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OLG München, Endurteil v. 01.08.2024 – 25 U 7500/22 e
Titel:

Wirksame Darlegung der Wiedererlangung von Berufsfähigkeit 

Normenketten:
VVG § 173 Abs. 2, § 174
AVB-BU § 12 Abs. 4 S. 1, S. 3
Leitsätze:
1. Ein Versicherer kann seine Leistungspflicht befristet anerkennen. Allerdings kann er ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgegeben. Eine Befristung ist vielmehr nur für einen in die Zukunft reichenden Anerkenntniszeitraum möglich. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Wirksamkeit der Befristung kann nicht unstreitig gestellt werden, da es sich hierbei um die rechtliche Würdigung des vom Versicherer erklärten Anerkenntnisses handelt. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Änderungsmitteilung wegen einer Verbesserung des Gesundheitszustandes, die eine Leistungspflicht der Berufsunfähigkeitsversicherung entfallen lässt, kann zulässigerweise mit dem Anerkenntnis verbunden werden, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Versicherers sowohl der Gegenstand des Anerkenntnisses als auch die Verbesserung des Gesundheitszustandes in der Vergangenheit liegen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Versicherer kann ein befristetes Anerkenntnis seiner Leistungspflicht nicht für einen zurückliegenden Zeitraum abgeben. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Versicherer genügt seiner Darlegungslast zum Wegfall der Berufsunfähigkeit, wenn er den Umständen, die seine Leistungspflicht begründet haben, konkret, im Einzelnen und tätigkeitsbezogen die Umstände gegenüberstellt, die aus seiner Sicht die Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherungsnehmers und die daraus folgende Wiedererlangung der Berufsfähigkeit ausmachen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die bloße Möglichkeit erneuter Verschlechterungen des Gesundheitszustands schneidet dem Versicherer das Recht zur Einstellung von Leistungen wegen Berufsunfähigkeit nicht ab.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufsunfähigkeitsversicherung, Burnout, Anerkenntnis, Befristung, rückwirkend, Nachprüfung, Leistungseinstellung, Darlegung, Sachverständigengutachten, Prognose
Vorinstanz:
LG Traunstein, Urteil vom 11.11.2022 – 1 O 2237/17
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe vom -- – IV ZR 112/24
Fundstellen:
FDVersR 2024, 027333
r+s 2025, 368
BeckRS 2024, 27333

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 11.11.2022, Az. 1 O 2237/17, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 57.610,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.09.2017 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.814,49 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.09.2017 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 15% und der Kläger 85%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 401.624,54 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Er macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Fortzahlung der ihm im Zeitraum vom 01.03.2014 bis 30.06.2015 gewährten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend. Auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat – sachverständig beraten – entschieden, dass beim Kläger ab dem 01.07.2015 keine Berufungsunfähigkeit mehr vorgelegen habe. Die nur befristete Anerkennung des Bestehens einer Berufsunfähigkeit für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum sei unter Berücksichtigung der Regelung in § 11 Nr. 3 AVB sowie den Ausführungen im Schreiben der Beklagten vom 27.01.2016 (Anlage K17) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Gutachten des Prof. Dr. ... vom 26.10.2015 (Anlage K18) wirksam. Die Beklagte habe daher zu Recht für die Zeit ab dem 01.07.2015 keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erbracht.
3
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche auf Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung auch über den 01.07.2015 hinaus weiter. Auf die Schriftsätze des Klägers im Berufungsverfahren wird Bezug genommen.
4
Der Kläger beantragt,
I. Das Urteil des Landgerichts Traunstein – 1 O 2237/17 – vom 11.11.2022 wird wie folgt abgeändert:
I. 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 144.027,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
I.2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, beginnend ab 01.08.2017 bis längstens 30.11.2025 aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag, den der Kläger bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer ... führt, monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats die versicherungsvertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente zu bezahlen.
I.3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 5.133,86 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
I.4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung, die der Kläger bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer ... führt, ab dem 01.08.2017 längstens bis zum 30.11.2025 zu befreien.
