Titel:
Einbürgerung, Untätigkeitsklage, Somalischer Staatsangehöriger, Erfordernis der Identitätsklärung, Familienstand als Teil der Identität eines Einbürgerungsbewerbers, Beweiswert von durch somalische Behörden ausgestellten Dokumenten, Unstimmigkeiten in früheren Angaben, Beweisnot des Einbürgerungsbewerbers, Mitwirkungspflicht und Feststellungslast des Einbürgerungsbewerbers
Normenketten:
StAG § 10 Abs. 1
VwGO § 75
Schlagworte:
Einbürgerung, Untätigkeitsklage, Somalischer Staatsangehöriger, Erfordernis der Identitätsklärung, Familienstand als Teil der Identität eines Einbürgerungsbewerbers, Beweiswert von durch somalische Behörden ausgestellten Dokumenten, Unstimmigkeiten in früheren Angaben, Beweisnot des Einbürgerungsbewerbers, Mitwirkungspflicht und Feststellungslast des Einbürgerungsbewerbers
Fundstelle:
BeckRS 2024, 29692
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger, ein nach eigenen Angaben im Jahr 1991 geborener somalischer Staatsangehöriger, begehrt mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten zu seiner Einbürgerung.
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Der Kläger reiste am … … 2009 in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 3. November 2009 wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Seit dem 27. Dezember 2012 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Am 19. Juni 2019 stellte ihm die Beklagte einen Reiseausweis für Flüchtlinge aus.
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Die Bevollmächtigte des Klägers beantragte mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2023, beim Beklagten eingegangen am 23. Oktober 2018, die Einbürgerung des Klägers sowie dessen Lebensgefährtin und der drei gemeinsamen Kinder beim Landratsamt … (Landratsamt). Vorgelegt wurde unter anderem eine am 1. August 2018 in Mogadischu ausgestellte Geburtsurkunde des Klägers.
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Mit Schreiben vom 16. November 2018 wurde der Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass eine Einbürgerung des Klägers, seiner Lebensgefährtin und Kinder derzeit nicht möglich sei. Der Einbürgerungsantrag der Lebensgefährtin wurde daraufhin am 10. Januar 2019 zurückgenommen. Am 18. September 2019 reichte der Kläger ein weiteres Antragsformular sowie weitere Unterlagen ein.
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Am 7. Oktober 2019 legte der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache eine am 4. Oktober 2019 von der somalischen Botschaft in … ausgestellte Geburtsurkunde sowie eine am 8. September 2019 in Mogadischu ausgestellte Scheidungsurkunde vor. Laut einer Kurzmitteilung der Polizeiinspektion … … … … (Polizeiinspektion) vom 11. Februar 2020 seien die am 1. August 2018 in Mogadischu ausgestellte Geburtsurkunde und die am 8. September 2019 in Mogadischu ausgestellte Scheidungsurkunde nach einer Dokumentenprüfung des Bayerischen Landeskriminalamts als Fälschungen eingestuft worden. Bei der am 4. Oktober 2019 von der somalischen Botschaft in … ausgestellten Geburtsurkunde handele sich um eine nichtamtliche Ausstellung, da sie auf Grundlage der am 1. August 2018 in Mogadischu ausgestellten Geburtsurkunde ausgestellt worden sei.
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Ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung (3 Cs 27 Js 2830/20) wurde vom Amtsgericht Neuburg an der Donau mit Beschluss vom 24. Juni 2020 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Hauptverhandlung am 24. Juni 2020 gab der Sachverständige des Bayerischen Landeskriminalamts an, er gehe wegen Vorliegens von Fälschungsmerkmalen von Totalfälschungen aus. Es gäbe aber kein Vergleichsmaterial, weswegen er nicht ausschließen könne, dass die Urkunden tatsächlich von den angegebenen Behörden ausgestellt worden sind.
