, die Einhausung um 2 m in Richtung Süden wegzurücken, das Einhausungsbauwerk abzusenken und den Wendehammer ostwärts zu verschieben, seien zu Unrecht verworfen worden. Die Grundwassersituation und die Entwässerung des Grundstücks seien ungeprüft geblieben. Die Wertminderung des Grundstücks sei auszugleichen.
9
Er beantragt,
10
I. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 31. Januar 2014 in Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 5. April 2022 wird aufgehoben,
11
II. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 31. Januar 2014 in Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 5. April 2022 ist rechtswidrig und nicht vollziehbar,
12
III. Weiter hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 31. Januar 2014 in Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 5. April 2022 ist bezüglich der Planung, den Eingriff in das Wohnanwesen Im G. ... in R., Fl.Nr. 200/... Gemarkung S. betreffend, rechtswidrig und nicht vollziehbar.
13
IV. Der Beklagte wird verurteilt, folgende verbindliche Auflagen in den Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 31. Januar 2014, in Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 5. April 2022 aufzunehmen: Der Träger des Vorhabens hat für das Wohnanwesen Im G. ... in R., FlNr. 200/... Gemarkung S. geeignete Schutzmaßnahmen dergestalt vorzunehmen, dass sowohl während der Bauzeit als auch im Anschluss daran Erschütterungen des Wohnanwesens Im G. ... in R., FlNr. 200/..., Gemarkung S. vermieden werden insbesondere durch
14
1. die Errichtung eines Vorfundaments, das sich zwischen der geplanten Einhausung und dem historischen Fundament des Wohnanwesens unmittelbar vor letzterem befinden muss und in der Tiefe bis zum vorhandenen Felsgestein, ca. 10,2 m tief reichen muss. Es ist eine Mindestbreite von 0,75 m erforderlich und eine Ausführung mit wasserdichtem Beton,
15
2. die Errichtung eines Schutzgrabens an der äußersten Nordseite der geplanten Einhausung bis zur Sohle in einer Mindestbreite von 0,50 m und ausreichender Länge [von] ca. 8 bis 10 m zum Bruchsteinhaus,
16
3. Verwendung einer Schneidetechnik (statt beispielsweise dem Einsatz von Presslufthämmern und/oder Bohrhämmern und/oder ähnlichem) bei jeglichen Arbeiten im Festgestein, das in Verbindung mit dem Wohnanwesen des Klägers steht,
17
4. Sicherstellung der Durchführung jeglicher Arbeiten nicht im Nahbereich des Wohnanwesens, insbesondere des Hauses, sondern unmittelbar an der zu errichtenden Einhausung.
18
V. Hilfsweise: Der Planfeststellungsbeschluss wird beschränkt auf das Planfeststellungselement Einhausung für rechtswidrig bzw. hilfsweise für nicht vollziehbar erklärt.
19
Der Beklagte beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Er verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss und Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss.
22
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
23
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss vom 31. Januar 2014 bzw. den Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom 5. April 2022 durch mehrere Protokollerklärungen geändert oder ergänzt.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

25
Die zulässige Klage ist weder im Haupt- noch in den Hilfsanträgen begründet.
A.
26
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Eigentümer eines Grundstücks, das von der Planung vorübergehend in Anspruch genommen werden soll, klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Zudem kann er geltend machen, dass die Planung möglicherweise sein Recht auf fehlerfreie Abwägung des Belangs verletzt, in der Bauphase vor Belastungen durch Lärm und Erschütterungen geschützt zu werden.
B.
27
Die Klage hat im Hauptantrag (Nr. I) sowie in ihren Hilfsanträgen auf (Teil-)Aufhebung bzw. (teilweiser) Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses in der Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses (Nrn. II, III und V) in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen keinen Erfolg.
28
Der Kläger hat keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zu dessen vollständiger oder teilweiser Aufhebung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder Rechtswidrigkeitserklärung (§ 17c FStrG i.V.m. Art. 75 Abs. 1a BayVwVfG) führt. Ob er wegen der nur vorübergehenden Inanspruchnahme seines Grundstücks enteignungsbetroffen ist (vgl. § 19 Abs. 2 FStrG) mit der Folge, dass ihm ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) zusteht (dafür BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 17.20 – juris Rn. 5 und 22 [ohne Begründung]; OVG NW, U.v. 28.4.2016 – 11 D 33/13.AK – juris Rn. 49; offengelassen OVG LSA, U.v. 8.7.2020 – 2 K 22/19 – juris Rn. 52; vgl. auch BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 4 A 11.17 – juris Rn. 24; dagegen VGH BW, B.v. 11.11.2013 – 5 S 1036/13 – juris Rn. 28), kann deshalb offenbleiben.
29
I. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.
30
1. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt ein wirksamer Antrag des für das Vorhaben zuständigen Vorhabenträgers zugrunde (vgl. Art. 22 Satz 2 Nr. 2, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG; vgl. auch BayVGH, U.v. 4.6.2019 – 8 B 18.2043 – BayVBl 2020, 137 = juris Rn. 26; zur Anwendbarkeit der landesrechtlichen Verfahrensvorschriften vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – BayVBl 2019, 843 = juris Rn. 31).
31
Vorhabenträger sind die Beigeladene zu 1 und die Bundesrepublik Deutschland, die vom Staatlichen Bauamt R. vertreten wird (vgl. Art. 90 Abs. 2 GG i.d.F.v. 1.1.1964 [bis 19.7.2017]; seit 20.7.2017: Art. 90 Abs. 3 GG). Die Beigeladene zu 1 hat den Antrag auf Durchführung des Planfeststellungsverfahrens im eigenen Namen und im Namen des Staatlichen Bauamts R. gestellt (vgl. Behördenakte [BA] „Akt 1“, Registerblatt „Schriftverkehr“ [nicht paginiert]; vgl. auch BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19.07 – Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 1 = juris Rn. 9).
32
Wer Vorhabenträger sein kann, ist mit Blick auf das jeweilige fachplanerische Regelungssystem zu bestimmen (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19.07 – Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 1 = juris Rn. 6). Vorhabenträgerin für den Ausbau der Ortsdurchfahrt der B 15 (N.-straße) ist die Beigeladene zu 1 als Trägerin der Straßenbaulast nach § 5 Abs. 2 FStrG (vgl. Planfeststellungsbeschluss [PFB] S. 529); die Zubringerfunktion zur A 93 steht dem nicht entgegen (vgl. § 5 Abs. 4 FStrG). Für den Neubau der S. Brücke, die Anbindung an den L.er Kreisel und dessen Umbau ist die Bundesrepublik Deutschland zuständige Vorhabenträgerin (vgl. auch Nr. 2 der Absichtserklärung der Bundesrepublik Deutschland, des Freistaates Bayern und der Stadt R. vom 20.10.2012, BA „Akt 1“, Registerblatt „Schriftverkehr“). Die Anschlüsse an die Kreis- bzw. Ortsstraßen im Stadtgebiet und im Ortsgebiet des Markts L. sind notwendige Folgemaßnahmen im Sinn des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
33
Der klägerische Vorhalt, das Schwergewicht des Vorhabens liege bautechnisch, planerisch und kostenmäßig beim Autobahnanschluss mit Regenbrücke und Umbau des L.er Kreisels, zeigt keinen Verfahrensfehler auf. Bei dem vierstreifigen Ausbau der Ortsdurchfahrt der B 15 (N.-straße) handelt es sich um einen Planungsteil, der weit über eine Maßnahme zum Anschluss und zur Anpassung der S. Brücke an das Straßennetz hinausgeht (vgl. auch BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 34 ff.; U.v. 9.2.2005 – 9 A 62.03 – NVwZ 2005, 813 = juris Rn. 23). Die Planung wurde deshalb zu Recht gemeinsam von beiden Vorhabenträgern und nicht nur vom Staatlichen Bauamt für die Bundesrepublik Deutschland als Baulastträgerin ausgearbeitet, aufgestellt und zur Genehmigung eingereicht.
34
2. Der Auslegung lagen keine unvollständigen Unterlagen zugrunde.
35
Die Auslegung von Planunterlagen nach § 17a FStrG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 BayVwVfG muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern nur solche, die – aus Sicht potenziell Betroffener – notwendig sind, den Grad ihrer Beeinträchtigung abzuschätzen und das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen (Anstoßwirkung). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf Belange potenziell Betroffener ergeben, diese also nur bei ihrer Kenntnis sachkundige Einwendungen erheben können. Ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planungsunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 18 und 24; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 32).
36
Ausgehend von diesen Grundsätzen mussten die geotechnischen Berichte (I. GmbH vom 18.5.2007, BA „Bericht Nr. 19.06.1742“ und vom 13.8.2013, BA „Unterlagen vom 4.12.2013“), die Vorstudie Einhausung (B. Ingenieure vom 3.12.2003, BA „Unterlagen vom 4.12.2013“) und das Wertgutachten betreffend das klägerische Anwesen (Dipl. Ing. [FH] G. vom 15.12.2011, BA „Akt 2a“) nicht ausgelegt werden.
37
Mit der Baugrunduntersuchung wurden die Böden u.a. im Baubereich erkundet, deren Tragfähigkeit ermittelt und Folgen für die technische Gründung abgeleitet. Wesentlichen Aussagen wurden in den Erläuterungsbericht aufgenommen; dies gilt insbesondere für die Bodenbeschaffenheit (Decklehme, Festgestein) im Bereich der geplanten Einhausung in geringem Abstand zum klägerischen Anwesen (vgl. Erläuterungsbericht [EB] S. 67). Damit wurde der erforderlichen Anstoßwirkung genügt. Der Kläger hat auch ohne das geotechnische Gutachten erkannt, dass die Planung sein Interesse berührt, vor baubedingten Erschütterungen und Gebäudeschäden verschont zu bleiben; er hat die Vornahme weiterer bodengeologischer Untersuchungen im Bereich seines Anwesens beantragt (vgl. Schriftsatz vom 27.2.2009, S. 9, 11, 13, BA „Akt 2a“; Niederschrift über den Erörterungstermin vom Februar 2012, S. 13 f. und 19, BA „Akt 2a“). Damit wurde die Auslegung auch ihrer Funktion gerecht, den Betroffenen Rechtsschutz zu eröffnen (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 24.10.2017 – 1 BvR 1026/13 – NVwZ 2018, 573 = juris Rn. 58; B.v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77 – BVerfGE 53, 30 = juris Rn. 66).