I.5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten in Höhe von EUR 5.877,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
II. Hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Landgerichts Traunstein – 1 O 2237/17 – vom 11.11.2022 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Traunstein zurückzuverweisen.
5
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
6
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Auf die Schriftsätze der Beklagten im Berufungsverfahren wird Bezug genommen.
7
Der Senat hat mit Beschluss vom 14.05.2024 Hinweise erteilt und einen Vergleich vorgeschlagen (Bl. 45/51 d.A. OLG). Die Parteien haben mit Schriftsatz vom 03.07.2024 und 08.07.2024 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
II.
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Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger hat für den Zeitraum zwischen dem 01.07.2015 und dem 30.04.2016 Anspruch auf die vertraglich geschuldeten Leistungen, mithin auf die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und auf Beitragsbefreiung. Darüber hinaus stehen dem Kläger jedoch keine Ansprüche zu.
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1. Die im Schreiben vom 27.01.2016 (Anlage K17) erklärte Befristung des Anerkenntnisses auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum – hier vom 01.03.2014 bis 30.06.2015 – ist unwirksam. Der Versicherer kann ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgegeben. Zwar sieht die Regelung des § 173 Abs. 3 VVG die Möglichkeit einer Befristung vor. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Ausnahme von der in § 173 Abs. 1 VVG grundsätzlich vorgesehenen Erklärung des Versicherers über seine unbefristete Leistungspflicht enthält, ergibt sich jedoch, dass eine Befristung nur für einen in die Zukunft reichenden Anerkenntniszeitraum möglich ist (BGH, Urteil vom 23.02.2022, IV ZR 101/20, Rz. 15 – 17). Nur bei diesem Verständnis wird ein angemessener Ausgleich zwischen dem Interesse des Versicherungsnehmers und des Versicherers gefunden. So liegt es bei einer noch mit Unsicherheiten behafteten Sachlage im Interesse des Versicherers, noch kein unbefristetes Anerkenntnis abgeben zu müssen. Eine immerhin vorläufige Zusage liegt jedoch im Interesse des Versicherungsnehmers, da damit ein rascher Leistungsbeginn möglich ist. Der Zweck der vorläufigen Regelung aufgrund einer bestehenden Unsicherheit lässt jedoch nur eine in die Zukunft gerichtete Befristung zu. Die in § 11 Abs. 3 der vorliegenden Versicherungsbedingungen (Anlage K3) enthaltene Regelung ist entsprechend auszulegen. Die Befristung des Leistungszeitraums für einen vergangenen Zeitraum war daher vorliegend unwirksam.
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Dem Kläger ist es auch nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen. Zwar sind die Parteien in erster Instanz ersichtlich von der Wirksamkeit der Befristung ausgegangen. Es handelt sich jedoch insoweit um eine rechtliche Würdigung des von der Beklagten erklärten Anerkenntnisses, die als solche nicht unstreitig gestellt werden kann (BGH, Urteil vom 09.05.2017, XI ZR 314/15, juris, Rz. 20).
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2. Die Leistungspflicht der Beklagten endete jedoch nach § 12 Abs. 4 Satz 3 der vorliegenden Versicherungsbedingungen (AVB) bzw. §§ 174 Abs. 2, 175 VVG mit Ablauf des Monats April, weil die Erklärung der Beklagten vom 27.01.2016 neben dem erklärten Anerkenntnis auch eine wirksame Änderungsmitteilung enthalten hat.
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a) Nach § 12 Abs. 4 AVB wird der Versicherer von der Leistung frei, wenn sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50% vermindert. In dem genannten Absatz heißt es ferner: „In diesem Fall legen wir Ihnen die Veränderung in Textform dar und teilen die Einstellung unserer Leistungen dem Anspruchsberechtigten in Textform mit.“ Mit dem Änderungsschreiben soll dem Versicherungsnehmer nachvollziehbar mitgeteilt werden, warum nach Auffassung der Versicherers die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Im Fall einer Gesundheitsbesserung ist ein Vergleich des Gesundheitszustands, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt darzustellen. Liegen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Versicherers – wie hier – sowohl der Gegenstand des Anerkenntnisses als auch die Verbesserung des Gesundheitszustandes in der Vergangenheit, ist es zulässig, Anerkenntnis und Änderungsmitteilung miteinander zu verbinden (BGH, Urteil vom 31.08.2022, IV ZR 223/21, juris, Rz. 14 und 15).
