Titel:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Direktorenstelle am Amtsgericht;, Anlassbeurteilung;, Aktualität
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Direktorenstelle am Amtsgericht;, Anlassbeurteilung;, Aktualität
Fundstelle:
BeckRS 2024, 28881
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 27.454,42 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
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Das Bayerische Staatsministerium der Justiz schrieb im Bayerischen Ministerialblatt vom ... April 2024 (BayMBl. 2024 Nr. 160) die Stelle des Direktors des Amtsgerichts X. (Besoldungsgruppe R 3) aus. In der Ausschreibung wird für das Anforderungsprofil der Stelle auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 30. September 2003 (JMBl. S. 199, im Folgenden: AnfoRiStaBek), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Dezember 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 937 vom 22. Dezember 2021), Bezug genommen.
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Auf diesen Dienstposten bewarben sich unter anderem der Antragsteller und die Beigeladene.
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Der 1963 geborene Antragsteller steht als Richter am Amtsgericht als ständiger Vertreter des Direktors (Besoldungsgruppe R 2 mit Amtszulage) in den Diensten des Antragsgegners. In seiner letzten periodischen Beurteilung vom … April 2016 für den Beurteilungszeitraum … Januar 2012 bis … Dezember 2015 erzielte dieser im Statusamt R 2 mit Amtszulage ein Gesamturteil von 13 Punkten. Anlässlich seiner Bewerbung auf eine andere Direktorenstelle erstellte die beurteilende Dienststelle am … Januar 2023 eine Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum … Januar 2016 bis … Dezember 2022, in der der Antragsteller im Statusamt R 2 mit Amtszulage ein Gesamturteil von 14 Punkten erzielte.
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Die 1965 geborene Beigeladene steht als Direktorin eines Amtsgerichts im Dienst des Antragsgegners. In ihrer letzten periodischen Beurteilung vom … Dezember 2018 für den Beurteilungszeitraum .. . Januar 2016 bis … Oktober 2018 erhielt sie im Statusamt R 2 ein Gesamturteil von 13 Punkten. Seit .. . November 2018 ist sie Direktorin eines Amtsgerichts. Anlässlich ihrer Bewerbung auf eine andere Direktorenstelle erstellte die beurteilende Dienststelle am .. . Mai 2024 eine Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum .. . Januar 2020 bis .. . Mai 2024, in der die Beigeladene im Statusamt R 2 mit Amtszulage ein Gesamturteil von 14 Punkten erzielte.
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Mit Auswahlvermerk vom … Mai 2024 schlug der Präsident des Oberlandesgerichts München vor, den streitgegenständlichen Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen. Sowohl die Beigeladene, als auch der Antragsteller erfüllten das dem Dienstposten zugrundeliegende Anforderungsprofil für Richter bzw. Amtsgerichtsdirektoren nach Nr. 2 und Nr. 3.2.6 AnfoRiStaBek. Jedoch bestehe ein klarer Eignungs- und Leistungsvorsprung der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller. Dies ergebe sich aus der besseren Verwendungseignung sowie dem Vorsprung in den Einzelkriterien „Führungskompetenz“, „Repräsentationsfähigkeit“, „Fachkompetenz“ und „Organisationsfähigkeit“. Die Beigeladene habe ihre Eignung als langjährige Direktorin eines Amtsgerichts unter Beweis gestellt und in dieser Funktion deutlich umfassendere Führungsaufgaben ausgeübt als der Antragsteller. Dieser habe als Leiter der Strafabteilung Führungsaufgaben wahrgenommen, die Führung eines Gerichts jedoch lediglich in Vertretungszeiten, insbesondere der viermonatigen Vakanz bis zur Wiederbesetzung der Direktorenstelle, vertrauensvoll ausgeübt. Die Ausführungen zur Führungskompetenz sowie zur Repräsentation nach außen fielen bei der Beigeladenen deutlich lobender aus als beim Antragsteller. Auch das Einzelmerkmal „Organisationsvermögen“ sei bei der Beigeladenen als besonders herausragend beschrieben, während dieses Element für den Antragsteller weniger lobend ausfalle. Die Beigeladene genieße auch beim Kriterium der „Fachkompetenz“ den Vorzug gegenüber dem Antragsteller. Da ein klarer Leistungsvorsprung der Beigeladenen vorliege, könne der Antragsteller nicht auf Grundlage der Bayerischen Inklusionsrichtlinien infolge seiner Schwerbehinderung den Vorzug erhalten.
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Diesen Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts machte sich der Bayerische Staatsminister für Justiz mit Schreiben … Juni 2024 zu eigen.
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Die Schwerbehindertenvertretung wurde am … Mai 2024 (Bl. 37 ff. des Besetzungsvorgangs) angehört. Sowohl die Gleichstellungsbeauftragte (Bl. 40 ff. des Besetzungsvorgangs), als auch der Präsidialrat (Bl. 38 ff., 45 f. des Besetzungsvorgangs) wurden beteiligt.
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Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom … Juni 2024 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen.
