Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.10.2024 – 3 ZB 23.92
Titel:

Nachträgliche Änderung des Grunds der Zurruhesetzung

Normenketten:
BeamtStG § 26 Abs. 1
BayBG Art. 64 Nr. 2, Art. 66
Leitsätze:
1. Die Versetzung in den Ruhestand ist – wie die Ernennung des Beamten – ein statusverändernder Verwaltungsakt; sie ist nach dem Ruhestandsbeginn nicht mehr korrigierbar,(stRspr BVerwG BeckRS 2014, 51971) insbesondere ist eine Aufspaltung in die Zurruhesetzung "als solche" einerseits und den Grund für die Zurruhesetzung andererseits nicht möglich; dementsprechend muss der Grund für die Zurruhesetzung bei Erlass der Zurruhesetzungsverfügung feststehen, er darf nicht offen oder in der Schwebe bleiben. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Eintritt des Ruhestands stünde die statusverändernde Wirkung einer Zurruhesetzung ausnahmsweise nur dann einer nachträglichen Änderung des Zurruhesetzungsgrundes nicht entgegen, wenn der Beamte zuvor eine anderweitige Zurruhesetzung beantragt hat und sich die angefochtene Versetzung in den Ruhestand deshalb als rechtswidrig erweisen würde. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine eigenständige Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft eines Beamten durch den Dienstherrn im Rahmen der Zurruhesetzung ist ausgeschlossen; allein die zuständige Behörde darf die Feststelung der Schwerbehinderung aussschprechen (stRspr BSG BeckRS 1981, 30708366; BVerwG BeckRS 1992, 3779). (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der amtsärztlichen Einschätzung kommt bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit Vorrang zu, da der Amtsarzt über einen speziellen Sachverstand verfügt, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung sowie der gesundheitlichen Anforderungen, die an einen Beamten der jeweiligen Laufbahn gestellt werden, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich gelagerten Fällen beruht; ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukommt, mag ein Privatarzt, zumal ein Facharzt, besser beurteilen können,  ob und wann hingegen eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit beeinträchtigt, ist eine Frage, deren Entscheidung vorrangig dem von der Verwaltung beauftragten Arzt zusteht (BVerwG BeckRS 2001, 31351578). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
5. Liegen bereits Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen vor, so steht es im Ermessen des Gerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt; liegt dem Gericht bereits eine sachverständige Äußerung zu einem Beweisthema vor, muss es ein weiteres Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht, allein dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält, begründet keine weitere Aufklärungspflicht (BVerwG BeckRS 2018, 13135). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit, Auswechslung des Grundes für den Ruhestand förmliche Feststellung der Schwerbehinderung (GdB von 50) nach Beginn des Ruhestands, Darlegungsgebot, höherer Beweiswert eines amtsärztlichen Gutachtens als privatärztlicher Bescheinigungen, Notwendigkeit einer persönlichen Untersuchung, Beweisantrag auf Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens, Auswechslung des Grundes für den Ruhestand, förmliche Feststellung der Schwerbehinderung (GdB von 50) nach Beginn des Ruhestands, Privatarzt
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 06.12.2022 – B 5 K 21.1011
Fundstelle:
BeckRS 2024, 28728

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 71.430,50 Euro festgesetzt. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. Dezember 2022 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug auf 69.484,93 Euro festgesetzt.

Gründe

1
1. Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
2
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen können.
3
Mit dem Zulassungsantrag möchte der Kläger im Kern weiterhin die Auswechslung des Grundes für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zum 1. Januar 2021 erreichen. Statt der mit Bescheid vom 16. Dezember 2020, zugestellt am 17. Dezember 2020, verfügten Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 BeamtStG, Art. 66 BayBG begehrt er, wegen seiner mit Bescheid vom 4. Januar 2021 festgestellten Schwerbehinderung gemäß Art. 64 Nr. 2 BayBG in den Ruhestand versetzt zu werden (ohne den Versorgungsabschlag von 4,5%).
