Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.09.2024 – 4 CE 24.937
Titel:

nachträgliche Änderung des Widmungszwecks in einer Satzung über die Überlassung öffentlicher Einrichtungen

Normenketten:
BayGO GO Art. 21 Abs. 1, 24 Abs. 1 Nr. 1
kommunale Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums § 2 Nr. 1, Nr. 7, Nr. 9
Leitsatz:
Ändert die Gemeinde, nachdem ein Antrag auf Überlassung der öffentlichen Einrichtung gestellt worden ist, die Zweckbestimmung der Einrichtung (hier: Ausschluss von parteipolitischen Veranstaltungen), ist die Satzungsänderung, soweit sie sich Wirkung auch für den bereits gestellten Antrag beilegt, wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot teilweise unwirksam und der gestellte Antrag daher noch nach den bisher geltenden Grundsätzen, dh nach dem bisher geltenden Satzungsrecht und der auf seiner Grundlage gebildeten Verwaltungspraxis, zu verbescheiden. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
öffentliche Einrichtung einer Gemeinde, Ausschluss für politische Veranstaltungen eines kommunalen Mandatsträgers, Vorgaben zur Antragstellung in der gemeindlichen Satzung, Festlegung des Widmungsumfangs durch gemeindliche Satzung, Unbeachtlichkeit eines satzungsrechtlichen Ausschlusses politischer Veranstaltungen, kein Berufen auf Kapazitätserschöpfung, öffentliche Einrichtung, Nutzungsüberlassung, Widmungsumfang, Satzung, politische Veranstaltung, nachträgliche Änderung
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 06.06.2024 – B 4 E 24.465
Fundstelle:
BeckRS 2024, 28776

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. Juni 2024 – Az. B 4 E 24.465 – wird in Nummer 1. insoweit geändert, als der Antragsgegner dem Antragsteller am 13. Oktober 2024 und am 24. November 2024 lediglich im Zeitraum von 17:00 bis 20:00 Uhr einen der bezeichneten Veranstaltungsräume zur Verfügung zu stellen hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

1
Der Antragsteller ist Mitglied der Partei ..., stellvertretender Kreisvorsitzender und Ortsverbandsvorsitzender der Partei sowie Mitglied des Kreistags. Er begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm die Zulassung zum Gemeindezentrum des Antragsgegners für Veranstaltungen zu verschaffen.
2
Für die Benutzung des Gemeindezentrums, das über zwei für Veranstaltungen nutzbare Räume verfügt, erließ der Antragsgegner die „Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums des Marktes S.“ vom 26. Mai 2023, die u.a. folgende Regelungen enthält:
„§ 2 Nr. 1: Das Gemeindezentrum des Marktes S. kann auf Antrag allen Gemeindeangehörigen, Vereinen, Gruppen sowie dem Kindergarten, der Grundschule und der Volkshochschule für interne und öffentliche Veranstaltungen und sonstige Anlässe zur Verfügung gestellt werden.“
§ 2 Nr. 7: Jede gewünschte Überlassung des Gemeindezentrums ist rechtzeitig zu beantragen. Dabei sind anzugeben:
- der Name des Vereins bzw. der Gruppe oder
- der volljährige Verantwortliche bei Familienfeiern
- der bzw. die gewünschten Räume
- Datum und Zeitraum
- der Benutzungszweck
- die voraussichtliche Personenanzahl
§ 2 Nr. 9: Von der Überlassung ausgeschlossen sind Veranstaltungen, die rechtswidrige oder verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Dies gilt auch für Parteien, die von Verfassungsschutzorganen beobachtet werden.
3
Einen vom Antragsteller unter dem 10. Januar 2024 gestellten Antrag auf Überlassung des Gemeindezentrums für die Veranstaltung „Bürgerinformation aus dem Kreistag“ lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 19. Februar 2024 ab. Den vom Antragsteller hiergegen gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth wegen erschöpfter Kapazitäten an den in Rede stehenden Terminen ab (B.v. 13.3.2024 – B 4 E 24.156).