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Mit Schriftsatz vom … Juli 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tag, beantragte der Antragstellerbevollmächtigte den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die für den Antragsteller erstellte Anlassbeurteilung vom … Januar 2023 sei im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nahezu 17 Monate alt und damit nicht mehr hinreichend aktuell. Ausweislich der obergerichtlichen Rechtsprechung außerhalb Bayerns sei eine Anlassbeurteilung nicht mehr hinreichend aktuell, wenn sie im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung mehr als ein Jahr alt sei (vgl. nur OVG NW, B.v. 30.11.2021 – 1 B 1341/21 – juris Rn. 16). Daneben entstehe der Beigeladenen ein Aktualitätsvorsprung, da die Endzeitpunkte der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom .. . Mai 2024 (Ende des Beurteilungszeitraums: … Mai 2024) und der Anlassbeurteilung des Antragstellers vom … Januar 2023 (Ende des Beurteilungszeitraums: …12.2022) nahezu 17 Monate auseinanderlägen. Dies überschreite die in der Rechtsprechung festgelegte zeitliche Grenze von einem Drittel des Beurteilungszeitraums einer periodischen Beurteilung (vgl. NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 12.4.2013 – 1 WDS-VR 1/13 – juris Rn. 40). Es sei nicht sachgerecht und verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers, dass die Beurteilungsrichtlinien eine Aktualisierung von dienstlichen Beurteilungen – ohne Unterscheidung nach Anlass- und periodischer Beurteilung – erst nach Ablauf von vier Jahren nach der letzten erstellten Beurteilung vorsähen. Dies stelle keine angemessene Frist für den Vergleich von Anlassbeurteilungen dar. Es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass der Antragsteller bereits aus dem System der Regelbeurteilung herausgenommen worden sei. Eine Pflicht zur Aktualisierung der Anlassbeurteilung des Antragstellers ergebe sich jedenfalls deshalb, da er seine Leistungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht gesteigert habe. Da die Stelle des Präsidenten des Amtsgerichts seit … April 2024 vakant geworden sei, habe der Antragsteller den Präsidenten vertreten. Daneben sei ein erheblicher Aufgabenzuwachs der Verwaltungsaufgaben zu verzeichnen, der bei der Auswahlentscheidung nicht habe berücksichtigt werden können. Er habe als Sicherheitsbeauftragter des Gerichts seit Januar 2023 erheblich mehr Aufgaben als zuvor wahrgenommen.
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Die Antragstellerpartei hat beantragt,
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Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den ausgeschriebenen Dienstposten des Direktors am Amtsgericht X. mit einem anderen Bewerber / einer anderen Bewerberin zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist.
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Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat für den Antragsgegner beantragt,
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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen (richtig anstelle: zurückzuweisen).
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Als Ausnahme vom System der Regelbeurteilungen sei die Erstellung von Anlassbeurteilungen rechtfertigungsbedürftig. Die Anlassbeurteilung des Antragstellers sei ausweislich der Beurteilungsrichtlinien hinreichend aktuell. Die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom … Januar 2023 sei nicht älter als vier Jahre. Daneben sei es nicht zu erheblichen Veränderungen der tatsächlichen Aufgaben des Antragstellers gekommen. Der Antragsteller habe nicht während eines erheblichen Zeitraums („quantitatives Element“) wesentlich andere Aufgaben („qualitatives Element“) wahrgenommen. Ein „erheblicher Zeitraum“ meine in zeitlicher Hinsicht zwei Drittel des Beurteilungszeitraums, d.h. bei einem vierjährigen Beurteilungssystem eine Dauer von mindestens zwei Jahren und acht Monaten. Zwischen der Auswahlentscheidung (vom … Juni 2024) und dem Ende des Beurteilungszeitraums des Antragstellers lägen lediglich in etwa 17 Monate. Darüber hinaus habe der Antragsteller auch in qualitativer Hinsicht keine „wesentlich andere Tätigkeit“ ausgeübt, da er weder einen relevanten Wechsel des Arbeitsgebiets vorgenommen habe, noch die ausgeübten Tätigkeiten einem höheren Statusamt zuzuordnen wären. Ab dem .. . April 2023 habe sich der Rechtsprechungsanteil von ehemals 60% auf 75% erhöht. Dies sei als geringfügige Verschiebung der anteilig wahrgenommenen Aufgaben zu qualifizieren. Die geschilderten Aufgaben gehörten zu den üblichen Aufgaben eines ständigen Vertreters eines Gerichtsdirektors. Die Anlassbeurteilung des Antragstellers sei auch im Vergleich mit der der Beigeladenen hinreichend aktuell. Die höchstmögliche Vergleichbarkeit von Beurteilungen sei lediglich ein Optimierungsziel. In der Rechtsprechung gebe es keine starre Grenze für das Auseinanderfallen der Endzeitpunkte dienstlicher Beurteilungen. Die Beurteilungszeiträume überlappten sich um drei Jahre und überschnitten sich um rund 43% des Beurteilungszeitraums der Anlassbeurteilung 2023 des Antragstellers und um rund 69% des Beurteilungszeitraums der Anlassbeurteilung 2024 der Beigeladenen. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unbedenklich, auch wenn die Endzeitpunkte der Beurteilungen um etwa 16 Monate auseinanderfielen (vgl. B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Nr. 24). Dies entspreche einem Drittel des Regelbeurteilungszeitraums von vier Jahren.
