Titel:
Beschwer des Nichteigentümers und Überprüfungsmaßstab bei einer Einziehungsentscheidung zu seinen Lasten
Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
StPO § 296, § 424
Leitsatz:
Durch eine Einziehungsentscheidung ist auch ein Nichteigentümer beschwert, dem der unmittelbare Besitz entzogen wird. Der Angeklagte kann sich in einem solchen Fall mit seinem Rechtsmittel auf die zugunsten des Eigentümers bestehenden Rechtssätze (wie etwa das rechtliche Gehör desselben) berufen. (Rn. 20 – 32) (red. LS Alexander Kalomiris)
Schlagworte:
Einziehung, Beschwer, Nichteigentümer, rechtliches Gehör, Besitz, Einziehungsentscheidung
Vorinstanzen:
LG München I vom -- – 26 NBs 439 Js 177098/22
LG München I, Urteil vom 14.03.2024 – 26 NBs 439 Js 177098/22
AG München, Urteil vom 18.12.2023 – 943 Ls 439 Js 177098/22
Fundstelle:
BeckRS 2024, 27625
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung des im Urteilstenor näher bezeichneten Pkw Ferrari angeordnet ist.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Gründe
1
Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 18. Dezember 2023 ist der Angeklagte X. Y. wegen einer Vielzahl von im Straßenverkehr begangenen Delikten, unter anderem wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und verbotenen Kraftfahrzeugrennens schuldig gesprochen worden. Dem Schuldspruch lagen insgesamt zwölf Fahrten mit verschiedenen Pkws im öffentlichen Verkehr zugrunde, darunter mit einem Mercedes AMG, einem Mercedes C 200, einem Porsche Panamera und einem Ferrari F8 Tributo. Die Fahrt mit dem Pkw Ferrari hatte am 16. März 2023 stattgefunden. Der Angeklagte ist zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden; es ist eine Sperre von fünf Jahren für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt worden.
2
Gegen den (vormaligen) Mitangeklagten Z. Y., den Vater des Angeklagten X. Y., ist wegen vorsätzlichen Zulassens der Fahrerlaubnis in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe verhängt worden. Dem Schuldspruch lagen die Überlassung des Pkw Mercedes C 200 für die Fahrt vom 13. Juli 2022 und des Pkw Mercedes AMG für die Fahrt vom 11. November 2022 an X. Y. zugrunde.
3
Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Schreiben ohne Datum hat sie die Berufung wie folgt begründet: Die Berufung in Sachen X. Y. richte sich gegen die nicht erfolgte Einziehung des Pkw Ferrari; in Sachen Z. Y. sei der Rechtsfolgenausspruch nicht tat- und schuldangemessenen. Es hätte eine Freiheitsstrafe verhängt werden müssen, außerdem sei der Pkw Mercedes AMG einzuziehen. Der vormalige Mitangeklagte Z. Y. hat ebenfalls Berufung, der Angeklagte X. Y. hat kein Rechtsmittel eingelegt.
4
Am ersten Tag der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht München I am 11. März 2024 hat die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gegen den Mitangeklagten Z. Y. zurückgenommen; dieser hat ebenfalls seine Berufung zurückgenommen und hat daraufhin den Sitzungssaal verlassen.
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Am zweiten Sitzungstag, dem 14. März 2024, waren weder der vormals Mitangeklagte Z. Y. noch sein Verteidiger anwesend. Im Termin hat das Landgericht einen Beschluss dahingehend erlassen, dass „Z. Y. […] an dem Einziehungsverfahren beteiligt“ werde. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Termin erklärt, ihre Berufung hinsichtlich des Angeklagten X. Y. werde auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
6
Mit Berufungsurteil vom 14. März 2024 hat das Landgericht München I auf die Berufung der Staatsanwaltschaft die Einziehung des (im Tenor näher bezeichneten) Pkw Ferrari F8 angeordnet. In den Urteilsgründen ist ausgeführt, Eigentümer des Pkw sei Z. Y.. Dieser habe leichtfertig dazu beigetragen, dass der Angeklagte X. Y. das Fahrzeug als Tatmittel verwendet habe.
7
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte X. Y. mit der Revision, die ausdrücklich auf die Einziehungsentscheidung beschränkt ist, und mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Gerügt wird insbesondere, dass dem Einziehungsbeteiligten Z. Y. vor der Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Auch im Übrigen sei die Einziehungsentscheidung rechtlich fehlerhaft.
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Dem vormaligen Mitangeklagten Z. Y. ist das Urteil (erst auf Anregung der Generalstaatsanwaltschaft M. ) am 31. Juli 2024 zugestellt worden.
