Titel:
Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen geringen Einkommens
Normenketten:
RBStV § 4 Abs. 1, Abs. 6, Abs. 7
VwGO § 86 Abs. 1, Abs. 3, § 108 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Leitsätze:
1. Welche Erklärungen und Nachweise für Nachweispflicht gem. § 4 Abs. 7 S. 2 RBStV erforderlich sind, hängt von der individuellen Situation der Klägerin ab und folgt aus den konkreten Maßgaben des § 4 Abs. 1 und Abs. 6 S. 2 RBStV bzw. bei einem Härtefall im Übrigen (§ 4 Abs. 6 S. 1 RBStV) insbesondere aus der aktuellen Rechtsprechung, wonach eine Befreiung aufgrund unbilliger Härte grundsätzlich nur dann in Betracht kommen kann, wenn Personen zwar von der Gewährung der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen mangels Vorliegen der Voraussetzungen ausgeschlossen sind, jedoch ein diesen Regelleistungen entsprechendes oder geringeres Einkommen haben und nicht auf verwertbares Vermögen zurückgreifen können. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG muss ein nachweislich den sozialrechtlichen Regelleistungen entsprechendes oder gar noch unterschreitendes Einkommen zur Begleichung von Rundfunkbeiträgen nicht eingesetzt werden. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage gegen Festsetzung von Rundfunkbeiträgen, Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen „geringen Einkommens“ (verneint)., Rundfunkbeiträge, Festsetzung, Klage, Befreiung, geringes Einkommen, Nachweispflicht, individuelle Situation, rechtliches Gehör, Aufklärungspflicht
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 26.04.2023 – RO 3 K 19.2076
Fundstelle:
BeckRS 2024, 30450
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.
Gründe
1
Die Klägerin wird beim Beitragsservice des Beklagten unter der Kontonummer ... als (Mit-)Inhaberin einer Wohnung und unter der Kontonummer ... als Inhaberin einer Betriebsstätte geführt. Wohnung und Betriebsstätte befinden sich unter der gleichen Adresse.
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Mit Bescheid vom 1. November 2019 setzte der Beklagte für o.g. Wohnung gegenüber der Klägerin betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Juli 2019 Rundfunkbeiträge einschließlich eines Säumniszuschlags von 8,00 € in Höhe von insgesamt 760,50 € fest.
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Die hiergegen erhobene Klage auf Aufhebung des Bescheids wurde vom Verwaltungsgericht mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Der Beitragspflicht stehe kein Anspruch auf Befreiung entgegen, insbesondere auch nicht wegen eines besonderen Härtefalls im Hinblick auf geringes Einkommen, da der finanzielle Härtefall von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt bzw. nachgewiesen worden sei. Die festgesetzten Ansprüche unterlägen keiner Verjährung und seien auch nicht verwirkt.
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Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtschutzbegehren weiter. Sie bringt vor, dass Bedenken bezüglich der Richtigkeit des Urteils bestünden. Zum einen sei mit dem zuerst erhobenen Rundfunkbeitrag für das Gewerbe der Klägerin der „Gebührenpflicht“ für deren Wohnung Genüge getan. Zum anderen habe die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen geringer Einkünfte. Das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen der Amtsermittlungspflicht die hierfür nötigen Bescheide bei der zuständigen Behörde ermitteln und die am 8. April 2023 übermittelten Rentenbescheide berücksichtigen müssen. Auch hätte vor Urteilsfällung ein richterlicher Hinweis auf nicht ausreichende Unterlagen ergehen müssen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die im Urteil erwähnte Armutsgrenze im Zusammenhang mit den Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags nicht ausreichend geklärt sei, weshalb die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Gleiches gelte für die Frage, ob der Beklagte mit seiner Festsetzung bis zur Verjährung warten dürfe oder nicht früher eine Verwirkung möglich sei. Aufgrund all dieser Umstände liege auch kein alltäglicher Fall vor, sondern ein solcher, der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bereite.
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Der Beklagte tritt dem Berufungszulassungsantrag entgegen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO sind teils verspätet vorgebracht worden, im Übrigen sind sie nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. nicht gegeben.
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1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
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a) Soweit der Vortrag der Klägerin dahingehend zu verstehen ist, dass das Verwaltungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO) verletzt habe, weil die mit Schreiben vom 8. April 2023 dem Verwaltungsgericht übermittelten Rentenbescheide nicht berücksichtigt worden seien, kann sie damit nicht durchdringen.
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Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falls deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat. Wird das Vorliegen eines Gehörsverstoßes damit begründet, dass die Vorinstanz Vorbringen übergangen habe, muss das (vermeintlich) übergangene Vorbringen unter Angabe der Unterlage, die das Vorbringen enthält, genau benannt werden, und es sind die Umstände zu erläutern, die auf ein Übergehen schließen lassen (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 59). Ferner ist darzulegen, dass die angegriffene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann. Dabei ist die materiell-rechtliche Sicht des Verwaltungsgerichts zu Grunde zu legen (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 124a Rn. 57).