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Mit Schriftsatz vom 28. August 2024 hat die – mit gerichtlichem Beschluss vom 10. Juli 2024 am Verfahren beteiligte ausgewählte Bewerberin als – Beigeladene beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Es bestünde insbesondere unter Zugrundelegung der Beurteilungsrichtlinien kein Anlass für eine aktualisierte Anlassbeurteilung für den Antragsteller. Der Antragsteller habe nicht zu einem Anteil von mindestens 2/3 des Regelbeurteilungszeitraums von vier Jahren, d.h. zu 32 Monaten erheblich veränderte Aufgaben wahrgenommen. Die Geschäfte der ausgeschiedenen Direktorin habe er lediglich für kurze Zeit bis zum Beurteilungsende der Anlassbeurteilung der Beigeladenen (vom …4.2024 bis .. .5.2024: 3 Wochen und 1 Tag) wahrgenommen. Eine Vertretung der Direktorin für diesen kurzen Zeitraum entspreche der Hälfte des regelmäßigen Jahresurlaubs und sei nichts Ungewöhnliches. Die sonstigen vom Antragsteller beschriebenen Tätigkeiten seien typische Aufgaben eines Direktors bzw. stellvertretenden Direktors am Amtsgericht. Der Überlappungszeitraum der Anlassbeurteilungen betrage drei Jahre, sodass der Aktualitätsvorsprung der Beigeladenen von 16 Monaten und einer Woche nicht ausschlaggebend sei. Dieser betrage lediglich 31% des gesamten Beurteilungszeitraums der Beigeladenen und nur 19,3% des gesamten Beurteilungszeitraums des Antragstellers.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerpartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung der Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung der ausgewählten Konkurrentin mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung der Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung ist rechtmäßig.
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Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 2 Abs. 1 Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz (BayRiStAG) i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – im Folgenden: LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746 und B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
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Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen (hier: Richterstellen), berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten (hier: Richters) an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746).
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Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
27
Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 22) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das Leistungsvermögen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10.13 – BVerwGE 150, 359, juris Rn. 21; B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 18, 21 f.; B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168, juris Rn. 24).
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Die Aktualität dienstlicher Beurteilungen bemisst sich nach dem verstrichenen Zeitraum zwischen ihrer Erstellung (bzw. dem Beurteilungsstichtag) und dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2.16 – BVerwGE 161, 59, juris Rn. 53; U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 33 m.w.N.). Genügen dienstliche Beurteilungen nicht dem Aktualitätsgebot, können sie keine Grundlage für eine rechtmäßige Auswahlentscheidung sein (siehe nur BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 22). Ob Aktualisierungsbedarf besteht, ist im Ausgangspunkt für jeden Bewerber gesondert zu betrachten (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2.18, 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305, juris Rn. 61).
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4. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung entspricht diesen Grundsätzen und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Der Auswahlvermerk vom … Juni 2024 in Verbindung mit dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom … Mai 2024 genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen.
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Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch bestehen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2018, Anhang 5 Rn. 2; BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 1 WB 19/08 – juris Rn. 35).
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Im Auswahlvermerk vom … Juni 2024 in Verbindung mit dem Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom … Mai 2024 ist ausführlich begründet, dass die Beigeladene auf der Grundlage des Vergleichs der vorliegenden Anlassbeurteilungen leistungsstärker als der Antragsteller einzuschätzen sei.
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b) Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass der Leistungsvergleich anhand der Anlassbeurteilung des Antragstellers vom .. . Januar 2023 und der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom … Mai 2024 erfolgt ist. Die im Leistungsvergleich herangezogene Anlassbeurteilung des Antragstellers vom .. . Januar 2023 war für sich genommen im Auswahlzeitpunkt hinreichend aktuell (aa). Auch wenn die für die Beigeladene erstellte Anlassbeurteilung zeitnaher zur Auswahlentscheidung ergangen ist, war ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung des Antragstellers nach den Grundsätzen der Bestenauslese möglich (bb).
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Mangels hinreichend aktueller periodischer Beurteilungen war jeweils auf Anlassbeurteilungen zurückzugreifen. Nach Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 1 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz, des Innern, für Bau und Verkehr, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration über die Beurteilung der Richter und Richterinnen sowie der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen vom 26. März 2015 (JMBl. S. 18, StAnz. Nr. 16, im Folgenden: GemBek) soll im Fall einer Bewerbung für Richter, die nicht mehr periodisch beurteilt werden, im Fall einer Bewerbung eine Anlassbeurteilung erstellt werden, wenn die letzte (reguläre oder aktualisierte) periodische Beurteilung oder Anlassbeurteilung länger als vier Jahre zurückliegt. Dies traf im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am … Mai 2024 sowohl auf den Antragsteller (periodische Beurteilung vom …4.2016), als auch auf die Beigeladene (periodische Beurteilung vom …12.2018) zu. Da für beide Bewerber dienstliche Beurteilungen im Amt der Besoldungsgruppe R 2 und höher aus den Jahren 2012 und 2016 vorlagen, waren sie nicht mehr dem System der periodischen Beurteilungen unterworfen (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayRiStAG i.V.m. Nr. 5.11 GemBek i.V.m. Ziff. 2 des JMS v. 20.5.2019 – Gz.: A3 – 2012 – V – 11386/2018), sodass Anlassbeurteilungen heranzuziehen waren.
