Inhalt

AG München, Endbeschluss v. 14.08.2024 – 554 F 3511/24
Titel:

Antragsgegner, Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft, eheliche Lebensgemeinschaft, Ehegatten, häusliche Gemeinschaft, Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, Getrenntleben, Ehewohnung, Elektronisches Dokument, Zustellung des Scheidungsantrags, Mutter des Antragstellers, Anzuwendendes Recht, Elektronischer Rechtsverkehr, Aufgabe zur Post, Beschwerdeschrift, Beteiligtenvorbringen, Ehescheidung und Trennung, Juristische Person des öffentlichen, Entscheidung in Ehesachen, Bekanntgabe

Schlagworte:
Trennungsjahr, Trennungswille, Eheliche Lebensgemeinschaft, Scheidungsantrag, Zuständigkeit, Anhängigkeit der Hauptsache, Begründetheit des Scheidungsantrags
Fundstelle:
BeckRS 2024, 29944

Tenor

1. Die am 28.04.2019 vor dem Standesamt in … (Heiratsregister Nr. …) geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wird geschieden.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Entscheidungsgründe

1
1. Scheidung
I.
2
Die Ehegatten haben am 28.04.2019 vor dem Standesamt in … unter Heiratsregister Nr. … die Ehe miteinander geschlossen.
3
Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 24.04.2024 zugestellt.
4
Die Ehegatten leben seit 28.05.2021 räumlich getrennt. An diesem Tag zog der Antragsteller unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen sowie sämtlicher Sachen, die er während der Ehe anschafft hatte, mit Ausnahme eines Tablets, das er der Antragsgegnerin überließ, aus der Ehewohnung, die von den Beteiligten möbliert angemietet worden war, aus.
5
Zu Kontakten zwischen den Ehegatten kam es seit dem Auszug des Antragstellers nur noch wie folgt: Im Jahre 2021 holte der Antragsteller ein Modem, das bei seinem Auszug zurückgeblieben war, sowie einmal Post aus der Ehewohnung ab; im Mai 2023 holte der Antragsteller ein weiteres Mal Post ab, weil die indische Bank des Antragstellers versehentlich einen Brief an die alte Adresse geschickt hatte.
6
Die Antragsgegnerin versuchte seit Mai 2021 vielfach, Kontakt zum Antragsteller herzustellen, worauf dieser jedoch in keinem Fall reagierte. Im Sommer 2023 wandte sich die Antragsgegnerin in Indien an die Familie des Antragstellers; die Antragsgegnerin erhoffte sich dabei, dass die Familie des Antragstellers diesen überzeugen könnte, wieder mit ihr zusammen zu sein. Die Mutter des Antragstellers teilte der Antragsgegnerin sinngemäß mit, dass sie es natürlich gern sehen würde, wenn die Ehe der Beteiligten funktioniert, lehnte aber eine diesbezügliche Einflussnahme auf den Antragsteller ab. Sie erklärte, dass der Antragsteller nicht auf sie höre (Vortrag Antragsgegnerin) bzw. dass dies eine Sache zwischen den Beteiligten sei (Vortrag Antragsteller). Zu weiteren Gesprächen zwischen den Familien der Beteiligten in Indien kam es in der Folge nicht; der Antragsteller wurde zu keinem Zeitpunkt involviert.
7
Der Antragsteller trägt vor, die Ehe sei gescheitert. Er habe der Antragsgegnerin bei seinem Auszug am 28.05.2024 eindeutig mitgeteilt, dass er die Ehe nicht fortsetzen wolle. Er glaubt sich zu erinnern, dass er wörtlich gesagt habe, dass er mit der Antragsgegnerin nicht mehr verheiratet sein wolle und wünsche, dass man sich im gegenseitigen Einvernehmen trenne.
8
Der Antragsteller beantragt, die Ehe der Beteiligten zu scheiden.
9
Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Scheidungsantrags.
10
Die Antragsgegnerin erwidert, dass vorliegend das Trennungsjahr nicht abgelaufen sei. Dieses habe erst mit der Zustellung des Scheidungsantrags an sie am 24.04.2024 begonnen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass der Antragsteller die Scheidung der Ehe anstrebt. Die Antragsgegnerin trägt dazu vor, dass der Antragsteller bei seinem Auszug im Mai 2021 lediglich gesagt habe, dass er mit ihr nicht mehr im gleichen Haus bzw. in der gleichen Wohnung leben wolle; er habe nicht gesagt, dass er die Scheidung wolle. Vor seinem Auszug habe er sie gefragt, ob sie ausziehen könne.