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Hiervon ausgehend kann ein Gehörsverstoß durch das Verwaltungsgericht nicht angenommen werden. Die genannten, im maßgeblichen Festsetzungszeitraum nur den Ehemann der Klägerin betreffenden Rentenbescheide finden sich in der Behördenakte und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht diese nicht berücksichtigt hat (vgl. UA S. 8); sie waren jedoch, was aus den Entscheidungsgründen folgt, für das Verwaltungsgericht nicht maßgeblich bzw. nicht ausreichend, um eine Befreiung nach § 4 RBStV zu begründen, insbesondere weil keine Aussagen über den Umfang des Vermögens vorgelegen haben.
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b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte entsprechend seiner Amtsermittlungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO die notwendigen Bescheide für die Prüfung, ob ein Befreiungsfall vorliege, selbst bei der zuständigen Behörde ermitteln müssen.
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Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B.v. 25.6.2012 – 7 BN 6.11 – juris Rn. 7). Hat ein anwaltlich vertretener Kläger keinen Beweisantrag gestellt, ist darzulegen, dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen nach dessen maßgeblicher Rechtsauffassung auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG‚ B.v. 14.2.2014 – 8 B 69.13 – juris Rn. 13).
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Dies zugrunde gelegt greift der Einwand der fehlerhaften Sachverhaltsaufklärung durch das Veraltungsgericht wegen Nichtermittlung von „Bescheiden“ nicht durch. Es ist schon nicht nachvollziehbar dargetan, welche Bescheide die Klägerin meint, die zu ermitteln gewesen wären, und wie diese Ermittlung durch das Verwaltungsgericht hätte bewerkstelligt werden sollen. Nicht hinreichend dargetan ist auch, inwieweit die geforderte Bescheidsermittlung zu einem günstigeren Ergebnis geführt hätte. Unabhängig davon hat der Bevollmächtigte der Klägerin es unterlassen, gegenüber dem Verwaltungsgericht auf die Ermittlung der, seines Erachtens relevanten Bescheide hinzuwirken. Schließlich findet die Amtsermittlungspflicht ihre Grenzen, wenn für die Klägerin – wie durch § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV geschehen – eine Nachweispflicht gilt oder – wie hier bei Einkommens- und Vermögensfragen – die Darlegung und der Nachweis der finanziellen Verhältnisse in ihrem Verantwortungsbereich liegen.
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c) Die Klägerin legt auch keinen Verfahrensfehler dar, indem sie geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte vor dem Urteil einen Hinweis geben müssen, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten. Nach § 86 Abs. 3 VwGO hat der Vorsitzende u.a. darauf hinzuwirken, dass ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit diese Pflicht greift, wenn – wie hier – § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV eine Nachweispflicht vorsieht und die Klägerin durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, dem die Nachweispflicht bekannt sein muss. Denn das Verwaltungsgericht hat zum einen mit Schreiben vom 13. Juli 2022 die Klägerin aufgefordert, zur Prüfung, ob bei ihr ein Härtefall gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV vorliegt, nachzuweisen, dass sie keinen Zugang zum Sozialsystem hat; zum anderen ist die Klägerin mit gerichtlichem Schreiben vom 24. März 2023 darauf hingewiesen worden, dass abschließend bis 14. April 2023 die letzte Möglichkeit zur Stellungnahme und Vorlage der Dokumente bestünde, die ihr Begehren stützen. Der Klägerin bzw. ihrem bevollmächtigten Rechtsanwalt musste somit klar sein, dass es im Rechtsstreit auf die Abgabe von Erklärungen und die Vorlage von Nachweisen ankommen kann, die für die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen notwendig sind. Welche Erklärungen und Nachweise dabei erforderlich sind, hängt von der individuellen Situation der Klägerin ab und folgt aus den konkreten Maßgaben des § 4 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 2 RBStV bzw. bei einem Härtefall im Übrigen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV) insbesondere aus der aktuellen Rechtsprechung, wonach eine Befreiung aufgrund unbilliger Härte grundsätzlich nur dann in Betracht kommen kann, wenn Personen zwar von der Gewährung der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen mangels Vorliegen der Voraussetzungen ausgeschlossen sind, jedoch ein diesen Regelleistungen entsprechendes oder geringeres Einkommen haben und nicht auf verwertbares Vermögen zurückgreifen können (vgl. BVerfG, B.v. 19.1.2022 – 1 BvR 2513/18 – juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10.18 – juris Rn. 26). Das Verwaltungsgericht konnte davon ausgehen, dass dies bekannt ist, zumal die Klägerin durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde und der Beklagte in der Klageerwiderung vom 22. Januar 2020 ausgeführt hat: „Dabei reicht es natürlich nicht aus, lediglich einen Einkommensteuerbescheid vorzulegen, da dieser ja nur das zu versteuernde Einkommen ausweist, beispielsweise aber auch beträchtliches Vermögen vorhanden sein kann, denn irgendwie wird auch die Klägerin ihren Lebensunterhalt bestreiten. Geringes Einkommen ist per se auch kein atypischer Sachverhalt, da man beispielsweise eben auch vom Vermögen leben kann oder von Unterhaltsleistungen.“ Unabhängig davon ist festzustellen, dass die Klägerin auch im Zulassungsverfahren keine weiteren Erklärungen oder Unterlagen abgegeben hat, die für eine Überprüfung der Befreiungsvoraussetzungen relevant sind.
