Titel:
Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem passrechtlichen Verfahren (Beschränkung des Geltungsbereichs von Personalausweis und Reisepass)
Normenketten:
PAuswG § 6 Abs. 7
PassG § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2
Leitsatz:
Ausreisebeschränkungen stellen nach ihrer gesetzlichen Konzeption grundsätzlich Dauerverwaltungsakte mit einem fortwährenden Regelungsgehalt dar, auch wenn sie im Einzelfall befristet sein mögen; dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, begründet deshalb grundsätzlich kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einschränkung des Geltungsbereichs eines Personalausweises/Reisepasses, Fortsetzungsfeststellungsinteresse, Personalausweis, Reisepass, Ausreisebeschränkung, Beschränkung des Geltungsbereichs, typischerweise sich kurzfristig erledigender Verwaltungsakt
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 20.02.2023 – RN 9 K 22.1818
Fundstelle:
BeckRS 2024, 30446
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. Februar 2023 – RN 9 K 22.1818 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem der Geltungsbereich seines Personalausweises und seines Reisepasses beschränkt wurde.
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In Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 8. Juli 2022 ordnete die Beklagte an, dass der Geltungsbereich seines Personalausweises dahingehend eingeschränkt werden, dass dieser bis zum 8. August 2022 nicht zum Verlassen Deutschlands über eine Auslandsgrenze berechtige. Der Reisepass des Klägers wurde in Nr. 3 des Bescheids dahingehend eingeschränkt, dass er nicht zur Ausreise in die Ukraine, die Republik Moldau, nach Rumänien, in die Republik Polen, die Republik Ungarn und die Slowakische Republik Verwendung finde.
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Gegen diesen Bescheid, der auf § 6 Abs. 7 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 PassG gestützt und im Wesentlichen mit der Gefahr der Ansehensschädigung der Bundesrepublik Deutschland für den Fall begründet wurde, dass die grenzüberschreitende Kontaktaufnahme in die rechte Szene insbesondere in einem Kriegs- und Krisengebiet nicht unterbunden werde, ließ der Kläger am 18. Juli 2022 zum Verwaltungsgericht Regensburg Klage erheben und einen Eilantrag stellen. Das Eilverfahren wurde mit Beschluss vom 26. September 2022 nach übereinstimmender Erledigungserklärung eingestellt. Mit weiterem Schriftsatz vom 16. September 2022 erklärte der Klägerbevollmächtigte, die ursprüngliche Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzuführen. Der Bescheid sei bis zum 8. August 2022 befristet gewesen und habe sich somit erledigt.
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Mit Urteil vom 20. Februar 2023 wies das Verwaltungsgericht die Klage im schriftlichen Verfahren mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresse als unzulässig ab. Für eine Wiederholungsgefahr bestünden weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht ausreichende Anhaltspunkte. Es sei auch kein Rehabilitierungsinteresse gegeben, da die Maßnahme keine diskriminierende Wirkung entfalte. Auch das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebiete keine Feststellung, da sich Ausreisebeschränkungen typischerweise kurzfristig erledigten. Schließlich könne ein Feststellungsinteresse auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses begründet werden, weil ein solcher offenkundig aussichtslos sei. Der Kläger habe zu den finanziellen Schäden seines in der Ukraine tätigen Geschäftsbetriebs nicht substantiiert vorgetragen. Die Kosten seiner Mietwohnung in der Ukraine seien unabhängig von der Ausreisebeschränkung angefallen. Die Reisekosten seien ebenfalls nicht von der Beklagten verursacht worden, sondern die Folge seiner eigenen Entscheidung, Flüge und Zugtickets in die Ukraine zu buchen, obwohl er nach dem zuvor von der Bundespolizei ausgesprochenen Ausreiseverbot mit weiteren Maßnahmen habe rechnen müssen.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung vom 21. März 2023 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe überwiegend schon nicht hinreichend dargelegt wurden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), jedenfalls aber nicht vorliegen.
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a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.). Die Ausführungen im Zulassungsantrag stellen die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage.