4
Im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hat das Erstgericht jedoch zutreffend festgestellt, dass nach dem Beginn des Ruhestands (1.1.2021) eine rechtmäßig erfolgte (siehe dazu 1.2) und wirksam gewordene Zurruhesetzung nicht mehr nachträglich geändert werden kann. Dies betrifft insbesondere den Grund, auf dem die Ruhestandsversetzung beruht. Dass die Zurruhesetzungsverfügung vom 16. Dezember 2020 noch nicht bestandskräftig ist, der Kläger vielmehr gerade deren Aufhebung begehrt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung (stRspr vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – juris Ls; BayVGH, 11.4.2016 – 3 ZB 14.919 – juris Rn. 4; VGH BW, U.v. 10.9.2013 – 4 S 1042/12 – juris Rn. 28; OVG RhP, B.v. 22.8.2016 – 2 A 10453/16 – juris Rn. 5 f.; OVG NW, B.v. 23.7.2018 – 6 A 1520/16 – juris Rn. 6; a.A. SächsOVG, B.v. 13.2.2014 – 2 A 423/12 – juris).
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Die Versetzung in den Ruhestand ist – wie die Ernennung des Beamten – ein statusverändernder Verwaltungsakt. Sie ist nach dem Ruhestandsbeginn nicht mehr korrigierbar. Eine Aufspaltung in die Zurruhesetzung „als solche“ einerseits und den Grund für die Zurruhesetzung andererseits ist nicht möglich. Dementsprechend muss der Grund für die Zurruhesetzung bei Erlass der Zurruhesetzungsverfügung feststehen; er darf nicht offen oder in der Schwebe bleiben. Kommt die Versetzung in den Ruhestand aus mehreren gesetzlichen Gründen in Betracht, so ist eine nachträgliche Änderung des Inhalts der Verfügung dahingehend, dass die Zurruhesetzung auf einen anderen der gesetzlichen Gründe gestützt wird, nicht möglich. Das schließt gleichermaßen Änderungen zugunsten wie zu Lasten des Beamten aus. Anderenfalls wäre auch eine Änderung zu Lasten des Beamten etwa bei nachträglichem Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft möglich, z.B. bei einer Krebserkrankung nach Entfallen des Rezidivrisikos (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – juris 24 f.; BayVGH, 11.4.2016 – 3 ZB 14.919 – juris Rn. 5 ff.).
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1.1 Nach Eintritt des Ruhestands (hier am 1.1.2021) stünde die statusverändernde Wirkung einer Zurruhesetzung ausnahmsweise nur dann einer nachträglichen Änderung des Zurruhesetzungsgrundes nicht entgegen, wenn der Beamte zuvor eine anderweitige Zurruhesetzung beantragt hat und sich die angefochtene Versetzung in den Ruhestand deshalb als rechtswidrig erweisen würde (OVG RhP, B.v. 22.8.2016 – 2 A 10453/16 – juris Rn. 9; VGH BW, U.v. 10.9.2013 – 4 S 1042/12 – juris Rn. 26 ff.).
7
Dieser Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.
8
Einen „Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nach GdB 50 zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ hat der Kläger ausdrücklich erst mit Schreiben vom 2. August 2021 gestellt. Vor Beginn des Ruhestands erfolgte keine entsprechende Antragstellung nach Art. 64 Nr. 2 BayBG. Eine solche ist auch nicht in dem Telefonat vom 17. Dezember 2020 zu sehen, in dem der Kläger die Bezirksregierung über das laufende Schwerbehindertenverfahren informierte. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – juris Rn. 18 ff., 23 ff.) im Rahmen des Art. 64 Nr. 2 BayBG auf die förmliche Feststellung der Schwerbehinderung ankommt. Es reicht gerade nicht aus, dass die Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 bereits vor dem Beginn des Ruhestands tatsächlich vorlag oder nach Beginn des Ruhestands – wie hier mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) vom 4. Januar 2021 – rückwirkend (ab dem 7.10.2020) festgestellt wird. Denn das laufende Verfahren zur Überprüfung der Schwerbehinderung konnte den Grund für die Zurruhesetzung nicht „in der Schwebe halten“ (BVerwG, U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – juris Rn. 25; OVG RhP, B.v. 22.8.2016 – 2 A 10453/16 – juris Rn. 8). Nur die mit dem Vollzug des Sozialgesetzbuchs IX beauftragten Behörden sollen für die Feststellung der Schwerbehinderung zuständig sein. Andere Behörden können und dürfen keine eigenständige Prüfung einer Schwerbehinderteneigenschaft vornehmen, sondern sind an das – positive oder negative – Ergebnis der Prüfung dieser Behörde gebunden. Ohne eine von der zuständigen Behörde ausgesprochene Feststellung einer Schwerbehinderung dürfen sie keine Schwerbehinderung annehmen. Eine eigenständige Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft eines Beamten durch den Dienstherrn im Rahmen des Art. 64 Nr. 2 BayBG ist damit ausgeschlossen. Die in dieser Gesetzeslage zum Ausdruck kommende Feststellungswirkung und Zuständigkeitskonzentration entspricht der ständigen Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht (BSG, U.v. 6.10.1981 – 9 RVs 3/8; BVerwG, U.v. 27.2.1992 – 5 C 48.88; U.v. 17.12.1982 – 7 C 11.81; U.v. 11.7.1985 – 7 C 44.83 – jeweils juris). Damit darf eine Versetzung in den Ruhestand als Schwerbehinderter nach Art. 64 Nr. 2 BayBG nur vorgenommen werden, wenn die zuständige Behörde im Zeitpunkt des vom Beamten beantragten Ruhestandsbeginns einen entsprechenden Feststellungsbescheid erlassen hat (BVerwG U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – juris Rn. 21 zu § 59 LBG RP).
