Titel:
Beschwerdeausschluss beim Vollzug der Abschiebungsandrohung auch bei einer Verfahrensduldung
Normenketten:
AsylG § 80
AufenthG § 60a Abs. 2, § 61 Abs. 1d, § 80
VwGO § 123, § 146 Abs. 1, Abs. 4
Leitsatz:
Die Beschwerde nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO ist gemäß § 80 AsylG n.F. ausgeschlossen, wenn sich der Antragsteller mit seinem Eilrechtsschutzbegehren unter Berufung auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen zum Vollzug einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG wendet (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung, vgl. B.v. 19.3.2024 – 10 CE 24.374 – NVwZ 2024, S. 1102). Dies gilt auch für eine beanspruchte Verfahrensduldung zur Sicherung des Verbleibs im Bundesgebiet für die Dauer eines laufenden Titelerteilungsverfahrens. (Rn. 20)
Schlagworte:
Abschiebungsschutz, Statthaftigkeit der Beschwerde, tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, Verfahrensduldung, zuständige Ausländerbehörde, Wohnsitzauflage, Beschwerdeausschluss, inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, Vollzug der Abschiebungsandrohung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 19.08.2024 – Au 1 E 24.1549
Fundstellen:
BeckRS 2024, 28714
LSK 2024, 28714
NVwZ 2024, 1784
Tenor
I. Die Verfahren 10 CE 24.1526 und 10 C 24.1527 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden verworfen.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens 10 CE 24.1526 zu tragen. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.
IV. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren 10 CE 24.1526 auf 1.250 Euro festgesetzt.
V. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren 10 CE 24.1526 wird abgelehnt.
Gründe
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Mit den Beschwerden verfolgt der Antragsteller, ein kosovarischer Staatsangehöriger, seinen vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm eine Duldung zu erteilen (10 CE 24.1526), sowie seinen Prozesskostenhilfeantrag (10 C 24.1527) weiter.
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Am 1. Juli 2024 stellte der Antragsteller einen Antrag gemäß § 123 VwGO. Er beantragte, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn vorläufig und bis zur Bestandskraft der Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht abzuschieben und ihm eine Duldung bzw. eine Fiktionsbescheinigung zu erteilen. Zugleich stellte er einen Prozesskostenhilfeantrag. Zur Begründung trug der Antragsteller u.a. vor, der Anordnungsanspruch folge aus seinem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in unionsrechtskonformer Auslegung des AufenthG (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder § 25 Abs. 5 AufenthG) oder auf Bestätigung seines Aufenthaltsrechts gemäß Art. 20 AEUV. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus der vollziehbaren Abschiebungsandrohung und der Aussage der Polizei, diese Abschiebung auch durchführen zu wollen, wodurch der Antragsteller auf unabsehbare Zeit von seinem deutschen Kind getrennt würde.
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag und den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 19. August 2024 ab. Hinsichtlich des Eilantrags auf Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller nicht abzuschieben, fehle der Anordnungsgrund. Das Landratsamt ... verneine seine Zuständigkeit für die ausländerrechtlichen Angelegenheiten des Antragstellers, was auch die Zuständigkeit für eine Aufenthaltsbeendigung umfasse. Betreffend die begehrte Ausstellung eines Dokuments über seinen Aufenthaltsstatus fehle jedenfalls der Anordnungsanspruch, da die Passivlegitimation des Antragsgegners nicht glaubhaft gemacht worden sei. Mit dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens sei die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG erloschen. Da der Antragsteller damit vollziehbar ausreisepflichtig geworden sei und seinen Lebensunterhalt nicht selbstständig habe sichern können, sei kraft Gesetzes die Verpflichtung nach § 61 Abs. 1d Satz 1 und 2 AufenthG, an einem bestimmten Ort den gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen, entstanden. Dies sei der damalige Wohnort des Antragstellers, der im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums K. gelegen habe. Der Umstand, dass der Antragsteller über keine förmliche Duldung mehr verfüge, entbinde ihn nicht von der Wohnsitzauflage. Der tatsächliche gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers in B. bei seinem Kind und seiner Lebensgefährtin führe zu keiner anderen Bewertung. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3a BayVwVfG und § 7 Abs. 1 Satz 1 ZustVAuslR sei für die örtliche Zuständigkeit zwar zunächst der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich; dies gelte jedoch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 ZustVAuslR dann nicht, wenn der Aufenthalt eines Ausländers räumlich beschränkt sei oder die Verpflichtung bestehe, in einer vorher festgelegten Unterkunft zu wohnen. Im Einzelfall, etwa in Folge einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung, könnten die Schutzpflichten aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Änderung einer Wohnsitzauflage vermitteln, berechtigten den Antragsteller jedoch nicht unmittelbar zu einer Änderung des Wohnsitzes.