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Einen am 22. März 2024 gestellten Antrag des Antragstellers, ihm die im Jahr 2024 freien Wochenendtermine im Gemeindezentrum mitzuteilen, lehnte der Antragsgegner ab und verwies darauf, dass der Marktgemeinderat am 21. März 2024 beschlossen habe, in gemeindlichen Einrichtungen keine politisch motivierten Veranstaltungen mehr zuzulassen. Das Verwaltungsgericht Bayreuth verpflichtete daraufhin den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller Auskunft über freie Termine des Gemeindezentrums zu erteilen (B.v. 2.5.2024 – B 4 E 24.349). Mit Schreiben vom 6. Mai 2024 forderte der Antragsteller den Antragsgegner auf, unverzüglich, jedoch spätestens bis 14. Mai 2024 die begehrte Auskunft zu erteilen.
5
Am 8. Mai 2024 beschloss der Marktgemeinderat des Antragsgegners die Änderung von § 2 Nr. 9 der Benutzungssatzung dahingehend, dass die Inanspruchnahme des Gemeindezentrums für politische Veranstaltungen ausgeschlossen wird. Die Satzungsänderung wurde am 16. Mai 2024 bekanntgemacht und trat eine Woche später in Kraft.
6
Unter dem 10. Mai 2024 erstellte der Antragsgegner eine Auflistung der noch freien Termine im Jahr 2024; für die Jahre 2025 und 2026 stünden noch keine Termine fest. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller am 14. Mai 2024 per E-Mail übermittelt mit dem Hinweis, dass dies mit Blick auf die gesetzte Frist erfolge; bedauerlicherweise sei das Schreiben nicht am 10. Mai 2024 mit der Post versandt worden.
7
Mit E-Mail vom 16. Mai 2024 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Nutzung des Gemeindezentrums am 7. Juni 2024, 13. Oktober 2024, 24. November 2024 sowie zu weiteren Terminen in den Jahren 2025 und 2026, jeweils zwischen 17 und 20 Uhr. Als Veranstalter wurde der Antragsteller genannt, der Benutzungszweck lautete für alle Termine „Bürgerinfo“, und als gewünschte Räume wurden „Saal und sanitäre Anlagen“ benannt.
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Unter dem 23. Mai 2024 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass zwischenzeitlich an allen vom Antragsteller angegebenen Tagen eine Reservierung eingegangen sei.
9
Der Antragsteller beantragte am 30. Mai 2024 beim Verwaltungsgericht, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, den Antragsteller am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024, am 24. November 2024, am 15. März 2025, am 20. September 2025, am 18. Oktober 2025 und am 7. Februar 2026, jeweils von 17 bis 20 Uhr zu der mit Schreiben vom 16. Mai 2024 beantragten Nutzung des Gemeindezentrums zuzulassen.
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Mit Beschluss vom 6. Juni 2024 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Antragsgegner, dem Antragsteller jeweils einen der beiden Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums des Antragsgegners (Mehrgenerationenraum [Gewölbe] oder Saal im 2. Stock) am 7. Juni 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr, am 13. Oktober 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr und am 24. November 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr zu den in der vom Antragsgegner erlassenen Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums vom 26. Mai 2023 genannten Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die E-Mail des Antragstellers vom 16. Mai 2024 stelle einen alle satzungsmäßig erforderlichen Angaben enthaltenden Antrag für die Nutzungsüberlassung dar, insbesondere sei der Angabe des Benutzungszwecks Genüge getan. Die beabsichtigte Nutzung sei auch satzungsgemäß; insbesondere sei die Satzungsänderung vom 10. Mai 2024, mit der politische Veranstaltungen ausgeschlossen werden sollten, jedenfalls auf die angefragten Termine im Jahr 2024 nicht anzuwenden. Es sei die bei Antragstellung geltende Rechtslage anzuwenden, weil der Antragsgegner nur die Satzung geändert habe, um den Antragsteller auszuschließen. Die durch Beschluss vom 21. März 2024 vorgenommene Widmungsbeschränkung sei unbeachtlich, weil dies nicht im Satzungswege erfolgt sei. Im Übrigen sei der Ausschluss in § 2 Nr. 9 der ursprünglichen Satzung unzulässig, weil dies gegen das Recht auf Chancengleichheit der Parteien verstoße und ein Parteienverbot dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sei. Der Antragsgegner könne sich für die Termine im Jahr 2024 auch nicht auf die Erschöpfung von Kapazitäten berufen. Der Nutzungsabsicht des Antragstellers sei nicht auf den Saal des Gemeindezentrums zu verengen. Der Antragsgegner habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Veranstalter der ins Feld geführten, zeitlich kollidierenden Buchungen beide Räume benötigten; noch dazu lägen den Buchungen unvollständige Nutzungsüberlassungsanträge zugrunde. Hingegen bestehe kein Anordnungsgrund bezüglich der Termine in den Jahren 2025 und 2026.