9
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger nicht mit seinem Einwand durchdringen, er habe die Bezirksregierung vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung (am 17.12.2021) über das laufende Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und den voraussichtlichen GdB von 50 informiert. Ferner kommt es nicht darauf an, ob dem Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2021 diese Umstände und damit auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ruhestandsversetzung nach Art. 64 Nr. 2 BayBG bekannt waren.
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Der Eindruck des Klägers, dass durch eine „vorschnelle“ Ruhestandsversetzung die Schwerbehinderteneigenschaft umgangen werden sollte, erweist sich als haltlos. Er selbst musste vielmehr nach seinem Antrag auf begrenzte Dienstfähigkeit (v. 25.5.2020) und seinen darin geschilderten Fehlzeiten sowie fachärztlich nachgewiesenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (u.a. Niedergeschlagenheit und dauerhafte Erschöpfung) jederzeit mit einer Überprüfung seiner Dienstfähigkeit und anschließender Ruhestandsversetzung rechnen. Erst an dem Tag, an dem ihm die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit zugestellt wurde (17.12.2020), informierte er die Bezirksregierung über das laufende Schwerbehindertenverfahren. Auf das Anhörungsschreiben zu seiner beabsichtigten Ruhestandsversetzung vom 11. November 2020 hatte sich der Kläger nicht geäußert. Bei Erlass der Ruhestandsversetzung hatte das ZBFS (Bescheid v. 10.11.2020) beim Kläger (lediglich) einen für Art. 64 Nr. 2 BayBG nicht ausreichenden GdB von 30 festgestellt.
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Ab seiner Kenntnis vom laufenden Schwerbehindertenverfahren war der Beklagte nicht verpflichtet, die Ruhestandsverfügung etwa von Amts wegen zurückzunehmen bzw. zu widerrufen. Weder zu diesem Zeitpunkt noch zum Zeitpunkt des Erlasses der Ruhestandsverfügung oder zu Beginn des Ruhestands hatte das ZBFS beim Kläger einen GdB von 50 festgestellt. Der Kläger war als Beamter auf Lebenszeit gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zwingend in den Ruhestand zu versetzen, da er aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) war; bei ihm waren schon schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen im laufenden Schulbetrieb erkennbar.
12
Auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. September 2011 (Az. 2 A 10665/11 – juris) kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Nach Abänderung dieses Urteils durch das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 30.4.2014 – 2 C 65.11 – NVwZ-RR 2014, 653 [654]) hält auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz an seiner damaligen Rechtsauffassung ausdrücklich nicht mehr fest (OVG RhP, B.v. 22.8.2016 – 2 A 10453/16 – juris Rn. 6).
13
1.2 Die Einwände gegen die Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil setzt der Kläger mit dem Zulassungsantrag nichts Stichhaltiges entgegen, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.