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Mit der am 30. August 2024 eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller (nur noch) das Rechtsschutzziel weiter, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm eine Duldungsbescheinigung auszustellen und für das Eilverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen. Dem Antragsteller stehe aufgrund der Geburt seines Kindes und dem seitdem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis ein Aufenthaltsrecht gemäß Art. 20 AEUV zu. Aufgrund seines Aufenthaltsrechts sei unabhängig von der Wohnsitzauflage für die Bestimmung der Zuständigkeit der gewöhnliche Aufenthaltsort des Antragstellers am Wohnort seiner Familie maßgeblich. Der Antragsteller habe im Übrigen beim Regierungspräsidium K. nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts einen Antrag auf Umverteilung gestellt. Sofern die Wohnsitznahmeverpflichtung als Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt verstanden werde, wäre grundsätzlich immer auch ein wirksamer Verwaltungsakt Voraussetzung für den Fortbestand der Nebenbestimmung. Da der zugrundeliegende Verwaltungsakt, die Duldung, im Falle des Antragstellers nicht mehr fortbestehe, könne auch die Nebenbestimmung nicht mehr wirksam sein.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. August 2024 zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldungsbescheinigung auszustellen und für das erstinstanzliche Verfahren Au 1 E 24.1549 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen, sowie
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ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren 10 CE 24.1526 zu bewilligen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerden zurückzuweisen.
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Mit Schreiben vom 1. Oktober 2024 wies der Senat die Beteiligten darauf hin, er erwäge, an der in seinem Beschluss vom 19. März 2024 – 10 CE 24.374 geäußerten Rechtsauffassung betreffend den Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 54) nicht mehr festzuhalten.
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Der Antragsteller trägt hierzu im Wesentlichen vor, im Beschwerdeverfahren begehre er nicht mehr Schutz vor Abschiebung, sondern lediglich die Erteilung einer Duldung, die als solche vom Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylG nicht erfasst werde. Eine drohende Abschiebung stehe vorliegend derzeit nicht im Raum.
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Der Antragsgegner erwidert hierzu, die Anwendung des § 80 AsylG in der seit 27. Februar 2024 geltenden Fassung auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen gemäß § 123 VwGO betreffend Duldungen entspreche der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung; dies gelte auch für sogenannte Verfahrensduldungen. Der Bedeutungsgehalt der Änderung des § 80 AsylG sei hierdurch hinreichend geklärt und könne keinen rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit und -bestimmtheit mehr begegnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Behörden- und Gerichtsakten beider Instanzen.
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Die Verfahren 10 CE 24.1526 und 10 C 24.1527 werden gemäß § 93 Satz 1 VwGO aus Gründen der Zweckmäßigkeit zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
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1. Die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach § 123 VwGO (Verfahren 10 CE 24.1526) ist bereits unzulässig.
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Die Beschwerde ist nach § 80 AsylG in der Fassung des am 27. Februar 2024 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 54) – im Folgenden: § 80 AsylG n.F. – nicht statthaft. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach § 80 AsylG n.F. in der vorliegenden Konstellation nicht greift, nicht mehr fest.
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a) In seinem Beschluss vom 19. März 2024 – 10 CE 24.374 – NVwZ 2024, S. 1102 – Leitsatz und Rn. 2 ff. – hat der Senat festgestellt, eine Beschwerde nach § 146 Abs. 1 VwGO in Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO, die darauf gerichtet seien, eine Abschiebung in Vollzug einer auf Grundlage von § 34 und § 34a AsylG erlassenen Abschiebungsandrohung bzw. Abschiebungsanordnung vorläufig auszusetzen bzw. zu unterlassen, sei trotz § 80 AsylG n.F. weiterhin statthaft; ein solcher Rechtsmittelausschluss ergebe sich unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln (Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und objektivem Zweck) nicht mit der verfassungsrechtlich erforderlichen Klarheit aus dem Gesetz. Insbesondere hat es der Senat als nicht eindeutig angesehen, welche „Maßnahmen“ zur Durchsetzung der Abschiebungsandrohung und hierauf bezogene Rechtsbehelfe unter den Beschwerdeausschluss fallen sollen; dies betrifft insbesondere auch die Frage, ob sich der Ausschluss auch auf Anträge gemäß § 123 VwGO erstreckt, die letztlich auf ein behördliches Unterlassen abzielen, wie im Falle geltend gemachter Ansprüche auf Aussetzung einer Abschiebung (§ 60a Abs. 2 AufenthG).