11
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt.
12
Für den Vortrag im Übrigen und die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch der Akten des Verwaltungsgerichts in den Verfahren Az. B 4 E 24.156 und B 4 E 24.349, Bezug genommen.
II.
13
Die Beschwerde des Antragsgegners, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat nur in dem tenorierten Umfang Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag im Wesentlichen zu Recht stattgegeben.
14
1. Die Beschwerde ist nur teilweise zulässig.
15
Soweit sich der Antragsgegner als Beschwerdeführer gegen die Verpflichtung im verwaltungsgerichtlichen Beschluss wendet, dem Antragsteller am 7. Juni 2024 einen der beiden Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums zur Verfügung zu stellen, ist die Beschwerde bereits unzulässig. Der Beschwerde fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, weil der genannte Termin bei Eingang der Beschwerde am 10. Juni 2024 bereits verstrichen war. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist bei Erledigung der Hauptsache zwischen den Instanzen ein Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde in der Regel zu verneinen (VGH BW, B.v. 7.1.2009 – 1 S 1342/09 – juris Leitsatz). Erledigt sich die Hauptsache nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, aber noch vor Einlegung der Beschwerde, so wird man das rechtliche Interesse an der Beschwerde verneinen müssen, wenn die ergangene Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz keine nachteiligen Wirkungen mehr haben kann (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 30). Im vorliegenden Fall ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass vom Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit noch irgendwelche nachteilige Wirkungen ausgehen oder eingetretene Folgen rückgängig gemacht werden könnten. Das Ziel einer günstigeren Kostenentscheidung begründet für sich genommen auch aufgrund des in § 158 VwGO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens ebenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2022 – 10 CS 22.802 – juris Rn. 10).
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2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, soweit sich der Antragsgegner dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht ihn zur Nutzungsüberlassung am 13. Oktober 2024 und 24. November 2024 jeweils von 15 bis 20 Uhr verpflichtet und damit den beantragten Zeitraum, nämlich zwischen 17 bis 20 Uhr, überschritten hat.
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Nach § 88 VwGO, der gemäß § 122 Abs. 1 VwGO auch im Beschlussverfahren Anwendung findet, ist das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden, darf aber über das Begehren nicht hinausgehen. Das Verwaltungsgericht ist in seinem Beschluss jedoch über das Begehren hinausgegangen, indem es dem Antragsteller einen längeren Benutzungszeitraum (ab 15 Uhr statt ab 17 Uhr) zuerkannt hat, als dieser im Verfahren nach § 123 VwGO und auch im behördlichen Verfahren beantragt hatte. Angesichts der insoweit fehlenden Begründung im Beschluss dürfte es sich um ein Gerichtsversehen handeln. Auch aus dem besonderen Charakter des Verfahrens nach § 123 VwGO ergibt sich nichts anderes. Zwar stellen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO es in das freie Ermessen des Gerichts, welche Anordnungen es zur Erreichung des Zwecks, d.h. zur Sicherung oder Regelung des Rechts im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO trifft. Das lockert die Bindung an den Antrag und ermöglicht dem Gericht, ein Minus oder ein Aliud zu bestimmen (vgl. Happ in Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 123 Rn. 64). Jedoch ist eine Anordnung, die über das – ersichtliche – Interesse der Antragspartei hinausgeht, die Einrichtung lediglich in einem kürzeren Zeitraum zu nutzen, nicht zweckmäßig und daher von den gerichtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht umfasst.