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2. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
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Durch die von der Klägerin im Zulassungsverfahren vorgebrachten Einwendungen werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
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a) Soweit die Klägerin einwendet, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit dem zuerst erhobenen Rundfunkbeitrag für das Gewerbe der Klägerin der „Gebührenpflicht“ für deren Wohnung Genüge getan sei, kann sie mit diesem erstmals im Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 geltend gemachten Aspekt nicht mehr gehört werden. Denn der Vortrag erfolgte nicht in der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Gründe für eine Wiedereinsetzung (§ 60 VwGO) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es handelt sich bei dem Vortrag auch nicht lediglich um eine Vertiefung bzw. Konkretisierung eines fristgemäß dargelegten Zulassungsgrunds, sondern um einen völlig neuen Gesichtspunkt im Vergleich zu dem fristgerecht eingeführten Zulassungsvorbringen, die Klägerin habe wegen geringen Einkommens einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Ungeachtet dessen greift der Einwand auch nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, dass die Entrichtung von Rundfunkbeiträgen für eine Betriebsstätte in der Wohnung nichts an der Beitragspflicht für die Wohnung ändert. Gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV ist nämlich die Klägerin nur umgekehrt möglicherweise von der Beitragspflicht für die Betriebsstätte (und nicht für die streitgegenständliche Wohnung) zu befreien, weshalb die von der Klägerin angeführte Doppelbelastung durch § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV hinreichend ausgeschlossen ist. Diesen nicht zu beanstandenden Feststellungen hat die Klägerin nichts Substantiiertes entgegengesetzt.
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b) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte wegen ihrer geringen Einkünfte einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht annehmen müssen. Die angefochtene Entscheidung legt ausführlich und überzeugend dar, weshalb die Klägerin nicht nach § 4 Abs. 1 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien ist. Hiergegen wird im Zulassungsverfahren nichts Konkretes vorgetragen. Soweit die Klägerin einen Befreiungsanspruch wegen ihres geringen Einkommens im Hinblick auf die Härtefallregelung § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV reklamiert, vermag sie damit nicht durchzudringen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass bei einem finanziellen Härtefall, der nicht durch Bescheide der Sozialbehörde nachgewiesen werden kann, ein anderweitiger Nachweis möglich, dieser jedoch von der Klägerin entgegen ihrer Pflicht aus § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV nicht erbracht worden ist. Dabei wurde der eingereichte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 zutreffend als nicht geeignet angesehen, eine den Fällen des § 4 Abs. 1 RBStV gleichkommende Bedürftigkeit nachzuweisen, da sich daraus nur das Einkommen der Klägerin aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2017 ergibt, sich in dem Einkommensteuerbescheid aber keine Aussagen über den Umfang ihres Vermögens finden und zudem die Einkünfte ihres Ehemanns unkenntlich gemacht worden sind, die jedoch zur Ermittlung des Existenzminimums nach § 20 Abs. 4 SGB II heranzuziehen wären. Mit diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts setzt sich die Klägerin nicht in einer i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Weise auseinander. Sie verweist vielmehr nur auf die dem Verwaltungsgericht am 8. April 2023 vorgelegten (und im maßgeblichen Festsetzungszeitraum nur den Ehemann betreffenden) Rentenbescheide, ohne substantiiert aufzuzeigen, warum deshalb von einer mit § 4 Abs. 1 RBStV vergleichbaren und einen Härtefall begründenden Bedürftigkeit der Klägerin auszugehen ist. Insbesondere die Frage, ob die Klägerin auf verwertbares Vermögen zurückgreifen kann, wird durch die übermittelten Rentenbescheide nicht geklärt. Unklar bleibt auch, ob die Klägerin und ihr Ehemann über weitere Einkünfte im Festsetzungszeitraum verfügt haben als diejenigen, die aus den Rentenbescheiden des Ehemanns und dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 ersichtlich sind. Allein die vorgelegten Rentenbescheide und der eingereichte Einkommensteuerbescheid reichen nicht für eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 RBStV aus.