14
Der Kläger meint, es habe keine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage vorgelegen, um eine Entscheidung über seine Dienstfähigkeit treffen zu können. Im Vorgriff auf die medizinische Begutachtung hätte zwingend eine persönliche Befragung und Untersuchung des Klägers erfolgen müssen, zumal eine psychische Erkrankung im Raum gestanden habe. Die in Bezug genommenen fachärztlichen Stellungnahmen (vom 7. und 15.5.2020) bestätigten eine Dienstfähigkeit zu 50%. Von Seiten des Klägers könne nicht nachvollzogen werden, dass den amtsärztlichen Stellungnahmen mehr Gewicht beigemessen werde als den fachärztlichen Befunden. Es sei widersprüchlich, wenn letztere zwar die Grundlage für die amtsärztliche Untersuchung darstellten, jedoch für sich genommen weniger zählten, obwohl die Amtsärztin, die das Gutachten für die Dienstunfähigkeit des Klägers geschrieben habe, selbst nie mit dem Kläger gesprochen oder diesen persönlich untersucht habe. Diese habe lediglich nach Aktenlage entschieden und hierbei wichtige Aspekte der fachärztlichen Befunde unberücksichtigt gelassen.
15
Gemessen an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts genügt dieser Vortrag nicht dem Darlegungsgebot gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die gebotene „Darlegung“ der Zulassungsgründe erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – juris Rn. 3 m.w.N.). Auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert das Gebot der Darlegung eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 59, 63). Der Rechtsmittelführer muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird nicht genügt, wenn sich sein Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen (Roth in BeckOK VwGO, Stand: Juli 2024, § 124a Rn. 44; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 124a Rn. 206; BayVGH, B.v. 21.9.2020 – 24 ZB 20.271 – juris Rn. 10; B.v. 19.4.2011 – 8 ZB 10.129 – juris Ls. 2 und Rn. 19).
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Werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gerade hinsichtlich einer Tatsachenwürdigung geltend gemacht, gelten besondere Anforderungen an die Darlegung. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Verwaltungsgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen – nicht nur des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten förmlichen Beweisaufnahme, sondern auch des Inhalts der Akten, des Vortrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte usw. – frei, d.h. nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente, an die Denkgesetze, anerkannte Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze gebunden. Ist das Gericht unter umfassender Würdigung des Akteninhalts und der Angaben der Beteiligten (sowie gegebenenfalls des Ergebnisses einer Beweisaufnahme) zu der Überzeugung gelangt, dass entscheidungserhebliche Tatsachen vorliegen oder nicht, können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen hervorgerufen werden, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre oder dass das Berufungsgericht bei einer Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach Aktenlage (für die Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht fehlt dem Berufungsgericht im Zulassungsverfahren ohnehin regelmäßig der im Einzelfall wesentliche persönliche Eindruck von den Beteiligten und Zeugen) zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte. Vielmehr bedarf es der Darlegung erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung, die etwa dann vorliegen können, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen Denkgesetze verstoßen oder gesetzliche Beweisregeln missachtet hat (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 19.4.2021 – 3 ZB 19.2426 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 30.7.2015 – 4 S 2131/14 – BeckRS 2016,47273 Rn. 3 m.w.N.).
17
Der Kläger hat in seinem Zulassungsantrag im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren inhaltlich wiederholt und sich in keiner Weise mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, das den erstinstanzlichen Vortrag des Klägers im Einzelnen tatsächlich und rechtlich gewürdigt hat, auseinandergesetzt. Dies genügt nicht dem Darlegungsgebot gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.
18
Das Verwaltungsgericht (UA S. 14 bis 16) hat umfangreich ausgeführt, aus welchen Gründen auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 9. November 2020 und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. Februar 2021 sowie der Einvernahme zweier Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung eine hinreichende medizinische Tatsachengrundlage vorlag, um eine Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Klägers treffen zu können. Beim Kläger lägen demnach mehrere Gesundheitsstörungen u.a. aus dem internistischen Fachbereich vor, welche mit funktionellen und vegetativen Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Traktes einhergingen. Eine langwierige Erkrankung aus dem orthopädischen Formenkreis beeinträchtige insbesondere bei langem Sitzen oder Stehen die körperliche Leistungsfähigkeit durch Schmerzen und Einschränkungen der Mobilität. Auf dem Boden der beschriebenen, chronisch verlaufenden Störungsbilder habe sich sukzessive eine dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnende Krankheit entwickelt, die mit Störungen von Stimmung, Schlaf und Antrieb verbunden sei. Infolge der Erkrankungen seien Ausdauer, Konzentrations- und Anpassungsfähigkeit vermindert. Zuletzt habe der Kläger seinen Dienstpflichten nur durch Inanspruchnahme präventiver Maßnahmen und unter Aufbietung aller gesundheitlichen Ressourcen nachkommen können.