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aa) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, wird eine Wiederholungsgefahr nur dann angenommen, wenn die konkrete bzw. hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 21; BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77 (90 f.) = NJW 2004, 2510). Außerdem müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert fortbestehen (BVerwG, U.v. 12.10.2006 – 4 C 12.04 – juris 8; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 113 Rn. 112). Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 14. Oktober 2022 ausgeführt, dass sie bei identischem Sachverhalt keine gleichlautenden Beschränkungen erlassen werde, da sich diese als unverhältnismäßig darstellen würden. Mit Ablauf der Befristung überwögen die Interessen des Klägers, die Angelegenheiten seiner Firma in der Ukraine zu besorgen sowie sein Interesse, seine privaten Beziehungen dort zu leben. Dem setzt der Kläger nur entgegen, dass „eine weitere kurzfristige Beschränkung nicht ausgeschlossen“ sei, weil die Beklagte ihre Argumentation auch ändern bzw. anders argumentieren könne. Damit wird nur eine Möglichkeit, jedoch keine hinreichend konkrete Gefahr aufgezeigt.
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bb) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hat der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Rehabilitationsinteresses hinreichend dargelegt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass ein ideelles Interesse an einer Rehabilitierung bestehen kann, wenn der Verwaltungsakt – über seine erledigte Wirkung hinaus – einen diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt hat (Schübel-Pfister a.a.O. Rn. 119). Die diskriminierende Wirkung muss mit anderen Worten gerade aus den Umständen erwachsen, unter denen der Verwaltungsakt erlassen worden ist. Dies kann anzunehmen sein, wenn sich aus Begründung oder Art und Weise des Erlasses eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 25). Dies ist im Hinblick auf die – hier alleine in Rede stehende – Begründung des Bescheids regelmäßig erst dann der Fall, wenn dem Betroffenen darin die schuldhafte Verletzung von Strafgesetzen zum Vorwurf gemacht wird, ihm also schuldhaft-kriminelles Verhalten unterstellt wird (BVerwG a.a.O.).
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Die Beklagte hat die Ausreisebeschränkung nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts damit begründet, ohne die getroffene Anordnung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger in die Ukraine ausreisen, weitere Kontakte in die regionalpolitische Szene dort knüpfen und in den dortigen Konflikt aktiv verwickelt würde (UA S. 7). Die Beschränkung sei erforderlich, da ein Auftreten grenzübergreifender Kontakte in die rechte Szene eines deutschen Staatsbürgers im Ausland, insbesondere in einem Kriegsgebiet, gerade durch das historische Erbe der Bundesrepublik Deutschland hohes Aufsehen errege (UA S. 8). Eine Stigmatisierung des Klägers hat das Verwaltungsgericht u.a. mit dem Argument abgelehnt, der Kläger habe die von der Beklagten angeführten Anhaltspunkte als Grundlage ihrer Prognose nicht bestritten (UA S. 25).
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Auch in der Zulassungsschrift wendet sich der Kläger ganz überwiegend nicht gegen bestimmte Begründungselemente des Bescheids und bezeichnet diese inhaltlich auch nicht als unzutreffend und ehrverletzend, sondern geht offenbar davon aus, dass der Inhalt des Tenors selbst – die Ausreisebeschränkung und die Eintragung des Sperrvermerks in den Reisepass – stigmatisierende Wirkung hat. Auch diese Argumentation kann dem Kläger nicht zum Erfolg verhelfen. Nach der zitierten Rechtsprechung lässt sich ein Rehabilitierungsinteresse nicht nur mit der Regelung begründen, die sich bereits erledigt hat, sondern bedarf weiterer Begleitumstände, die den Erlass als diskriminierend und stigmatisierend erscheinen lassen. Es reicht daher nicht aus, wenn in der Zulassungsschrift nur auf die (durchaus heterogenen) Tatbestandsmerkmale der Passversagung verwiesen wird, deren „stigmatisierende Wirkung“ vorliegend ohnehin schon dadurch relativiert würde, dass sie nach dem Inhalt des Bescheids nur ein einmonatiges Ausreiseverbot und gerade keine dauerhafte Passversagung begründen konnten. Anders als die Zulassungsschrift dies darstellt, unterstellt der Bescheid nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch nicht, dass der Kläger, „sobald er sich in der Ukraine aufhält, wohl auch aufgrund seines Aggressions- und Gewaltpotentials jederzeit zur Waffe greifen könnte und sich aktiv an den Kämpfen beteiligen würde“. Tragend sind die Erwägungen, bereits das „Auftreten grenzübergreifender Kontakte in die rechte Szene eines deutschen Staatsbürgers im Ausland, insbesondere in einem Kriegsgebiet“ könne wegen des historischen Erbes dem internationalen Ansehen und der Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland schaden (UA S. 7 f.). Dass und warum bereits diese Ausführungen diskriminierend und stigmatisierend im Sinn der oben genannten Rechtsprechung seien, hat der Kläger in seiner Zulassungsschrift nicht dargelegt. Gleiches gilt für die nach Ansicht des Klägers fortdauernde stigmatisierende Wirkung der Eintragungen im Personalausweis und im Reisepass. Dieses Argument ist auch nicht zur Herleitung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses geeignet, denn da die Beschränkungen fortgefallen sind, könnte der Kläger gem. § 7 Abs. 2 Satz 3 PassG bzw. § 6a Abs. 4 PAuswG einen neuen Reisepass und/oder Personalausweis beantragen.