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Die Generalstaatsanwaltschaft M. vertritt in ihrem Vorlageschreiben vom 17. September 2024 die Auffassung, das Rechtsmittel sei unzulässig, denn der Angeklagte sei ausweislich der Urteilsfeststellungen nicht Eigentümer des Fahrzeugs und daher durch die Einziehungsanordnung nicht beschwert. Im Übrigen sei das Rechtsmittel auch nicht begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zu verwerfen.
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Die Revision erweist sich als zulässig wie auch begründet. Der Angeklagte kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass er nicht der Eigentümer des Einziehungsgegenstandes sei, dass dem tatsächlichen Eigentümer unter Verstoß gegen Art. 103 GG das rechtliche Gehör in dieser Sache versagt worden sei und dass die rechtlichen Voraussetzungen einer Einziehung nicht fehlerfrei dargelegt seien.
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1. Gegenstand der revisionsgerichtlichen Prüfung ist allein die Anordnung der Einziehung des Pkw Ferrari F8 Tributo.
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a) Dies gilt unabhängig von einer etwaigen Beschränkung der Revision, denn der Schuldspruch des Ersturteils und der Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie die Maßregel gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB sind bereits deshalb in Rechtskraft erwachsen, weil sich die Berufungen nicht hiergegen richteten. Der Angeklagte X. Y. hat gegen das Urteil des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt; die Staatsanwaltschaft hat ihre den Angeklagten X. Y. betreffende zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung auf die unterbliebene Einziehung des Pkw Ferrari beschränkt. Dies folgt aus dem Wortlaut ihrer Berufungsbegründung (ohne Datum, vgl. dazu nachfolgend), wonach sich „die Berufung […] gegen die nicht erfolgte Einziehung des Pkw Ferrari F8 Tributo“ richte (Bl. 1529 d.A.); die Begründung des Rechtsmittels verhält sich ausschließlich zu dieser Frage. An diesem Wortlaut und Sinn der Berufungsbegründung muss sich die Staatsanwaltschaft festhalten lassen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. 2024, § 318 Rn. 2).
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Zwar trägt das Schreiben der Staatsanwaltschaft, in welchem die genannte Beschränkung erklärt worden ist, weder ein Datum noch einen Eingangsstempel des Landgerichts (Bl. 1529/1530 d.A.). Der Senat, der den Umfang der Berufung von Amts zu prüfen hat, hat sich im Wege des Freibeweises gleichwohl davon überzeugt, dass das Schreiben, welches die Unterschrift einer Staatsanwältin trägt, mit deren Wissen und Wollen zur Akte gelangt und spätestens am 8. Februar 2024 bei dem Berufungsgericht eingegangen ist. Dieses Datum findet sich auf einer Zuleitungsverfügung an das Landgericht, unterzeichnet von einem Oberstaatsanwalt, welche zwar ebenfalls kein Datum trägt, jedoch einen Eingangsstempel des Berufungsgerichts vom 8. Februar 2024 (Bl. 1533 d.A.). Die Erklärung über die Berufungsbeschränkung vor diese Verfügung in die Akten einpaginiert und ersichtlich vorher oder spätestens gleichzeitig, jedenfalls aber vor dem Hauptverhandlungstermin, bei Gericht eingegangen. Die Berufung betreffend den Angeklagten X. Y. war damit wirksam auf die Frage der Einziehung dieses Fahrzeugs beschränkt.
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b) Der Erklärung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom 14. März 2024, dass sie ihre Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränke (Bl. 1563 d.A.) kommt demzufolge keine Bedeutung mehr zu. Die bereits zuvor allein auf die Einziehung beschränkte Berufung konnte nicht mehr wirksam auf den gesamten Rechtsfolgenausspruch erweitert werden.
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c) Schließlich hat der Angeklagte die Revision auf die Frage der Einziehung des Pkw Ferrari beschränkt. Die Beschränkung wäre, wenn nicht aus vorstehenden Gründen ohnehin im Übrigen bereits Rechtskraft eingetreten wäre, auch wirksam. Auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft hierzu (Vorlageschreiben S. 2) wird Bezug genommen.
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2. Die Revision ist zulässig. Insbesondere fehlt es dem Revisionsführer entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft nicht an der für die Zulässigkeit jeden förmlichen Rechtsmittels erforderlichen Beschwer.
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a) Die Beschwer des Angeklagten ergibt sich aus der Urteilsformel. Der Umstand, dass in den Urteilsgründen klargestellt ist, dass er nicht der Eigentümer des Fahrzeugs sei, sondern die Einziehungsanordnung gegen Z. Y. als Eigentümer gerichtet ist, lässt seine Beschwer nicht entfallen.