19
Mit dem bereits im Klageverfahren erhobenen Einwand, die den Kläger behandelnden Ärzte (Neurologe und Psychiater einerseits sowie Gastroenterologe andererseits) seien von einer Dienstfähigkeit im Umfang von 50% ausgegangen, hat sich bereits das Verwaltungsgericht eingehend befasst (UA S. 17) und ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Einwand nicht geeignet sei, die amtsärztlichen Feststellungen zu erschüttern. So führe der den Kläger behandelnde Nervenarzt in seiner Bescheinigung vom 15. Mai 2020 bereits deutlich einschränkend aus, dass seiner Auffassung nach eine Diensttätigkeit „maximal“ im Umfang von 50% möglich sei, er diesbezüglich jedoch eine entsprechende amtsärztliche Begutachtung empfehle. Hinzu komme, dass die von Klägerseite vorgelegten fachärztlichen Befundberichte jeweils vorrangig die das jeweilige Fachgebiet betreffenden Erkrankungen in den Blick nähmen, während sich die Amtsärztinnen mit dem gesundheitlichen Gesamtbild des Klägers beschäftigten. Im Übrigen komme der Einschätzung der mit den besonderen Anforderungen des öffentlichen Dienstes vertrauten Amtsärztinnen nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Bescheinigungen (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2001 – 1 DB 8.01 – juris Rn. 12; U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 20; B.v. 20.1.1976 – I DB 16.75 – BVerwGE 53, 118; BayVGH, B.v. 7.9.2020 – 3 CS 20.1642 – juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 18.2.2004 – 6 B 2059/03; B.v. 10.10.2000 – 6 B 4554/00). Im Vergleich zu einem Privatarzt, der bestrebt sein werde, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, könne ein Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und auch unabhängig abgeben. Diese Neutralität und Unabhängigkeit verleihe der Beurteilung durch den Amtsarzt neben dessen speziellem Sachverstand ein höheres Gewicht (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 – 1 D 3.02 – juris). Mit diesen zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich die Zulassungsbegründung schon nicht substantiiert auseinander.
20
Der Vortrag, von Seiten des Klägers könne „nicht nachvollzogen“ werden, dass der amtsärztlichen Stellungnahme mehr Gewicht für die Befundung zugemessen werde als die zuvor zitierten fachärztlichen Gutachten, geht nicht im Ansatz auf die Argumente des Verwaltungsgerichts und der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung ein. Der Vorrang einer amtsärztlichen Einschätzung beruht im Übrigen auch darauf, dass dem Amtsarzt ein spezieller Sachverstand zukommt, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung sowie der gesundheitlichen Anforderungen, die an einen Beamten der jeweiligen Laufbahn gestellt werden, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich gelagerten Fällen beruht (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2014 – 3 ZB 13.1074 – juris Rn. 18; B.v. 1.7.2014 – 3 ZB 12.2667 – juris Rn. 7). Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht widersprüchlich, wenn die fachärztlichen Befunde zwar die Grundlage für die amtsärztliche Untersuchung darstellen, jedoch nach Ansicht des Klägers für sich genommen „weniger zählten“. Ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukommt, mag ein Privatarzt, zumal ein Facharzt, besser beurteilen können. Ob und wann hingegen eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit beeinträchtigt, ist eine Frage, deren Entscheidung vorrangig dem von der Verwaltung beauftragten Arzt zusteht (BVerwG, B.v. 8.3.2001 – 1 DB 8.01 – juris Rn. 12). Das Verwaltungsgericht (UA S. 17) hat darüber hinaus bereits darauf verwiesen, dass der den Kläger behandelnde Facharzt in seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2020 lediglich von einer Diensttätigkeit im Umfang von „maximal“ 50% ausgegangen sei und diesbezüglich eine entsprechende amtsärztliche Begutachtung empfohlen habe. Die Amtsärztinnen würden sich nicht nur mit dem jeweiligen Fachgebiet, sondern dem gesundheitlichen Gesamtbild beschäftigen. Die klägerische Auffassung, die behandelnden Fachärzte hätten aufgrund der umfassenden Anamnese, der Krankheitshistorie und Befunde „selbstverständlich“ eine einheitliche und gesamtumfassende Stellungnahme hinsichtlich des Gesundheitszustands abgegeben, ändert weder etwas an dem grundsätzlichen Vorrang der amtsärztlichen Gutachten noch wird sie vom Senat geteilt. Denn die fachärztliche Bescheinigung vom 15. Mai 2020 erwähnt ausdrücklich, dass „nervenärztlicherseits“ von einer begrenzten Dienstfähigkeit dahingehend auszugehen sei und maximal noch 50% der bisherigen Wochenarbeitszeit sowie nach Möglichkeit nicht mehr als drei Unterrichtsstunden täglich abgeleistet werden sollten. Die vorliegenden internistischen Befunde und Diagnosen werden in der Bescheinigung nicht explizit erwähnt. Vielmehr wird angegeben, dass die im Herbst 2019 „weiter veranlasste neurologische wie auch kardiologische Diagnostik keine sonstigen Ursachenfaktoren erbracht“ hätten. Die auf den 7. Mai 2020 datierte fachärztliche Bescheinigung konnte wiederum die zeitlich nachfolgenden psychiatrischen Befunde vom 15. Mai 2020 nicht berücksichtigen.
