Inhalt

VG München, Urteil v. 09.09.2024 – M 10 K 24.50768
Titel:

Dublin-Verfahren (Zielstaat, Italien, Herkunftsstaat Syrien), Abschiebungsanordnung, Durchführbarkeit der Abschiebung, Übernahmebereitschaft Italiens, Suspendierung von Übernahmen durch Italien, Systemische Mängel (verneint), Drohende Verfestigung eines „refugee in orbit“-Szenario bei Aufrechterhaltung der Unzulässigkeitsentscheidung und Aufhebung der Abschiebungsanordnung

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
AsylG § 34a Abs. 1 S. 1
AsylG § 34a Abs. 1 S. 4
AsylG § 77 Abs. 2 S. 1
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1 Alt. 1
VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2
Dublin III-VO Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1
Dublin III-VO Art. 29 Abs. 2
Schlagworte:
Dublin-Verfahren (Zielstaat, Italien, Herkunftsstaat Syrien), Abschiebungsanordnung, Durchführbarkeit der Abschiebung, Übernahmebereitschaft Italiens, Suspendierung von Übernahmen durch Italien, Systemische Mängel (verneint), Drohende Verfestigung eines „refugee in orbit“-Szenario bei Aufrechterhaltung der Unzulässigkeitsentscheidung und Aufhebung der Abschiebungsanordnung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 29668

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die angeordnete Überstellung nach Italien im Rahmen des sogenannten „Dublin-Verfahrens“.
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Der Kläger, nach eigenen Angaben ein syrischer Staatsangehöriger, reiste am 13. Mai 2024 irregulär in das Bundesgebiet ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) durch behördliche Mitteilung vom gleichen Tag schriftlich Kenntnis erlangt hat. Der förmliche Asylantrag datiert vom 15. Mai 2024.
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Nach der EURODAC-Ergebnismitteilung vom 13. Mai 2024, die Treffermeldungen der Kategorie 1 hinsichtlich Slowenien und Italien aufweist („Sl1[…]“ vom 12.9.2019 und „IT1[…]“ vom 20.9.2021), ergaben sich Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats nach der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO). Am 15. Mai 2024 richtete das Bundesamt zunächst ein Wiederaufnahmegesuch an Slowenien, wobei ausgeführt wurde, dass dem Bundesamt keine Informationen über ein Wiederaufnahmeverfahren zwischen Italien und Slowenien vorlägen. Mit Antwortschreiben vom 21. Mai 2024 lehnten die slowenischen Behörden das Wiederaufnahmegesuch vom 15. Mai 2024 ab und teilten mit, dass der Kläger das Asylaufnahmezentrum in … am 21. Oktober 2020 verlassen habe. Italien hätte in der Folge kein Wiederaufnahmegesuch an Slowenien gerichtet, sodass die Zuständigkeit gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO auf Italien übergegangen sei. Am 22. Mai 2024 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Italien, das unbeantwortet blieb.
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Mit Bescheid vom 12. Juli 2024, zugestellt nach Aktenlage (wohl) nicht vor dem 15. Juli 2024, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), verneinte das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 15 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Der Kläger hat am 22. Juli 2024 Klage gegen den Bescheid vom 12. Juli 2024 erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid des Bundesamtes vom 12. Juli 2024, Aktenzeichen … wird aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, für den Kläger ein Asylverfahren durchzuführen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen.
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Zur Begründung wurde Bezug genommen auf die Angaben des Klägers im Asylverfahren.
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Das Bundesamt beantragt mit Schriftsatz vom 30. Juli 2024,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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Mit gerichtlichem Beschluss vom 8. August 2024, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde der Antrag des Klägers nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.
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Mit Beschluss vom 14. August 2024 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
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Mit Anschreiben vom 16. August 2024, den Beteiligten zugestellt gegen elektronisches Empfangsbekenntnis am 19. und 22. August 2024, hörte das Gericht zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 AsylG an. Die Beteiligten wurden gemäß § 77 Abs. 2 Satz 3 AsylG darauf hingewiesen, dass auf Antrag eines Beteiligten mündlich verhandelt werden muss. Den Beteiligten wurde hierzu eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens vom 16. August 2024 gesetzt. Auf das Anhörungsschreiben haben weder der Kläger noch das Bundesamt reagiert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 10 S 24.50769, sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage kann gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 AsylG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Die sachlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben, da weder ein Fall des § 38 Abs. 1 noch des § 73b Abs. 7 AsylG vorliegt und der Kläger anwaltlich vertreten ist. Den Beteiligten wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 16. August 2024 unter Setzung einer zweiwöchigen Frist (in Anlehnung an § 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Gelegenheit gegeben, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 AsylG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen. Das Gericht hat unter Mitteilung seiner Absicht, im schriftlichen Verfahren entscheiden zu wollen, zugleich ausdrücklich darauf hingewiesen (§ 77 Abs. 2 Satz 3 AsylG), dass auf Antrag eines Beteiligten mündlich verhandelt werden muss (vgl. zuletzt zum Ganzen auch BayVGH, B.v. 31.7.2024 – 13a ZB 24.30090 – juris Rn. 6 ff.). Auf das gerichtliche Schreiben vom 16. August 2024 hat sich weder innerhalb der gesetzten Frist noch bis zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Urteils einer der Beteiligten geäußert.