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aa) Ein Angeklagter kann eine Entscheidung (nur) dann zulässig anfechten, wenn die Urteilsformel einen unmittelbaren Nachteil für ihn enthält, der seine Rechte und geschützten Interessen unmittelbar beeinträchtigt (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015, 1 StR 56/15, NJW 2016, 728 Rn. 11; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. vor § 296 Rn. 11).
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bb) Im Rubrum des angegriffenen Berufungsurteils ist nur der Rechtsmittelführer, der Angeklagte X. Y. (als Angeklagter) aufgeführt; Z. Y. ist weder als Angeklagter noch als Einziehungsbeteiligter genannt. Dies weist den Angeklagten X. Y. als alleinigen Verpflichteten der in der Urteilsformel ausgesprochenen Einziehung des Pkw Ferrari sowie als Vollstreckungsschuldner aus. Ausführungen in den Urteilsgründen zu den Eigentumsverhältnissen an dem Fahrzeug stehen seiner sich aus der Formel ergebenden Beschwer nicht entgegen.
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b) Selbst wenn man annähme, dass es bereits für die Zulässigkeit des Rechtsmittels unter Rückgriff auf die Urteilsgründe auf eine materielle Beschwer des Angeklagten ankomme, liegt eine solche hier vor. Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte den Pkw Ferrari bei seiner Fahrt am 16. März 2023 geführt (UA S. 18 f.), er war zudem als Halter des Fahrzeugs eingetragen (UA S. 21). Demzufolge hatte er, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, jedenfalls den unmittelbaren Besitz an dem Pkw bis zu dessen Sicherstellung (dazu UA S. 26) ausgeübt. Durch eine Einziehungsentscheidung ist auch ein Nichteigentümer beschwert, dem der unmittelbare Besitz entzogen wird (vgl. BayObLG, Urteil vom 8. Juni 1955, RevReg. 1 St 718/53, BayObLGSt 1955, 107).
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3. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
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Die angegriffene Entscheidung beruht zum einen auf der – von der Revision zulässig gerügten – Verletzung rechtlichen Gehörs des Eigentümers Z. Y. Zudem weist das Urteil in sachlich-rechtlicher Hinsicht zum Vorliegen der Einziehungsvoraussetzungen durchgreifende Begründungsmängel auf. Auf diese Rechtsfehler kann sich der Revisionsführer auch berufen.
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a) Eine rechtliche Grundlage für eine Einziehungsanordnung gegen den Angeklagten X. Y., der nach den Urteilsgründen nicht der Eigentümer des Pkws ist, existiert nicht. Das Landgericht hat seine Anordnung auch nicht auf eine Norm, die sich gegen den Täter als Einziehungsverpflichteten richtet, gestützt.
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b) Auch wenn der angeklagte Täter mit seinem Rechtsmittel nur die (auch ihn beschwerende) Einziehung eines von ihm benutzten Tatmittels angreift, das einer anderen Person gehört, müssen die zugunsten des Eigentümers geltenden Vorschriften beachtet werden (BayObLG, Urteil vom 8. Oktober 1952, RevReg. Nr. III 931/51, BayObLGSt 1952, 196) Der Angeklagte kann sich in einem solchen Fall mit seinem Rechtsmittel auf die zugunsten des Eigentümers bestehenden Rechtssätze berufen (BayObLGSt 1955, 107; BayObLGSt 1952, 196, 197).
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c) Das Landgericht hat das rechtliche Gehör des Eigentümers des eingezogenen Pkw Ferrari verletzt, Art. 103 Abs. 1 GG.
26
aa) Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte und Revisionsführer X. Y. den gegenständlichen Ferrari bei einer Fahrt vom 16. März 2023 geführt und ihn als Tatmittel für die Begehung einer Vielzahl tateinheitlich verwirklichter Straftaten (u.a. des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs, des verbotenen Kraftfahrzeugrennens, des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, der versuchten gefährlichen Körperverletzung und der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr) benutzt. Eigentümer des Pkw Ferrari ist zur Überzeugung des Gerichts nicht der Angeklagte, sondern der vormals Mitangeklagte Z. Y. (UA S. 28 f.). Das Landgericht hat die Einziehungsentscheidung dementsprechend nicht auf § 74 StGB gegenüber dem Angeklagten X. Y., sondern auf § 74a Nr. 1 StGB gegenüber dem vormaligen Mitangeklagten Z. Y. gestützt; dieser habe leichtfertig dazu beigetragen, dass das Fahrzeug als Tatmittel verwendet wurde.