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b) Durch die mittlerweile weitgehend einheitliche Auslegung des § 80 AsylG n.F. in der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung wurde der Anwendungsbereich der Vorschrift konkretisiert.
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Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – juris Rn. 69; B.v. 8.1.2004 – 1 BvR 864/03 – juris Rn. 19 und 21) ist wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips der Grundsatz der Rechtssicherheit. Er wirkt sich im Bereich des Verfahrensrechts unter anderem in dem Postulat der Rechtsmittelklarheit aus. Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns führt zu dem Gebot, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen. Die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittels soll dem Bürger insbesondere die Prüfung ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Dem Gesetzgeber ist es allerdings nicht grundsätzlich verwehrt, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Das Bestimmtheitsgebot wäre jedoch dann verletzt, wenn den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen unter Beachtung der herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden keine konkreten Beurteilungsmaßstäbe zu entnehmen wären. Nach einer Neuregelung darf der Gesetzgeber abwarten, ob ein neu geschaffener Tatbestand zu einer im Wesentlichen gleichmäßigen Rechtsanwendung führt oder ob weitere gesetzliche Konkretisierungen erforderlich sind.
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Der Anwendungsbereich des § 80 AsylG n.F. ist durch die zwischenzeitlich ergangene obergerichtliche Rechtsprechung im vorgenannten Sinn hinreichend konkretisiert worden. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn sich der betreffende Antragsteller mit seinem Eilrechtsschutzbegehren unter Berufung auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen zum Vollzug einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG wendet. Nach ganz überwiegender Ansicht soll dies auch dann gelten, wenn der Antragsteller der Sache nach eine sogenannte Verfahrensduldung begehrt, die der Sicherung seines Verbleibs im Bundesgebiet für die Dauer eines laufenden Titelerteilungsverfahrens dient (BayVGH, B.v. 30.4.2024 – 19 CE 24.661 – juris Rn. 4 f.; VGH BW, B.v. 13.3.2024 – 11 S 402/24 – juris Rn. 3 f.; OVG LSA, B.v. 26.8.2024 – 2 M 93/24 – juris Rn. 4 f.; OVG Hamburg, B.v. 23.7.2024 – 6 Bs 36/24 – juris Rn. 9 ff.; HessVGH, B.v. 17.9.2024 – 3 B 1689/24 – juris Rn. 3 ff.; OVG NW, B.v. 27.8.2024 – 18 B 626/24 – juris Rn. 9 ff.; aA hinsichtlich Verfahrensduldung VGH BW, B.v. 5.7.2024 – 12 S 821/24 – juris Rn. 16 f.). Im Hinblick auf die damit erreichte Konkretisierung des Anwendungsbereichs von § 80 AsylG n.F. und im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung schließt sich der Senat dieser Rechtsprechung an.
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Dem Einwand des Antragstellers, ein geltend gemachter Duldungsanspruch sei nicht vom Beschwerdeausschluss erfasst, wenn eine Abschiebung nicht konkret drohe, ist nicht zu folgen. Dem Wortlaut des § 80 AsylG n.F. ist keine derartige Einschränkung zu entnehmen. Eine Duldung bedeutet definitionsgemäß die Aussetzung einer Abschiebung (vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG); ein mit dem Antrag gemäß § 123 VwGO verfolgtes Rechtsschutzziel der vorläufigen Erteilung einer Duldung richtet sich damit im Sinne von § 80 AsylG n.F. stets gegen eine Maßnahme zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylG) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylG). Die Beschwerde ist gleichermaßen hinsichtlich einer begehrten Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG ausgeschlossen, die einen bloßen Annex zur Duldungserteilung darstellt. Inwieweit zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über einen Antrag gemäß § 123 VwGO eine Abschiebung bereits konkret absehbar ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Ob der Beschwerdeausschluss auch für den Fall gilt, dass die Änderung einer Wohnsitzauflage gemäß § 61 Abs. 1d AufenthG begehrt wird, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
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2. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet.
