Inhalt

VGH München, Beschluss v. 29.10.2024 – 1 ZB 23.1194
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen Beseitigungsanordnung für Werbeanlage

Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 2, § 108, § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4, Abs. 5
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 12, Art. 72 Abs. 3
Leitsätze:
1. Ein Verwaltungsakt erledigt sich, wenn die mit ihm verbundene Beschwer wegfällt und er keinerlei Regelungswirkung mehr entfaltet. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dadurch, dass der Betroffene der ihm auferlegten Verpflichtung nachkommt, entfällt nicht ohne Weiteres die mit dem Bescheid, der den Rechtsgrund für das geforderte Verhalten bildet, verbundene Beschwer. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Soweit Anlagen nicht genehmigungsbedürftig sind und auch nicht (bestandskräftig) genehmigt wurden, widersprechen sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei „bloßer“ materieller Illegalität. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Gehörsanspruch verlangt nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen ausführlich wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Erledigung eines Verwaltungsaktes durch Vollziehung (verneint), sonstiges Vorhaben im Außenbereich, Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Funktionslosigkeit eines Flächennutzungsplans, Berufungszulassung, Rechtsschutzinteresse, Beschwer, ernstliche Richtigkeitszweifel, bes. Schwierigkeiten, Verfahrensmangel, Baurecht, Beseitigungsverfügung, Erledigung eines Verwaltungsaktes, Vollzug eines Verwaltungsaktes, Vollstreckung, Zwangsgeld, materielle Illegalität, Gehörsrüge
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 23.05.2023 – M 1 K 19.3981
Fundstellen:
RÜ 2025, 113
BayVBl 2025, 60
BeckRS 2024, 30431
LSK 2024, 30431

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Beseitigungsanordnung für eine Werbeanlage auf dem im Gemeindegebiet der Beklagten gelegenen Grundstück FlNr. …, Gemarkung W … … … (nachfolgend: Vorhabengrundstück).
2
Das nicht beplante Grundstück ist unbebaut und wird landwirtschaftlich für den Ackerbau genutzt. Es ist Teil einer aus drei größeren Grundstücken bestehenden Freifläche, die im Norden von einer Gemeindestraße und im Westen von einer Bundesstraße begrenzt wird. Jenseits der Straßen folgen (teilweise) weitere Freiflächen, südlich und östlich schließt sich Bebauung an. Spätestens Ende April 2019 errichtete die Klägerin im nördlichen Bereich des Vorhabengrundstücks nahe der Fahrbahn der Gemeindestraße eine Werbeanlage. Diese bestand aus zwei in einem spitzen Winkel zueinander auf Ständern aufgestellten Metallzaunelementen, die an beiden Außenflächen, den jeweiligen Fahrtrichtungen auf der Gemeindestraße zugewandt, mit wechselnden Werbebannern bespannt wurden.
3
Mit Bescheid vom 4. Juli 2019 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Werbeanlage vollständig, insbesondere inklusive Werbebanner und Zaunelemente, zu beseitigen. Mit Schreiben an die Beklagte vom 25. September 2019 kündigte die Klägerin die „vorläufige Beseitigung“ der Werbeanlage an; sie nahm diese spätestens am 10. Oktober 2019 auch tatsächlich vor.
4
Die gegen den Bescheid vom 4. Juli 2019 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Mai 2023 ab. Die Beseitigungsanordnung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Werbeanlage sei formell und materiell baurechtswidrig. Sie sei weder nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. a BayBO noch nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. d BayBO verfahrensfrei. Sie sei zudem bauplanungsrechtlich unzulässig, da sie den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche und die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden.
5
Mit dem Zulassungsantrag macht die Klägerin geltend, dass das angegriffene Urteil die Besonderheiten der Werbekonstruktion nicht beachte. Die Annahme eines genehmigungsfreien fliegenden Baus im Sinn von Art. 72 Abs. 3 BayBO sei naheliegender als die einer Werbeanlage im Sinn von Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 BayBO, wobei es sich jedenfalls um ein verfahrensfreies Vorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. d BayBO handele. Zudem liege keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 BauGB vor, da der Flächennutzungsplan mangels Aussagekraft unbeachtlich sei und das Vorhabengrundstück aufgrund der faktischen Bebauung nicht in einem klassischen landwirtschaftlichen und besonders schützenswerten Erholungsbereich liege. Ebenso wenig sei eine Verunstaltung des Ortsbildes erkennbar. Vor diesem Hintergrund bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Die Frage, ob der Flächennutzungsplan für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Werbeanlage herangezogen werden könne, begründe auch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache. Schließlich liege ein Verfahrensmangel vor, da es sich dem Tatsachengericht hätte aufdrängen müssen, dass vorliegend nicht von einem klassischen landwirtschaftlichen Erholungsgebiet auszugehen sei. Insofern wäre eine Inaugenscheinnahme des betreffenden Ortsbereichs angezeigt gewesen. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe jedenfalls insofern, als ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben sei.
6
Die Beklagte tritt dem Zulassungsvorbringen entgegen.
7
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten sowie die übermittelte Behördenakte Bezug genommen.