21
Die amtsärztlich festgestellte Dienstunfähigkeit steht auch nicht im Widerspruch zu dieser fachärztlichen Bescheinigung vom 7. Mai 2020. Denn darin beschreibt auch der den Kläger behandelnde Internist und Gastroenterologe, dass sich der Kläger aktuell in einer psychisch schlechten und in einer körperlich sehr eingeschränkten Verfassung befinde. Daher halte er eine Lehrtätigkeit im Umfang von „maximal“ drei Schulstunden pro Tag für zumutbar; insgesamt sollte die Lehrtätigkeit 50% des regulären Solls nicht überschreiten. Ein Beamter gilt jedoch nur dann als begrenzt dienstfähig, wenn er die Dienstpflichten noch während „mindestens“ der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (§ 27 Abs. 1 BeamtStG). Die fachärztlichen Einschätzungen sind daher nicht geeignet, der Annahme einer Dienstunfähigkeit entgegenzustehen. Die Schlussfolgerung des Klägers (Schriftsatz v. 18.7.2023), es liege vor dem Hintergrund der Stellungnahmen der behandelnden Fachärzte „eine mindestens 50%ige Dienstfähigkeit“ vor, ist ersichtlich unzutreffend.
22
Die Amtsärztin Frau Dr. K. erklärte zudem im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass die auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehende Erkrankung des Klägers seit dem Befund des behandelnden Arztes vom 15. Mai 2020 vorangeschritten sei. Auch würden sich die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen gegenseitig verstärken. Das bestehende Paket an gesundheitlichen Einschränkungen sei mit einer Dienstfähigkeit nicht vereinbar, nicht zuletzt da der Kläger auch ein hohes kardiovaskuläres Risikopotential aufgewiesen habe (vgl. UA S. 16).
23
Soweit der Kläger weiterhin rügt, die Amtsärztinnen hätten ihn zu Unrecht nicht körperlich untersucht, genügt der Zulassungsantrag nicht den Darlegungsanforderungen. Es fehlt an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts (UA S. 17 f.). Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 3.6.2014 – 2 B 105.12 – juris Rn. 43) ist es eine vom jeweiligen Sachverständigen zu beurteilende medizinische Frage, welche Untersuchungen erforderlich sind, um eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens zu schaffen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Amtsärztin Frau G. im Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung plausibel begründet hat, weshalb sie das Erfordernis einer körperlichen Untersuchung beim Kläger nicht gesehen habe. Sie habe das Gutachten aufgrund einer ausführlichen Beurteilungsgrundlage in Form der privatärztlichen Befundberichte und eines vom Kläger ausgefüllten Fragebogens sowie einer ein- bis eineinhalbstündigen telefonischen Anamnese, mit der der Kläger einverstanden gewesen sei, erstattet. Darüber hinaus hätten die chronischen Rücken- und Darmleiden seit vielen Jahren bestanden. Im Hinblick auf die Magen-Darm-Erkrankung habe sich auch infolge eines vor längerer Zeit durchgeführten operativen Eingriffs keine Besserung eingestellt. Zudem habe sich die psychische Situation des Klägers seit Jahren – trotz durchgeführter (medikamentöser) Therapien – verschlechtert. Auch die anlässlich des klägerischen Widerspruchs hinzugezogene Amtsärztin Frau Dr. K. habe nachvollziehbar und in sich stimmig ausgeführt, dass sie eine körperliche Untersuchung des Klägers angesichts der vorliegenden, sehr eindeutigen und umfangreichen Datengrundlage nicht für notwendig erachtet habe. So hätten insbesondere die zahlreichen, aus den verschiedensten Fachgebieten herrührenden Befunde, die sich gegenseitig verstärkt hätten, ein eindeutiges Bild gezeichnet. Zwar sei eine persönliche Befragung und Untersuchung des Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens wegen Dienstunfähigkeit insbesondere dann unabdingbar, wenn psychische Krankheiten im Raum stünden. Allerdings sei vorliegend in Rechnung zu stellen, dass die Amtsärztinnen ihre Einschätzung eines fehlenden positiven Leistungsbildes des Klägers nicht primär mit der bei ihm vorliegenden psychischen Erkrankung begründet, sondern wesentlich auf die