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aa) Die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom … Januar 2023 war im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vom … Mai 2024 trotz eines Ablaufs von nahezu 17 Monaten seit ihrer Erstellung hinreichend aktuell.
36
Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (im Folgenden: BayRiStAG) i.V.m. Ziff. 5.1 Satz 1 GemBek sind Richter/-innen auf Lebenszeit alle vier Jahre von dem oder der unmittelbaren Dienstvorgesetzten dienstlich zu beurteilen (periodische Beurteilung). Die Erstellung einer Anlassbeurteilung ist nach Ziff. 7.1 GemBek nur bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall möglich. Solche Gründe liegen regelhaft vor, wenn die letzte Beurteilung eines Richters oder Staatsanwalts, der nicht mehr der periodischen Beurteilung unterliegt, länger als vier Jahre zurückliegt (Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 1 GemBek) oder sich seitdem erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben haben, sodass die weitere Verwendung der letzten Beurteilung nicht mehr sachgerecht wäre (Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 2 GemBek). Diese Vorgaben sind eingehalten.
37
Da der Zeitpunkt der Erstellung der letzten Anlassbeurteilung des Antragstellers (.. .. Januar 2023) im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (.. … Juni 2024) nicht wie in Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 1 GemBek vorgesehen vier Jahre, sondern (lediglich) um etwa 17 Monate zurückliegt, ergibt sich aus dem Zeitablauf allein kein Anlass für die Erstellung einer zeitnäheren Anlassbeurteilung.
38
Daneben ist nicht erkennbar, dass sich für den Antragsteller nach der Anlassbeurteilung vom … Januar 2023 „erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien“ ergeben hätten mit der Folge, dass die weitere Verwendung der letzten Beurteilung nicht mehr sachgerecht wäre (Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 2 GemBek).
39
Bei der Auslegung der Ziff. 7.1 GemBek ist zu beachten, dass sie als Ausnahmebestimmung grundsätzlich restriktiv auszulegen ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2024 – 3 CE 24.571 – juris Rn. 18). Denn Anlassbeurteilungen bilden im System der turnusmäßigen Regelbeurteilungen der Justiz die Ausnahme, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfen (BayVGH, B.v. 3.5.2024 – 3 CE 24.571 – juris Rn. 18, 20). Die Entscheidung des Landesgesetzgebers für das System der turnusmäßigen Regelbeurteilungen darf von der Verwaltung nicht dadurch unterlaufen werden, dass sie im Rahmen eines Auswahlverfahrens trotz des Vorliegens einer hinreichend aktuellen Regelbeurteilung ohne ausreichenden Grund Anlassbeurteilungen erstellt (BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 16). Gleichzeitig hat sich die Beurteilungsbestimmung an den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen zu orientieren (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 19).
40
Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner das Regelbeispiel mit Blick auf die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auslegt, wonach Bedarf für eine Aktualisierung der Beurteilungsgrundlage entstehen kann, wenn der Beamte nach dem Stichtag der letzten (regulären oder aktualisierten) periodischen Beurteilung wesentlich andere Aufgaben (qualitatives Element) während eines erheblichen Zeitraums (zeitliches Element) wahrgenommen hat (BVerwG, B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – juris Rn. 12; U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 38, 41 ff., 49 ff.; BayVGH, B.v. 6.3.2024 – 3 CE 23.2302 – juris Rn. 8). Auch wenn diese Rechtsprechung für einen Vergleich von Regel- und Anlassbeurteilungen entwickelt wurde, erscheinen die niedergelegten Maßstäbe jedenfalls mit Blick auf die Ausgestaltung des zu fordernden qualitativen Elements des veränderten Aufgabenbereichs übertragbar (vgl. hierzu VG Berlin, B.v. 13.9.2021 – 26 L 108/21 – juris Rn. 22).
41
Nach der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegen wesentlich andere Aufgaben vor, wenn der Beamte in seinem veränderten Tätigkeitsbereich Aufgaben wahrnimmt, die einem anderen (regelmäßig höherwertigen) Statusamt zuzuordnen sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die neuen Aufgaben ausschließlich anderen Besoldungsgruppen entsprechen als die vorherigen Aufgaben des Beamten oder sie zwar derselben Besoldungsgruppe, nicht aber derselben Laufbahn zuzuordnen sind wie die vorherigen Aufgaben des Beamten. Denn das Statusamt definiert sich anhand dreier Merkmale, nämlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung und das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. Rn. 54 f. m.w.N.).