II.
8
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Zwar ist er nicht aufgrund einer Erledigung der Beseitigungsanordnung unzulässig. Jedoch liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht vor bzw. wurden nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechend dargelegt.
9
1. Zum insofern maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung nach § 124a Abs. 5 Satz 1 VwGO (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vorb § 124 Rn. 18) besteht ein auch für einen Antrag auf Zulassung der Berufung erforderliches Rechtsschutzinteresse der Klägerin fort, obwohl die Werbeanlage spätestens im Oktober 2019 entfernt wurde.
10
Das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und damit auch das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses für das eingelegte Rechtsmittel ist von Amts wegen zu prüfen (Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Januar 2024, Vorb § 124 Rn. 28). Eine Erledigung der Hauptsache kann sich auf das Zulassungsverfahren dahingehend auswirken, dass es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2013 – 1 B 22.12 – NVwZ-RR 2013, 774; B.v. 28.8.1985 – 8 B 128.84 – DÖV 1985, 1064 jeweils für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde; BayVGH, B.v. 25.3.2013 – 2 ZB 12.1266 – juris Rn. 3; B.v. 16.7.2012 – 9 ZB 12.481 – juris Rn. 2). Allerdings hat sich die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung vom 4. Juli 2019 durch die Entfernung der Werbeanlage nicht im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt.
11
Ein Verwaltungsakt erledigt sich, wenn die mit ihm verbundene Beschwer wegfällt und er keinerlei Regelungswirkung mehr entfaltet. Die Klägerbevollmächtigten hatten der Beklagten mit Schreiben vom 25. September 2019 mitgeteilt, dass die Klägerin die Werbeanlage „vorläufig“ beseitigen werde. Die Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei für den Fall der Nichtbefolgung der Beseitigungsanordnung vom 4. Juli 2019 angedrohte Zwangsgelder fällig gestellt und ein weiteres Zwangsgeld angedroht. Die Klägerbevollmächtigten hatten in dem Schreiben vom 25. September 2019 erklärt, dass sie die Zahlungsaufforderung bezüglich eines Zwangsgeldes für unwirksam hielten, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 10. Oktober 2019 auf die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids vom 4. Juli 2019 verwies. Die tatsächliche Entfernung der Werbeanlage spätestens Anfang Oktober 2019 erfolgte daher offensichtlich unter dem Druck des Bescheids vom 4. Juli 2019 und der Anordnung seiner sofortigen Vollziehbarkeit sowie der Androhung von Zwangsgeldern. Die (freiwillige) Vollziehung (wie auch die Vollstreckung) eines Verwaltungsaktes führt jedenfalls dann nicht zu seiner Erledigung, wenn durch die Erfüllung ein jederzeit wieder rückgängig zu machender Zustand entsteht. Denn dadurch, dass der Betroffene der ihm auferlegten Verpflichtung nachkommt, entfällt nicht ohne Weiteres die mit dem Bescheid, der den Rechtsgrund für das geforderte Verhalten bildet, verbundene Beschwer (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303; BayVGH, B.v. 25.7.2014 – 1 ZB 13.514 – juris Rn. 8 m.w.N.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 107). Im vorliegenden Fall spricht insbesondere die einfache Bauweise der Werbeanlage – lediglich auf dem Erdboden abgestellte Ständer, auf denen zwei Metallzaunelemente aufgestellt wurden, die mit unterschiedlichen Bannern bespannt werden konnten – dafür, dass sie ohne Weiteres abgebaut und jederzeit ohne größeren Aufwand am gleichen Ort wieder aufgestellt werden kann, was sich die Klägerin durch den Hinweis auf die lediglich „vorläufige“ Beseitigung auch ausdrücklich vorbehalten hat. In diesem Fall würde die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung wieder Rechtsfolgen entfalten, da sie sich nicht in der Verpflichtung zur Beseitigung einer Anlage erschöpft, sondern auch deren (alsbaldiges) Wiedererrichten an gleicher Stelle und in im Wesentlichen gleicher Ausführung mit früherer Funktion verbietet (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2006 – 26 ZB 04.255 – juris Rn. 3; Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand Juni 2024, Art. 76 Rn. 51).
12
2. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
13
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542).
14
Das ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beseitigungsanordnung rechtmäßig ist.
15
2.1 Die Darlegungen der Klägerin zur fehlenden (baurechtlichen) Genehmigungspflicht der streitgegenständlichen Werbeanlage, die sich aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 BayBO, jedenfalls aber aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. d BayBO ergebe, vermögen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Ergebnis nicht zu erschüttern. Denn für den Fall der von der Klägerin angenommenen fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit der Werbeanlage steht diese schon dann „im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ im Sinn von Art. 76 Satz 1 BayBO, wenn sie materiell rechtswidrig ist.
16
Soweit Anlagen nicht genehmigungsbedürftig sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2003 – 20 ZB 99.3616 – juris Rn. 3) und auch nicht (bestandskräftig) genehmigt wurden (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand Juni 2024, Art. 76 Rn. 87), widersprechen sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 1 BayBO bei „bloßer“ materieller Illegalität. Es bedarf daher hier keiner näheren Ausführungen zu Art. 72 BayBO.