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cc) Der Kläger hat auch nicht dargelegt, warum der Anspruch auf effektiven Rechtschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die Annahme eines Feststellungsinteresses gebietet. Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Entscheidung (UA S. 26) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf ab, ob sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst eine kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung ergibt, die ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 39.12 – NVwZ-RR 2014, 94 Rn. 29). Hierzu zählen vor allem Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben (Schübel-Pfister in Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 113 Rn. 122). Vorliegend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Maßnahmen nach § 6 Abs. 7 PAuswG und § 7 Abs. 1 PassG nicht typischerweise so kurzfristig erledigten, dass eine gerichtliche Kontrolle regelmäßig leerliefe. Dem setzt der Kläger entgegen, dass ein Hauptsacheverfahren nicht innerhalb eines Monats – entsprechend der hier verfügten Befristung – abgeschlossen werden könne; auch Eilrechtschutz – auf den der Kläger ohnehin nur eingeschränkt verwiesen werden dürfe (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77 Rn. 29 ff.) – sei nicht rechtzeitig zu erreichen gewesen. Das mag für den vorliegenden Einzelfall zutreffend sein, verfehlt aber den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Prüfungsmaßstab. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 20.06.2013 – 8 C 39/12 – NVwZ-RR 2014, 94 Ls.2) hat das Verwaltungsgericht zurecht auf eine typisierende Betrachtungsweise abgestellt. Der Kläger legt nicht dar, inwiefern Ausreisebeschränkungen – ähnlich wie etwa Versammlungsverbote – regelmäßig vor ihrer Erledigung keiner Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugänglich seien. Ausreisebeschränkungen stellen nach ihrer gesetzlichen Konzeption grundsätzlich Dauerverwaltungsakte mit einem fortwährenden Regelungsgehalt dar, auch wenn sie im Einzelfall befristet sein mögen (vgl. OVG NW, U.v. 4.5.2015 – 19 A 2097/14 – juris Rn. 23). Lediglich exemplarisch sei darauf hingewiesen, dass es z.B. in dem durch das OVG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 4. Mai 2015 entschiedenen Fall um eine dauerhafte Beschränkung des Geltungsbereichs eines Personalausweises ging. Darüber hinaus gibt es diverse weitere Konstellationen, in denen Ausreisebeschränkungen nicht nur kurzfristig, bezogen auf punktuelle Ereignisse verfügt werden. Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 31).
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Wollte sich der Kläger schließlich gegen den vom Verwaltungsgericht herangezogenen rechtlichen Maßstab wenden, wäre es Aufgabe des Zulassungsbegehrens gewesen, sich näher mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinanderzusetzen. Das alleinige Abstellen auf systematische Rechtsschutzlücken („Erledigung typischerweise vor Erlangung von Rechtschutz“) hat das Bundesverfassungsgericht zwar in den Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe für zulässig gehalten. Es hat darunter aber vornehmlich solche Fälle subsumiert, die schon das Grundgesetz unter einen Richtervorbehalt gestellt hat (BVerfG, B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99 u.a. – BVerfGE 104, 220 Rn. 36 ff.). Einen solchen Richtervorbehalt sieht das Gesetz bei dem Erlass von Ausreisebeschränkungen nicht vor. Der Kläger legt auch nicht weiter dar, warum in seinem Fall von einem Sachverhalt auszugehen sein sollte, der nach der skizzierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Annahme eines Feststellungsinteresses gebietet.