38
Die überarbeitete Baugrunduntersuchung vom 13. August 2013, die Vorstudie Einhausung vom 3. Dezember 2013 und das Wertgutachten vom 15. Dezember 2011 wurden nach der Auslegung erstellt; einer erneuten Auslegung bedurfte es nicht. Der Plan wurde nicht geändert. Die Ergänzung von Planunterlagen ohne Änderung des Plans unterfällt auch nicht dem Anwendungsbereich des Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U.v. 3.4.2019 – 4 A 1.18 – BVerwGE 165, 166 = juris Rn. 18; U.v. 21.1.2016 – 4 A 5.14 – BVerwGE 154, 73 = juris Rn. 27; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 73 Rn. 135). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich durch die nach der Planauslegung erstellten Unterlagen die Betroffenheiten geändert haben könnten. Die o.g. Unterlagen stehen im Zusammenhang mit den Einwendungen des Klägers im Anhörungsverfahren. Die Planfeststellungsbehörde ist diesen weiter nachgegangen; der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern sich aus den ergänzten Unterlagen ein weitergehendes Interesse, Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben, ergeben hätte sollen; dies ist auch sonst nicht erkennbar (vgl. auch BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 = juris Rn. 30).
39
Im Übrigen lagen der Auslegung hinreichend aussagekräftige Pläne zugrunde. Die Lage des Vorhabens ergibt sich aus den eingereichten Plänen, insbesondere dem Lageplan (vgl. Anlage Nr. 7.1. Plan Nr. 2); aus dem Straßenquerschnittsplan geht hervor, dass das Einhausungsbauwerk bis zu 2,05 m an das Wohnhaus des Klägers heranrücken wird (vgl. Straßenquerschnitt C, Anlage Nr. 6 Plan Nr. 3). Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern der auf den ausgelegten Plänen dargestellte Grenzverlauf unzutreffend sein sollte. Der Auslegung eines amtlichen Katasterauszugs bedurfte es nicht.
40
3. Der Vorhalt, die Planfeststellungsbehörde habe bei der Planergänzung und -änderung nicht auf einen Erörterungstermin verzichten dürfen, ist unberechtigt.
41
Die Planfeststellungsbehörde hat ihre Ermessensentscheidung, im Rahmen des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsverfahrens auf einen Erörterungstermin zu verzichten, auf ihre Einschätzung gestützt, dass eine einvernehmliche Lösung nicht zu erwarten und der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt sei (vgl. Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss [PÄEB] S. 44 f.). Damit setzt sich die Klägerseite nicht auseinander. Abgesehen davon liegt in dieser Verfahrensweise kein Rechtsfehler. Nach § 17d Satz 1 FStrG gilt u.a. für die Planergänzung und das ergänzende Verfahren im Sinn des Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG der Art. 76 BayVwVfG mit der Maßgabe, dass auch im Falle einer Planänderung mit Öffentlichkeitsbeteiligung (Art. 76 Abs. 1 BayVwVfG) von einer Erörterung abgesehen werden kann. Soll ein ausgelegter Plan geändert werden, kann gemäß § 17a Nr. 2 FStrG (i.d.F.v. 29.11.2018) im Regelfall von der Erörterung abgesehen werden (vgl. BT-Drs. 17/9666 S. 10 und 23; BVerwG, B.v. 5.7.2018 – 9 VR 1.18 – NVwZ 2018, 1653 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 21.6.2023 – 8 A 21.40036 – juris Rn. 33 ff.).
42
II. Der Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses in der Fassung der Protokollerklärungen aus der mündlichen Verhandlung leidet an keinen materiellen Rechtsfehlern.
43
1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben liegt vor.
44
Die Planung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Gesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei der Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist. Die Planrechtfertigung stellt damit eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – NVwZ 2023, 1657 = juris Rn. 23; B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3; B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – NVwZ 2015, 79 = juris Rn. 4). Sie kann sich bindend aus einer gesetzlichen Bedarfsfeststellung oder im Einzelfall ergeben.
45
Das Vorhaben stellt keinen planerischen Missgriff dar. Es dient dem Ziel, Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mit dem Vorhaben soll eine leistungsfähige Anbindung des R.er Nordens an das Netz der Bundesfernstraßen geschaffen werden. Mit der Netzergänzung durch Neubau der S. Brücke wird die A2. Straße im Bereich der derzeitigen zweistreifigen Ortsdurchfahrt der B 15 entlastet und es werden Konflikte mit der dortigen Wohnbebauung aufgelöst. Im Bereich der N.-straße verfolgt der Vorhabenträger das Ziel, die B 15 entsprechend der prognostizierten wachsenden Verkehrsbelastung nach dem Stand der Technik auszubauen und die Lücke in einer Hauptverkehrsachse zu schließen (vgl. PFB S. 157 ff.; PÄEB S. 112 ff.; EB S. 13 f.). Die Kapazität und Verkehrssicherheit des L.er Kreisels, der die an der Anschlussstelle R.-... der A 93 zusammentreffenden Verkehrsströme abwickelt, soll erhöht werden; in den Spitzenstunden gibt es dort größere Stauungen (vgl. EB S. 14). Für die Beigeladene zu 1 hat der Bau der S. R.-brücke, den sie seit den 1960er-Jahren verfolgt (vgl. PFB S. 76 ff.; EB S. 11 ff.), eine hohe Priorität (vgl. Verkehrsuntersuchung Großraum R., Kurzfassung, Juni 2005, BA „Unterlagen für den Beschluss“, Registerblatt „VU Großraum R.“, S. 16 f.).
46
Der Planrechtfertigung steht nicht entgegen, dass das Vorhaben nicht im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen enthalten ist. § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG bestimmt lediglich positiv, dass die Feststellung des Bedarfs für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben verbindlich ist; eine bindende negative Feststellung des Inhalts, dass für nicht in den Bedarfsplan aufgenommene Vorhaben kein Bedarf besteht, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen (vgl. BVerwG, U.v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 = juris Rn. 31; B.v. 15.7.2005 – 9 VR 39.04 – juris Rn. 5). Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau im Bedarfsplan nicht vorgesehen ist, können Verbesserungsmaßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung notwendig werden, die nicht Gegenstand des Bedarfsplans sind (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.2005 – 9 VR 7.05 – NuR 2005, 709 = juris Rn. 7; B.v. 15.5.2001 – 4 B 32.01 – NVwZ 2001, 1163 = juris Rn. 8).
47
Der Einwand der Klägerseite, die künftige Erneuerung des Pfaffensteiner Tunnels der A 93 mache das Vorhaben überflüssig, ist spekulativ. Aber selbst wenn man dies unterstellt, wäre eine solche Entwicklung im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 31. Januar 2014 nicht absehbar gewesen. Auf den Zeitpunkt eines Ergänzungsbeschlusses ist nur insoweit abzustellen, als die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 163; U.v. 4.6.2020 – 7 A 1.18 – DVBl 2021, 451 = juris Rn. 34). Dies ist hier betreffend die Planrechtfertigung nicht erfolgt.
48
2. Die maßgeblichen Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV werden eingehalten.
49
Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Verkehrslärmimmissionen erfolgt auf der Grundlage von § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV. Mit dem Vorhaben wird die N.-straße im Ausbaubereich zwischen der Kreuzung mit der I. straße/B. straße und der A2. Straße, in dem das klägerische Anwesen liegt, wesentlich geändert; sie wird baulich um zwei durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr erweitert (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der 16. BImSchV). Die für allgemeine Wohngebiete nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV geltenden Lärmgrenzwerte von 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht werden am klägerischen Anwesen mit den Schallschutzmaßnahmen (Einhausung) eingehalten. Ob für das Grundstück des Klägers, für das der Bebauungsplan S. Berg Süd (Nr. 29 I) ein Mischgebiet (§ 1 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 3 Satz 2, § 6 BauNVO) festsetzt, die für allgemeine Wohngebiete geltenden Grenzwerte anzuwenden sind, ist deshalb nicht entscheidungserheblich. Die schalltechnische Gutachterin des Vorhabenträgers errechnete am Anwesen des Klägers (IO 13) einen Beurteilungspegel von maximal 54,1 dB(A) am Tag und 46,7 dB(A) in der Nacht (vgl. Unterlage 11.1, Anhang C S. 2); ausgehend davon hat die Planfeststellungsbehörde maximale Lärmpegelwerte von 55 dB(A) am Tag und 47 dB(A) in der Nacht zugrunde gelegt (vgl. PFB S. 515, 535).
50
Der Lärmgutachter des Klägers hat die schalltechnischen Ergebnisse der Gutachterin des Vorhabenträgers bestätigt; er hat den Beurteilungspegel an der Südseite des Erdgeschosses im Planfall mit 55 dB(A) am Tag und 48 dB(A) in der Nacht errechnet (vgl. Bericht vom 29.7.2013 S. 4, Gerichtsakte [GA] Az. 8 A 14.40013 S. 160). Die weiteren schalltechnischen Berechnungen zu „anderen denkbaren“ Planungsvarianten (vgl. dort S. 6 ff.) sind für die hier allein maßgebliche Einhaltung der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV durch das planfestgestellte Vorhaben ohne rechtliche Bedeutung.
51
3. Das Vorhaben verstößt nicht gegen das Abwägungsgebot.
52
Das fachplanerische Abwägungsgebot (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG i.d.F.v. 10.9.2021 und § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG i.d.F.v. 28.6.2007) verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 152; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 = juris Rn. 200). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56 = juris Rn. 37; U.v. 1.9.2022 – 7 A 7.21 – VRS 143, 200 = juris Rn. 15). Diese Maßstäbe wurden vorliegend eingehalten.
53
a) Der Umfang, in dem das Grundstück des Klägers während der Bauzeit des Vorhabens vorübergehend in Anspruch genommen wird, ist nicht ungeklärt.