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Die Darlegungen des Antragstellers stellen die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage. Die Entscheidung beruht auf der Bewertung, es fehle ein Anordnungsanspruch des Antragstellers, da die Passivlegitimation des Antragsgegners nicht glaubhaft gemacht worden sei (BA Rn. 18). Der Antragsteller beruft sich auf ein Aufenthaltsrecht, das sich unmittelbar aus Art. 20 AEUV ergebe. Er zeigt nicht im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO auf, inwieweit sich daraus eine Zuständigkeit des Antragsgegners für die Erteilung einer (vorläufigen) Duldung ergeben könnte.
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Im angefochtenen Beschluss (BA Rn. 18 ff.) wird ausgeführt, da der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig geworden sei und seinen Lebensunterhalt nicht selbstständig habe sichern können, sei kraft Gesetzes die Verpflichtung nach § 61 Abs. 1d Satz 1 und 2 AufenthG entstanden, an einem bestimmten Ort den gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen; dies sei der damalige Wohnort des Antragstellers im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums K. gewesen. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3a BayVwVfG und § 7 Abs. 1 Satz 2 ZustVAuslR sei für die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde der in der Auflage gemäß § 61 Abs. 1d Satz 1 AufenthG vorgegebene Wohnsitz maßgeblich. Der tatsächliche gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers in B. bei seinem Kind und seiner Lebensgefährtin führe zu keiner anderen Bewertung. Mit dieser Würdigung des Verwaltungsgerichts hat sich der Antragsteller nicht substantiiert auseinandergesetzt. Er macht lediglich geltend, nach einer in der Kommentarliteratur vertretenen Rechtsauffassung müsse die Wohnsitzauflage zunächst durch die zuständige Ausländerbehörde verfügt werden. Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Vielmehr entsteht die Verpflichtung nach § 61 Abs. 1d Satz 1 und 2 AufenthG, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen, kraft Gesetzes‚ sobald der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist und seinen Lebensunterhalt nicht sichern kann (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2016 – 10 ZB 16.1134 – juris Rn. 7 m.w.N.). Die Entscheidung darüber, ob die Wohnsitzauflage unter Umständen gemäß § 61 Abs. 1d Satz 3 AsylG geändert werden kann, liegt bei der Ausländerbehörde, die für den durch die Auflage vorgegebenen Wohnsitz örtlich zuständig ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.9.2020 – 10 ZB 20.1593 – juris Rn. 4).
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3. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dem Antragsteller keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen (Nr. IV. des Beschlusses vom 19.8.2024), ist unstatthaft. Der Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylG erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen in Nebenverfahren wie z.B. über Prozesskostenhilfeanträge (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2000 – 19 ZC 99.33054 – juris Rn. 2 m.w.N.).
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4. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung des Bevollmächtigten des Antragstellers für das Verfahren 10 CE 24.1526 gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, da die Beschwerde aus den oben ausgeführten Gründen bereits unzulässig ist und folglich keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht.
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Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren 10 CE 24.1526 folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Von der Erhebung von Gerichtskosten ist gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen, weil sie bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Eine die Erhebung von Gerichtskosten ausschließende unrichtige Sachbehandlung liegt auch dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung eine unzutreffende Belehrung über das vom Kostenschuldner eingelegte Rechtsmittel enthält, ohne die er dieses nicht betrieben hätte (vgl. BGH, B.v. 19.4.2018 – StB 5/18 – juris Rn. 9). In Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats wird in der dem angefochtenen Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrungauf die Statthaftigkeit einer Beschwerde gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO hingewiesen. Dafür, dass der Antragsteller ohne die aus Sicht der geänderten Senatsrechtsprechung unrichtigen Belehrung Rechtsmittel eingelegt hätte, besteht kein Anhaltspunkt.
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Einer Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren 10 C 24.1527 bedarf es nicht; dort angefallene Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO) und Gerichtsgebühren fallen nicht an.
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Die Streitwertfestsetzung für folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).