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bb) Die Entscheidung ist unter Verletzung von Verfahrensrechten des Eigentümers des Fahrzeugs ergangen. Im Hinblick auf die Fahrt des X. Y. mit dem Pkw Ferrari als Tatmittel hatte Z. Y. im gegenständlichen Verfahren nicht die Stellung eines Angeklagten. Er wäre als Einziehungsbeteiligter gemäß § 424 StPO zu beteiligen gewesen, was nicht (wirksam) geschah.
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(1) Das Strafverfahren gegen Z. Y. als vormaligem Mitangeklagten war aufgrund der vorsätzlichen Überlassung zweier anderer Pkws (eines Mercedes AMG und eines Mercedes C200) an den Angeklagten X. Y. zu anderen Fahrten (am 13. Juli und am 11. November 2022) als der gegenständlichen geführt worden. Nach allseitiger Rechtsmittelrücknahme im Hauptverhandlungstermin vom 11. März 2024 war das gegen ihn deswegen ergangene Ersturteil rechtskräftig geworden; die Staatsanwaltschaft hat das Ziel ihres Rechtsmittels, die Einziehung des Pkw Mercedes AMG zu erwirken, nicht weiterverfolgt. Wegen der etwaigen Überlassung des Pkws Ferrari an X. Y. war Z. Y. im gegenständlichen Verfahren keiner Straftat angeklagt.
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(2) Nach Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Urteils des Amtsgerichts hat er am weiteren Verfahren nicht mehr als Angeklagter teilgenommen. Er war in der Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht mehr anwesend.
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(3) Gemäß § 424 Abs. 1, Abs. 3 StPO wäre Z. Y. nach seinem Ausscheiden als Angeklagter am weiteren Verfahren, dessen Gegenstand allein noch die Frage der Einziehung des Pkw Ferrari war, zu beteiligen gewesen. Die Norm dient dem Zweck, dass der Einziehungsbeteiligte, bevor eine ihm nachteilige Entscheidung erlassen wird, vor Gericht das rechtliche Gehör erhalten muss, Art. 103 Abs. 1 GG. Er ist deswegen von Amts wegen zum Prozesssubjekt mit prozessualen Befugnissen zu machen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., vor § 421 StPO Rn. 5).
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Dem wurde der Beschluss des Landgerichts vom 14. März 2024, der die Verfahrensbeteiligung des Z. Y. als Einziehungsbeteiligter anordnete, ersichtlich nicht gerecht. Z. Y. war weder anwesend noch wurde ihm der Beschluss mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Teilnahme am weiteren Verfahren und zur Geltendmachung seiner Rechte gegeben. Der Beschluss steht lediglich „auf dem Papier“.
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Bereits diese Verletzung von Rechten des von der Einziehung materiell Betroffenen veranlasst zur Aufhebung der Entscheidung.
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d) Die Urteilsgründe leiden zudem unter sachlichen Rechtsfehlern insoweit, als die Voraussetzungen des § 74a Nr. 1 StGB in Bezug auf Z. Y. nicht nachvollziehbar dargetan sind. Der Senat sieht sich insoweit, auch im Hinblick auf das weitere Verfahren, zu folgenden Bemerkungen veranlasst:
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aa) Soweit das Landgericht zur Begründung leichtfertigen Handelns des Z. Y. ausführt, es ergebe sich aus den (bindend gewordenen) erstinstanzlichen Feststellungen, dass er sich des vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter anderem auch für die Fahrt des Angeklagten mit dem Ferrari am 16. März 2023 schuldig gemacht habe (UA S. 30), widerspricht dies den amtsgerichtlichen Feststellungen. Der vormalige Mitangeklagte ist, wie dargestellt, wegen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wegen zweier anderer Fahrten mit anderen Fahrzeugen schuldig gesprochen worden. Was die Fahrt vom 16. März 2023 betrifft, hat das Amtsgericht festgestellt, der Angeklagte sei mit „seinem“ Ferrari gefahren (im Berufungsurteil wiedergegeben (UA S. 18); zu einem etwaigen Beitrag des Z. Y. ist nichts festgestellt. Er war dieser Tat auch nicht angeklagt.
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bb) Auch die weiteren Urteilsgründe sind nicht geeignet, die Voraussetzungen für die Einziehung des Pkw Ferrari bei dem nicht an der Tat beteiligten Eigentümer Z. Y. zu belegen.