42
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den vom Antragsteller angeführten Tätigkeiten nicht um Aufgaben, die einem höheren Statusamt zuzuordnen wären. Denn diese stellen, wie auch der Antragsgegner bestätigt hat, typische Aufgaben dar, die ein Richter am Amtsgericht als ständiger Vertreter des Direktors üblicherweise wahrzunehmen hat. Dazu gehören die vom Antragsteller geschilderten Verwaltungstätigkeiten im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Gerichtsgebäude, die Begleitung von Baumaßnahmen, dienstaufsichtliche Aufgaben sowie die Vertretung der Gerichtsleitung während etwaiger Abwesenheiten oder Vakanzen einschließlich der Repräsentation des Gerichts nach außen. Sofern sich der Rechtsprechungsanteil des Antragstellers ab dem … April 2023 von ehemals 60% auf 75% erhöht hat, liegt hierin auch unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis kein Wechsel des Aufgabengebiets. Nach der Verwaltungspraxis wird ein solcher unter anderem angenommen, wenn anstelle von richterlichen Tätigkeiten Verwaltungsaufgaben oder staatsanwaltliche Tätigkeiten übernommen werden. Mithin liegt in dem erhöhten Rechtsprechungsanteil eine unwesentliche Verschiebung des Anteils der bereits zuvor wahrgenommenen Aufgaben, nicht aber ein relevanter Wechsel des Schwerpunkts der Tätigkeiten.
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Ein hiervon abweichendes Verständnis der Beurteilungsrichtlinie, insbesondere von der in Ziff. 7.1 Satz 2 Var. 1 GemBek vorgesehen Frist von vier Jahren für die Aktualisierung der Beurteilung, drängt sich auch nicht vor dem Hintergrund auf, dass einzelne Obergerichte außerhalb Bayerns die Ansicht vertreten, dass Anlassbeurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht älter als ein Jahr sein dürfen.
44
Es liegt im grundsätzlich weiten Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er das Beurteilungswesen für seine Beamten regelt (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 11. Auflage 2024, § 11 Rn. 5 m.w.N.). Innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen ist der Dienstherr weitgehend frei, Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen durch Richtlinien festzulegen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2/18 – juris Rn. 39). Wenn der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den rechtlichen Vorgaben, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2/18 – juris Rn. 40). Fehlt ein Anlass zur Erstellung einer Anlassbeurteilung, bedarf es nicht nur keiner Anlassbeurteilung, sondern dem Dienstherrn ist der Erlass einer solchen auch verwehrt und sie darf für den Leistungsvergleich nicht herangezogen werden (BVerwG, B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – ZBR 2020, 346, juris Rn. 12; BVerwG, B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4/20 – ZBR 2021, 342, juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – NVwZ-RR 2023, 333, juris Rn. 16).
45
Es ist nicht erkennbar, dass aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers zwingend folgen müsste, dass eine um etwa 17 Monate alte Beurteilung in einem System, das Anlassbeurteilungen als Ausnahme vorsieht und von einem vierjährigen Regelbeurteilungszeitraum ausgeht, zu aktualisieren wäre. Ein solcher Anlass ist weder aus den Beurteilungsrichtlinien, noch aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ableitbar.
46
Vielmehr ergibt eine Gewichtung der objektiv-rechtlichen Gewährleistung eines leistungsstarken öffentlichen Dienstes (Art. 33 Abs. 2 und 5 GG) bzw. einer funktionsfähigen Verwaltung (Art. 83 ff. GG) mit der subjektiv-rechtlichen Gewährleistung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (Art. 33 Abs. 2 GG) des Beamten, dass Anlassbeurteilungen in einem System, das Anlassbeurteilungen als Ausnahme vorsieht, ohne Anhaltspunkte für erhebliche Veränderungen in der Aufgabenwahrnehmung des Beamten – wenn überhaupt – nur dann nicht mehr hinreichend aussagekräftig sind, wenn ein (ganz) erheblicher Zeitraum abgelaufen ist, was bei dem hier maßgeblichen Zeitraum von etwa 17 Monaten im konkreten Einzelfall nicht der Fall ist (vgl. VG München, B.v. 13.8.2021 – M 5 E 21.1475 – juris Rn. 32). Ein solches Verständnis steht im Einklang mit den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, wonach auch bei einer konkreten Auswahlentscheidung dienstliche Beurteilungen nicht die Aufgabe haben, jedwede zwischenzeitlich eingetretene Veränderung in dem einem Beamten zugewiesenen Tätigkeitsbereich kleinteilig zu erfassen und nachzuzeichnen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2/18 – juris Rn. 45). Dieses restriktive Verständnis wird auch dadurch unterstrichen, dass das Bundesverwaltungsgericht zuletzt wiederholt stärker der Ausnahmecharakter von Anlassbeurteilungen im Regelbeurteilungssystem betont und neben dem quantitativen Element des Zeitablaufs stets ein qualitatives Element der veränderten Aufgabenwahrnehmung gefordert hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2.18, 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 37 ff.; B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – ZBR 2020, 346 Rn. 10 ff.; B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4.20 – juris Rn. 45). Es ist nicht ersichtlich, wieso bei Anlassbeurteilungen ohne weiteres auf ein qualitatives Element verzichtet werden sollte (vgl. auch VG Berlin, B.v. 13.9.2021 – 26 L 108/21 – juris Rn. 22).