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3. Die weiteren Einwendungen der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts bleiben ohne Erfolg.
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a) Der Antragsgegner macht geltend, dass die Angaben des Antragstellers in seinem Antrag auf Überlassung der Einrichtung vom 16. Mai 2024 fehlerhaft bzw. unvollständig gewesen seien, weil nicht explizit erwähnt sei, dass der Antragsteller die Veranstaltung als politischer Mandatsträger und nicht als Privatperson abhalten wolle; daher habe schon kein wirksamer Antrag vorgelegen, der Grundlage für einen Anspruch auf Überlassung hätte sein können. Diese Annahme trifft nicht zu.
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Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die E-Mail des Antragstellers vom 16. Mai 2024 den Vorgaben in § 2 Nr. 7 Satz 2 der Benutzungssatzung vom 6. Mai 2023 entsprochen hat, hält den Einwänden des Beschwerdeführers stand. In der Satzungsbestimmung ist keine Grundlage für die Forderung vorhanden, dass der Antragsteller über die Nennung seines Namens und des Benutzungszwecks „Bürgerinfo“ hinaus ausdrücklich hätte erwähnen müssen, in welcher Funktion – hier also in seiner Eigenschaft als Mandatsträger – er den Raum nutzen wollte. Der in der Satzung verwendete Begriff des „Benutzungszwecks“ kann nicht in diesem Sinne verstanden werden. Der Senat teilt darüber hinaus die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach es dem Antragsgegner bereits aus den der Antragstellung vorangegangenen Verfahren bekannt war, dass der Antragsteller unter der Bezeichnung „Bürgerinfo“ eine politische Informationsveranstaltung abhalten wollte (z.B. Schreiben des Antragsgegners vom 19. Februar 2024: „AfD: Bürgerinformation „Neues aus dem Landkreis/tag“). Nicht anders ließ sich die E-Mail vom 16. Mai 2024 verstehen, in der der Prozessbevollmächtigte auch des vorangegangenen Verfahrens für den Antragsteller auftrat, wobei er auf dieses Bezug nahm („[…] werde ich (erneut) das Verwaltungsgericht Bayreuth mit der Angelegenheit betrauen“) und den Benutzungszweck in Kurzform mit „Bürgerinfo“ bezeichnete. Bereits damals hat der Antragsgegner das Begehren des Antragstellers als parteipolitische Veranstaltung eingeordnet, wie sich aus seinem Antwortschreiben vom 28. März 2024 (VG-Gerichtsakte, S. 39) ergibt. Im Übrigen lässt sich aus den weiteren Umständen schließen, dass dem Antragsgegner die Funktion des Antragstellers ebenso klar war wie die Art der Veranstaltung, weil der Antragsgegner im behördlichen Verfahren gerade keinen diesbezüglichen Klärungsbedarf hatte und die Ablehnung der Nutzung auch nicht auf die Unvollständigkeit des Antrags gestützt hat.
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b) Die Beschwerde geht fehl in der Annahme, dass schon der Widmungszweck des Gemeindezentrums in § 2 Nr. 1 der Benutzungssatzung vom 26. Mai 2023 dem Abhalten politischer Veranstaltungen entgegenstehe. Die vom Antragsteller beabsichtigte Nutzung hält sich vielmehr im Rahmen des dort festgeschriebenen Benutzungszwecks.