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b) Gemessen daran hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 27.01.2016 auch eine wirksame Änderungsmitteilung gemacht.
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aa) Das Schreiben teilt sich in das auf den Seiten 1 und 2 erklärte Anerkenntnis und die auf Seite 3 erklärte Änderungsmitteilung auf. Zunächst wird unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das von der Beklagten erholte Gutachten des Prof. Dr. ... und unter Aufzählung der Tätigkeiten des Klägers mitgeteilt, dass der Kläger in der Vergangenheit aufgrund eines psychosomatischen Syndroms im Sinne eines Burnouts von der Stärke einer leicht- bis mittelgradigen Depression in seiner Berufsfähigkeit wahrscheinlich zu 100% beeinträchtigt war. Sodann folgt die Berechnung des Rentenanspruchs. Auf der dritten Seite legt die Beklagte schließlich dar, dass Herr Prof. Dr. ... auf den Seiten 62 bis 64 seines Gutachten ausgeführt habe, dass seit Mitte 2015 aufgrund einer leichtgradigen depressiven Symptomatik noch eine Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit von 30% gegeben sei. Die Krankheit könne jedoch nicht allein für die erlebten Einschränkungen verantwortlich gemacht werden. Die Verantwortungsübernahme und Konzentration für einen Segeltörn, die Eigenorganisation im Haushalt sowie die während der Begutachtung erhobenen Befunde sprächen für einen typischen Wertewandel nach abgelaufener Krankheitsentwicklung. Ab dem 01.07.2015 hätten aufgrund gesundheitlicher Besserung die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50% nicht mehr vorgelegen. Die Mitteilung schließt mit dem Satz: „Wir haben daher gleichzeitig unsere Rentenzahlung zum 30.06.2015 eingestellt.“ Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass die Beklagte die bedingungsgemäße Berufungsunfähigkeit von über 50% zwar zunächst anerkennt, jedoch aufgrund des erholten Gutachtens davon ausgeht, dass es zu einer gesundheitlichen Besserung gekommen ist, die zu einem Absinken der Berufsunfähigkeit auf nur noch 30% und damit zu einem Entfallen des Anspruchs auf die Versicherungsleistungen ab Juli 2015 geführt hat. Dies ist ohne Weiteres als Anerkenntnis verbunden mit einer Änderungsmitteilung auszulegen.
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bb) Das Schreiben genügt – wie bereits im vorangegangenen Hinweis dargestellt – auch inhaltlich den Anforderungen an eine Änderungsmitteilung. Die Beklagte hat dargelegt, dass der Kläger zunächst aufgrund eines Burnouts zu wahrscheinlich 100% an seiner Berufsausübung gehindert war. Aufgrund einer eingetretenen Verbesserung des Gesundheitszustands, den sie an verschiedenen im Einzelnen benannten Merkmalen wiedererlangter Leistungsfähigkeit und unter Bezugnahme auf die Seiten 62-64 des erholten Gutachtens begründet, sei der Kläger jedoch ab Juli 2015 nur noch zu 30% in seiner Berufsausübung beeinträchtigt. Auch gehe der Sachverständige von einer guten Prognose aus. Dies betont, dass nicht nur eine lediglich vorübergehende Verbesserung vorliegt. Auf den genannten Seiten des als Anlage K 18 vorgelegten Gutachtens, das die Beklagte dem Kläger zusammen mit dem Schreiben übersandt hat, ist im Einzelnen dargelegt und begründet, warum der Sachverständige, der den Kläger im Oktober 2015 untersucht hatte, ab Juli 2015 eine Einschränkung der Berufsfähigkeit von nur noch 30% als gegeben erachtete.