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Mit Schreiben vom 2. März 2021 übersandte die Klägerbevollmächtigte dem Landratsamt eine eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 15. Oktober 2014, die anlässlich der Geburt eines Kindes abgegeben worden ist, in der dieser seinen Namen, Geburtsdatum und -ort sowie Familienstand als „nicht verheiratet“ bekräftigt.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom 3. Mai 2021 wurde der Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass die Identität des Klägers weiterhin als nicht geklärt anzusehen sei. Der Kläger wurde aufgefordert, Schulzeugnisse oder Schulbescheinigungen aus Somalia vorzulegen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2021 teilte die Klägerbevollmächtigte mit, dass es dem Kläger nicht möglich sei, Schulzeugnisse beizubringen, da die Schulzeit lange zurückliege und er nicht wisse, ob die Schule überhaupt noch existiere. Seine Familie sei nicht in Somalia und könne ihm nicht helfen. Mit Schreiben vom 21. Juli 2021 wies das Landratsamt darauf hin, dass der Kläger nach seinen Angaben noch einen Onkel in Somalia habe, der auch die Geburtsurkunde beschafft haben soll. Mit Schreiben vom 8. November 2021 legte die Klägerbevollmächtigte somalische Reisepässe und Personalausweise der Familie vor. Laut einer Mitteilung der Polizeiinspektion vom 20. Januar 2022 würden die Ausweisdokumente keine Hinweise auf eine nichtamtliche Ausstellung aufweisen. Somalische Identitätsdokumente würden von deutschen Behörden aber grundsätzlich nicht anerkannt.
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Mit Schreiben vom 1. Februar 2022 teilte das Landratsamt mit, dass es im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Klägers erforderlich sei, dass dieser andere Nachweise zu seiner Identitätsklärung vorlege, insbesondere da er in der Vergangenheit falsche Angaben gemacht habe und seine Angaben daher nicht glaubwürdig seien. Er habe sich bei der Einreise mit einem auf andere Personalien ausgestellten niederländischen Reisedokument für Flüchtlinge ausgewiesen. In seiner Anhörung beim Bundesamt am 8. Juni 2009 habe er Falschangaben gemacht, da er damals angegeben habe, keine Kinder zu haben und dass seine damalige Frau nicht schwanger sei, obwohl er am 3. Dezember 2009 den Familiennachzug für seine damalige Frau und eine am 1. Februar 2009 geborene Tochter beantragt habe. Der Kläger habe im Einbürgerungsantrag angegeben, dass sein Vater die australische Staatsangehörigkeit besitze und in Melbourne wohne. Dies zeige, dass inzwischen wieder Kontakt zum Vater bestehe. Da der Vater für seine Einbürgerung in Australien auch dort seine Identität habe nachweisen müssen, könne der Kläger eventuell über seinen Vater Dokumente beschafften. Im Einbürgerungsantrag habe der Kläger zudem angegeben, dass seine Mutter in Somalia lebe, sodass auch über sie die Möglichkeit bestehe, Unterlagen zu erhalten.
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Mit Schreiben vom 29. Juli 2022 legte die Klägerbevollmächtigte eine eidesstattliche Versicherung des Vaters des Klägers vom 25. Juni 2022 vor, in der dieser versichert, zwar keine Geburtsurkunde zu besitzen, um die Vaterschaft zum Kläger nachzuweisen, aber erklärt, der biologische Vater des Klägers zu sein. Die Klägerbevollmächtigte teilt außerdem mit, dass der Kläger keinen Kontakt zur Mutter habe. Bei dem niederländischen Reisedokument für Flüchtlinge handele es sich nicht um seinen eigenen Pass. Er habe diese Personalien nicht verwendet. An die Anhörung beim Bundesamt erinnere er sich nicht. Diese liege 13 Jahre zurück. Es habe sich möglicherweise um einen Übersetzungsfehler gehandelt.
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Am 21. November 2022 hat der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen lassen,
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den Beklagten zu verpflichten, den Kläger gemäß § 10 Abs. 1 StAG einzubürgern.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger erfülle die Erteilungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG. Seine Identität und seine Staatsangehörigkeit seien geklärt. Er habe umfangreiche Unterlagen vorgelegt, darunter eine eigene eidesstattliche Versicherung, die eidesstattliche Versicherung seines leiblichen Vaters und vor allem den somalischen Reisepass. Die Tatsache, dass das Urkundenwesen in Somalia unsicher sei, führe nicht dazu, dass somalische Reisepässe grundsätzlich nicht geeignet seien, die Identität nachzuweisen. Der Nationalpass ermögliche den widerlegbaren Nachweis, dass sein Inhaber die in ihm genannte, beschriebene und abgebildete Person sei und die im Pass enthaltenen Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers übereinstimmten. Dies gelte grundsätzlich auch für Pässe aus Staaten mit einem unsicheren Urkundenwesen. Bei Vorlage eines echten Nationalpasses würden weitergehende Ermittlungen nur noch dann in Betracht gezogen werden müssen, wenn dem Gericht weitere Urkunden vorlägen oder sonstige Tatsachen bekannt geworden seien, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Nationalpass dokumentierten Identität begründen könnten. Im Fall des Klägers gebe es keine Umstände, die die erhöhte Beweiswirkung des vorgelegten somalischen Reisepasses erschüttern könnten. Integrationsnachweise seien vorgelegt worden, ebenso Unterlagen zur Lebensunterhaltssicherung.