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Es trifft nicht zu, dass nach der genannten Vorschrift nur „allgemein bürgerliche Veranstaltungen“ wie z. B. Familienfeste im Gemeindezentrum abgehalten werden dürfen. Eine solche Einschränkung ist der Satzung nicht zu entnehmen. Der Nutzungszweck in § 2 Nr. 1 der Benutzungssatzung vom 26. Mai 2023 ist vielmehr hinsichtlich des Adressatenkreises und des Benutzungszwecks überaus weit gefasst und ermöglicht die Nutzung ausdrücklich auch für öffentliche Veranstaltungen. Aus § 2 Nr. 9 der Benutzungssatzung in der ursprünglichen Fassung vom 26. Mai 2023 ging ebenfalls hervor, dass politische Veranstaltungen grundsätzlich möglich sein sollten, denn nach dem Willen des Satzungsgebers sollten – nur – solche Veranstaltungen ausgeschlossen sein, die rechtswidrige oder verfassungsfeindliche Ziele verfolgen; dies sollte ebenso für Parteien gelten, die vom Verfassungsschutzorganen beobachtet werden. Dass auch der Antragsgegner von der grundsätzlichen Zulässigkeit politischer Veranstaltungen ausging, zeigt auch die mit Gemeinderatsbeschluss vom 10. Mai 2024 erfolgte Satzungsänderung, wonach die Inanspruchnahme für politische Veranstaltungen für die Zukunft ausgeschlossen wurde.
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c) Entgegen der Annahme des Antragsgegners zeitigte der Beschluss des Marktgemeinderats vom 8. Mai 2024 zur Satzungsänderung keine Vorwirkungen dahingehend, dass der Antrag auf Zugang zu dem Gemeindezentrum ermessensfehlerfrei abgelehnt werden durfte. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass dem Antrag die Satzungslage vor der Beschlussfassung über die Änderungssatzung zugrunde zu legen ist und sich hieraus ein Zulassungsanspruch des Antragstellers ergibt.
24
aa) Zwar ist es dem Antragsgegner im Rahmen seiner autonomen Rechtsetzungskompetenz unbenommen, die Zweckbestimmung seines als öffentliche Einrichtung betriebenen Gemeindezentrums zu verändern und damit auch einzuschränken. Gemeinden sind nicht von vornherein zur Überlassung von Räumlichkeiten zur Durchführung parteipolitischer Veranstaltungen verpflichtet. Daher ist eine Widmungsbeschränkung dahingehend, solche Veranstaltungen von der Zugangsberechtigung für die Zukunft auszuschließen, rechtlich unbedenklich. Allerdings begründen solche nachträglichen Widmungsbeschränkungen nicht die rechtliche Möglichkeit, bereits zuvor gestellte – unliebsame – Benutzungsanträge abzulehnen. Nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 28.3.1969 – BVerwGE 31, 368), der der Senat in ständiger Rechtsprechung folgt (vgl. B.v. 21.1.1988 – 4 CE 87.03883 – BayVBl 1988, 497/498; B.v. 17.2.2011 – 4 CE 11.287 – juris Rn. 23), setzt sich eine Gemeinde, die die Zweckbestimmung ihrer Einrichtung ändert, nachdem bereits ein Antrag auf Überlassung vorliegt, dem naheliegenden Verdacht aus, dass sie dies nicht aus einem anzuerkennenden allgemeinen Grund getan hat, sondern nur, um den Antrag ablehnen zu können. In diesem Fall ist die Satzungsänderung, soweit sie sich Wirkung auch für den bereits gestellten Antrag beilegt, wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot teilweise unwirksam und der gestellte Antrag daher noch nach den bisher geltenden Grundsätzen, d. h. nach dem bisher geltenden Satzungsrecht und der auf seiner Grundlage gebildeten Verwaltungspraxis, zu verbescheiden. So liegt der Fall auch hier.