11
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die konkrete Ausgestaltung der Ehe der Beteiligten und auch die Frage, ob der Trennungswille des Antragstellers für sie erkennbar war, vor dem kulturellen Hintergrund der in Indien nach dortigen traditionellen Vorstellungen geschlossenen Ehe zu beurteilen sei. Bei der Ehe der Beteiligten handele es sich um eine durch die Familien der Beteiligten arrangierte Ehe. In derartigen Ehen sei es nicht unüblich, dass die Eheleute dauerhaft in getrennten Haushalten lebten; auch die Eltern des Antragstellers führten ihre Ehe auf diese Weise. Aus dem Auszug des Antragstellers aus der gemeinsamen Ehewohnung habe sie deshalb nicht auf dessen Trennungswillen schließen können. Ferner habe sie zur Hochzeit in Indien der Tradition entsprechend von ihrer Familie Schmuck und traditionelle Hochzeitsgewänder in erheblichem Wert erhalten, die bei der Mutter des Antragstellers in Indien verblieben seien. Wenn der Antragsteller die Scheidung gewollt hätte, hätte sie Nachricht erhalten müssen, wann und wie sie diese Dinge zurückerhalten solle. Auch werde eine Trennung und Scheidung in Indien üblicherweise zwischen den Familien der beteiligten Ehegatten besprochen; dies sei vorliegend jedoch nicht passiert.
12
Der Antragsgegner erwidert, dass es nicht zutreffend sei, dass Eheleute in arrangierten Ehen in Indien üblicherweise in getrennten Haushalten lebten. Vielmehr handele es sich bei der arrangierten Ehe um eine normale Ehe, getrennte Haushalte kämen zwar vor, sei aber nicht kennzeichnend für arrangierte Ehen. Die räumliche Trennung seiner Eltern habe berufliche Gründe; es bestehe zudem ein regelmäßiger persönlicher Kontakt zwischen seinen Eltern, man habe gemeinsam Kinder und sei auch stets gemeinsam in den Urlaub gefahren.
13
Die Eheschließung und die Staatsangehörigkeit der Ehegatten wurden durch öffentliche Urkunden nachgewiesen.
14
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das weitere schriftliche Beteiligtenvorbringen und die Feststellungen zu gerichtlichem Protokoll, verwiesen.
II.
15
1. Der Scheidungsantrag ist zulässig.
16
Das Amtsgericht München ist international und örtlich zuständig (§97 Abs. 1 FamFG, Artikel 3 der Verordnung (EU) Nr. 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführung; §122 FamFG).
17
Das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, weil dieses Verfahren nach dem 20.06.2012 im Sinne der Anhängigkeit der Hauptsache bei Gericht eingeleitet worden ist (Artikel 1, 4, 18 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010).
18
Die Ehescheidung richtet sich mangels einer wirksamen Rechtswahl nach Artikel 5 bis 7 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 nach deutschem Recht. Die Ehegatten hatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Artikel 8 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts).
19
2. Der Scheidungsantrag ist auch begründet, weil die Ehe der Ehegatten gescheitert ist (§§1564 Satz 1 und 3, 1565 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Die Beteiligten leben seit mehr als einem Jahr getrennt und es kann nicht erwartet werden, dass die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen.
20
a) Das Familiengericht ist aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Ehegatten seit 28.05.2021 räumlich voneinander getrennt leben und der Trennungswille des Antragstellers für die Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung kultureller Besonderheiten seit mehr als einem Jahr erkennbar war.
21
Der Antragsteller ist nach übereinstimmendem Vortrag beider Beteiligter am 28.05.2021 unter Mitnahme seiner sämtlichen persönlichen Sachen, sämtlicher in der Ehe von ihm angeschaffter Gegenstände bis auf ein Tablet und ohne Rückkehrabsicht aus der Ehewohnung ausgezogen. Die häusliche Gemeinschaft der Beteiligten war damit aufgehoben und wurde seitdem auch nicht wiederhergestellt. Beide Ehegatten stimmen auch in ihrem Vortrag überein, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin bei seinem Auszug jedenfalls mitteilte, dass er nicht mehr mit ihr zusammenleben wolle. Ebenso stimmen die Beteiligten darin überein, dass es seit dem Auszug des Antragstellers aus der Ehewohnung mit Ausnahme dreier Kontakte zur Abholung von Post/Modem zu keinerlei persönlichen Kontakten zwischen den Beteiligten gekommen ist, keine Kommunikation zwischen den Beteiligten stattfand, keinerlei gegenseitige Unterstützung erfolgt ist und der Antragsteller über drei Jahre sämtliche Kontaktversuche der Antragsgegnerin unbeantwortet gelassen hat.
22
Bereits angesichts dieser übereinstimmend geschilderten Umstände war der Trennungswille des Antragstellers für die Antragsgegnerin -- selbst wenn man deren Vortrag folgt, dass die reine räumliche Trennung nach den Bedingungen einer nach traditionellen Vorstellungen in Indien arrangierten und geschlossenen Ehe noch keine Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bedeutet -- spätestens nach Ablauf einer angemessenen Frist, die das Gericht in Anlehnung an das Trennungsjahr nach §1566 BGB mit etwa einem Jahr ansetzt, erkennbar.