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Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2023 die Behördenakte vorgelegt und beantragt
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die angeforderten Unterlagen seien bislang nicht vorgelegt worden. Die Identität des Klägers sei nicht geklärt. Hinsichtlich der am 1. August 2018 ausgestellten Geburtsurkunde sei davon auszugehen, dass mangels staatlicher Verwaltungsstrukturen und Zentralarchive in Somalia die Angaben in der Urkunde dem Reiseausweis des Klägers, den sein Onkel vorgelegt hätte, entnommen worden seien. Ein Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes habe zudem ergeben, dass es sich bei der Geburtsurkunde um eine Fälschung handele. Die am 4. Oktober 2019 von der somalischen Botschaft in … ausgestellte Geburtsurkunde sei auf Grundlage der ersten Geburtsurkunde ausgestellt worden und enthalte somit auch die eigenen Angaben des Klägers. Die am 8. September 2019 in Mogadischu ausgestellte Scheidungsurkunde sei vom Bayerischen Landeskriminalamt ebenfalls als Fälschung eingestuft worden. Zwar sei das Strafverfahren eingestellt worden, dem Protokoll der Hauptverhandlung könne aber entnommen werden, dass die rein technische Bewertung des Sachverständigen mehrere Auffälligkeiten ergeben habe. Eine abschließende Feststellung darüber, ob die Urkunden echt oder gefälscht seien, könne zwar nicht getroffen werden, es würden aber Dokumente ohne Beweiswert bleiben, weil die Ausstellungsbehörden unzuverlässig seien. Weder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch der Reiseausweis für Flüchtlinge entfalte Bindungswirkung hinsichtlich der angegebenen Personalien. Der Kläger habe sich bei seiner Einreise mit einem niederländischen Reisedokument für Flüchtlinge mit anderen Personalien ausgewiesen und habe damit über seine wahre Identität hinweg täuschen wollen. Nach der gestuften Prüfung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die erste Stufe nicht erfüllt, da nach dem Jahr 1991 ausgestellte somalische Ausweisdokumente in Deutschland nicht anerkannt werden könnten. Ihnen lägen keine belastbaren Daten aus Geburts- oder Heiratsregistern zugrunde. Auf der zweiten Stufe zu berücksichtigende anerkannte amtlichen Urkunden oder Bescheinigungen, wie beispielsweise Schulzeugnisse, seien nicht vorgelegt und Anstrengungen, solche zu erlangen, nicht unternommen worden, obwohl der Kläger angegeben habe, dass Familienangehörige noch in Somalia leben würden und er über einen Onkel eine Geburtsurkunde habe besorgen können. Auf der dritten Stufe seien auch keine anerkannten Dokumente seiner Verwandten vorgelegt worden. Die eidesstattliche Versicherung, die vom Vater des Klägers stammen solle, beruhe ebenfalls nur auf dessen eigenen Angaben. Weder die Verwandtschaft noch die Identität des Eidleistenden seien nachgewiesen. Auf der letzten Stufe könne die Identität des Klägers nicht allein auf Grundlage seines Vorbringens als nachgewiesen angesehen werden, da die eidesstattliche Versicherung des Klägers hierfür nicht ausreiche. Die Auswertung aller vorhandenen Unterlagen habe verschiedene Unstimmigkeiten in seinen Aussagen in der Vergangenheit ergeben. Der Kläger habe diese Zweifel nicht ausräumen können.
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Mit Schriftsätzen vom 15. Mai, 28. Juni und 28. November 2023 übermittelte die Klägerbevollmächtigte Unterlagen zur Lebensunterhaltssicherung. Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2023 teilte die Beklagte mit, dass die Unterhaltsfähigkeit nun ausreichend und nachhaltig sichergestellt sei.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 26. August 2024 führte der Beklagte weiter aus, der Kläger sei seiner Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Würden sich vom Einbürgerungsbewerber eingereichte Beweismittel als gefälscht oder zwar als echt, aber als inhaltlich unrichtig erweisen, so sei dies im Rahmen der Beweiswürdigung mit Gewicht zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Könnten Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Personalien nicht ausgeräumt werden, so würde der Einbürgerungsbewerber die diesbezügliche Feststellungslast tragen. Der Kläger habe sich selbstverschuldet in Beweisnot gebracht. Die nachgereichten Unterlagen seien nachträglich ausgestellt worden und hätten deshalb einen geringen Beweiswert.