54
Die Planung nimmt aus dem Grundstück FlNr. 200/134 während der Bauzeit eine Fläche von 223 m2 vorübergehend in Anspruch (vgl. PFB S. 517, 529). Der Umfang der vorübergehenden Inanspruchnahme ergibt sich aus dem Grunderwerbsplan (Anlage Nr. 14.1 Plan Nr. 1). Unklar ist lediglich, ob und – falls ja in welchem Umfang – während der Bauphase im Zuge der Errichtung des Einhausungsbauwerks vorübergehend eine Rückverankerung der Baugrubensicherung auf dem klägerischen Grundstück erforderlich wird (vgl. PFB S. 533 unten). Dies wird sich erst zeigen, wenn im Rahmen der Bauausführung vertiefende Bodenuntersuchungen unter den vorübergehend in Anspruch genommenen Flächen durchgeführt werden konnten (vgl. Regierung der Oberpfalz, Schreiben vom 2.7.2014, GA 8 A 14.40013 S. 178 ff./181). Diese Unwägbarkeiten der Planung im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses führen zu keinem Abwägungsfehler. Sollte sich bei der Bauausführung herausstellen, dass für die Rückverankerung zusätzliche Flächen vorübergehend benötigt werden, führte dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Denn dessen Rechtmäßigkeit würde durch eine – vermeintlich – planabweichende Bauausführung nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2021 – 4 A 10.19 – NVwZ 2021, 1615 = juris Rn. 76; B.v. 29.10.2020 – 4 VR 7.20 – Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 4 = juris Rn. 12; vgl. auch BayVGH, B.v. 4.4.2022 – 8 CS 21.2389 – juris Rn. 24 m.w.N.).
55
Eine dauerhafte Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks sieht die Planung nicht vor (vgl. PFB S. 533; Anlage Nr. 14.1 Plan Nr. 1).
56
b) Hinsichtlich der Luftschadstoffbelastung liegen keine Abwägungsfehler vor.
57
Die Grenzwerte der 39. BImSchV werden am klägerischen Anwesen eingehalten. Im Bereich der Einhausung, in dem das Anwesen des Klägers liegt (Abschnitt B), ist die Schadstoffbelastung allein durch die Vorbelastung bestimmt (vgl. Gutachten zur Lufthygiene, Unterlage 16, S. 18 ff.). Die vom Vorhabenträger eingeholte gutachterliche Einschätzung zieht der Kläger nicht in Zweifel. Seine Mutmaßung, eine am Westportal der Einhausung entstehende „Giftwolke“ werde vom ausfahrenden Verkehr auf sein Anwesen geschoben, widerspricht den plausiblen Aussagen der Gutachterin (vgl. PFB S. 522 f.; Unterlage 16 S. 20; Unterlage zur Umweltverträglichkeitsprüfung E 19 S. 64 f.; vgl. auch EB S. 80 f.). Hiernach setzen sich die an den Tunnelportalen erhöhten Immissionen längs zur Straße fort und nehmen quer zur Strahlrichtung mit der Entfernung rasch ab; Lärmschutzwände bewirken eine Abschirmung.
58
Im Übrigen stellt die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung dar. Der Gesetzgeber geht im Grundsatz davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 10.4.2019 – 9 A 22.18 – BVerwGE 165, 185 = juris Rn. 23; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 = juris Rn. 38; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 170 m.w.N.).
59
Die Interessen des Klägers an einer Luftreinhaltung unterhalb gesetzlicher Grenzwerte wurden in den Blick genommen, aber als nachrangig bewertet (vgl. PFB S. 516). Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal die prognostizierte Schadstoffbelastung im Bereich der Einhausung keine Zusatzbelastung ergeben hat (vgl. Unterlage 16 S. 20).
60
c) Der Wegfall der südlichen Zufahrt wurde planerisch bewältigt.
61
Werden auf Dauer Zufahrten oder Zugänge durch die Änderung oder die Einziehung von Bundesstraßen unterbrochen oder wird ihre Benutzung erheblich erschwert, so hat der Träger der Straßenbaulast einen angemessenen Ersatz zu schaffen oder, soweit dies nicht zumutbar ist, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Diese Verpflichtung entsteht nicht, wenn die Grundstücke eine anderweitige ausreichende Verbindung zu dem öffentlichen Wegenetz besitzen oder wenn die Zufahrten oder Zugänge auf einer widerruflichen Erlaubnis beruhen (vgl. § 8a Abs. 4 FStrG).
62
aa) Das Grundstück des Klägers besitzt künftig im Nordosten eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz (vgl. § 8a Abs. 4 Satz 3 FStrG).
63
Dem steht nicht entgegen, dass die neu angelegte Ortsstraße „Im G.“ vom Grundstück FlNr. 200/... nur über das städtische Grundstück FlNr. 200/6 zu erreichen ist (vgl. Lageplan Teil 2, Anlage Nr. 7.1 Plan Nr. 2), worauf sich die Klägerseite im Klageverfahren entgegen § 17e Abs. 5 FStrG (i.d.F.v. 9.12.2006, BGBl I S. 2833) erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berufen hat (das vom Prozessbevollmächtigten angeführte Urteil des BayVGH vom 18.10.2006 – 22 B 05.234 – juris enthält keine Aussage zur Präklusion im Klageverfahren, sondern im behördlichen Anhörungsverfahren nach Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG). Denn die Erreichbarkeit des klägerischen Grundstücks ist über die Ortsstraße „Im G.“ gewährleistet. Der Beklagte hat den Planfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung um eine weitere Auflage ergänzt, wonach der Vorhabenträger verpflichtet wird, die nördliche Zufahrt zum klägerischen Anwesen über die FlNr. 200/6 (Teilfläche) zugunsten des (jeweiligen) Eigentümers rechtsverbindlich sicherzustellen (vgl. Ziffer A.IV.a neu, PÄEB S. 40, Sitzungsprotokoll S. 12). Damit wurde die Zufahrt durch eine Sachentscheidung, die in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommen wurde (vgl. dazu BVerwG, U.v. 22.6.1979 – IV C 8.76 – BVerwGE 58, 154 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 23.3.1995 – 8 CE 94.4066 – BayVBl 1995, 597/598), dauerhaft abgesichert.
64
Abgesehen davon wäre die Verbindung des klägerischen Grundstücks zum öffentlichen Wegenetz auch ohne die Auflage gesichert. Eine Zufahrt kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne Widmung oder andere förmliche Sicherung ausnahmsweise rechtlich gesichert sein, wenn das Grundstück über ein der Gemeinde gehörendes Wegegrundstück mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden und die Gemeinde auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zum Baugrundstück zu untersagen (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 – 4 C 45.88 – NVwZ 1991, 1076 = juris Rn. 19; OVG RhPf, U.v. 27.2.2018 – 8 A 11535/17 – NVwZ-RR 2018, 716 = juris Rn. 47; VGH BW, U.v. 19.7.2010 – 8 S 77.09 – juris Rn. 80; Tophoven in Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, Stand 1.10.2023, § 30 Rn. 42 jeweils zum Begriff der gesicherten Erschließung in §§ 30 bis 35 BauGB; BayVGH, U.v. 11.4.1994 – 2 B 92.3865 – BayVBl 1995, 154/155; U.v. 28.2.2023 – 1 B 21.1241 – juris Rn. 21, jeweils zu Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO; Wolf in Busse/Kraus, BayBO, Stand Oktober 2023, Art. 4 Rn. 18).
65
Vorliegend ist die Beigeladene zu 1 rechtlich dauerhaft gehindert, die auf Grundstück FlNr. 200/6 verlaufende Zufahrt zum klägerischen Grundstück zu untersagen. Sie sicherte dem Vater des Klägers in der Baugenehmigung zur Errichtung einer Doppelgarage vom 26. März 1984 zu, ihm den Zufahrtsbereich nördlich des Wohnhauses aus dem Grundstück FlNr. 200/6 zurück zu übereignen (vgl. Baugenehmigungsakte 123/84 [nicht paginiert] Blatt 10). Bei der Erteilung der Baugenehmigung ging sie davon aus, dass die südliche Zufahrt des klägerischen Grundstücks im Zuge des planfestgestellten Ausbaus der N.-straße unterbrochen wird (vgl. die internen Vermerke in der Baugenehmigungsakte 123/84 Blatt 8 [Rückseite] und 12). Der von ihr eingeräumte Anspruch auf Rückübereignung des Zufahrtsbereichs zu den Doppelgaragen auf Grundstück FlNr. 200/. ist grundstücksbezogen, weil er eine ausreichende Verbindung des Grundstücks zum öffentlichen Wegenetz bzw. die notwendige Erschließung sicherstellt; als Rechtsnachfolger kann sich der Kläger darauf berufen.
66
Der Beweisantrag der Klägerseite, einen gerichtlichen Augenschein einzunehmen, durfte abgelehnt werden, weil dem Senat aussagekräftige Unterlagen in Form von Karten- und Bildmaterial, Fotografien sowie Luftbildern und Lageplänen vorliegen (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2015 – 4 B 65.14 – ZfBR 2015, 702 = juris Rn. 11 ff.; BayVerfGH, E.v. 20.4.2021 – Vf. 44-VI-20 – BayVBl 2021, 516 = juris Rn. 40 m.w.N.). Auch der Vorlage einer vom Kläger vermissten 3D-Animation bedurfte es nicht. Die weitere Frage, ob eine Zufahrtssituation zur Unbewohnbarkeit eines Anwesens führt oder unzumutbar ist, hat keine Tatsachenbehauptung zum Gegenstand, sondern eine rechtliche Prüfung der Angemessenheit der Zufahrtssituation, die dem Gericht vorbehalten ist (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 = juris Rn. 106).
67
bb) Das Interesse des Klägers an einer Aufrechterhaltung seiner südlichen Grundstückszufahrt zur N.-straße durfte die Planfeststellungsbehörde hintanstellen.