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Der Sachverständige referiert in seinem Gutachten zunächst zu den ihm vorliegenden ärztlichen Unterlagen und legt sodann ausführlich die aktuell erhobenen Befunde dar. Zusammenfassend kommt er auf Seite 37 zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlich sei, dass der Kläger zwischen Anfang 2014 und Mitte 2015 unter einer schweren depressiven Episode gelitten habe, welche jedoch als teilremittiert zu bewerten sei und derzeit als leichte depressive Episode imponiere. Nach ausführlichen differentialdiagnositischen Überlegungen und Ausführungen zur Glaubwürdigkeit des Klägers legt der Sachverständige auf den Seiten 62 bis 64 im Einzelnen dar, dass und warum beim Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung (15.10.2015) keine ausgeprägte depressive Symptomatik mehr vorgelegen habe und die berufliche Leistungsfähigkeit nur noch zu ca. 1/3 eingeschränkt gewesen sei. Dabei geht der Gutachter auch auf die besonderen Anforderungen ein, welche die Berufstätigkeit des Klägers an diesen gestellt hat. Er legt dar, dass die Tätigkeit des Klägers viel organisatorisches Geschick, Konzentrationsfähigkeit und Multitasking-Fähigkeiten verlangt, der Kläger unter ständigem Zeit- und Erfolgsdruck gestanden habe, ein enger Kontakt zu Kunden erforderlich und immer wieder menschlich belastende Entscheidungen im Mitarbeiterbereich unumgänglich gewesen seien. Zu dem Gesundheitszustand bei Antragstellung führt der Gutachter auf Seite 64 aus, dass der Kläger bis Mitte 2015 wahrscheinlich zu 100% beeinträchtigt gewesen sei. Diese Feststellung werde anhand der Schilderung des Klägers und anhand der Befunde und Berichte der Vorbehandler hypothetisch gestellt. Ersichtlich ging der Gutachter aufgrund der vorhandenen medizinischen Unterlagen von einem Totalverlust beruflicher Leistungsfähigkeit bei Antragstellung aus, so dass sich ein Eingehen auf die Auswirkungen der Beschwerden auf einzelnen beruflichen Anforderungen für diesen Zeitraum erübrigte.
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Für den Kläger ging aus dem Schreiben und dem übersandten Gutachten damit unzweifelhaft hervor, welchen Gesundheitszustand die Beklagte ihrem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat und warum sie im Vergleich zu diesem ursprünglichen Zustand von einer Verbesserung des Gesundheitszustands des Klägers ausgegangen ist. Ferner ist dargestellt, warum der Kläger trotz fortbestehender Einschränkungen nur noch zu 30% nicht in der Lage ist, seine bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben. Die inhaltlichen Anforderungen an eine Änderungsmitteilung sind damit erfüllt.
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Ohne Erfolg macht der Kläger mit Schriftsatz vom 07.06.2024 erneut geltend, dass die Mitteilung zusammen mit dem Gutachten den Anforderungen an eine Änderungsmitteilung nicht genüge. Dass der Gutachter Prof. Dr. ... die Beschwerden des Klägers bei Eintritt der Berufsunfähigkeit und zur Zeit der eingetretenen Gesundheitsverbesserung nicht dargestellt und nicht verglichen hätte, ist schlicht unzutreffend. Der Gutachter führt auf den Seiten 31 bis 37 ausführlich zu den Beschwerden des Klägers in Form von gedrückter Stimmung, Interessen- und Freudeverlust, rascher Ermüdbarkeit und Antriebslosigkeit, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefiziten und Unentschlossenheit, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl aus und legt jeweils den aktuell festgestellten Zustand im Vergleich zu dem noch im vorangegangenen Jahr bestehenden Zustand dar. Dabei wird konkret anhand der beim Kläger bestehenden Beschwerden und den aktuellen Aktivitäten des Klägers aufgezeigt, dass beim Kläger eine depressive Episode bestand, die zunächst stärker ausgeprägt war, zum Zeitpunkt der Untersuchung jedoch nur noch eine leichte Ausprägung hatte.