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Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2024 übermittelte die Klägerbevollmächtigte weitere Nachweise zur Sicherung des Lebensunterhalts und führte aus, dass die Nichtverbescheidung den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Die Beweismittel des Klägers seien in sich stimmig und stünden gänzlich im Einklang mit sämtlichen Angaben, die der Kläger im Asyl- und Einbürgerungsverfahren abgegeben habe. Der Nationalpass und der Personalausweis seien Identitätsdokumente mit Lichtbild der ersten Stufe, die somalische Geburtsurkunde und die Scheidungsurkunde seien Urkunden ohne Lichtbild der zweiten Stufe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Urkunden dürften – trotz der Unzuverlässigkeit des somalischen Urkundenwesens – nicht unberücksichtigt bleiben. Anderenfalls würde allen somalischen Staatsangehörigen auf Dauer verwehrt, die Einbürgerung zu erreichen. Die Allgemeinverfügung des Bundesinnenministeriums beziehe sich auf den Aufenthalt und die Einreise und bedeute nicht, dass somalischen Reisepässen überhaupt keine Identifizierungsfunktion zukommt. So müssten in Visaverfahren grundsätzlich gültige somalische Pässe vorgelegt werden. Erst für die Einreise würde eine Ausnahme von der Passpflicht bewilligt. Somalische Pässe würden zudem in vielen anderen Staaten – darunter 15 Staaten der Europäischen Union – auch für Einreise und Aufenthalt anerkannt. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflicht vollumfänglich erfüllt und alles ihm Mögliche getan, um seine Identität abschließend klären zu lassen. Andere Unterlagen als die ihm vorliegenden besitze er nicht und könne sie auch nicht beschaffen. Sonstige somalischen Unterlagen hätten auch keinen höheren Beweiswert als die von ihm schon vorgelegten. Daher sei das Beweismittel der dritten Stufe, die eidesstattliche Versicherung seines Vaters, geeignet, seine Identität nachzuweisen. Der Beweiswert der vorgelegten Dokumente und der eidesstattlichen Erklärung des Vaters seien auch nicht durch andere Umstände entwertet. Der Kläger habe im Rechtsverkehr immer seine richtigen Personalien verwendet. Die Nutzung des fremden Ausweisdokuments habe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Flucht gestanden, die nur unter Verwendung fremder Dokumente habe erfolgen können. Der Pass sei auf eine Person mit Geburtsjahr 1967 ausgestellt gewesen. Es sei sofort festgestellt worden, dass der Pass nicht zum Kläger gehöre. In der anschließenden Vernehmung habe er seine richtigen Personalien angegeben. Bei den im Verfahren vorgelegten Unterlagen habe eine Fälschung gerade nicht festgestellt werden können.
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Das Gericht hat am 10. Oktober 2024 mündlich zur Sache verhandelt. Die Klägerbevollmächtigte beantragte, den Vater des Klägers als Zeugen zur Richtigkeit des vom Kläger angegebenen Namens sowie Geburtsdatums und -orts zu hören. Die Kammer lehnte den Beweisantrag durch Beschluss ab, da sich die im Beweisantrag angebotenen Tatsachen nicht auf den Personenstand des Klägers hinsichtlich der von ihm behaupteten Scheidung von seiner ersten Ehefrau beziehen würden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die als Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1, Satz 2 VwGO zulässige Klage ist unbegründet. Die Unterlassung der Einbürgerung des Klägers ist nicht rechtswidrig und rechtsverletzend, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt keinen Anspruch auf Einbürgerung.
23
Maßgeblich für die Prüfung des mit der Verpflichtungsklage verfolgten Einbürgerungsanspruchs ist die Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 16.16 – juris Rn. 9) und damit das StAG v. 22. Juli 1913 in der seit 27. Juni 2024 geltenden Fassung, geändert durch Art. 1, 2 des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts vom 22. März 2024 (BGBl I S. 104).
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Ein Ausländer, der seit fünf Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig im Sinne des § 34 Satz 1 StAG oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er die weiteren dort genannten Voraussetzungen erfüllt, § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Hieran gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Einbürgerung, da seine Identität bislang nicht geklärt ist.