23
Auch wenn das Auflösen der häuslichen Gemeinschaft ein wesentliches und für den anderen Ehegatten deutlich erkennbares Indiz dafür darstellt, dass ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft der Beteiligten ablehnt (BeckOGK/S. Kappler BGB §1567 Rn. 55--57), ist die häusliche Gemeinschaft jedoch nicht gleichzusetzen mit der ehelichen Lebensgemeinschaft (Grüneberg, §1565 Rn. 2), sondern es besteht Raum für abweichende Ausgestaltungen der ehelichen Lebensgemeinschaft, die dann auch andere Anforderungen an die Erkennbarkeit des Trennungswillens stellen. Hinsichtlich der Erkennbarkeit des Trennungswillens ist dabei aber stets auf einen objektiven Betrachter abzustellen; jedenfalls für einen solchen muss sich der Trennungswille somit aus den Umständen, Handlungen und/oder Erklärungen des trennungswilligen Ehegatten ergeben (BeckOGK/S. Kappler BGB §1567 Rn. 53).
24
Hinsichtlich der ausdrücklichen Bekanntgabe seines Trennungswillens bei dem Auszug im Mai 2021 widersprechen sich die Angaben der Beteiligten; während der Antragsteller vorträgt, er habe der Antragsgegnerin ausdrücklich mitgeteilt, dass er nicht mehr mit ihr verheiratet sein möchte, gab die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller ihr lediglich zu erkennen gegeben habe, dass er die häusliche Gemeinschaft mit ihr ablehnt, was für die Antragsgegnerin jedoch vor dem Hintergrund der arrangierten Ehe und der konkreten Ausgestaltung der Ehe der Eltern des Antragstellers nicht gleichbedeutend mit einer Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft als solcher gewesen sei. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist aufgrund des Zeitablaufs nicht möglich, so dass der Antragsteller den Nachweis, dass er der Antragsgegnerin bei seinem Auszug unmissverständlich seinen Trennungswillen bekundet habe, letztlich nicht führen konnte.
25
Selbst wenn man aber von dem Vortrag der Antragsgegnerin ausgeht, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer arrangierten Ehe nach traditionellen indischen Vorstellungen der reine Auszug des Antragstellers aus der gemeinsamen Ehewohnung noch kein hinreichendes Indiz für dessen Ablehnung einer Weiterführung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Antragsgegnerin darstellt, so war dies für einen objektiven Beobachter und also auch für die Antragsgegnerin und auch unter Berücksichtigung traditioneller kultureller Vorstellungen aus dessen umfassender Ablehnung jeglichen weiteren Kontakts zur Antragsgegnerin und dem Fehlen jeglicher gegenseitiger persönlicher oder wirtschaftlicher Unterstützung in der Folgezeit erkennbar.
26
Auch wenn eine eheliche Lebensgemeinschaft im konkreten Fall in anderer Weise als durch die Herstellung einer häuslichen Gemeinschaft ausgestaltet werden kann, so muss doch in jedem Fall ein Mindestmaß an Gemeinschaft zwischen den Ehegatten verbleiben, andernfalls eine eheliche Lebensgemeinschaft objektiv nicht mehr besteht. Soweit die Antragstellerin sich an der Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Eltern des Antragstellers orientiert, ist eine Vergleichbarkeit gerade nicht gegeben: Trotz räumlicher Trennung besteht zwischen den Eltern des Antragstellers unbestritten regelmäßiger Kontakt, es gab/gibt gemeinsame Urlaube und die Kinder wurden gemeinsam erzogen, so dass insoweit schon nach dem äußeren Erscheinungsbild von einem Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ausgegangen werden kann. Zwischen den Beteiligten wurde aber vom Antragsteller mit seinem Auszug jegliche Form der Gemeinschaft aufgehoben und der Kontakt vollständig abgebrochen. Die Wiederherstellung eines Kontakts oder von für eine eheliche Lebensgemeinschaft kennzeichnenden Gemeinsamkeiten wurde für die Antragsgegnerin deutlich erkennbar abgelehnt. Spätestens nach Ablauf von etwa einem Jahr war für einen objektiven Beobachter und damit auch für die Antragsgegnerin erkennbar, dass der Antragsteller eine eheliche Gemeinschaft mit der Antragsgegnerin ablehnt und nicht wiederherzustellen beabsichtigt.