68
Die Planfeststellungsbehörde hat zutreffend erkannt, dass der Kläger die Beibehaltung seiner bisherigen Zufahrt zur B 15 nicht beanspruchen kann (vgl. PFB S. 517). Vielmehr ergibt sich aus § 8a Abs. 4 FStrG, dass er keinen Anspruch auf unverändertem Zugang zu seinem Grundstück hat, sondern lediglich auf eine Verbindung mit dem Straßennetz, die eine angemessene Nutzung des Grundeigentums ermöglicht. Nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit wird durch § 8a FStrG gewährleistet (vgl. BT-Drs. 7/1265 S. 6 und 18; BVerwG, U.v. 11.5.1999 – 4 VR 7.99 – NVwZ 1999, 1341 = juris Rn. 7; B.v. 14.1.2019 – 9 B 13.18 – juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 22.2.2022 – 8 A 20.40006 u.a. – juris Rn. 31).
69
Die Zufahrt im Nordosten bietet eine zumutbare Erreichbarkeit des klägerischen Grundstücks. Dies gilt auch für Feuerwehreinsätze; die Rettungswege im Gebäude sind gesichert (vgl. PFB S. 536; Regierung der Oberpfalz, Schreiben vom 2.7.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 183). Die Mutmaßung der Klägerseite, eine Brandbekämpfung sei wegen der künstlich geschaffenen „Schachtlage“ im Süden des Anwesens unmöglich, entbehrt einer fachlichen Grundlage. Die spekulative Befürchtung, ein explodierender Gefahrgut-Lkw könnte die Einhausung durchbrechen, ist äußerst unwahrscheinlich und deshalb nicht abwägungsrelevant. Im Übrigen geht die Planfeststellungsbehörde bei einem solchen Brandszenario plausibel davon aus, die Einhausung sei für das Gebäude des Klägers deutlich vorteilhafter als die aktuelle Situation (vgl. PFB S. 536). Zudem wurde der Vorhabenträger verpflichtet, vor Baubeginn für das Einhausungsbauwerk in Abstimmung mit der Feuerwehr einen gesonderten Brandschutznachweis für die Einhausung N.-straße zu erstellen (vgl. PÄEB S. 38 Nr. 5).
70
Ein über die Anforderungen des § 8a Abs. 4 FStrG hinausgehendes Interesse des Klägers an der Beibehaltung seines bestehenden Lagevorteils durch die Zweiterschließung an der N.-straße hat die Planfeststellungsbehörde in die Abwägung eingestellt, aber gegenüber den überwiegenden Gemeinwohlbelangen hintangestellt (vgl. PFB S. 518). Dies führt zu keinem Abwägungsfehler (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.1999 – 4 VR 7.99 – NVwZ 1999, 1341 = juris Rn. 8; B.v. B.v. 14.1.2019 – 9 B 13.18 – juris Rn. 3). Etwaige Erschwernisse, die aus der fehlenden Anfahrbarkeit des Grundstücks im Süden resultieren, z.B. bei Unterhaltungsarbeiten an der südlichen Gebäudefassade (Transport von Arbeitsgerät und Baustoffen u.ä.), sind dem Kläger zuzumuten (vgl. auch PFB S. 518). Die Behauptung des Klägers, solche Unterhaltungsarbeiten seien an der südlichen Gebäudefassade künftig infolge des nahen Heranrückens der Einhausung unmöglich, erschließt sich dem Senat nicht. Das Grundstück des Klägers wird nicht dauerhaft in Anspruch genommen; der Grundstückszuschnitt bleibt unverändert.
71
Im Übrigen ist der südliche Gebäudeteil über einen Gehweg mit Treppen von dem Wendehammer der Straße „Im G.“ begehbar (vgl. Lageplan, Anlage Nr. 7.1, Plan Nr. 2); die gegenteilige Behauptung des Klägers trifft nicht zu.
72
d) Auch der Wegfall der drei Pkw-Stellplätze wurde planerisch bewältigt.
73
Soweit es um den Fortbestand der Möglichkeit geht, Kfz-Stellplätze von der Straße aus anzufahren, ist die Wertung des § 8a Abs. 4 FStrG zu beachten (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 17.10 – Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 15 = juris Rn. 16). Demnach hat der Kläger kein Recht auf Beibehaltung ihrer optimalen Anfahrbarkeit, muss aber den Wegfall ihrer Erreichbarkeit für Kfz – vorbehaltlich einer zumutbaren Umorganisation der Grundstücksnutzung (vgl. OVG LSA – B.v. 13.1.2015 – 2 L 162/13 – NJW 2015, 2281 = juris Rn. 9; vgl. auch BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 20 m.w.N. zu Art. 17 BayStrWG) – nicht ersatzlos hinnehmen. Dem hat der Beklagte mit der zu Protokoll erklärten Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses Rechnung getragen und den Vorhabenträger – vorbehaltlich eines einvernehmlichen anderweitigen Ersatzes, über dessen Modalitäten sich die Beteiligten bis Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. PFB S. 517 f.) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (noch) nicht einigen konnten – dazu verpflichtet, den Verlust der Stellplätze zu entschädigen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 11 f., PFB S. 29 Nr. 4.1). Den Anforderungen aus Art. 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayVwVfG wurde damit entsprochen.
74
e) Ohne Erfolg beanstandet der Kläger eine unzureichende Berücksichtigung der Wohnnutzung der früheren Geschäftsräume im Untergeschoss.
75
aa) Die auf die Wohnnutzung im Untergeschoss gestützten Belange des Klägers sind nicht schutzwürdig und deshalb nicht abwägungsrelevant.
76
Die Nutzung des südlichen Untergeschosses als Mietwohnung ist baurechtlich nicht genehmigt; es ist auch ungewiss, ob sie genehmigt werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 u.a. – DVBl 2017,1039 – juris Rn. 80; U.v. 13.12.2018 – 3 A 17.15 – BVerwGE 164, 127 = juris Rn. 32; B.v. 20.10.1993 – 4 B 170.93 – UPR 1994, 72 = juris Rn. 6). Es ist Sache des Bauherrn, genehmigungsfähige Nutzungen zu bestimmen und deren Genehmigungsfähigkeit vor der Aufnahme der Nutzung klären zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2021 – 9 ZB 18.2144 – juris Rn. 9; U.v. 25.10.2023 – 9 B 22.1461 u.a. – juris Rn. 57 m.w.N.; VGH BW, U.v. 9.11.2020 – 3 S 2590/18 – VBlBW 2021, 326 = juris Rn. 40). Der Umfang einer Baugenehmigung wird wesentlich durch den Bauantrag und die eingereichten Bauvorlagen bestimmt. Ohne Antrag auf Nutzungsänderung lässt sich der Umfang der ausgeübten Nutzung nicht feststellen; noch viel weniger kann die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften (Brandschutz, Rettungswege, Stellplätze, u.a.) überprüft werden. Der Vorhalt der Klägerseite, die Wohnnutzung sei im festgesetzten Mischgebiet genehmigungsfähig, verengt den materiell-rechtlichen Prüfungsumfang im (vereinfachten) Baugenehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) auf die Übereinstimmung der Nutzungsänderung mit den bauplanungsrechtlichen Vorschriften (§§ 29 ff. BauGB). Der beantragten Beiziehung des Bebauungsplans Nr. 29 I (vgl. Sitzungsprotokoll S. 14), in dessen Geltungsbereich das Anwesen des Klägers liegt, bedurfte es deshalb nicht; abgesehen davon liegt der Bebauungsplan, der im Internet veröffentlicht ist (abrufbar unter https://geoportal.regensburg.de/geoportal/Basic/#), dem Senat vor. Die Tatsache, dass der Kläger den Gebäudeteil im südlichen Untergeschoss seit vielen Jahren als Mietwohnung nutzt, begründet ebenfalls keinen Vertrauensschutz. Allein eine lange – nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige – tatsächliche Nutzung begründet keinen Bestandsschutz (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 15 ZB 20.2906 – juris Rn. 18; B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 30; NdsOVG, B.v. 17.12.2021 – 1 LA 91/20 – ZfBR 2022, 272 = juris Rn. 27).
77
Auch soweit der Kläger hilfsweise die Abwägung der genehmigten Nutzung als Metzgerei mit Zufahrt zur B 15 vermisst, kann er nicht durchdringen. Diese Nutzung wurde im Jahr 1993 endgültig aufgegeben; seit dem Jahr 2003 wurden die früheren Geschäftsräume – nach baulichen Veränderungen – einer Wohnnutzung zugeführt. Die Baugenehmigung ist damit nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erloschen, weil der Berechtigte aus objektiver Sicht zumindest konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er von ihr keinen Gebrauch mehr machen will, d.h. auf sie verzichtet hat (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.867 – juris Rn. 62; Laser in Schwarzer/König, BayBO, 5. Aufl. 2022, Art. 69 Rn. 16 f.; Decker in Busse/Kraus, BayBO, Art. 55 Rn. 29 ff.).
78
bb) Abgesehen davon wurde eine Minderung der Vermietbarkeit der zur Wohnnutzung vermieten Räumlichkeiten im Untergeschoss in die Abwägung eingestellt.
79
Die Planfeststellungsbehörde hat eine Mietminderung bzw. erschwerte Vermietbarkeit des Untergeschosses zu Wohnzwecken – unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Wohnnutzung – „in gewissem Umfang“ unterstellt, aber gegenüber der Notwendigkeit des Straßenbaus und der gewählten Trasse hintangestellt (vgl. PFB S. 518 f. und 537 f.). Zudem hat sie den Vorhabenträger nach Art. 74 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG verpflichtet, den vorhabenbedingten Verlust der natürlichen Belichtung und die Minderung des Mietwerts und der Vermietbarkeit angemessen zu entschädigen (vgl. PFB S. 29 Nr. 4.1 und S. 536). Damit wurde ein Entschädigungsanspruch nach § 8a Abs. 7 FStrG dem Grunde nach zuerkannt (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.2023 – 4 C 1.22 – UPR 2023, 506 = juris Rn. 48; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 70); wegen der Entschädigungshöhe wurde der Kläger – wie es § 19a FStrG vorsieht (vgl. BT-Drs. 11/4310 S. 100/102; Müller in Müller/Schulz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 19a Rn. 1) – auf das Entschädigungsverfahren verwiesen (vgl. PFB S. 531, 536 f.).