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1.1 Welche einzelnen Personendaten feststehen müssen, ist unter der sicherheitsrechtlichen Zielrichtung des Erfordernisses der Identitätsklärung zu betrachten (vgl. NdsOVG, B.v. 1.7.2020 – 13 LA 55/20 – juris Rn. 9). Mit dem Erfordernis der Identitätsklärung verfolgt der Gesetzgeber eine sicherheitsrechtliche Zielsetzung. Die identitätsrelevanten Personalien sind Grundlage für die Prüfung des Vorliegens einer Reihe weiterer Einbürgerungsmerkmale. Mit dem Wirksamwerden der Einbürgerung (vgl. § 16 Satz 1 StAG) wird einer bestimmten Person mit einer in der Einbürgerungsurkunde festgehaltenen Identität konstitutiv eine neue Staatsangehörigkeit verliehen. Das öffentliche Interesse daran, zu verhindern, dass sich eine Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität verschafft und ihr dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, im Rechtsverkehr mit unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren aufzutreten, gebietet es, die identitätsrelevanten Personalien einer sorgfältigen Überprüfung mit dem Ziel einer Richtigkeitsgewähr zu unterziehen. Die Feststellung der Identität des Ausländers ist zudem Ausgangs- und Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Vorliegens einer Reihe von Einbürgerungsvoraussetzungen. Zum einen stellt sie einen regelmäßig unverzichtbaren Teil der vorgesehenen Statusprüfung dar. Zum anderen bildet die Identitätsprüfung auch eine notwendige Voraussetzung der vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2020 – 1 C 36.19 – juris Rn. 12 ff.; BVerwG, U.v. 1.9.2011 – 5 C 27.10 – juris Rn. 13).
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Jedenfalls die persönlichen Angaben, wie Vor- und Nachname, Geburtsname und -datum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Familienstand gehören hierzu (vgl. Hailbronner/Gnatzy in Hailbronner/Kau/Gnatzy/Weber, 7. Aufl. 2022, § 10 StAG Rn. 29; Weber in BeckOK AuslR, 42. Ed. Stand 1.7.2024, § 10 StAG Rn. 14; NdsOVG a.a.O. Rn. 9). Das Geburtsjahr ist beispielweise ein Personendatum, das in der Einbürgerungsurkunde beurkundet wird. Es ist im Bundeszentralregister einzutragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) und ermöglicht damit eine Klärung, ob die betreffende Person unbescholten ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG). Ein geklärter Familienstand (ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet, eine Lebenspartnerschaft führend, Lebenspartnerschaft aufgehoben oder Lebenspartner verstorben, vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BMG) ist eine notwendige Voraussetzung für die Prüfung, ob eine der Einbürgerung entgegenstehende Vielehe (§ 10 Abs. 1 Satz 1 a.E. StAG a.F.; nunmehr § 11 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a StAG) besteht (vgl. NdsOVG a.a.O. Rn. 9). Zusätzlich muss die Unterhaltsfähigkeit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 StAG auf Grundlage der familiären Umstände und Unterhaltspflichten geprüft werden (vgl. Weber in BeckOK AuslR, 42. Ed. Stand 1.7.2024, § 10 StAG Rn. 14).
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1.2 Die Voraussetzungen für die Klärung der Identität müssen allerdings so ausgestaltet sein, dass es bis zur Grenze der objektiven Möglichkeit und subjektiven Zumutbarkeit mitwirkenden Einbürgerungsbewerbern auch dann möglich bleibt, ihre Identität nachzuweisen, wenn sie sich in einer Beweisnot befinden, etwa weil deren Herkunftsländer nicht über ein funktionierendes Personenstandswesen verfügen oder ihre Mitwirkung aus Gründen versagen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder weil diese als schutzberechtigte Flüchtlinge besorgen müssen, dass eine auch nur gleichsam technische Kontaktaufnahme mit Behörden des Herkunftslandes Repressalien für Dritte zur Folge hätte. Unter dem Gesichtspunkt eines zukunftsgerichteten Entfaltungsschutzes als Grundbedingung menschlicher Persönlichkeit gebietet es das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht, dass Einbürgerungsbewerber, die sich aller Voraussicht nach dauerhaft in Deutschland aufhalten werden, eine realistische Chance auf Klärung ihrer Identität haben müssen (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2020 a.a.O. Rn. 15 f.).