47
Vor diesem Hintergrund kann auf die Argumentation der Antragstellerseite unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, wonach eine Anlassbeurteilung regelmäßig dann nicht mehr hinreichend aktuell sein soll, wenn sie im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung mehr als ein Jahr alt ist (OVG NW, B.v. 30.11.2021 – 1 B 1341/21 – juris Rn. 15; HessVGH, B.v. 22.6.2016 – 1 B 649/16 – juris Rn. 13 f.), nicht überzeugen. In dieser Rechtsprechung, die im Übrigen mit Blick auf ein anderes Beurteilungssystem entwickelt worden ist, findet eine Befassung mit der eben genannten bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht statt. Es ist nicht plausibel, wieso gerade die Dauer von einem Jahr als Grenze dienen können soll. Denn es kann nicht generell angenommen werden, dass sich innerhalb eines Jahres bei den Bewerbern zwingend leistungsrelevante Änderungen ergeben. Der in der Rechtsprechung betonte Gesichtspunkt, dass der Personalverwaltung nicht abverlangt werden kann, eine permanente Beurteilungstätigkeit vorzunehmen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 45 ff.; 62: „perpetuum mobile“), gilt auch bei Anlassbeurteilungen, die im Rahmen von Bewerbungen um Beförderungsstellen erstellt werden (VG München, B.v. 13.8.2021 – M 5 E 21.1475 – juris Rn. 32). Soweit die Jahresfrist mit einem pauschalen Verweis auf den Zweck der Anlassbeurteilung begründet wird, überzeugt dies nicht. Denn der Zweck ist derselbe wie der einer Regelbeurteilung, eine leistungsgerechte Auswahl nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu ermöglichen. Soweit die Jahresfrist als erforderlich angesehen wird, um für die Vergleichbarkeit von Anlassbeurteilungen zu sorgen, die anders als periodische Beurteilungen in der Regel über abweichende Stichtage und Beurteilungszeiträume verfügen, wird übersehen, dass auch im Regelbeurteilungssystem mit ergänzenden Anlassbeurteilungen unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen bei einer Auswahlentscheidung in Kauf genommen werden. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2/18 – juris Rn. 59). Die Herstellung der Vergleichbarkeit von Beurteilungen bleibt stets ein „Optimierungsziel“, das immer nur so weit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 58).
48
Im Übrigen birgt die Pflicht zur Erstellung einer neuen Anlassbeurteilung nach Ablauf eines Jahres seit Erstellung der Anlassbeurteilung anlässlich einer Auswahlentscheidung die Gefahr, dass bei einem Bewerberkreis, bei dem nicht nur Anlasssondern auch periodische Beurteilungen zur Auswahlentscheidung herangezogen werden, die Abstände zwischen den Erlasszeitpunkten von Anlass- und Regelbeurteilungen immer weiter auseinanderfallen. So ist für Regelbeurteilungen anerkannt, dass sie hinreichend aktuell sind, wenn im dreijährigen Beurteilungszeitraum der Beurteilungsstichtag höchstens drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung liegt (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 34), beziehungsweise im vierjährigen Beurteilungszeitraum, wenn der Beurteilungsstichtag höchstens vier Jahre vor dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung liegt (BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 28). Dementsprechend könnte – wenn kein sonstiger Anlass für die Erstellung einer Anlassbeurteilung vorliegt – eine nahezu vier Jahre alte periodische Beurteilung mit einer zwei Jahre alten Anlassbeurteilung verglichen werden, die unter Anwendung einer Jahresgrenze erneut zu aktualisieren wäre, was den Abstand der Beurteilungszeiträume nochmals vergrößern würde.
49
bb) Daneben sind die zur Auswahlentscheidung herangezogenen Anlassbeurteilungen trotz ihrer divergierenden Beurteilungszeiträume (Anlassbeurteilung des Antragstellers: .. .1.2016 bis …12.2022; Anlassbeurteilung der Beigeladenen: .. .1.2020 bis …5.2024) und Erlasszeitpunkte (Antragsteller: .. .1.2023; Beigeladene: .. .5.2024) in zeitlicher Hinsicht (noch) hinreichend miteinander vergleichbar.
50
Für die Konstellation der fehlenden zeitlichen Vergleichbarkeit von Anlassbeurteilungen im Verhältnis zueinander benennt Ziff. 7.1 Satz 2 GemBek kein Regelbeispiel, sodass auf die Generalklausel in Ziff. 7.1 Satz 1 GemBek zurückzugreifen ist, wonach es für die Erstellung einer Anlassbeurteilung besonderer Gründe bedarf. Die Erstellung einer Anlassbeurteilung bedarf, wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt, einer besonderen Rechtfertigung (BayVGH, B.v. 3.5.2024 – 3 CE 24.571 – juris Rn. 18) und ist nur in Konstellationen gerechtfertigt, in denen sich der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, weil dem Dienstherrn ansonsten ein Bewerbervergleich, der grundsätzlich in erster Linie anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat, von vornherein nicht möglich wäre (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. Rn. 42).
51
Mit Blick auf die zeitliche Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen entspricht es der Rechtsprechung, dass dienstliche Beurteilungen als Grundlage eines Leistungsvergleichs hinsichtlich des Beurteilungszeitraums und des Stichtags nicht stets gleich sein müssen. Die einzelnen Beurteilungszeiträume müssen zwar im Wesentlichen übereinstimmen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 28.6.2002 – 3 CE 02.1282 – juris Rn. 35). Es gibt aber keinen Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein müssen (BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25). Der Grundsatz der höchstmöglichen Vergleichbarkeit stellt lediglich ein Optimierungsziel dar, das immer nur so weit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 58). Unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen sind in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Dabei sind auch größere Zeitdifferenzen zwischen einer Regel- und einer Anlassbeurteilung hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 59). Wird einem Bewerber eine Anlassbeurteilung erteilt, sind nicht allein deshalb für alle Bewerber Anlassbeurteilungen einzuholen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O., juris Rn. 57 f.; BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11; zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 20).