80
Dies lässt Abwägungsfehler zulasten des Klägers nicht erkennen. Die Planfeststellungsbehörde hat erkannt, dass sich im südlichen Untergeschoss die natürliche Belichtung infolge des Heranrückens des Einhausungsbauwerks an das Gebäude verschlechtert; der vorhabenbedingte Verlust der natürlichen Belichtung wird dem Kläger entschädigt. Das Einhausungsbauwerk hat aber auch für die Wohnnutzung günstige Folgen. Die Belastung mit Straßenlärm, Erschütterungen und Abgasen wird sich deutlich verringern (vgl. B. Ingenieure, Vorstudie Einhausung vom 3.12.2013 S. 6, BA Ordner „Unterlagen vom 4.12.2013“). Eine Wohnnutzung im Untergeschoss bleibt nach der Einschätzung des Gutachters des Vorhabenträgers möglich (vgl. Wertgutachten vom 15.12.2011, BA „Akt 2a“, Register „Wertgutachten B.“, S. 65). Wegen der Einschränkung der Belichtung und der fehlenden Aussicht setzt dieser eine Minderung des Nutzungs- bzw. Mietwerts von 25% an (vgl. Wertgutachten, a.a.O., S. 65).
81
Im Hinblick auf die angeführten plausiblen Aussagen im Wertgutachten betreffend die weitere Nutzbarkeit des klägerischen Anwesens als Wohngebäude konnte der Beweisantrag des Klägers, ein Gutachten zu „Nutzungsblockaden“ bei seinem Anwesen einzuholen, abgelehnt werden. Im Übrigen liegen zur Immissionsbelastung, auf die der Kläger eine „Nutzungsblockade“ stützt, umfangreiche gutachterliche Untersuchungen vor, die nicht erschüttert wurden (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO entsprechend).
82
f) Auch die Auswirkungen des Vorhabens auf die Nutzung des klägerischen Anwesens als Eigenheim wurden in die Abwägung eingestellt.
83
Das Einhausungsbauwerk wird im Süden den bisherigen Blick auf die N.-straße verstellen. Die Oberkante des Einhausungsbauwerks, für das die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nicht gelten (vgl. PFB S. 516, 520; Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG), soll ca. 4 m über dem Eingangsniveau der Räume im südlichen Untergeschoss des Gebäudes des Klägers liegen (vgl. PFB S. 520); der Deckel soll bepflanzt werden (vgl. Plan Straßenquerschnitt C, Anlage Nr. 6 Plan Nr. 3). Das Haus des Klägers ist deutlich höher (vgl. auch Computeranimation, Schriftsatz der Klägerseite vom 14.11.2023 S. 12; Fotos, Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 3.4.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 84), sodass die Einhausung nicht erdrückend wirkt (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2002 – 4 A 44.00 – NVwZ 2003, 209 = juris Rn. 17; U.v. 30.9.1983 – 4 C 18.80 – NJW 1984, 250 = juris Rn. 11). Während sich die natürliche Belichtung verschlechtern wird, führt die Einhausung zu einer deutlichen Verringerung der Belastungen mit Straßenlärm, Erschütterungen und Abgasen (vgl. oben Rn. 80). Die Gesamtwertung der Planfeststellungsbehörde, die bauordnungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks werde durch das Vorhaben weder gänzlich unmöglich gemacht noch unzumutbar (vgl. PFB S. 521 oben), führt zu keinem Abwägungsfehler.
84
g) Die Wertminderung des Grundstücks wurde nicht abwägungsfehlerhaft behandelt.
85
Soweit der Kläger eine Wertminderung auf das Heranrücken der Einhausung, Zufahrtserschwernisse und schadstoffhaltige Immissionen stützt, macht er keine Belange geltend, die gegenüber den tatsächlichen Beeinträchtigungen „in natura“ eigenständige Bedeutung haben. In einer solchen Situation sind Wertminderungen nur ein Indikator für die tatsächlichen Belastungen, mit denen sich der Planfeststellungsbeschluss auseinandersetzt und deren Hinnahme er – hier zum Teil unter Zuerkennung einer Entschädigung (vgl. PFB S. 29 Nr. 4.3) – von dem Kläger verlangt (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 1.16 – NVwZ 2018, 336 = juris Rn. 51; B.v. 24.1.2018 – 4 B 34.17 – juris Rn. 27). Im Übrigen bleibt es der Planfeststellungsbehörde unbenommen, solche Wertminderungen nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen hinter gegenläufige Interessen zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.2017 – 7 A 10.17 – UPR 2018, 302 = juris Rn. 47; B.v. 14.12.2021 – 4 B 10.21 – juris Rn. 18). Dies hat die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei getan (vgl. PFB S. 534). Die Grenze zur Abwägungsdisproportionalität ist erst erreicht, wenn Wertverluste so massiv ins Gewicht fallen, dass dem Betroffenen ein unzumutbares Opfer abverlangt wird (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075/04 – BVerwGE 125, 116 = juris Rn. 404; BVerfG, B.v. 23.2.2010 – 1 BvR 2736/08 – NVwZ 2010, 512 = juris Rn. 48 ff.). Dies legt die Klägerseite nicht dar und ist auch sonst für den Senat nicht zu erkennen.
86
h) Abwägungsfehler bei der Prüfung der Varianten für die Trassenführung zeigt die Klägerseite nicht auf.
87
Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich die Vorzugswürdigkeit einer Trasse dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse, so muss sie die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen detaillierter untersuchen und vergleichen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 2.7.2020 – 9 A 19.19 – BVerwGE 169, 94 = juris Rn. 75; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 77). Die Planfeststellungsbehörde handelt aber nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 = juris Rn. 39; U.v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 – NVwZ 2018, 332 = juris Rn. 25).
88
Ausgehend davon ist die gewählte Trassierung nicht zu beanstanden. Das vom Kläger verlangte „Wegrücken“ der Trasse in Richtung Süden, eine Absenkung des Einhausungsbauwerks und eine Verschiebung des Wendehammers der Erschließungsstraße „Im G.“ nach Osten drängen sich nicht auf; bei der Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ist der Planfeststellungsbehörde bei der Wahl der planfestgestellten Trassierung auch kein rechtserheblicher Fehler unterlaufen.
89
aa) Die Alternative einer Verschiebung des Einhausungsbauwerks um 2 m nach Süden wurde ohne Abwägungsfehler nicht weiterverfolgt.
90
Die Planfeststellungsbehörde hat ihre Auswahlentscheidung darauf gestützt, dass zusätzliche Eingriffe in die südlich der N.-straße angrenzenden Grundstücke „Am J.“ vermieden werden sollten. Bei der Trassierung sei auf eine möglichst gleichmäßige Belastung der Anlieger südlich und nördlich der B 15 geachtet worden. Eine Verschiebung nach Süden benachteilige die dortigen Anlieger erheblich, da sie zusätzliche dauerhafte Grundverluste hinnehmen müssten. Diese Auswahlentscheidung ist nicht sachwidrig. Denn die Grundstücke (Gartenflächen) der Anlieger im Süden werden – anders als das Grundstück des Klägers – bereits durch die planfestgestellte Trasse in nicht unerheblichem Umfang dauerhaft in Anspruch genommen (vgl. PFB S. 168 und 519; Grunderwerbsplan Teil 1 Anlage Nr. 14.1 Plan Nr. 1).
91
Der Einwand des Klägers, eine zusätzliche Inanspruchnahme privater Grundflächen sei bei den Anwesen „Am J.“ nicht notwendig, setzt sich nicht mit der plausiblen Darstellung der Planfeststellungsbehörde auseinander. Diese hat erläutert, ein Abrücken im Bereich des klägerischen Anwesens um 2 m wirke sich bei richtliniengemäßer Trassierung auf einer Länge von ca. 400 m (Baukm 1+400 bis 1+800) auf den Straßenverlauf aus. Deshalb wären nicht nur Grundstücksflächen der Beigeladenen zu 1 (ca. von Baukm 1+605 bis 1+770) betroffen, sondern auch Privatgrundstücke. Neun Privateigentümer, die plangemäß einen etwa 10 m breiten Streifen ihrer Gartenflächen verlieren, müssten dann insgesamt etwa 150 m2 zusätzlich abgeben (vgl. Regierung der Oberpfalz, Schreiben vom 2.7.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 178/186).
92
bb) Die vom Kläger geforderte Absenkung des Einhausungsbauwerks hat die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei verworfen.
93
Die Planung sieht eine Absenkung der Gradiente der N.-straße im Bereich „Im G.“ um bis zu 3,40 m vor (vgl. PFB S. 193). Die Planfeststellungsbehörde und der Vorhabenträger haben eine Vielzahl von Gründen angeführt, die eine weitere Absenkung erheblich erschweren (vgl. PFB S. 519 f.; Schreiben vom 2.7.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 178/187 f.; EB S. 51; Niederschrift Erörterungstermin S. 14 f.). Die Straße „Im G.“ könnte nicht mehr auf der Einhausung geführt werden; für eine Neuerschließung müsste Privatgrund beansprucht werden. Die Zufahrt zu der westlich der Einhausung gelegenen Tankstelle wäre infolge einer höheren Neigung erschwert. Abbieger müssten stärker bremsen, um den Neigungswinkel ohne Stoß überfahren zu können; dies hätte negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit. Ein vorhandener Kanal, der planbedingt ohnehin abzusenken sei, wäre noch tiefer zu legen mit der Folge, dass das Abwasser nicht mehr im Freispiegelgefälle abgeleitet werden könnte und eine – in Herstellung und Unterhaltung – finanziell aufwendige Hebeanlage eingebaut werden müsste. Die für eine Absenkung um einen Meter anfallenden Mehrkosten veranschlagt die Planfeststellungsbehörde auf ca. 1 Mio. EUR; sie resultierten in erster Linie aus einem Mehraufwand bei Fels- und Bodenabtrag und der aufwändigeren Baugrubenabsicherung. Im Übrigen sieht die Planfeststellungsbehörde bei einer Absenkung ein erhöhtes Baugrundrisiko.