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Die § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG zugrundeliegenden sicherheitsrechtlichen Belange der Bundesrepublik Deutschland und das grundrechtlich geschützte Recht des Einbürgerungsbewerbers, eine Klärung seiner Identität bewirken zu können, sind im Rahmen einer gestuften Prüfung einem angemessenen Ausgleich zuzuführen. Den Nachweis seiner Identität hat der Einbürgerungsbewerber zuvörderst und in der Regel durch Vorlage eines Passes, hilfsweise auch durch einen anerkannten Passersatz oder ein anderes amtliches Identitätsdokument mit Lichtbild (z.B. Personalausweis oder Identitätskarte) zu führen. Ist er nicht im Besitz eines solchen amtlichen Identitätsdokuments und ist ihm dessen Erlangung objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann er seine Identität auch mittels anderer geeigneter amtlicher Urkunden nachweisen, bei deren Ausstellung Gegenstand der Überprüfung auch die Richtigkeit der Verbindung von Person und Name ist, sei es, dass diese mit einem Lichtbild versehen sind (z.B. Führerschein, Dienstausweis oder Wehrpass), sei es, dass sie ohne ein solches ausgestellt werden (z.B. Geburtsurkunden, Melde-, Tauf- oder Schulbescheinigungen). Ist der Einbürgerungsbewerber auch nicht im Besitz solcher sonstigen amtlichen Dokumente und ist ihm deren Erlangung objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann sich der Ausländer zum Nachweis seiner Identität sonstiger nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG zugelassener Beweismittel bedienen. Ist dem Einbürgerungsbewerber auch ein Rückgriff auf sonstige Beweismittel objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann die Identität des Einbürgerungsbewerbers ausnahmsweise allein auf der Grundlage seines Vorbringens als nachgewiesen anzusehen sein, sofern die Angaben zur Person auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles und des gesamten Vorbringens des Einbürgerungsbewerbers zur Überzeugung der Einbürgerungsbehörde feststehen (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2020 a.a.O. Rn. 17 ff.).
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Für die Überzeugungsbildung (§ 108 VwGO) ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erforderlich. Die auf den verschiedenen Stufen zu berücksichtigenden Beweismittel müssen hierfür jeweils in sich stimmig sein und auch bei einer Gesamtbetrachtung jeweils im Einklang mit den Angaben des Einbürgerungsbewerbers zu seiner Person und seinem übrigen Vorbringen stehen. Ein Übergang von einer Stufe zu einer nachgelagerten Stufe ist nur zulässig, wenn es dem Einbürgerungsbewerber trotz hinreichender Mitwirkung nicht gelingt, den Nachweis seiner Identität zu führen. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch dessen verfahrensrechtliche Mitwirkungslast eingeschränkt. Der Einbürgerungsbewerber unterliegt insofern einer umfassenden, bis zur Grenze der objektiven Möglichkeit und subjektiven Zumutbarkeit reichenden Initiativ- und Mitwirkungsobliegenheit. Erweisen sich von ihm eingereichte Beweismittel als gefälscht oder zwar als echt, aber als inhaltlich unrichtig, so ist auch dies im Rahmen der Beweiswürdigung mit Gewicht zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Können verbleibende Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Personalien nicht ausgeräumt werden, so trägt der Einbürgerungsbewerber die diesbezügliche Feststellungslast (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2020 a.a.O. Rn. 20 ff.). So kann die Identität eines Einbürgerungsbewerbers in Beweisnot etwa auch durch Befragung oder Vernehmung von in Deutschland lebenden Personen, die ihn noch aus dem Heimatland kennen, oder durch eidesstattliche Versicherungen solcher Personen festgestellt werden (VG Mainz, U.v. 25.3.2022 – 4 K 476/21.MZ – juris Rn. 49).
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1.3 Hieran gemessen ist die Identität des Klägers bislang im Hinblick auf seinen Familienstand nicht geklärt. Zwar hat der Kläger einen von der somalischen Botschaft in … ausgestellten Reisepass sowie Personalausweis, zwei am 1. August 2018 in Mogadischu sowie 4. Oktober 2019 von der somalischen Botschaft in … ausgestellte Geburtsurkunden, eine am 8. September 2019 in Mogadischu ausgestellte Scheidungsurkunde sowie eidesstattliche Versicherungen von ihm selbst und seines nach eigenen Angaben biologischen Vaters vorgelegt. Diese Dokumente sind jedoch nicht geeignet, den Familienstand des Klägers zweifelsfrei zu klären.
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Der Zugang zu gefälschten somalischen Reisepässen und sonstigen Dokumenten ist in Somalia unproblematisch möglich. Ein förmliches Überprüfungsverfahren für somalische Urkunden besteht derzeit nicht. Die inhaltliche Richtigkeit von somalischen Behörden ausgestellter Dokumente unterliegt einbürgerungsrechtlich erheblichen Zweifeln. Dokumente und Bestätigungen der somalischen Botschaft werden in der Regel nur auf Grundlage der Angaben der Antragsteller ausgestellt. Es besteht keine Möglichkeit, über amtliche Register verlässliche Auskünfte zu erhalten. Vor diesem Hintergrund sind somalische Personenstandsurkunden lediglich dazu geeignet, Anhaltspunkte zur Identität des jeweiligen Antragstellers und Indizien für die Klärung des Sachverhalts zu geben. Es ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden, ob die Identität des Einbürgerungsbewerbers auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Betroffenen und der gegebenenfalls vorgelegten Dokumente als geklärt angesehen werden kann (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 4.12.2018 – 5 C 18.2372 – juris Rn. 10; bestätigt von BayVGH, B.v. 22.1.2024 – 5 ZB 23.2184 – juris Rn. 12 ff.).