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Dem Antragsgegner ist es auch im Beschwerdeverfahren nicht gelungen, den im angefochtenen Beschluss dargelegten, aus der zeitlichen Nähe zur Antragstellung folgenden Verdacht, die Satzungsänderung sei erfolgt, um den Antragsteller auszuschließen, zu entkräften. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass über den Antrag jedenfalls für die Termine des Jahres 2024 noch nach der ursprünglichen Satzung vom 26. Mai 2023 zu entscheiden war und die Satzungsänderung, die am Tag der Antragstellung bekanntgemacht wurde und eine Woche später in Kraft trat, insoweit außer Acht zu bleiben hatte. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unbeachtlichkeit des Ausschlusses politischer Veranstaltungen sind hier anzuwenden, auch wenn die Satzungsänderung bereits durch den Marktgemeinderat beschlossen worden war, bevor am 16. Mai 2024 der förmliche Antrag auf Nutzungsüberlassung gestellt wurde.
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Dies folgt vor allem aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Marktgemeinderat bereits konkret mit Anträgen des Antragstellers auf Nutzungsüberlassung zu rechnen war, nachdem ihm die dafür benötigten Informationen über die noch freien Termine zunächst pflichtwidrig vorenthalten worden waren. Infolge dieses rechtswidrigen Verhaltens des Antragsgegners erlangte der Antragsteller, wie im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt wird, erst im Wege eines gerichtlich durchgesetzten Auskunftsverlangens und nach nochmaliger Anmahnung unter Fristsetzung Auskunft über die freien Termine des Gemeindezentrums. Es war daher in zeitlicher Hinsicht nicht dem Antragsteller, sondern dem Antragsgegner anzulasten, dass die Antragstellung erst nach der Beschlussfassung über die Satzungsänderung erfolgte bzw. erfolgen konnte.
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Da der Antragsteller somit einen gebundenen Anspruch auf Zulassung nach den alten Satzungsbestimmungen hatte, geht auch die Annahme des Antragsgegners fehl, dass die bereits beschlossene, aber noch nicht bekanntgemachte Satzungsänderung zumindest im Rahmen eines bestehenden „Ermessensspielraums“ zu Lasten des Antragstellers habe berücksichtigt werden dürfen.
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bb) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens die Frage, ob sich der Antragsteller unter den gegebenen Umständen auf eine fortdauernde Anwendung des für ihn günstigen bisherigen Satzungsrechts auch für weit in die Zukunft reichende Reservierungen berufen kann. Allgemein dürfte insoweit der Grundsatz gelten, dass mit zunehmendem Zeitablauf dem Recht der Gemeinden, den Zugang zu ihren öffentlichen Einrichtungen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eigenständig zu regeln, ein immer stärkeres Gewicht zukommt. Je weiter entfernt der von einem Antragsteller begehrte Termin ist, desto weniger schutzwürdig ist sein Vertrauen in die Fortgeltung der früheren Rechtslage, und desto weniger hindert die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Chancengleichheit politischer Parteien den kommunalen Einrichtungsträger an einer Änderung der Zugangsvoraussetzungen.
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e) Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Raumkapazitäten an den genannten Terminen bereits erschöpft seien.
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aa) Soweit die Beschwerde zunächst Einwände dagegen erhebt, dass der Antragsgegner Termine bereits bei einer Anfrage reservieren müsse, vermag sie damit die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen. Der angegriffene Beschluss stellt ausdrücklich fest, dass sich aus dem allgemeinen Auskunftsersuchen des Antragstellers vom 6. Mai 2024 noch keine Verpflichtung ergab, die ihm genannten Termine freizuhalten (BA, S. 18).