unstreitig bestehende Multimorbidität, d.h. das gleichzeitige Bestehen diverser chronischer Leiden unterschiedlichster Fachgebiete, abgestellt hätten. Zu alldem verhält sich die Zulassungsbegründung nicht. Vielmehr beschränkt sie sich im Wesentlichen auf den Einwand (Schriftsatz v. 18.7.2023), dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei im Raum stehenden psychischen Erkrankungen „zwingend“ eine persönliche Befragung und Untersuchung des Beamten vorzunehmen sei, obwohl das Bundesverwaltungsgericht eine solche Befragung und Untersuchung bei entsprechenden Erkrankungen (nur) „im Regelfall“ als unabdingbar ansieht. Das Bundesverwaltungsgericht hat nicht nur eindeutig klargestellt, dass es eine vom Sachverständigen zu beurteilende medizinische Frage ist, welche Untersuchungen erforderlich sind, um eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens zu schaffen, sondern hat auch das Absehen von der persönlichen Befragung des Beamten bei einer plausiblen Begründung des Sachverständigen ausdrücklich zugelassen (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.2014 – 2 B 105.12 – juris Rn. 43 f.).
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2. Ein nicht ausdrücklich, sondern allenfalls sinngemäß geltend gemachter Verfahrensmangel wegen eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht, auf dem die verwaltungsgerichtliche Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO), liegt nicht vor. Den Beweisantrag, ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, „ob der Kläger zum Zeitpunkt 01.01.2021 zumindest 50% noch dienstfähig war“, hat das Verwaltungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise in der mündlichen Verhandlung abgelehnt.
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Mit dem Zulassungsantrag wurde nicht dargelegt, dass die Ablehnung des (unbedingt gestellten) Beweisantrags nach § 86 Abs. 2 VwGO im Prozessrecht keine Stütze finden würde (BVerwG, B.v. 7.11.2022 – 1 B 64.22 – juris Rn. 4). Das Verwaltungsgericht begründete seine Ablehnungsentscheidung damit, dass es der Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nur bedürfe, wenn das vorliegende Gutachten seinen Zweck nicht zu erfüllen vermöge, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Der Kläger habe nicht substantiiert dargetan, dass die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehe, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweise oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters bestünden (vgl. BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 31). Die Amtsärztinnen hätten in widerspruchsfreier Weise die beim Kläger vorliegenden Diagnosen und die darauf beruhenden funktionellen Beeinträchtigungen sowohl schriftlich als auch in der mündlichen Verhandlung erläutert. Im Weiteren wurde ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung amtsärztlichen Gutachten im Zurruhesetzungsverfahren ein Vorrang eingeräumt werde und weshalb eine körperliche Untersuchung des Klägers nicht erforderlich gewesen sei (s.o.).
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Der Zulassungsantrag meint, dass in der amtsärztlichen Begutachtung weder die genaueren medizinischen Umstände noch die Fragestellung zu einer vorübergehenden Ermäßigung der Unterrichtspflichten des Klägers zur Verbesserung seines Gesundheitszustands berücksichtigt worden seien. Das amtsärztliche Gutachten habe sich weder mit einer konkreten Stundenzahl, zu der der Kläger im Unterricht leistungsfähig und zu der er bei halber Tätigkeit aufgrund seines konkreten Einsatzes als mobile Reserve verpflichtet gewesen wäre, auseinandergesetzt noch konkret dargelegt, warum die fachärztlichen Stellungnahmen nur in Teilen Berücksichtigung finden sollen. Daneben treffe das Zeugnis der Gesundheitsverwaltung auch keine ausreichende Aussage über eine mögliche anderweitige Tätigkeit. Aufgrund der nur lückenhaften medizinischen Aufklärung durch das Gutachten sei die Einholung einer weiteren ergänzenden fachärztlichen Begutachtung notwendig.