94
Der Kläger hält diesen plausiblen Erwägungen nichts Substanzielles entgegen. Soweit er dem Vorhabenträger pauschal die Kosten einer Kanalabsenkung zumuten will, um sein Familienheim zu erhalten, verkennt er, dass die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG keinen absoluten Schutz bietet. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz stößt insbesondere an Grenzen, soweit – wie hier – Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen sind (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 = juris Rn. 16), auch wenn ihm eine besondere Bedeutung zukommt, sofern ein Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Betroffenen und die Grundlage der privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie bildet (vgl. BVerfG, B.v. 23.2.2010 – 1 BvR 2736/08 – NVwZ 2010, 512 = juris Rn. 40). Im Übrigen setzt sich der Kläger mit der eingehenden Begründung der Alternativenprüfung nicht hinreichend auseinander. Noch viel weniger zeigt er auf, dass sich die Absenkung des Einhausungsbauwerks eindeutig als die bessere, weil sämtliche öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Variante, hätte aufdrängen müssen.
95
cc) Die Verschiebung des Wendehammers der Straße „Im G.“ nach Osten drängt sich nicht auf; dass eine genauere Überprüfung dieser Variante letztlich unterblieben ist, hat der Kläger zumindest nicht unwesentlich mitzuverantworten.
96
Die Planfeststellungsbehörde bevorzugt die geplante Ausführung als „platzsparender“ und „im Verlauf klarer“ (vgl. PFB S. 533); die vom Kläger favorisierte Variante (vgl. dazu Niederschrift Erörterungstermin S. 16 f.) habe sie nicht überprüfen können, weil dieser das Betreten des Grundstücks nicht erlaubt habe (vgl. PFB S. 518). Die Behauptung der Klägerseite, die Beigeladene zu 1 lehne die Variante nur aus „Planungsbequemlichkeit und mit Verweis auf angebliche Sparzwänge“ ab, ist durch nichts belegt. Im Übrigen ist die klägerische Annahme, mit einer Verschiebung des Wendehammers könne die Anfahrbarkeit und Nutzbarkeit der an der Südseite des Anwesens gelegenen drei Stellplätze erhalten werden, anhand der Lagepläne nicht nachvollziehbar; die südöstliche Ecke des Gebäudes, hinter der die Stellplätze – aus östlicher Richtung kommend – liegen, reicht bis an die Grundstücksgrenze heran. Insgesamt zeigt der Kläger nicht auf, dass sich die Verschiebung des Wendehammers eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder dass der Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre.
97
i) Die zu erwartende bauzeitliche Erschütterungsbelastung des klägerischen Grundstücks wurde hinreichend ermittelt und abwägungsfehlerfrei bewältigt.
98
Ein Aufhebungsanspruch aufgrund einer unbewältigten Lärm- oder Erschütterungsbelastung kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise ein so großes Gewicht hat, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen ist. Im Übrigen können durch Lärm oder Erschütterungen Betroffene nur die Anordnung realer Schutzvorkehrungen oder die Zuerkennung einer Entschädigung in Geld im Wege der Planergänzung nach Art. 74 Abs. 2 und 3 BayVwVfG verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 – 9 A 28.04 – BVerwGE 124, 334 = juris Rn. 17; B.v. 19.12.2014 – 7 VR 5.14 – juris Rn. 12).
99
Das planfestgestellte Schutzkonzept zur Minderung baubedingter Erschütterungen lässt keinen solchen Abwägungsmangel erkennen.
100
aa) Das im Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss (vgl. PÄEB S. 12 Nr. 2 erster Satz) neu aufgestellte Schutzkonzept sieht umfangreiche Maßnahmen zur Ermittlung und Minderung der Erschütterungsimmissionen vor. Der Vorhabenträger wird verpflichtet, erschütterungsarme Bauverfahren einzusetzen und die Anforderungen der DIN 4150 („Erschütterungen im Bauwesen“) Teile 2 („Einwirkung auf Menschen in Gebäuden“) und 3 („Einwirkungen auf bauliche Anlagen“) anzuwenden (vgl. PÄEB S. 35 Nr. 2.1.6.1). Im Vorfeld der Bauarbeiten sind die Übertragungseigenschaften des anstehenden Festgesteins mit einer Erschütterungsmessung zu ermitteln (vgl. dort Nr. 2.1.6.3). Zudem ist eine Gebäudeerhebung mit Fotodokumentation, stichprobenhaften Ausschwingversuchen von den maßgebenden Geschossdecken und erforderlichenfalls Ermittlungen bzgl. der Verbindung von Fundament und anstehendem Gestein zu veranlassen (vgl. dort Nr. 2.1.6.4). Hinzu kommt eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Beweissicherung bei angrenzenden Gebäuden und Anlagen (vgl. S. 36 Nr. 2.1.6.5). Bei der Errichtung des Einhausungsbauwerks ist die Immissionssituation in kritischen Gebäuden durchgehend baubegleitend zu überwachen. Sollten die Messungen auf eine Überschreitung der Anhaltswerte der DIN 4150-2 und 4150-3 hindeuten, sind Gegenmaßnahmen (z.B. Beschränkung der Betriebszeiten oder kurzfristige Umquartierung der Anwohner) zum Schutz der Anwohner und ihrer Anlagen zu ergreifen (vgl. dort Nr. 2.1.7). Im Übrigen wird der Vorhabenträger dem Grunde nach verpflichtet, Betroffenen etwaige vorhabenbedingte Schäden infolge einer Überschreitung der Anhaltswerte der DIN 4150-3 zu entschädigen (vgl. dort Nr. 2.1.8).
101
Das planfestgestellte Schutzkonzept (Begründung PÄEB S. 58 f. [UVP], 128 ff. [Baubedingte Erschütterungen] und 238 ff. [Einwendungen Kläger]) beruht im Wesentlichen auf Gutachten (M. Ingenieure, 6.2.2019, Unterlage E 11.8 [Bauerschütterungen]; I. GmbH, 13.8.2013, BA „Unterlagen vom 4.12.2013“ [Baugrunduntersuchung]). Unschädlich ist, dass die Begutachtung zum Teil erst im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens zur Nachholung der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt ist. Die Planfeststellungsbehörde ist nicht gehindert, im Rahmen eines zur Nachholung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgesetzten Verfahrens zugleich etwaige materielle Fehler zu heilen (vgl. BVerwG, B.v. 8.5.2018 – 9 A 12.17 – DVBl 2018, 1232 = juris Rn. 5; B.v. 8.11.2021 – 9 A 8.21 – juris Rn. 4, jeweils zu § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG).
102
bb) Das mehrgliedrige Schutzregime gegen Erschütterungen in der Bauphase wahrt die Belange des Klägers hinreichend; es genügt dem Gebot der Problembewältigung.
103
Der Vortrag des Klägers zur Frage der Bewältigung der bei seinem Anwesen zu erwartenden bauzeitlichen Erschütterungen ist weitestgehend unsubstanziiert. Er wiederholt im Wesentlichen die im ergänzenden Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen (vgl. Schreiben vom 26.6.2020 S. 4, dritter Absatz bis S. 6; Schriftsatz vom 24.8.2022 S. 6 ff.), ohne sich mit den einschlägigen Nebenbestimmungen (vgl. PÄEB S. 35 f. Nr. 2.1.6 bis 2.1.8) und den Gutachten, auf denen das Schutzkonzept basiert (insbesondere Bauerschütterungstechnische Untersuchung vom 6.2.2019, Unterlage E 11.8), auseinanderzusetzen (vgl. auch BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 17.20 – juris Rn. 59). Stattdessen rügt er eine mangelnde Aufklärung des Ausmaßes der zu erwartenden Erschütterungsbelastung und vermisst eine „sichere Schutzprognose“ für sein nahe des Einhausungsbauwerks gelegenes Wohnhaus; zu der Behauptung, das Wohnhaus werde während der Bauzeit u.a. wegen zu erwartender Erschütterungen unbewohnbar oder unzumutbar in seiner Bewohnbarkeit eingeschränkt, hat er in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge (§ 86 Abs. 2 VwGO) gestellt.
104
Der Vorhabenträger war nicht verpflichtet, der Planfeststellungsbehörde schon mit den Planunterlagen ein detailliertes Baugutachten oder einen konkreten Bauablaufplan vorzulegen. Ein Baulärm- oder Bauimmissionsgutachten setzt vielmehr eine Ausführungsplanung voraus, die ein Vorhabenträger ohne gesicherte Rechtsposition, die er erst mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erlangt, grundsätzlich nicht erstellen muss (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – NVwZ 2021, 1145 = juris Rn. 97; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 29). Erforderlich ist es aber, in den Planunterlagen Angaben auch zu den Beeinträchtigungen in der Bauphase zu machen. Diese müssen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde aus ihnen ersehen kann, ob die bei Durchführung des Plans aufgeworfenen Probleme der Ausführungsplanung überlassen bleiben können oder ob bereits im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zur Bauausführung getroffen werden müssen, weil in der Bauphase abwägungserhebliche Belange beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 42).
105
Die Planfeststellungsbehörde hat etwaige weitere Maßnahmen zum bauzeitlichen Erschütterungsschutz nicht in unzulässiger Weise in die Bauausführung verschoben. Trotz gutachterlicher Untersuchungen, die im Planfeststellungsverfahren (Baugrunduntersuchung vom 13.8.2013 S. 13 ff.; Vorstudie Einhausung vom 3.12.2013 S. 5 f.) bzw. im Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsverfahren (vgl. Unterlage E 11.8 S. 43 ff./46) nachgereicht wurden, waren zu den Bauerschütterungen keine zuverlässigen Prognosen zu erlangen. Dies hat ein Vertreter der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigt (vgl. Sitzungsprotokoll S. 8). Die Gründung des Einhausungsbauwerks und das Wohnhaus des Klägers liegen im Übergangsbereich zwischen Locker- und Festgestein; es ist damit zu rechnen, dass bei der Errichtung des Einhausungsbauwerks Festgestein abgetragen werden muss (vgl. Baugrunduntersuchung vom 13.8.2013 S. 14 und Anlage 1.2 [Lageplan]; vgl. auch B. Ingenieure, Vorstudie Einhausung vom 3.12.2013 S. 2 und Anlage 3 Plan Nr. 2 [Regelquerschnitt], BA Ordner „Unterlagen vom 4.12.2013“). Aufgrund des geringen Abstands des Gebäudes des Klägers von der Gründung des Einhausungsbauwerks tritt nahezu keine Dämpfung durch das anstehende Gestein ein. Für den Fall, dass die Fundamente auf das Festgestein anstehen, ist mit einer nahezu unmittelbaren Übertragung der Erschütterungen zu rechnen (vgl. Unterlage E 11.8 S. 46 f.).