17
2.2 Das Zulassungsvorbringen zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts auf, dass die Werbeanlage gemäß § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig sei, weil sie den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche.
18
Die Klägerin macht geltend, dass die Werbeanlage den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beklagten nicht im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB widersprechen könne, weil dieser mangels Aussagekraft aufgrund seines Alters und des Auseinanderklaffens mit der tatsächlichen Bebauung unbeachtlich sei. Zwar können entsprechend den für Bebauungspläne entwickelten allgemeinen Grundsätzen Darstellungen eines Flächennutzungsplans wegen veränderter tatsächlicher Verhältnisse ebenfalls funktionslos werden, so dass ihnen auch Vorhaben im Sinn von § 35 Abs. 2 BauGB nicht mehr gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB widersprechen können (vgl. BVerwG, B.v. 31.10.1997 – 4 B 185.97 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.896 – BauR 2015, 85). Dies gilt dann, wenn die (tatsächliche) Entwicklung des Baugeschehens den Darstellungen des Flächennutzungsplans in einem sowohl qualitativ wie quantitativ so erheblichen Maß zuwiderläuft, dass die Verwirklichung der ihnen zugrundeliegenden Planungsabsichten entscheidend beeinträchtigt ist (vgl. BVerwG, B.v. 31.10.1997 a.a.O.). Insofern vermag aber allein sein Alter einem Flächennutzungsplan nicht seine Relevanz zu entziehen. Darüber hinaus entspricht die tatsächliche, von der Klägerin nicht in Abrede gestellte ackerbauliche Nutzung des Vorhabengrundstücks der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Nutzungsart als Fläche für Landwirtschaft, so dass nicht ersichtlich ist, dass und inwiefern die tatsächliche Nutzung der im Flächennutzungsplan vorgesehenen – noch dazu in erheblichem Maß – zuwiderlaufen soll. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, dass die Ortsstraße, an der das Grundstück liegt, in diesem Bereich eine Verbindungsstraße „zwischen“ – also außerhalb von – zwei bebauten Siedlungsgebieten ist. Dass das Grundstück selbst als Bestandteil eines Siedlungsgebiets anzusehen sein soll, wird durch die bloße Angabe der Fundstelle einer aus Klägersicht wohl einschlägigen gerichtlichen Entscheidung (OVG Münster, BauR 1978, 296) ebenfalls nicht deutlich.
19
2.3 Vor diesem Hintergrund vermögen die Ausführungen zur fehlenden Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft durch die Werbeanlage sowie zur fehlenden Verunstaltung des Ortsbildes von vornherein keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen.
20
Bei der Frage, ob ein Vorhaben nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig ist, reicht schon der Verstoß gegen einen der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange aus (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.1999 – 4 B 85.99 – BauR 2000, 1171). Daher kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob neben einem Widerspruch im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB noch andere öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt sind. Davon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen, indem es dahinstehen ließ, ob die Werbeanlage auch gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet.
21
3. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache – anders als die Zulassungsbegründung annimmt – wegen der Relevanz des Flächennutzungsplans im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. zum insofern einschlägigen Maßstab etwa BayVGH, B.v. 3.11.2009 – 1 ZB 06.1842 – juris Rn. 12) aufweist, die eine Zulassung der Berufung erforderlich machen würden. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage lässt sich, wie gezeigt, ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren klären. Allein die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Klägerin genügt nicht für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 1 ZB 20.260 – juris Rn. 13; B.v. 30.7.2018 – 9 ZB 16.1068 – juris Rn. 14).
22
4. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
23
4.1 Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO erfordert u.a. die Darlegung, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, aber auch im vorbereitenden Verfahren, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Insofern hätte die Klägerin, die im erstinstanzlichen Verfahren keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, im Zulassungsvorbringen darlegen müssen, weshalb sich dem Verwaltungsgericht aus seiner maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung, insbesondere die landwirtschaftliche Prägung, des Vorhabengrundstücks und seiner Umgebung hätte aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um – vermeintliche – Versäumnisse eines Prozessbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007, 285). Aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht vorliegend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich. In der Sache wendet sich die Klägerin mit der Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gegen die aus ihrer Sicht unrichtige Bewertung des Sachverhalts. Hierauf kann ein Verfahrensfehler nicht gestützt werden.
24
4.2 Soweit eine unterbliebene Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils geltend gemacht wird, wird kein Gehörsverstoß aufgezeigt. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Das Gebot verpflichtet das Gericht dazu, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung (jedenfalls erwägend) zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238; BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378), jedoch nicht, ihnen in der Sache zu folgen. Der Gehörsanspruch verlangt nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen ausführlich wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich daher auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, welchen konkreten Vortrag das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt haben soll und inwiefern sich dieser angeblich übergangene Vortrag auf die Entscheidung ausgewirkt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.2009 – 9 B 64.09 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 27.7.2005 – 1 ZB 05.30554 – juris Rn. 11).
25
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3‚ § 52 Abs. 2 GKG. Der Betrag entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.
26
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).