Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.10.2024 – 9 CS 24.1376
Titel:

Wiederholte Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung einer Nutzungsuntersagung für ein Wettbüro

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwZVG Art. 36 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Die Frist von einem Monat ab Zustellung eines Bescheids ist angemessen iSv Art. 36 Abs. 1 S. 2 BayVwZVG, wenn sich die Erfüllung der Untersagung des Weiterbetriebs eines Wettbüros bereits darin erschöpft, die entsprechenden Geräte abzuschalten bzw. den Betrieb zu unterlassen, mithin keine langwierigen oder zeitaufwändigen Handlungen erforderlich sind. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die fortgesetzte Missachtung eines Verbots rechtfertigt regelmäßig die Steigerung der Zwangsgeldhöhe. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wiederholte Androhung eines Zwangsgeldes, Nutzungsuntersagung Wettbüro., Zwangsgeldhöhe, Androhungsfrist, Wettbüro, Nutzungsuntersagung, wirtschaftlicher Schaden
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 25.07.2024 – AN 9 S 24.989
Fundstelle:
BeckRS 2024, 30452

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Nachfristsetzung zur Durchsetzung einer Nutzungsuntersagung für ein von ihr betriebenes Wettbüro und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 15.000,- Euro.
2
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. November 2017 wurde die Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,- Euro verpflichtet, die Nutzung als Wettbüro im Erdgeschoss des Anwesens … … … innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheids zu beenden (vgl. klageabweisendes Urteil vom 16.8.2018, Az.: AN 9 K 17.02508, und Ablehnung des hiergegen gerichteten Antrags auf Zulassung der Berufung vom 15.6.2021, Az.: 9 ZB 18.2144).
3
In Ortseinsichten der Bauaufsicht der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2023, vom 20. Dezember 2023, vom 14. Februar 2024 und insbesondere vom 12. März 2024 wurde der Weiterbetrieb des Wettbüros festgestellt. Mit Bescheid vom 18. März 2024 ordnete die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin „zur Erfüllung der Anordnung Nr. 1 des unanfechtbaren Bescheids vom 27.11.2017“ eine Nachfrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids an und drohte für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist ein Zwangsgeld von insgesamt 15.000,- Euro an. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben und Eilantrag gestellt.
4
Das Verwaltungsgericht hat den sachdienlich ausgelegten Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage mit der Begründung abgelehnt, die erhobene Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 18. März 2024 werde bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Bei der in der Hauptsache angefochtenen Nachfristsetzung mit Zwangsgeldandrohung handle es sich um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung. Die allgemeinen (Art. 18 ff. VwZVG) und besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Dem unanfechtbaren Bescheid vom 27. November 2017 liege zugrunde, dass es sich bei der ausgeübten Nutzung um ein Wettbüro im Sinne einer Vergnügungsstätte handle. Ausweislich der dem streitgegenständlichen Bescheid zugrundeliegenden Feststellungen der Antragsgegnerin vom 14. März 2024 entspreche die Einrichtung, Ausstattung und das Angebot (Live-Wetten möglich, Anzeige von Live-Quoten und Verfolgung von Sportereignissen möglich) den Bedingungen, die zur Nutzungsuntersagung vom 27. November 2017 geführt hätten; die Antragstellerin sei daher ihrer Verpflichtung zur Unterlassung der Nutzung nicht nachgekommen. Die seitens der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung vorgebrachten Aspekte seien unbeachtlich, der Bescheid sei insbesondere nicht nichtig wegen des geltend gemachten Wertungswiderspruchs zwischen dem Glücksspielrecht und dem Baurecht. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Androhung des Zwangsgeldes lägen vor. Es seien weder die Höhe des Zwangsgeldes noch die der Antragstellerin gesetzte Frist zu beanstanden und Ermessensfehler nicht ersichtlich.
5
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
6
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz (§ 80 Abs. 5 VwGO) zu Recht abgelehnt, weil die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Folgendes zu bemerken:
7
Soweit die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdevorbringen die Dauer der gesetzten Nachfrist als zu kurz und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes als zu hoch und ermessensfehlerhaft beanstandet, kann dies in Anbetracht der langen Dauer seit Bestandskraft der Nutzungsuntersagung und des gleichwohl aufrecht erhaltenen Weiterbetriebs des Wettbüros der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die gesetzte Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids als angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG darstellt, und darauf hingewiesen, dass sich die Erfüllung der Nutzungsuntersagung bereits darin erschöpfen würde, die entsprechenden Geräte abzuschalten bzw. den Betrieb zu unterlassen, mithin keine langwierigen oder zeitaufwändigen Handlungen erforderlich sind.
8
Mit dem pauschalen Verweis auf einen wirtschaftlichen Schaden sowie eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit legt die Beschwerde nicht dar, warum in Anbetracht der jahrelang erwirtschafteten Erträge des bestandskräftig untersagten Wettbürobetriebs die Höhe des Zwangsgeldes unangemessen oder dessen Festsetzung ermessensfehlerhaft sein soll. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Vorteils stellt nur einen Aspekt bei der Bemessung der Höhe des Zwangsgeldes dar, die Höhe des Zwangsgeldes muss insbesondere auch darauf ausgerichtet sein, den Verpflichteten effektiv zur Befolgung der jeweiligen Anordnung anzuhalten. Die fortgesetzte Missachtung eines Verbots rechtfertigt regelmäßig die Steigerung der Zwangsgeldhöhe (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2022 – 9 CS 22.2043 – juris Rn. 7; B.v. 4.7.2022 – 1 ZB 22.323 – juris Rn. 6 f. m.w.N.). Zudem müssen in Fällen, in denen für die Bestimmung der Zwangsgeldhöhe nicht allein auf das wirtschaftliche Interesse der Betroffenen abgestellt wird, hierzu in der Regel keine dezidierten Überlegungen angestellt werden (BayVGH, B.v. 21.11.2022 – 9 CS 22.2043 – a.a.O.; B.v. 4.7.2022 – 1 ZB 22.323 – a.a.O.; vgl. auch B.v. 9.11.2021 – 9 ZB 19.1586 – juris Rn. 10). Unter Berücksichtigung dieser Aspekte wird sich im Hinblick auf die Erfolglosigkeit der vorausgehenden Zwangsgeldandrohung in Höhe von 10.000,- Euro die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als ermessensgerecht und angemessen erweisen, um den Zweck der Durchsetzung der Nutzungsuntersagung zu erreichen.
9
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
10
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).