106
Ausgehend davon hat die Planfeststellungsbehörde ihrer Abwägung eine sehr hohe Belastung durch baubedingte Erschütterungen zugrundegelegt (vgl. PÄEB S. 97). Am Grundstück des Klägers, wo Bautätigkeiten zum Teil im Festgestein erfolgen, könnten erhebliche Belästigungen von Menschen in Gebäuden im Sinn der DIN 4150-2 nicht ausgeschlossen werden; zudem seien Gebäudeschäden im Sinn einer Verminderung des Gebrauchswerts nach der DIN 4150-3 möglich (vgl. PÄEB S. 131, 239). Die ursprüngliche Wertung, erschütterungsbedingte Schäden könnten „weitgehend vermieden“ werden (vgl. PFB S. 523), wurde nicht aufrechterhalten. Die vom neuen Gutachten (Unterlage E 11.8) zusätzlich im Vorfeld des Baus empfohlenen Maßnahmen zur Minderung der Erschütterungsimmissionen wurden umgesetzt (Erschütterungsmessung, Gebäudeerhebung, Beweissicherung, vgl. PÄEB S. 35 f. Nrn. 2.1.6.3, 2.1.6.4, 2.1.6.5; Unterlage E 11.8 S. 50; vgl. auch Stellungnahme des Sachgebiets 50 der Regierung der Oberpfalz vom 29.7.2020, elektronische BA PÄEB S. 468/470 f.). Sollte es trotzdem zu vorhabenbedingten Gebäudeschäden kommen, wurde ein Entschädigungsanspruch zuerkannt (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.8 und S. 240). Insgesamt kommt die Planfeststellungsbehörde zu dem Schluss, dass mit den Schutzmaßnahmen unzumutbare Beeinträchtigungen des Klägers durch baubedingte Erschütterungen auszuschließen sind (vgl. PÄEB S. 240). Diese Aussage bezieht sich, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, auf das gesamte Schutzkonzept, d.h. einschließlich der dem Vorhabenträger für die Bauausführung aufgegebenen Gegenmaßnahmen (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.7) und einer etwaigen Entschädigung unabsehbarer Gebäudeschäden (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.8). Der in Fachkreisen und in der Rechtsprechung zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Erschütterungen allgemein anerkannte Rückgriff auf die Beurteilungs- bzw. Anhaltswerte der DIN 4150-2 und -3 (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2021 – 7 A 10.20 – NVwZ 2021, 1696 = juris Rn. 34; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 80; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – DVBl 2018, 187 = juris Rn. 104) wurde also beachtet. Im Falle ihrer absehbaren Überschreitung hat der Vorhabenträger in Abstimmung mit der bauausführenden Firma Gegenmaßnahmen zum Schutz der Anwohner und ihrer Anlagen in Abstimmung zu veranlassen (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.7). Zum Schutz der Anwohner kommen als Gegenmaßnahmen z.B. Beschränkungen der Betriebszeiten oder eine kurzfristige Umquartierung in Betracht. Zur Vorbeugung von Gebäudeschäden besteht die Möglichkeit, die Frequenzen von Baugeräten oder Bauverfahren zu verändern (vgl. Unterlage E 11.8 S. 50 unten); dies hat der Vertreter der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt. Nach alledem hat die Planfeststellungsbehörde die Maßnahmen zum Erschütterungsschutz als ausgeschöpft erachtet und der Realisierung des Vorhabens – auch um den Preis ggf. unvermeidbarer Schäden an benachbarten Gebäuden – den Vorzug gegeben (vgl. PÄEB S. 130 f., 239 f., 256; Regierung der Oberpfalz, Schreiben vom 2.7.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 178/185 f.).
107
Da tragfähige Gutachten zum Erschütterungsschutz vorliegen, konnte der Beweisantrag, ein weiteres Gutachten einzuholen, abgelehnt werden (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO entsprechend). Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 5 f.).
108
cc) Die Regelung zur Beweissicherung (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.6.5) sind hinreichend bestimmt und geeignet, den angestrebten Beweissicherungszweck zu erfüllen. Der Einwand des Klägers, dem Vorhabenträger werde es überantwortet, den Umfang der Beweissicherung – in zeitlicher und technischer Hinsicht – selbst zu bestimmen, geht fehl. Die Beweissicherung hat rechtzeitig vor Beginn der Baumaßnahme zu erfolgen. Der Dokumentationsbereich soll sich aus den Ergebnissen der angeordneten Erschütterungsmessung (vgl. PÄEB S. 35 Nr. 2.1.6.3) sowie der Gebäudeerhebungen (vgl. dort Nr. 2.1.6.4) ergeben. Soweit der Kläger nähere Vorgaben an den Vorhabenträger vermisst, zeigt er nicht konkret auf, welche Sicherungsmaßnahme ungeregelt bleibt und inwiefern diese für das Gelingen einer ausreichenden Beweissicherung unverzichtbar sein sollte. Im Übrigen ist die Beweissicherung rechtzeitig mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer abzustimmen (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.6.5 Satz 2).
109
j) Auch betreffend Baulärm zeigt der Kläger keinen Abwägungsfehler auf.
110
aa) Der pauschale Vorhalt, ohne Ermittlung der bei den Bauarbeiten eingesetzten Maschinen hätte die Unbewohnbarkeit des klägerischen Anwesens als wahr unterstellt werden müssen, erweist sich als unberechtigt. Der Planfeststellungsbeschluss hat eine Beurteilung, welche Baumaschinen bei der Bauausführung zum Einsatz kommen werden, als im Zeitpunkt des Planerlasses nicht absehbar erachtet (vgl. PFB S. 528). Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. VGH BW, U.v. 25.10.2023 – 5 S 1271/22 – juris Rn. 157; OVG NW, U.v. 26.1.2023 – 20 D 94.19.AK – ZUR 2024, 48 = juris Rn. 281). Die Prognose der Baugeräusche wurde deshalb rechtsfehlerfrei auf die üblichen Maschinen- und Arbeitsvorgänge gestützt (vgl. Unterlage E 11.8 S. 22 f.).
111
bb) Das Schutzkonzept betreffend Baulärm greift der Kläger nicht substanziiert an.
112
Zur Minderung der Belastung durch Baulärm sieht der Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss umfangreiche Auflagen vor (vgl. PÄEB S. 12 ff.). Dem Vorhabenträger wurde aufgegeben, die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 1. September 1970 (AVV Baulärm) zu beachten (vgl. dort Nr. 2.1.2). Die nach § 66 Abs. 2 BImSchG fortgeltende AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG) und damit zugleich die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für Geräuschimmissionen von Baustellen bzw. den Rechtsbegriff der „nachteiligen Wirkungen“ im Sinn des Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 – BVerwGE 144, 243 = juris Rn. 20; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 95; U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 26).
113
Die zu erwartenden Belastungen mit Baulärm wurden von der Planfeststellungsbehörde in die Abwägung eingestellt. Das diesbezügliche Schutzkonzept (Auflagen: PÄEB S. 12 ff. = Nrn. 2.1.2 bis 2.1.5.9; Begründung: PÄEB S. 65 ff. und 123 ff.; PFB S. 259 und 527) beruht auf der Baulärmuntersuchung vom 6. Februar 2019 (Unterlage E 11.8; vgl. dort v.a. S. 22 ff.). Zu den Maßnahmen gehören die Verwendung geräuschärmerer Bauverfahren und Baugeräte (vgl. PÄEB S. 12 Nr. 2.1.3), eine Beschränkung der Betriebszeit während besonders „lauter“ Baulärmphasen (PÄEB S. 13 Nr. 2.1.5.2) und die Errichtung provisorischer Lärmschutzwände im Bauabschnitt 4 (vgl. PÄEB S. 13 Nr. 2.1.5.3; Unterlage E 11.8 S. 20 ff. und Anlage 1 [Lage- und Schallquellenpläne]). Einzelnen Grundstückseigentümern (der Kläger zählt nicht dazu) wird dem Grunde nach eine Entschädigung zuerkannt (vgl. PÄEB S. 14 ff. Nrn. 2.1.5.7 [passiver Schallschutz], 2.1.5.8 [Außenwohnbereiche], 2.1.5.9 [Innenwohnräume]).
114
Mit diesem überarbeiteten bauzeitlichen Lärmschutzkonzept setzt sich die Klägerseite nicht auseinander. Insbesondere zieht sie die Tragfähigkeit der vom Gutachter angestellten Schallprognose (vgl. Unterlage E 11.8 S. 22 ff.) nicht in Zweifel. Hiernach überschreiten die für das klägerische Anwesen ermittelten Beurteilungspegel die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm in einigen Bauphasen des dort besonders lärmintensiven Bauabschnitts 4 zum Teil deutlich (vgl. Unterlage E 11.8 Anlagen 5.53, 5.57, 5.61, 5.65, 5.69, 5.73, 5.77, 5.81, 5.85, 5.89, 5.93, 5.97, 5.101). Für Gebäude, bei denen die Vorbelastung oberhalb der Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm liegt, hat die Planfeststellungsbehörde für die Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle auf die tatsächliche Lärmvorbelastung abgestellt, die der Baulärmgutachter ermittelt hat (vgl. PÄEB S. 65; Unterlage E 11.8 S. 32 und Anlage 5). Der Kläger greift dies nicht an. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die in der AVV Baulärm festgelegten Immissionsrichtwerte nicht bindend sind, wenn – wie hier – eine sie überschreitende tatsächliche Lärmvorbelastung vorliegt; letztere spielt bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Baulärm eine wesentliche Rolle (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 32; OVG NW, U.v. 3.9.2021 – 11 D 79.19.AK – juris Rn. 72 ff.). Die immissionsschutzrechtliche Situation ist in einem solchen Fall entscheidend durch die Vorbelastung geprägt. Immissionen, die sich in deren Rahmen halten, sind – jedenfalls in aller Regel – zumutbar, selbst wenn sie Immissionsrichtwerte übersteigen; ein Anspruch auf Verbesserung der Lärmsituation besteht nicht (vgl. BVerwG, 21.12.2010 – 7 A 14.09 – NVwZ 2011, 676 = juris Rn. 28; U.v. 15.12.2011 – 7 A 11.10 – NVwZ 2012, 1120 = juris Rn. 30).