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Der Kläger hat zwar eine im Jahr 2019 in Somalia ausgestellte Scheidungsurkunde vorgelegt. Hinsichtlich der von einem Gericht in Mogadischu ausgestellten Urkunde ist aber unklar, ob die im Jahr 2019 beurkundete Scheidung im Jahr 2011 tatsächlich stattgefunden hat. Dieser Urkunde kommt unter Bezugnahme auf obige Ausführungen – unabhängig von einer Einstufung als Fälschung – in inhaltlicher Hinsicht allenfalls ein geringer Beweiswert zu.
33
Das Gericht verkennt nicht die damit bestehenden Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Klägers. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass der Kläger im Asylverfahren widersprüchliche Angaben zu seiner damaligen familiären Situation gemacht hat (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 4.12.2018 a.a.O. Rn. 11). Der Kläger hat im Asylverfahren trotz vorheriger Geburt seiner Tochter angegeben, verheiratet zu sein, aber keine Kinder zu haben. Ob der Kläger in der Folgezeit von seiner damaligen Ehefrau geschieden worden ist und ob überhaupt eine staatlich anerkannte Heirat stattgefunden hat, ist nicht geklärt. Zwar schießen frühere Falschangaben den Nachweis auf der vierten Stufe nicht generell aus und Identitätstäuschungen in der Vergangenheit stehen für sich genommen der Einbürgerung nicht entgegen, soweit sie nicht im Rahmen der Prüfung des Bestehens eines Aufenthaltstitels und der Unbescholtenheit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 StAG) beachtlich werden. Sie können aber eine intensivere Prüfung der sodann im Einbürgerungsverfahren bekanntgegebenen Personendaten veranlassen (vgl. NdsOVG a.a.O. Rn. 10). Dem Kläger verbleibt im Rahmen der ihm insoweit obliegenden Beweislast die Möglichkeit, seine Angaben aus dem Asylverfahren im Einbürgerungsverfahren richtigzustellen und seine Identität glaubhaft darzulegen (vgl. VG Sigmaringen, U.v. 14.11.2023 – 14 K 1978/21 – juris Rn. 84). Es ist dem Kläger vorliegend jedoch nicht gelungen, die diesbezüglichen Unstimmigkeiten aufzuklären und die Zweifel an einer tatsächlich stattgefundenen Heirat und anschließenden Scheidung auszuräumen.
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Dem Kläger ist ein Nachweis seiner Heirat und anschließenden Scheidung mittels amtlicher somalischer Dokumente nicht möglich. Er könnte sich zum Nachweis seiner Scheidung aber sonstiger nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG zugelassener Beweismittel auf der dritten Stufe bedienen. Insofern ist er seiner Mitwirkungslast nicht nachgekommen. Die Scheidungsurkunde vom 8. September 2019 enthält insbesondere die Angabe, dass die damalige Ehefrau des Klägers ebenfalls im Bundesgebiet wohne. Sollte daher kein Nachweis durch ein amtliches Dokument auf der zweiten Stufe beibringbar sein, könnte zumindest eine Kontaktaufnahme zu der damaligen Ehefrau erfolgen und eine Eheschließung und anschließende Scheidung durch eine eidesstattliche Versicherung oder Vernehmung als Zeugin erfolgen. Auf den Beweiswert der vorgelegten somalischen Ausweisdokumente kommt es nicht an, da diese keine Aussage über den Familienstand des Klägers enthalten. Auch die vom Kläger selbst und – nach Angaben des Klägers – von seinem Vater abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen sind hierfür auf einer letzten Stufe nicht ausreichend. Sie enthalten keine eindeutigen Aussagen über den Familienstand des Klägers. Die eidesstattliche Versicherung des Vaters vom 25. Juni 2022 enthält überhaupt keine Aussage über den Familienstand des Klägers, eine Heirat in Somalia und eine mögliche Scheidung. In seiner eigenen eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2014 gab der Kläger lediglich an, nicht verheiratet zu sein. Hiernach bleibt offen, ob der Kläger nie verheiratet gewesen oder mittlerweile wieder geschieden oder verwitwet ist.