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Auch dass der Gutachter versäumt habe darzustellen, wie sich die festgestellten Verbesserungen auf die Fähigkeit des Klägers, seine berufliche Tätigkeit auszuüben auswirkten, ist nicht zutreffend. Prof. Dr. ...  führt auf Seite 62 ff des Gutachtens zu den konkreten Anforderungen aus, welche die berufliche Tätigkeit an den Kläger stellt (s.o.). Er legt dar, dass es dem Kläger aufgrund der zum Zeitpunkt der Untersuchung aktuelle Beeinträchtigung mit vermindertem mentalen Durchhaltevermögen, reduzierter mentaler Flexibilität, leicht reduzierter Stimmung und subjektiv eingeschränkter Entscheidungs- und Konzentrationsfähigkeit nicht vollem Umfang möglich sei, seine bisherige Tätigkeit auszuüben. Andererseits ergebe sich daraus, dass es dem Kläger in den letzten Monaten gelungen sei, den kompletten Haushalt zu machen und im Urlaub komplexe Handlungen – wie einen Segeltörn zu organisieren und an diesem als Verantwortlicher teilzunehmen bzw. diesen durchzuführen – und sich dabei „normal“ zu fühlen, dass nur noch eine geringgradige Einschränkung der Leistungsfähigkeit gegeben sei. Bei einer mittelschweren oder schweren depressiven Episode hätten sich die Beschwerden und die damit verbundenen Einschränkungen auch im privaten Umfeld nicht verändert und es wäre dem Kläger nicht gelungen, dererlei Dinge zu organisieren, durchzuführen und zu genießen. Das gute Leistungsniveau aus dem privaten Bereich lasse jedoch nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass der Kläger auch unter Druck und Stress entsprechende Fähigkeiten und Leistungen abrufen könne. Hier sei weiterhin eine Einschränkung gegeben, die der Sachverständige unter Berücksichtigung der fortbestehenden Beschwerden, der Persönlichkeitseingenschaften des Klägers und des in gesunden Tagen sehr hohen Arbeitspensums ausführlich darlegt und mit immerhin noch 30% ansetzt.
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Der Kläger konnte dem Schreiben der Beklagten samt dem ausführlichen, 73 Seiten umfassenden Gutachten daher mit aller Klarheit entnehmen, welchen – jegliche Berufstätigkeit ausschließenden – Gesundheitszustand die Beklagte für ihr Anerkenntnis zugrunde gelegt hatte, welche Verbesserung nach Auffassung des Gutachters eingetreten war und welche konkreten Auswirkungen die noch bestehenden Beschwerden nach Auffassung der Beklagten auf seine Fähigkeit, seinen Beruf weiter auszuüben, noch hatten. Den inhaltlichen Anforderungen an eine Einstellungsmitteilung ist damit genügt.
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c) Schließlich lagen auch die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Wegfall der Leistungspflicht vor. Insoweit wird auf die umfangreichen und überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, das – sachverständig beraten – entschieden hat, dass beim Kläger ab Juli 2015 keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit von über 50% mehr vorgelegen habe.
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aa) Die entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts binden den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
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Nach dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Aus dieser Bestimmung ist nicht herzuleiten, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt wäre, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (BGH, Urteil vom 9. März 2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, juris Rn. 5, 7; vom 18. November 2020 – VIII ZR 123/20, NZM 2021, 88 Rn. 23).
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bb) Weder aus den Berufungsrügen noch aus anderen Umständen ergeben sich jedoch vorliegend konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen würden.