31
bb) Soweit sich die Beschwerde im Übrigen zu der Frage der Kapazitätserschöpfung äußert und darauf verweist, dass zu den maßgeblichen Zeitpunkten frühere Buchungen vorgelegt worden seien, die das gesamte Gemeindezentrum umfassten, entkräftet dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht. Betreffend die Daten 13. Oktober 2024 und 24. November 2024 hat das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt, dass eine Kapazitätserschöpfung nicht glaubhaft gemacht sei. Dem ist die Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten. Nicht widerlegt ist daher insbesondere die Annahme des Gerichts, dass die Notiz auf dem Ausdruck der E-Mail vom 14. Mai 2024, wonach telefonisch Reservierungen für den 14. Oktober 2024 und den 24. November 2024 zugunsten des Bayerischen Grenzmuseums getätigt worden seien, keinerlei Bezug zu der Nutzung des Gemeindezentrums aufweist und keinen Antrag enthält, der den satzungsmäßigen Anforderungen genügt. Ebensowenig wurde glaubhaft gemacht, dass es sich um Buchungen des gesamten Gemeindezentrums handelt.
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cc) Ohne dass es angesichts der fehlenden Glaubhaftmachung entgegenstehender Buchungen zu den zwei in Rede stehenden Terminen noch darauf ankommt, trifft auch die Beurteilung des Verwaltungsgerichts zu, das Begehren des Antragstellers beziehe sich nicht nur auf die Nutzung des sog. Saals, sondern erforderlichenfalls auch auf die des sog. Gewölbes, so dass auch deswegen eine Erschöpfung der Kapazitäten nicht angenommen werden könne. Eine Verengung des Willens des Antragstellers, nur den Saal nutzen zu wollen, ist angesichts der Angaben in den Antragsunterlagen fernliegend. Im Antrag vom 16. Mai 2024 gibt der Antragsteller unter „gewünschte Räume“ an: „Saal und sanitäre Anlagen“. Damit erfüllt er die satzungsmäßigen Anforderungen (vgl. § 2 Nr. 7 Satz 2 der Benutzungssatzung), wonach u.a. der bzw. die gewünschten Räume anzugeben sind. Daraus kann nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass der Antragsteller ausschließlich den Saal und nicht auch das Gewölbe nutzen möchte, zumal der Antragsgegner sich in seiner Satzung (§ 2 Nr. 8 Satz 2, 1. HS) ohnehin vorbehält, bei einem Nutzungsantrag einen anderen als den gewünschten Ort zu reservieren.
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dd) Im Übrigen sprechen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner den Zugang der Terminsauskunft an den Antragsteller bewusst verzögert und in der Zwischenzeit Dritte aktiv dazu bewegt hat, zeitlich kollidierende Reservierungen des Gemeindezentrums vorzunehmen, um gegenüber dem Antragsteller die Erschöpfung der Kapazitäten geltend machen zu können. Anders ist es kaum erklärbar, dass in einem Zeitraum von nicht einmal zwei Wochen – zwischen der Auskunftserteilung über die freien Kapazitäten mit Datum vom 10. Mai 2024 und der Ablehnung des Antrags mit Schreiben vom 23. Mai 2024 – in einer kleinen Marktgemeinde von knapp 1200 Einwohnern das Gemeindezentrum punktuell gerade zu den vom Antragsteller angefragten Terminen bis in das Jahr 2026 hinein von Dritten gebucht worden sein soll.
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f) Soweit die Beschwerde das Vorliegen eines Anordnungsgrundes in Abrede stellt und meint, dass der Antragsteller hinreichend Zeit habe, einen anderen Veranstaltungsraum zu finden, dringt sie damit nicht durch. Der Antragsteller muss sich angesichts seines nach summarischer Prüfung bestehenden Anspruchs auf Nutzung der gemeindlichen Einrichtung gerade nicht darauf verweisen lassen, andere, etwa private Räumlichkeiten zu nutzen.
35
4. Die Kostenentscheidung zulasten des Antragsgegners beruht auf § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dem Antragsgegner sind die Kosten ganz aufzuerlegen, weil der Antragsteller nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Berichtigung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses in Bezug auf den zeitlichen Umfang der Nutzung fällt bei der Entscheidung über den grundsätzlichen Zugang zu der gemeindlichen Einrichtung nicht maßgeblich ins Gewicht.
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Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Angesichts der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren wird der Regelstreitwert angesetzt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).