52
Die Eignung von (Anlass-)Beurteilungen als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst (BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11). Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend. Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinanderfallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt (OVG NW, B.v. 1.10.2015 – 6 B 1027/15 – juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13).
53
Bei welcher Zeitspanne vor diesem Hintergrund von erheblich auseinanderfallenden Stichtagen ausgegangen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Mit einzubeziehen ist unter anderem, ob Regel- und/oder Anlassbeurteilungen verglichen werden, zu welchen Stichtagen oder in welchen Zeiträumen regelmäßig Beurteilungen erstellt werden und wie lang der gemeinsame Beurteilungszeitraum ist (vgl. NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13). Auch die Frage, welche Länge der gemeinsame Beurteilungszeitraum haben muss, um einen Qualifikationsvergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers zu ermöglichen, ist unter Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.; ThürOVG, B.v. 28.11.2017 – 2 EO 524/17 – juris Rn. 9).
54
Soweit in der Rechtsprechung die Tendenz sichtbar sein mag, etwa ein Drittel des Beurteilungszeitraums einer periodischen Beurteilung als zeitliche Grenze für das Auseinanderfallen der Endzeitpunkte der zu vergleichenden Beurteilungen zu sehen (NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 12.4.2013 – 1 WDS-VR 1/13 – juris Rn. 40), was vorliegend 16 Monaten entsprechen würde, ist das nur ein Anhaltspunkt, der für den Vergleich von Regel- und Anlassbeurteilungen entwickelt worden ist (vgl. VG München, B.v. 13.8.2021 – M 5 E 21.1475 – juris Rn. 32). Mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kürzlich bei der Besetzung der Stelle einer Vorsitzenden Richterin am Bayerischen Landessozialgericht einen Überlappungszeitraum von Regel- und Anlassbeurteilung von knapp 18 Monaten bei gleichzeitigem Auseinanderfallen der Beurteilungsstichtage von nahezu drei Jahren als hinreichend angesehen, da andernfalls das Aktualisierungserfordernis dazu führen würde, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art „perpetuum mobile“ jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugen (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 28). Es ist nicht erkennbar, wieso diese Grundsätze nicht auch für den Vergleich von Anlassbeurteilungen zueinander Anwendung finden sollten. Denn es geht auch bei der Verwendung zweier Anlassbeurteilungen darum, die Chancengleichheit zwischen Bewerbern sicherzustellen und einen Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu ermöglichen.
55
Gemessen daran sind die Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen in einer Gesamtschau zeitlich (noch) hinreichend vergleichbar. Denn ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage der Beurteilungen erscheint ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach der Bestenauslese weiterhin möglich (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 59; BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25). Der sich überschneidende Beurteilungszeitraum von drei Jahren (1.1.2020 bis 31.12.2022) ist ausreichend (so zuletzt: BayVGH, B.v. 3.5.2024 – 3 CE 24.571 – juris Rn. 32 für den Vergleich zweier periodischer Beurteilungen). Dies entspricht 3/4 des vierjährigen Regelbeurteilungszeitraums (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayRiStAG). Der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilung der Beigeladenen überschneidet sich zu rund 43% mit dem der Anlassbeurteilung des Antragstellers. Gleichzeitig umfasst der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilung des Antragstellers rund 69% des Beurteilungszeitraums der Anlassbeurteilung der Beigeladenen. Dies ist vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die zum Verhältnis von Regelzu Anlassbeurteilung entwickelt worden ist, unbedenklich (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 27 – Abdeckungsgrad von 40%). Der Abstand der Beurteilungsstichtage von 16 Monaten und einer Woche steht der Durchführung eines hinreichenden Qualifikationsvergleichs nicht entgegen (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 28: Überlappungszeitraum von Regel- und Anlassbeurteilung von knapp 18 Monaten bei gleichzeitigem Auseinanderfallen der Beurteilungsstichtage von nahezu drei Jahren). Dies entspricht in etwa einem Drittel des Regelbeurteilungszeitraums von vier Jahren. Den Beurteilungen ist aufgrund der Länge der Beurteilungszeiträume (Antragsteller: 84 Monate, Beigeladene: 52 Monate) eine hinreichende Aussagekraft über den Endzeitpunkt des Beurteilungszeitraums beizumessen. Dies gilt insbesondere, da beim Antragsteller ein besonderer Aktualisierungsbedarf nicht zutage tritt. Es liegen keine konkreten, fassbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die letzte Anlassbeurteilung des Antragstellers dessen aktuellen Leistungsstand nicht mehr korrekt widerspiegelt. Denn eine in der Zwischenzeit (eindeutig dokumentierte) wesentliche Leistungssteigerung ist bei dem Antragsteller nicht nachgewiesen (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 19.9.2001 – 1 B 704/01 – NVwZ-RR 2002, 594, juris Rn. 24; Hoffmann in Schütz/Maiwald, Kommentar zum Beamtenrecht, Stand: Dezember 2018, Nr. 13 Hinreichende Aktualität der dienstlichen Beurteilung, Rn. 108 f.). Dass dem Antragsteller durch das beanstandete Beurteilungsverfahren Nachteile im Hinblick auf einen fairen Leistungsvergleich mit der Beigeladene entstanden sein könnten, ist nicht ersichtlich.