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1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid erweist sich mit seinen Entscheidungen als (überwiegend) rechtmäßig und verletzt den Kläger (jedenfalls) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Die Unzulässigkeitsentscheidung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids ist rechtmäßig, weil die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers nicht zuständig ist. Die Beklagte ist mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung davon ausgegangen, dass Italien nach der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insofern auf die Gründe des im vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschlusses vom 8. August 2024 (M 10 S 24.50769, Rn. 13-18) Bezug, die den Beteiligten bekannt sind. Der Kläger hat seit dem Ergehen dieses Beschlusses keine Umstände vorgetragen, die insoweit eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten.
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b) Die angeordnete Abschiebung nach Italien in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids ist nicht aufzuheben, weil sie den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Abschiebung nach Italien ist rechtlich zulässig, weil die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig ist. Selbst wenn man mit immer mehr Verwaltungsgerichten infolge der von Italien im Dezember 2022 erklärten „temporären Aussetzungen“ von Dublin-Überstellungen Zweifel gegen die tatsächliche Durchführbarkeit (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG) der Abschiebung annähme (vgl. zuletzt VG Würzburg, B.v. 5.6.2024 – W 6 S 24.50178 – juris Rn. 26), würde die objektive Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung im konkreten Fall nicht zu dessen Aufhebung führen. Würde man nämlich mit den Gerichten, die mit überwiegender oder gar noch einem höheren Grad an Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass keine Überstellung nach Italien innerhalb der offenen Überstellungsfrist erfolgen wird, würde es nach der hier vertretenen Auffassung in der vorliegenden Konstellation jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO angelegten Aufhebungsanspruchs fehlen. Das Gericht hält insofern an der ausführlichen Begründung im gerichtlichen Beschluss vom 8. August 2024 fest, dass die Aufhebung von Nummer 3 des streitbefangenen Bescheids bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG mit der Gefahr einer Verfestigung eines „refugee in orbit“-Szenarios einhergehen könnte, weil sich das Bundesamt auf den Standpunkt zurückziehen könnte, die Unzulässigkeitsentscheidung in Nummer 1 des Bescheids sei gerichtlich bestätigt, während infolge der Aufhebung der Abschiebungsanordnung in Nummer 3 des Bescheids keine vollziehbare Ausreisepflicht des Betroffenen mehr bestünde, die zugleich den Anlauf der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO hemmen würde (vgl. zur Problematik auch VG Sigmaringen, B.v. 7.5.2024 – A 4 K 1979/23 – juris Rn. 60). Würde das Gericht lediglich die Nummern 3 und 4 des streitbefangenen Bescheids aufheben, befände sich der Kläger danach in einer Art Zwischenstatus, in der sich das Bundesamt für seinen Asylantrag nicht zuständig sehen würde, ihn infolge der Aufhebung der Abschiebungsanordnung unabhängig von der Problematik des Überstellungsstopps aber auch nicht in den zuständigen Mitgliedstaat (Italien) überstellen könnte (vgl. auch Gräsel in BeckOK MigR, Stand 15.1.2024, Art. 29 Dublin III-VO Rn. 11). Eine derartige sich ergebende Konsequenz aus einer Aufhebung der Nummern 3 und 4 des angefochtenen Bescheids unter Aufrechterhaltung der Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG wäre mit dem wesentlichen Grundanliegen des Dublin-Systems, eine zügige Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgrund Nr. 5 zur Dublin III-VO), nicht zu vereinbaren. Selbst wenn man also von einem inländischen Abschiebungshindernis aus tatsächlichen Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG) ausginge, welches eine Überstellung des Klägers nach Italien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen würde, wäre der der Kläger von der sich dann ergebenden objektiven Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung konkret nicht beschwert bzw. hätte wohl kein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des sonst bestehenden gerichtlichen Aufhebungsanspruchs (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Aufhebung der Abschiebungsanordnung in der Folgekonsequenz mit einer (wenigstens vorrübergehenden) Verschlechterung seiner Rechtsstellung einherginge. Anders ausgedrückt: Die Aufrechterhaltung der Abschiebungsanordnung wäre bei Annahme eines für die Dauer der Überstellungsfrist vorliegenden tatsächlichen Überstellungshindernisses der einzige Weg, den Zuständigkeitsübergang gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ohne wesentliche Verzögerungen herbeizuführen. Das Gericht übersieht nicht, dass sich die Überlegung der Vermeidung eines potenziellen „refugee in orbit“-Szenarios lediglich auf mittelbare Folgen der Frage der (Nicht-)Aufhebung der Abschiebungsanordnung bezieht. Nicht außer Acht gelassen werden kann aber, dass der seit Dezember 2022 andauernde Zustand, der nach den Erklärungen Italiens eigentlich nur „temporär“ sein sollte, letztendlich eine „Anomalie“ im Dublin-System darstellt, die es so eigentlich nicht geben dürfte. Stellt sich das Dublin-Verfahren im Verhältnis zu Italien als solches als systemisch mangelhaft dar (vgl. VG Sigmaringen, B.v. 7.5.2024 – A 4 K 1979/23 – juris Rn. 46 ff.), und ginge man davon aus, dass Abschiebungen nach Italien innerhalb der nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Frist in absehbarer Zeit definitiv nicht mehr erfolgen können, muss wohlmöglich auch hinterfragt werden, inwieweit eine Abschiebungsanordnung einen Betroffenen überhaupt noch beschweren bzw. in seinen Rechten verletzen kann, wenn ihm tatsächlich keine Abschiebung drohen wird, ihm umgekehrt das Fortbestehen der Abschiebungsanordnung schlussendlich den Zuständigkeitsübergang gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO sichern kann.