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(1) Nach § 74a Nr. 1 StGB – hier anwendbar aufgrund der Verweisung in § 315f StGB, § 21 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 StVG – können Gegenstände abweichend von § 74 Abs. 3 StGB auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören, mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass sie als Tatmittel verwendet worden sind. Es ist danach erforderlich, dass der Dritte die Begehung der Tat, wie sie vom Angeklagten begangen wurde, in groben Umrissen hätte vorhersehen können (BGH, Urteil vom 20. November 2018, 1 StR 420/18, NZWiSt 2019, 192).
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Das Landgericht führt insoweit aus, Z. Y. habe gewusst, dass sein Sohn (der Angeklagte) „ohne Fahrerlaubnis unterwegs“ sei, dass er schon zuvor zahlreiche Male ohne Führerschein und unter Einfluss von Drogen im Straßenverkehr unterwegs gewesen und auch schon einschlägig verurteilt worden sei (UA S. 30). Er hätte dafür sorgen müssen, dass der Angeklagte keinen Zugriff auf den in der Tiefgarage der Mutter des Angeklagten abgestellten Ferrari erhält.
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Für diese Ausführungen fehlt es an einer Beweisgrundlage. Mangels rechtlichen Gehörs für Z. Y. ist keine Stellungnahme seinerseits hierzu erhoben. Allein aus der rechtskräftigen Verurteilung wegen Gestattens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei anderen, Monate zuvor begangenen, Taten, lassen sich derartig weitreichend Schlüsse nicht ziehen; das Gericht hat sie auch nicht zur Begründung herangezogen.
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cc) Im Rahmen der Abwägung, ob die Einziehung des Fahrzeugs – das nach den Feststellungen nach erlittenen Unfallschäden noch einen Wert von rund 287.000 Euro hat (UA S. 24) – verhältnismäßig gemäß § 74f StGB ist, führt das Landgericht zu den Straftaten des Angeklagten und zu einzelnen Umständen der Fahrt mit dem Pkw Ferrari aus (UA S. 32 f.). An der erheblichen Gefährlichkeit des kriminellen Handelns des Angeklagten bei dieser Fahrt besteht zwar nach den Feststellungen kein Zweifel. Das Landgericht hat jedoch übersehen, dass es für die Frage der Verhältnismäßigkeit auch auf den von der entschädigungslosen Einziehung des an der Tat nicht beteiligten Dritten ankommt, § 74f Abs. 1 Satz 1 StGB. Auch insoweit hätte das Landgericht in subjektiver Hinsicht die Voraussehbarkeit der aufgeführten erschwerenden Umstände für den Eigentümer des benutzten Fahrzeugs dartun und belegen müssen. Hierzu hat es aber nichts ausgeführt.
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Im Übrigen wäre es erforderlich gewesen, die Frage der Verhältnismäßigkeit der Einziehung im Hinblick auf den ungewöhnlich hohen Wert des Fahrzeugs, auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des nicht an der Tat beteiligten Eigentümers zu erörtern.
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dd) Soweit das Landgericht die Voraussetzungen einer Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht hat (UA S. 33 f.), hätte es ebenfalls die Frage der Verhältnismäßigkeit der Einziehung – für den betroffenen Eigentümer – erörtern müssen. Zwar verweist § 74f Abs. 1 Satz 1 StGB nicht unmittelbar auf den Fall der Sicherungseinziehung nach § 74b StGB. Dennoch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch hier zu beachten (Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 74f Rn. 4; BGH NZWiSt 2019, 192). Auch dies hat das Landgericht nicht bedacht und nicht erörtert.
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4. Die bezeichneten Verfahrens- und Begründungsmängel führen zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen gemäß § 353 StPO, wobei die Aufhebung allein die noch nicht rechtskräftig gewordene Entscheidung über die Einziehung des Pkw Ferrari betrifft. Die Sache ist gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Kammer des Landgerichts München I zurückzuverweisen, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass – nach ordnungsgemäßer Beiziehung des vormals Angeklagten Z. Y. als Einziehungsbeteiligten – ergänzende Feststellungen getroffen werden können, die eine Einziehungsentscheidung tragen könnten.
43
Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass einer etwaigen Einziehungsanordnung die Rechtskraft des gegen den vormals Angeklagten ergangen Strafurteils nicht entgegensteht. Der Schuldspruch hat keine Einziehung der jeweils überlassenen Fahrzeuge nach sich gezogen, was insoweit zu einem Strafklageverbrauch hinsichtlich einer etwaigen nachträglichen Einziehung der entsprechenden Fahrzeuge führt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2024, 5 StR 424/23, BeckRS 2024, 23894 Rn. 23). Bei der gegenständlich maßgeblichen Fahrt mit dem Pkw Ferrari handelt es sich um eine andere prozessuale Tat, derer Z. Y. nicht angeklagt war.