56
d) Auch der anhand der Anlassbeurteilungen vorgenommene Leistungsvergleich ist rechtlich nicht zu beanstanden.
57
Maßgebend für den Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Aspekte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 22). Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (BVerwG B.v. 19.12.2014 a.a.O. Rn. 35). Demgemäß bestimmt Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG, dass, sofern sich beim Vergleich der Gesamturteile der Beurteilungen kein Vorsprung ergibt, die darin enthaltenen Einzelkriterien gegenüber zu stellen sind (Binnendifferenzierung). In den Vergleich der Einzelkriterien sind allerdings nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. „Superkriterien“) einzubeziehen (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG), die sich nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 LlbG bestimmen. Die obersten Dienstbehörden können abweichend hiervon für bestimmte Verwaltungsbereiche oder Aufgabenfelder aus den gemäß Art. 58 Abs. 3 und 6 Satz 2 und 3 LlbG vorgesehenen Beurteilungskriterien weitere oder andere Kriterien sowie anderweitige Differenzierungen bei den zugrunde liegenden Gruppen festlegen (Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG).
58
Von dieser Ermächtigung hat der Antragsgegner mit Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz „Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte“ vom 30. September 2003 (JMBl. S. 199, im Folgenden: AnfoRiStaBek, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Dezember 2021, BayMBl. 2021 Nr. 937 vom 22. Dezember 2021), Gebrauch gemacht. Die unter Nr. 3.2.6 AnfoRiStaBek aufgelisteten Kriterien sind sachgerecht und bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2018 – 3 CE 18.398 – juris Rn. 13).
59
Bei den Anforderungsprofilen für Richter und Staatsanwälte handelt es sich um ein allgemein „beschreibendes“ Anforderungsprofil, das mögliche Bewerber über den Dienstposten und die sich aus diesem ergebenden Aufgaben informiert. Das beschreibende Anforderungsprofil erlangt insbesondere dann Bedeutung, wenn sich die Beurteilungen von Konkurrenten – wie hier – nicht (wesentlich) unterscheiden. In diesem Fall kann durch einen Vergleich der Bewerber anhand der auf den zu besetzenden Dienstposten bezogenen Anforderungen auf die in den einzelnen Beurteilungsmerkmalen erzielten Bewertungen abgestellt werden (sog. „Binnendifferenzierung“; vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2018 – 3 CE 18.398 – juris Rn. 13 m.w.N.).
60
Diesen Erfordernissen wurde Rechnung getragen.
61
Der Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom … Mai 2024, der der Auswahlentscheidung zugrunde lag, geht von der Erwägung aus, dass die Leistungen des Antragstellers und der Beigeladenen in den zuletzt erstellten Anlassbeurteilungen mit jeweils 14 Punkten (im Amt der Besoldungsgruppe R2 mit Amtszulage) gleich beurteilt worden sind. In der nachfolgenden Binnendifferenzierung (vgl. hierzu: BayVGH, U.v. 15.4.2016 – 3 BV 14.2101 – juris Rn. 23) unter Berücksichtigung des speziellen Aufgabenzuschnitts der ausgeschriebene Stelle des Direktors eines Amtsgerichts zieht der Präsident des Oberlandesgerichts den Schluss, dass die Beigeladene dem Antragsteller vorgeht. Dies stützt der Präsident des Oberlandesgerichts in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Auswertung der Einzelmerkmale „Führungskompetenz“, Repräsentationsfähigkeit“, „Fachkompetenz“ und „Organisationsfähigkeit“. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Präsident bei den genannten Einzelmerkmalen jeweils zu einem Leistungsvorsprung der Beigeladenen gelangt ist, da die Beurteilung für die Beigeladene in diesen Einzelmerkmalen jeweils günstiger ausfällt. Es ist insbesondere rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Präsident des Oberlandesgerichts beim Einzelmerkmal „Führungskompetenz“ einen Vorteil bei der Beigeladenen sieht, die als langjährige (seit .. . November 2018) Leiterin eines Gerichts in umfassender Weise Führungsfunktionen ausgeübt hat, während der Antragsteller in zeitlicher Hinsicht lediglich in Zeiten der Vertretung des Leiters des Gerichts und in der viermonatigen Vakanz die Führung eines Gerichts übernommen hat.
62
5. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dem Antragsteller waren auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dem unterlegenen Beteiligten auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu übertragen, wenn diese – wie vorliegend – mit einer Antragstellung ein Kostenrisiko übernommen hat (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 162 Rn. 41).
63
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Das ergibt bei einer im Streit stehenden Stelle der Besoldungsgruppe R 3 einen Betrag von 27.454,42 EUR (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390 für die Besoldung nach Bundesrecht; hier: 109.817,69 EUR / 4).