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(1) Zwar trifft es zu, dass vorliegend die Beweislast dafür, dass beim Kläger ab Juli 2015 aufgrund einer gesundheitlichen Besserung keine 50% übersteigende Berufsunfähigkeit mehr bestand, bei der Beklagten lag und nicht – wie vom Landgericht angenommen – der Kläger nachzuweisen hatte, dass die von der Beklagten anerkannte Berufsunfähigkeit über den 01.07.2015 hinaus fortbestand. Das Gericht hat jedoch unter Ziffer III. des Beweisbeschlusses vom 24.04.2020 (Bl. 147/151 d A. LG) zumindest auch zu der Behauptung der Beklagten Beweis erhoben, dass der Kläger seit Juli 2015 wieder in der Lage sei, seine frühere Tätigkeit in erforderlichem Umfang auszuüben. Darüber hinaus ist es vorliegend nicht zu einer Beweislastentscheidung gekommen, so dass es auf die Beweislastverteilung im Ergebnis nicht angekommen ist. Der ursprüngliche Fehler des Landgerichts bei der Beurteilung der Beweislastverteilung hat sich nicht ausgewirkt. Das Landgericht hat positiv festgestellt, dass der Kläger ab Juli 2015 nicht mehr zu mindestens 50% berufsunfähig war.
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(2) Die Auffassung des Klägers, dass die Beklagte insoweit hätte beweisen müssen, dass der Kläger voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen seinen zuletzt ausgeübten Beruf zu mehr als 50% würde ausüben können, teilt der Senat nicht. § 12 Abs. 4 Satz 1 AVB lautet: „Ist die Berufsunfähigkeit oder die Pflegebedürftigkeit weggefallen oder hat sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent vermindert, werden wir von der Leistung frei.“
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Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (st. Rspr. BGH, z.B. BGHZ 211, 51).
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Maßgeblich ist nach dem Wortlaut der Klausel, dass die Berufsunfähigkeit weggefallen ist oder sich der Grad auf weniger als 50% vermindert hat. Dem wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass es darauf ankommt, dass die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit, wie sie in § 2 der AVB definiert sind, nicht mehr vorliegen. Maßgeblich ist daher, dass der Versicherte nicht mehr infolge Krankheit oder Körperverletzung außer Stande ist, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Ist eine Verbesserung des Gesundheitszustands eingetreten und aufgrund dieser Verbesserung eine solche Prognose nicht mehr zu stellen, ist die Berufsunfähigkeit weggefallen (Bruck/Möller, Baumann, VVG, 9. Aufl. 2019, § 174 VVG, Rz. 37). Anhaltspunkte dafür, dass eine maßgebliche Verbesserung erst dann gegeben wäre, wenn die positive Prognose zu stellen wäre, dass der Kläger für mindestens sechs Monate wieder im Stand sein wird, seine letzte Tätigkeit wieder auszuüben oder gar, dass erst dann von einem Wegfall der Leistungsvoraussetzungen auszugehen wäre, wenn der Versicherungsnehmer sechs Monate im Stande war, seinen Beruf wieder auszuüben, bietet der Wortlaut nicht. Auch der Sinn und Zweck der Klausel legt eine solche Auslegung nicht nahe. Die Berufsunfähigkeitsversicherung soll den Versicherungsnehmer für die Zeit absichern, in der er gesundheitlich voraussichtlich dauerhaft nicht in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben. Ist dies aufgrund einer gesundheitlichen Verbesserung nicht mehr der Fall, kann der Versicherungsnehmer die Leistungen nicht mehr beanspruchen. Allein die Möglichkeit einer zukünftigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes schließt ein Entfallen der Leistungspflicht nach § 174 VVG nicht aus. Ebenso wenig wie die Erwartung künftiger Gesundheitsverbesserungen eine Vorab-Leistungseinstellung zum Nachteil des Versicherten rechtfertigt (dazu BGH, Urt. v. 11.12.1996, IV ZR 238/95, VersR 1997, 436), kann die bloße Möglichkeit erneuter Verschlechterungen dem Versicherer das Recht zur Einstellung von Leistungen an einen Versicherungsnehmer, bei dem die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit aktuell nicht mehr vorliegen, abschneiden (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 U 31/14, juris, Rz 128). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in seinem Urteil vom 03.11.1999, Az. IV ZR 155/98, deutlich gemacht hat, dass der Begriff der Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 7 der dort vorliegenden Versicherungsbedingungen deckungsgleich ist. Der Wortlaut des § 7 der dortigen Bedingungen entsprach insoweit maßgeblich dem Wortlaut des hier einschlägigen § 12 AVB. Eine andere Definition der Berufsunfähigkeit je nachdem, ob es um den Eintritt oder den Fortbestand gehe, kommt nach der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht. Zu Recht verweist der Kläger allerdings darauf, dass bei der Beurteilung, ob eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit (fort-)besteht, nach § 2 Abs. 7 AVB nur vorübergehende Verbesserungen nicht zu berücksichtigen sind.