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Dem Verwaltungsgericht Würzburg ist zuzugestehen, dass rechtstechnisch betrachtet der Erlass einer Abschiebungsandrohung (§ 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG) wohl der korrektere Weg wäre als der Erlass einer Abschiebungsanordnung (vgl. mit gewichtigen Gründen der B.v. 5.6.2024 – W 6 S 24.50178 – juris Rn. 26, mit Hinweisen auf die Gesetzesbegründung). Würde das Bundesamt so verfahren, hätte das die rechtliche Konsequenz, dass infolge der dann zu setzenden Ausreisefrist von 30 Tagen (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG) eine dann vom Betroffenen erhobene Klage aufschiebende Wirkung hätte (vgl. § 75 Satz 1 AsylG). Wenn das Verwaltungsgericht über die Klage zeitnah zum Beispiel durch Gerichtsbescheid (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder im schriftlichen Verfahren bzw. ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (vgl. § 77 Abs. 2 Satz 1 AsylG und § 101 Abs. 2 VwGO) und die Unzulässigkeitsentscheidung sowie die entsprechenden Nebenentscheidungen (d.h. einschließlich der Abschiebungsandrohung) bestätigen würde, würde 30 Tage nach Rechtskraft (vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO) einer solchen Entscheidung (d.h. mit Ablauf der Ausreisefrist) die Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO anlaufen, weil der Betroffene ab diesem Zeitpunkt vollziehbar ausreisepflichtig wäre. Nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungfrist käme es dann zum Übergang der Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO. Letztendlich würde sich diese Variante von der vorliegenden insofern unterscheiden, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht und damit der Anlauf der Überstellungsfrist erst mit Rechtskraft eines Urteils (und nicht bereits durch einen ablehnenden und gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO) erfolgen könnte, was in der Praxis wohl mit Verzögerungen einherginge. Denn anders als bei einem Beschluss über einen Antrag nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO müsste über eine Klage gegebenenfalls erst mündlich verhandelt werden (vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1 VwGO), was auch durch einen klägerseitigen Antrag nach § 77 Abs. 2 Satz 2 AsylG oder § 78 Abs. 7 AsylG i.V.m. § 84 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VwGO erzwungen werden könnte. Zunächst müsste überdies ein klageabweisendes Urteil erst rechtskräftig werden (was Auswirkungen auf die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung hätte, vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO) und außerdem die 30-tägige Ausreisefrist (vgl. § 38 Abs. 1 AsylG) ablaufen.
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Nach dem hier vertretenen Begründungsansatz, die Vollziehbarkeit einer (möglicherweise) objektiv rechtswidrigen Abschiebungsanordnung mit einem zeitnahen ablehnenden Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO herbeizuführen, ist aber dem Interesse von Betroffenen am zeitnahen Eintritt des Zuständigkeitsübergangs gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO wohlmöglich besser Rechnung getragen, als wenn erst über längere Zeit noch ein Klageverfahren mit aufschiebender Wirkung am Verwaltungsgericht anhängig wäre bzw. nach Erlass eines Urteils erst die Fristen nach § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 38 Abs. 1 AsylG ablaufen müssten, um den Lauf der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO in Gang zu setzen. Dem Gericht ist schließlich auch bekannt, dass die übergroße Mehrheit von Asylsuchenden, die im Weg des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden sollen, bei den Verwaltungsgerichten regelmäßig bzw. ausdrücklich keine Anträge nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO mehr stellt bzw. stellen möchte und nur noch (isoliert) Klage erhebt.
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2. Die weiteren Nebenentscheidungen des angefochtenen Bescheids begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Der Kläger hat keinen Anspruch auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bzw. hat diesbezüglich im gerichtlichen Verfahren auch nichts vorgetragen. Die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbot geht auf § 75 Nr. 12 AufenthG zurück und begegnet hinsichtlich dessen Befristung, die im Ermessen des Bundesamts steht, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.