115
Da ein Gutachten zur Belastung durch Baulärm vorliegt, das die Klägerseite nicht erschüttert hat, war der Senat nicht gehalten, ein weiteres Gutachten hierzu einzuholen (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 5 f.).
116
k) Abwägungsfehler hinsichtlich der bauzeitlichen Betroffenheit des Klägers durch Baustellenverkehr, Luftschadstoffe und Schmutz liegen ebenfalls nicht vor.
117
aa) Eine unzumutbare Belastung durch Baustellenverkehr zeigt der Kläger nicht auf.
118
Der Planfeststellungsbeschluss geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass der Baustellenverkehr nicht anhand der 16. BImSchV zu beurteilen ist (vgl. PFB S. 527). Die Verkehrslärmschutzverordnung gilt für Verkehrsgeräusche, die durch die Nutzung der Straße entstehen, die gebaut oder geändert wird (vgl. § 1 Abs. 1 der 16. BImSchV). Lärmimmissionen, die infolge von baulichen Maßnahmen an anderen Verkehrswegen hervorgerufen werden, werden nicht erfasst. Ob derartige vorhabenbedingte Lärmbeeinträchtigungen, wie sie hier durch den Baustellenverkehr entstehen werden, unzumutbare Belästigungen darstellen, beurteilt sich nicht nach den Maßstäben der Verkehrslärmschutzverordnung, sondern situationsbedingt nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 28.9.2012 – 7 VR 5.12 – juris Rn. 26; B.v. 26.1.2000 – 4 VR 19.99 u.a. – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 156 – juris Rn. 12).
119
Vorliegend ist nicht zu erkennen, dass die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wäre (vgl. PFB S. 526 f.). Die gegenteilige Behauptung der Klägerseite ist durch nichts belegt. Eine dauerhafte Überschreitung oder Erhöhung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) tags bzw. 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 9 A 16.16 – DVBl 2018, 1426 = juris Rn. 86 m.w.N.) durch den Baustellenverkehr schließt die Gutachterin aus (vgl. Unterlage E 11.8 Anlage 8). Die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Lärmschutzinteresses des Klägers ist durch die Vorbelastung mit Verkehrslärm erheblich gemindert (vgl. Unterlage E 11.8, S. 8, 13 f., 23, 31 ff., 41). Auch wenn die Bauarbeiten im Bauabschnitt 4 (N.-straße) – mit unterschiedlichen Belastungen je „Baulärmphase“ – insgesamt sechs Jahre dauern (vgl. Bauablaufplan, Unterlage E 11.8 S. 19), handelt es sich um eine zeitlich befristete Belastung, die sich auf die Tagesstunden zwischen 7.00 und 20.00 Uhr beschränkt (vgl. PÄEB S. 12 Nr. 2.1.2). Massenguttransporte sind ohnehin außerhalb schutzwürdiger Wohngebiete über das Hauptstraßennetz auszuführen (vgl. dort letzter Satz).
120
bb) Die von Baustellenfahrzeugen auf öffentlichen Straßen ausgehende Zusatzbelastung für die Lufthygiene bewertet die Planfeststellungsbehörde als „nicht wesentlich spürbar“ (vgl. PFB S. 527 unten). Bei der gegenteiligen Behauptung des Klägers handelt es sich um eine bloße Spekulation; der diesbezügliche Beweisantrag konnte als Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag abgelehnt werden (stRspr, vgl. nur BVerwG, B.v. 19.10.2022 – 7 B 19.21 – NVwZ-RR 2023, 95 = juris Rn. 19).
121
cc) Der gebotene Schutz vor Staub während der Bauzeit wird hinreichend bewältigt.
122
Dem Vorhabenträger wurde aufgegeben, geeignete Maßnahmen (z.B. ausreichende Befeuchtung unbefestigter Wege und Baustraßen) zu ergreifen, um die Staubbelastung durch Baustellenfahrzeuge auf angrenzenden Grundstücken während der Bauarbeiten zu minimieren (vgl. PÄEB S. 37 Nr. 2.1.9; vgl. auch PFB S. 528). Einzelheiten des Vorgehens dürfen der Bauausführung überlassen werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 109; U.v. 3.3.2011 – BVerwGE 139, 150 – 9 A 8.10 = juris Rn. 110). Es fehlt jeder Anhaltspunkt, dass die bauzeitliche Staubbelastung nicht mit hergebrachten Minderungsmaßnahmen beherrscht werden kann; der diesbezügliche Beweisantrag konnte deshalb als Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag abgelehnt werden (vgl. oben Rn. 120).
123
l) Die konkrete Möglichkeit einer bauzeitlichen Einwirkung von Grundwasser auf sein Wohngebäude zeigt der Kläger nicht auf.
124
Die Planfeststellungsbehörde stellt fest, dass der Grundwasserhorizont im Bereich des Anwesens des Klägers durch das geplante Einhausungsbauwerk nicht angeschnitten wird. Die Gründungssohle liege dort rund vier Meter unter der bisherigen Fahrbahnoberkante, während Grundwasser in einer Tiefe von rund 6,50 m vorgefunden worden sei (vgl. PFB S. 522). Dem tritt der Kläger nicht substanziiert entgegen.
125
m) Die Ableitung des Niederschlagswassers, das sich zwischen Einhausungsbauwerk und Wohngebäude ansammelt, ist gewährleistet. Die Beigeladene zu 1 hat zugesichert, dass das dort anfallende Regenwasser künftig gemeinsam mit dem Wasser auf der städtischen Fläche zu fassen und schadlos zu beseitigen (vgl. Regierung der Oberpfalz, Schreiben vom 2.7.2014, GA Az. 8 A 14.40013 S. 178/184 f.).
126
n) Das Interesse des Klägers an den Einnahmen für das an der Hausfassade angebrachte Werbeschild wurde nicht abwägungsfehlerhaft behandelt.
127
Der Vorhabenträger sagte im Erörterungstermin zu, die auf der Einhausung geplante Absturzsicherung im Bereich des klägerischen Anwesens transparent auszuführen (vgl. Niederschrift Erörterungstermin S. 17). Im Übrigen durfte die Planfeststellungsbehörde den Kläger auf das Entschädigungsverfahren verweisen (vgl. PFB S. 537); für eine vorhabenbedingte Minderung des Mietwertes und der Vermietbarkeit wurde dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch anerkannt (vgl. PFB S. 29 Nr. 4.1).
C.
128
Der auf Planergänzung gerichtete Klageantrag (Nr. IV) hat ebenfalls keinen Erfolg.
129
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Planergänzung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
130
Die Planfeststellungsbehörde hat im Planfeststellungsbeschluss dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind (vgl. Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Diese Voraussetzungen sind betreffend die vom Kläger beantragten Schutzauflagen nicht erfüllt.
131
Fragen der Bauausführung dürfen in der Regel aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, sofern nach dem Stand der Technik zur Problembewältigung geeignete Lösungen zur Verfügung stehen und die Wahrung der entsprechenden Regelwerke sichergestellt ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2023 – 7 A 7.22 – NVwZ 2023, 1733 = juris Rn. 67 m.w.N.). Die vom Kläger verlangte weitergehende Konkretisierung des planfestgestellten Schutzkonzepts gegen baubedingte Erschütterungen überspannt die Anforderungen an einen Planfeststellungsbeschluss. Auch wenn die Bauausführung – wie hier – mit erheblichen Beeinträchtigungen einhergeht, darf die Planfeststellungsbehörde sich in der Regel darauf beschränken, den verbindlichen Rahmen des Zumutbaren festzulegen und die Instrumente zu bestimmen, mit denen die Rechte der Betroffenen zu wahren sind (vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 14.20 – juris Rn. 61; U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 = juris Rn. 102). Vorliegend lässt das planfestgestellte Schutzkonzept zur Minderung baubedingter Erschütterungen keine durchgreifenden Mängel erkennen (vgl. oben Rn. 97 ff.). Die Umsetzung eines solchen zur Sicherstellung des gebotenen Schutzes tauglichen Konzepts kann der Bauausführung überlassen bleiben, wenn hierfür anerkannte technische Regelwerke zur Verfügung stehen. Entsprechende Maßnahmen sind im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PÄEB S. 35 f. Nr. 2.1.6 ff.) angeordnet. Mit dem Einsatz einer Felsfräse beim Abbau von Festgestein ist eine erschütterungsarme Methode vorgesehen (vgl. PFB S. 526); die Ergebnisse der messtechnischen Überwachung sind zu dokumentieren und aufzubewahren (vgl. PÄEB S. 36 Nr. 2.1.7 vorletzter Satz). Im Übrigen zeigt der Kläger nicht auf und es ist auch sonst für den Senat nicht zu erkennen, dass nachteilige Wirkungen auf dessen Gebäude infolge baubedingter Erschütterungen nur mithilfe der Errichtung eines Vorfundaments, eines Schutzgrabens, einer Schneidetechnik (zum Einsatz einer Felsfräse vgl. bereits oben) oder der Durchführung jeglicher Arbeiten außerhalb des Nahbereichs des Hauses vermieden werden könnten.
132
Inwiefern Maßnahmen zur Vermeidung von Erschütterungen im Anschluss an die Bauzeit erforderlich sein sollten, erschließt sich aus dem Vortrag der Klägerseite und den planfestgestellten Unterlagen nicht. Im Gegenteil ist zu erwarten, dass das Einhausungsbauwerk zu einer deutlichen Verbesserung der Immissionsbelastung führt (vgl. Vorstudie Einhausung vom 3.12.2013 S. 6, BA „Unterlagen vom 4.12.2013“).
133
Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragte Einholung von Lärm- und Erschütterungsgutachten, um geeignete Schutzauflagen zu bestimmen, war im Hinblick auf die dem Senat vorliegenden Gutachten nicht geboten (vgl. oben Rn. 107).
D.
134
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
135
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
136
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.