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Liegen – wie hier – bereits Gutachten oder Auskünfte vor, so steht es nach § 98 VwGO, § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt (BVerwG, B.v. 16.05.2018 – 2 B 12.18 – juris Rn. 9). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass es sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen kann, die von der zuständigen Behörde im vorausgehenden Verwaltungsverfahren eingeholt worden sind. Liegt dem Gericht bereits eine sachverständige Äußerung zu einem Beweisthema vor, muss es ein weiteres Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 B 12.18 – juris Rn. 9 m.w.N.).
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Die Zulassungsbegründung zeigt entsprechende Mängel nicht auf. Insbesondere haben die Amtsärztinnen in der mündlichen Verhandlung zu den Ausführungen der behandelnden Ärzte ausführlich Stellung genommen (Ergänzung des Protokolls S. 4 ff.) und sich mit den dortigen fachlichen Meinungen auseinandergesetzt. Dabei gingen sie auch auf die Fragestellung zu einer vorübergehenden Ermäßigung der Unterrichtspflichten ein und stellten fest, dass die qualitative Leistungseinschränkung angesichts der langwierigen Magen-Darm-Erkrankung so groß gewesen sei, dass „auch durch eine Stundenreduzierung kein durchschlagender Effekt zu erzielen gewesen wäre“ (dazu UA S. 15). Bereits den Ausführungen des behandelnden Gastroenterologen vom 7. Mai 2020 sei zu entnehmen, dass der Kläger auf Stress mit verstärkten Abdominalschmerzen, Stuhldrang und Stuhlinkontinenz reagiere, was sofortige Toilettengänge erforderlich mache. Daher habe der Kläger während des Unterrichts mehrfach das Klassenzimmer verlassen müssen und seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommen können. Zudem bestehe die depressive Symptomatik bereits seit Jahren. Selbst eine antidepressive Medikation habe insoweit jedoch keine spürbare Besserung erzielt. Entgegen der Zulassungsbegründung trifft das Zeugnis der Gesundheitsverwaltung (v. 9.11.2020) auch eine Aussage über eine mögliche anderweitige Tätigkeit des Klägers, indem es ausdrücklich feststellt, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendbarkeit nicht gesehen würden. Die vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen machten in nachvollziehbarer Weise die Ausübung des Berufs des Mittelschullehrers auch in der mobilen Reserve nahezu unmöglich, wenn jemand morgens bereits mit Angst, Symptomen der Niedergeschlagenheit und dem Vollbild einer Depression zur Arbeit gehe und dann auch noch wisse, dass er möglicherweise vor den Schülern Episoden von Stuhlinkontinenz verbergen bzw. das Klassenzimmer Hals über Kopf verlassen müsse. Das sei ein Teufelskreis, der sich in der Stressbelastung niederschlage. Das Ganze sei kaum zu durchbrechen. Dies gelte auch bei nur zwei Schulstunden am Tag (Ergänzung des Protokolls S. 15 f.).
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3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Im ersten Rechtszug beträgt der Streitwert insgesamt 69.484,93 Euro. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 3 GKG, wonach für die Ruhestandsversetzung eines Beamten auf Lebenszeit als Streitwert die Summe der für ein Kalenderjahr zu bezahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen anzusetzen ist. Maßgeblich hierfür ist gemäß § 40 GKG der Zeitpunkt der Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht (13.9.2021). Die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) ist anteilig zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118). Damit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 69.484,93 Euro (Grundgehalt Besoldungsgruppe A13 Stufe 11 in Höhe von 5.492,88 Euro x 12 = 65.914,56 Euro zzgl. jährliche Sonderzahlung in Höhe von 3.570,37 Euro [0,65 x 5.492,88 Euro]). Die Abänderungsbefugnis für die Streitwertfestsetzung erster Instanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
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Für den zweiten Rechtszug beträgt der Streitwert im Ergebnis 71.430,50 Euro (§ 40, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 bis 3 GKG), da die Anlage 3 zum BayBesG im gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Einleitung des Zulassungsverfahrens (13.1.2023) andere Besoldungssätze vorsah (5.646,68 Euro x 12 = 67.760,16 Euro zzgl. jährliche Sonderzahlung in Höhe von 3.670,34 Euro [0,65 x 5.646,68 Euro]).
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4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).