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1.4 Darüber hinaus sind auch die übrigen Identitätsmerkmale und die Staatsangehörigkeit des Klägers angesichts der vorgelegten Unterlagen nicht als geklärt anzusehen.
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Die vom Kläger vorgelegten Dokumente sind zwar sämtlich auf die von ihm in Deutschland angegebenen Personalien ausgestellt. Dem von der somalischen Botschaft in … ausgestellten Reisepass sowie Personalausweis sowie den in Mogadischu am 1. August 2018 und von der Botschaft der Bundesrepublik Somalia in … am 4. Oktober 2019 ausgestellten Geburtsurkunden des Klägers kommt unter Bezugnahme auf obige Ausführungen jedoch allenfalls ein geringer Beweiswert zu. Hinsichtlich der von der somalischen Botschaft ausgestellten Dokumente ist davon auszugehen, dass diese lediglich auf der Grundlage der Angaben des Klägers zu seinen Personalien ausgestellt wurden. Das Gericht verkennt nicht die damit bestehenden Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Klägers. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch wiederum, dass der Kläger mit einem fremden Pass unter fremden Personalien eingereist ist und im Asylverfahren zunächst unzutreffende Angaben über seine familiären Bindungen in Somalia gemacht hat (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 4.12.2018 a.a.O. Rn. 11). Ferner ergibt sich aus der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit Bescheid des Bundesamts vom 3. November 2009 keine über das Asylverfahren hinausgehende Bindungswirkung hinsichtlich der angegebenen Personalien (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2011 a.a.O. Rn. 19). Die Identität des Klägers wird auch nicht durch den von der Ausländerbehörde ausgestellten Reiseausweis für Flüchtlinge nach Art. 28 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. die erteilte Niederlassungserlaubnis nachgewiesen (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2011 a.a.O. Rn. 20 f.). Auf dem Reiseausweis ist ausdrücklich der Zusatz enthalten, dass die Daten auf den eigenen Angaben des Klägers beruhen. Die Niederlassungserlaubnis entfaltet nur insoweit Tatbestandswirkung, als darin die Rechtmäßigkeit des dauerhaften Aufenthalts des Klägers begründet wird. Die Richtigkeit der darin festgehaltenen Personalien nimmt hingegen als bloße Vorfrage nicht an der Tatbestandswirkung teil (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2011 a.a.O. Rn. 20). Diese Dokumente sind nicht geeignet, die Zweifel an der Identität des Klägers auszuräumen.
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Auch die vom Kläger selbst und – nach Angaben des Klägers – von seinem Vater abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen sind insofern unabhängig von deren Aussagekraft und Glaubhaftigkeit nicht ausreichend. Ein Rückgriff auf die dritte bzw. vierte Stufe der Prüfung der Identität ist unzulässig, da der Kläger keine objektive Unmöglichkeit oder subjektive Unzumutbarkeit dargelegt hat, amtliche somalische Dokumente auf der zweiten Stufe beizubringen. Insbesondere wurde nicht dargelegt, warum eine Beschaffung von amtlichen Dokumenten aus der Schulzeit des Klägers bzw. von Identitätsnachweisen der Eltern über den in Australien eingebürgerten Vater oder die in Somalia lebende Mutter unmöglich oder unzumutbar sein soll. Diesbezüglich wurden Kontaktversuche und entsprechende Anfragen nicht getätigt. Es ist nicht davon auszugehen, dass Versuche, solche Unterlagen zu beschaffen, unternommen worden sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum dem Kläger eine Kontaktaufnahme zu seiner Mutter nicht möglich oder zumutbar sein soll. Der pauschale Hinweis darauf, dass er zu ihr keinen Kontakt unterhalte, genügt für die Annahme einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit jedenfalls nicht. Solche vor der Ausreise des Klägers in Somalia ausgestellten Dokumente sind auch nicht grundsätzlich ungeeignet, zur Identitätsklärung des Klägers beizutragen, da ihnen im Vergleich zu den vorgelegten nachträglich ausgestellten Geburts- und Scheidungsurkunden ein höherer Beweiswert zukäme.
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Angesichts dieser Ungereimtheiten bestehen Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der im Einbürgerungsverfahren vom Kläger angegebenen Personalien, welche unter Bezugnahme auf obige Ausführungen auch nicht durch die vorgelegten Dokumente ausgeräumt werden können. Dies geht nach den allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Klägers.
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2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 67 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.