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dd) Die Ausführungen in der Zulassungsschrift geben auch keinen Hinweis darauf, dass ein Feststellungsinteresse wegen der beabsichtigen Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses zu bejahen wäre. Das Verwaltungsgericht hat dazu u.a. argumentiert (UA S. 28 f.), der Kläger habe schon nicht substantiiert vorgetragen, welche Schäden entstanden seien. Wenn mehrere Schuldner in Betracht kämen – hier neben der Beklagten auch die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Bundespolizei, die bereits am 8. Juni 2023 eine Ausreiseuntersagung aussprach und an die sich der Bescheid der Beklagten unmittelbar anschloss – müsse der Kläger auch darlegen, gegen wen er Schadensersatzklage erheben wolle. Dem setzt der Kläger auch in der Zulassungsschrift nichts Neues entgegen, sondern führt nur aus, die Schäden seien bislang nicht abschließend ermittelt worden, da die Bilanz noch nicht fertiggestellt worden sei. Angesicht der Lage der Firma in einem Kriegsgebiet dürften die Anforderungen nicht überspannt werden. Die regelmäßige Stromzufuhr sei aufgrund von Raketenangriffen nicht gewährleistet, und die Arbeit müsse teilweise wegen Luftalarmen unterbrochen werden. Bereits die letztgenannten Ausführungen geben zu weiteren Zweifeln Anlass, inwiefern die mit der streitgegenständlichen Verfügung der Beklagten herbeigeführte einmonatige Abwesenheit des Klägers angesichts der Kriegsbedingungen tatsächlich für Umsatzrückgänge kausal geworden sein soll. Unklar bleibt nach den Ausführungen des Zulassungsantrags aber vor allem, warum der Kläger in einem Amtshaftungsprozess überhaupt Schäden geltend machen können sollte, die nach seinem eigenen Vorbringen der Firma entstanden sind. Dies wird in der Rechtsprechung nur dann für möglich gehalten, wenn der Betroffene Alleingesellschafter einer GmbH ist; der Schaden bestehe dann in der Wertminderung der nur ihm zustehenden Gesellschaftsanteile. Der Zulassungsantrag enthält keine weiteren Ausführungen zu den Gesellschaftern der GmbH bzw. der ukrainischen LLC. Der Kläger bezeichnet sich selbst als „wichtigster Mitarbeiter“, ist aber offenbar kein Geschäftsführer (UA S. 16). Selbst wenn man irrig annähme, dem Verwaltungsprozess käme präjudizielle Wirkung hinsichtlich eines von der GmbH angestrengten Amtshaftungsprozesses zu, wäre auch dieser offensichtlich aussichtslos, da die Amtspflicht, keine rechtswidrigen Ausreiseverbote zu erlassen, nur dem Kläger und nicht einer Gesellschaft gegenüber besteht, der er wirtschaftlich verbunden ist.
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Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der von der Zulassungsschrift gerügte Umstand, dass der Kläger Flug- und Zugreisen gebucht habe, die er, seine Frau und sein Sohn nicht hätten antreten können. Insoweit hat der Kläger zwar einen eigenen Schaden substantiiert geltend gemacht. Für den geltend gemachten Vermögensschaden war das verhängte Ausreiseverbot aber nicht kausal, wenn auch aus anderen Gründen als denen, die das Verwaltungsgericht angenommen hat. Da der Kläger diese Buchungen (wie auch den Abschluss des Mietvertrags) vor Erlass des Bescheides getätigt hatte, wären die Kosten nämlich auch dann entstanden, wenn die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid nicht erlassen hätte. Es handelt sich in beiden Fällen um sogenannte frustrierte bzw. nutzlose Aufwendungen, die ihren Zweck nicht mehr erfüllen konnten (vgl. OLG Frankfurt, U.v. 17.12.2020 – 1 U 285/19 – juris Rn. 33). Es besteht im Schadensersatzrecht kein Rechtssatz des Inhalts, dass grundsätzlich die Aufwendungen erstattet werden müssen, die infolge eines zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses nutzlos geworden sind (vgl. BGH, U.v. 18.9.1975 – III ZR 139/73 – BGHZ 65, 170 Rn. 22).
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b) Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt der Rechtssache ebenfalls nicht zu. Die vom Kläger aufgeworfenen materiell-rechtlichen Fragen waren für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich, weil es – wie ausgeführt – von der Unzulässigkeit der Klage ausgegangen ist.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 30.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).