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c) Dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine Verwirkung des Anspruchs des Beklagten eingetreten ist, legt die Klägerin nicht einmal ansatzweise in der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Form dar. Es erfolgt insoweit keinerlei substantiierte Auseinandersetzung mit den konkreten Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu.
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3. Eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten scheidet bereits deshalb aus, weil die Klägerin ihrer Darlegungspflicht aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO insoweit nicht nachkommt. Die Darlegung besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten erfordert, dass die Rechtsmittelklägerin sich mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substanziell auseinandersetzt und deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen oder tatsächlichen Punkt das Urteil zu beanstanden ist.
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Hieran fehlt es vorliegend gänzlich. Allein der schlichte Hinweis, dass aufgrund des „Geschilderten“ zu den Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO „kein alltäglicher Beitragsrechtsfall“ gegeben sei, genügt nicht. Im Übrigen ist unabhängig davon für den Senat nicht erkennbar, dass besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten vorliegen. Solche wären gegeben, wenn eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Entscheidend für besondere rechtliche Schwierigkeiten ist dabei stets die Qualität, nicht die Quantität (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 27). Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Happ, a.a.O., § 124 Rn. 33). Beides ist hier offensichtlich nicht gegeben.
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4. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nichtrevisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 21.11.2019 – 4 ZB 19.1671 – juris Rn. 10 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Diesen Darlegungsanforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
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a) Die Klägerin hat mit den Ausführungen „Soweit zudem der Begriff der Armutsgrenze (S. 16 der Urteilsgründe) bemüht wird, ist darauf abzustellen, dass dieser in Zusammenhang mit den einschlägigen Regelungen des RBStV nicht ausreichend geklärt ist, so dass der Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung zukommen mag.“ schon keine konkrete Frage formuliert. Ebenso wenig wird damit die nötige Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit und allgemeine Bedeutung substantiiert dargelegt. Abgesehen davon, dass den Begriff der Armutsgrenze der jetzige Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. April 2013 ins Feld geführt hat, war der Begriff für das Verwaltungsgericht als solcher nicht maßgeblich, sondern allein die davon unabhängige Frage, ob eine den Fällen des § 4 Abs. 1 RBStV gleichkommende Bedürftigkeit nachgewiesen wird. Insoweit ist in der Rechtsprechung geklärt, dass im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. 20 Abs. 1 GG ein nachweislich den sozialrechtlichen Regelleistungen entsprechendes oder gar noch unterschreitendes Einkommen zur Begleichung von Rundfunkbeiträgen nicht eingesetzt werden muss (BVerfG, B.v. 19.1.2022 – 1 BvR 2513/18 – juris Rn. 15).
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b) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob der Beklagte mit der Festsetzung von Ansprüchen auf Rundfunkbeiträge bis zu deren Verjährung warten darf oder nicht eine Verwirkung früher anzunehmen sein muss, hat sich so für das Verwaltungsgericht nicht gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar angemerkt, dass grundsätzlich eine Verwirkung innerhalb offener Verjährungsfrist ausscheide, da es das Recht des Beklagten sei, den Verjährungszeitraum auszuschöpfen. Gleichwohl hat es geprüft, ob nicht ausnahmsweise Umstände vorliegen, die das Vertrauen der Klägerin rechtfertigen könnten, dass sie auch schon vor Ablauf der Verjährung für den maßgeblichen Zeitraum nicht mehr zu Rundfunkbeiträgen herangezogen werde kann. Das hat das Verwaltungsgericht verneint und damit gerade nicht postuliert, dass eine Verwirkung innerhalb der offenen Verjährungsfrist stets und ohne Einzelfallprüfung nicht in Betracht kommen kann.
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5. Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Lediglich ergänzend wird noch auf Folgendes hingewiesen: Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht steht der Rechtmäßigkeit eines Festsetzungsbescheids im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im jeweiligen Beitragszeitraum nur dann entgegen, wenn die Befreiung bis zum Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung für den betreffenden Festsetzungszeitraum ausgesprochen wurde (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10/18 – juris Rn. 9, 34). Dies war vorliegend nicht der Fall.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Klägerin dem streitgegenständlichen Festsetzungsbescheid im Wesentlichen das Vorliegen von Befreiungsvoraussetzungen wegen zu geringen Einkommens entgegenhält (§ 4 RBStV) und das Verfahren damit eine primär fürsorgerische Zweckrichtung hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.4.2011 – 6 C 10.10 – NVwZ-RR 2011, 622 Rn. 3 zu § 6 RGebStV), ist das Verfahren nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO gerichtskostenfrei.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).