27
Dass die Antragsgegnerin dies letztlich spätestens im Juni 2023 auch erkannt hatte, ergibt sich bereits daraus, dass sie im Juli 2023 die Familie des Antragstellers mit der Bitte um Vermittlung zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft kontaktierte. Hätte sie die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und die Ablehnung der Wiederherstellung derselben durch den Antragsteller nicht zumindest inhaltlich als solche erkannt, wäre dies nicht notwendig gewesen, zumal für die Antragsgegnerin nach ihrem eigenen Vortrag das räumliche Getrenntleben eine übliche Form der ehelichen Lebensgemeinschaft bei arrangierten Ehen darstellte.
28
Der weitere Einwand der Antragsgegnerin, dass sie aufgrund der traditionellen indischen Gepflogenheiten hinsichtlich der Auflösung einer Ehe auf ein Signal seitens der Familie des Antragstellers gewartet habe, dass sich der Antragsteller von ihr trennen und sich ggf. scheiden lassen möchte, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die traditionellen indischen Gepflogenheiten vorliegend davon überlagert werden, dass sich die Beteiligten seit geraumer Zeit in Deutschland aufhalten, ihre Ehe hier führten und für eine Ehescheidung in Deutschland mangels einer anderweitigen Rechtswahlvereinbarung der Beteiligten deutsches Scheidungsrecht zur Anwendung zu kommen hat. Darüber hinaus teilte die Mutter des Antragstellers der Antragsgegnerin im Juli 2023 mit, dass sie sich zwar wünschen würde, dass die Ehe der Beteiligten funktioniere, jedoch ihr Sohn nicht auf sie hören würde. Hiermit wurde für die Antragsgegnerin nochmals eindeutig erkennbar klargestellt, dass sich der Antragsteller gerade nicht den traditionellen indischen Gepflogenheiten unterwirft, sondern seine eigenen Entscheidungen über den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft trifft.
29
Ob und inwieweit über die Vorschriften des deutschen Scheidungsrechts hinaus traditionelle hinduistische Regeln, z.B. hinsichtlich der Rückgewähr von Hochzeitsgeschenken, zu beachten sind, um die in Deutschland erfolgte Ehescheidung in Indien anerkennungsfähig zu machen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Umstand, dass die Hochzeitsgeschenke sich nach dem Vortrag der Antragsgegnerin noch im Haus der Mutter des Antragstellers befinden, hindert jedenfalls nicht die Kommunikation eines Trennungswillens des Antragstellers an die Antragsgegnerin in Deutschland; nach hiesigen Rechtsvorstellungen handelt es sich bei der Rückgewähr von Hochzeitsgeschenken um Scheidungsfolgen. Selbst wenn dies nach indischer Rechtslage anders sein sollte, ergab sich aus den vorstehend dargestellten Umständen spätestens ab Juli 2023 für die Antragsgegnerin erkennbar, dass die Trennung und Scheidung der Beteiligten hier gerade nicht ausschließlich traditionellen indischen Vorstellungen folgt.
30
Unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Umstände einschließlich der kulturellen Traditionen der in Indien arrangierten Ehe der Beteiligten war für die Antragsgegnerin seit mehr als einem Jahr erkennbar, dass der Antragsteller im Mai 2021 nicht nur die häusliche Gemeinschaft mit ihr beenden wollte und beendet hat, sondern auch die eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne einer durch die Ehe getragenen Verantwortungsgemeinschaft mit ihr ablehnt und auch nicht wieder herzustellen beabsichtigt.
31
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten besteht somit für die Antragsgegnerin objektiv erkennbar seit mindestens einem Jahr nicht mehr.
32
b) Der Antragsteller hat im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass er an der Ehe nicht mehr festhalten will. Es kann also nicht erwartet werden, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaft wiederherstellen (§1565 Abs. 1 Satz 2 BGB).
33
Ob die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwartet werden kann, ist als richterliche Prognose unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden (BGH, Urt. v. 14.06.1978). Entscheidend ist dabei, ob die Ehekrise überwindbar erscheint oder zumindest einem Ehegatten jegliche Versöhnungsbereitschaft fehlt. Eine einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten reicht dafür aus. Es genügt, wenn aus dem Verhalten und aus den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, die Ehe fortzusetzen, weil bereits dann die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten ist (Grüneberg, §1565 Rn. 2).
34
Vorliegend gab es keine Versöhnungsversuche zwischen den Ehegatten und es ist auch nicht zu erwarten, dass solche in der Zukunft stattfinden werden. Der Kontakt zwischen den Ehegatten ist seit mehr als drei Jahren vollständig abgebrochen. Der Antragsteller ist auf die Kontaktversuche der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt eingegangen und hat auch im Termin zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit ist, die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Antragsgegnerin fortzuführen. Eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Beteiligten ist nicht zu erwarten.
35
2. Kosten und Nebenentscheidungen
36
Die Kostenentscheidung beruht auf §150 Abs. 1 FamFG.