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Dies führt jedoch vorliegend zu keinem anderen Ergebnis.
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(3) Im Ergebnis hat sich das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gebildet, dass beim Kläger ab Juli 2015 dauerhaft keine Berufungsunfähigkeit mehr vorlag, weil die beim Kläger aufgetretene schwere depressive Episode im Laufe des Jahres 2015 abgeklungen ist und dann nur noch zu beruflichen Einschränkungen von in etwa 30% geführt hat. Eben dies hat der gerichtliche Sachverständige Dr. ... in seinem Gutachten und seiner ausführlichen mündlichen Erläuterung nachvollziehbar und überzeugend dargelegt. Insbesondere beziehen sich die Feststellungen des Sachverständigen nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt seiner Untersuchung am 08.02.2021. Der Sachverständige führt aus, dass es nach der Aktenlage nachvollziehbar zu einer schweren depressiven Störung gekommen ist, die sich von 2013 auf 2014 entwickelt habe und bis Mitte / Ende 2015 angehalten habe (Seite 25 des Gutachtens vom 09.02.2021, Bl. 216 ff d.A. LG). Aufgrund der beim Kläger ab März 2014 vorliegenden schweren depressiven Episode sei er zu mindestens 50% nicht im Stand gewesen, seinen Beruf als Geschäftsführer von drei GmbHs, so wie er in gesunden Tagen gestaltet war, auszuüben (Seite 36 des Gutachtens vom 09.02.2021). Die ursprünglich schwere depressive Störung sei jedoch im vorliegenden Fall rückläufig gewesen (Seite 31 d. Gutachtens). Aktenkundig ergäben sich in den Jahren 2018 bis 2020 keine Befunde, die eine anhaltende schwere depressive Störung bestätigen würden. Der Kläger habe vielmehr sowohl in 2015, 2017 als auch bei der Untersuchung durch den Sachverständigen (08.02.2021) auf seine hohe Intelligenz voll zugreifen können. Dieser Zugriff wäre bei einer schweren psychischen Störung eingeschränkt gewesen. Die Werte, die der Kläger bei der durchgeführten Testdiagnostik zum Teil habe erzielen können, seien jedoch exorbitant gut gewesen. Der Sachverständige hat auch berücksichtigt, dass keine psycho-pharmakologische Behandlung stattgefunden hat, sondern nur eine Bedarfsmedikation. Der Einschätzung der Universität Ulm, wonach im Lauf des Jahres 2015 die Einschränkung der beruflichen Belastbarkeit auf 30% gesunken sei, schloss sich der Sachverständige an. Schließlich hat er sowohl in seiner Stellungnahme vom 26.10.2021 (Bl. 284 ff d.A. LG) als auch insbesondere im Rahmen seiner mündlichen Anhörung im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, dass die nurmehr leichte depressive Störung, wie sie seit der zweiten Hälfte des Jahres 2015 vorliege, den Kläger in seiner Berufsfähigkeit zwar einschränke, jedoch nicht zu über 50%. Zwar liege auch über das Jahr 2015 hinaus eine leichte bis mittelschwere depressive Störung, Angst und glaubhaft intermittierend Panik vor. Die Befähigung des Klägers, klar zu denken, sich zu orientieren, aufmerksam und belastbar zu sein, sei jedoch nicht schwerwiegend eingeschränkt. Gestützt auf diese Angaben war vorliegend von einer Verbesserung des Gesundheitszustandes auszugehen, die dazu geführt hat, dass der Kläger in seiner beruflichen Tätigkeit, so wie sie zuletzt in gesunden Tagen ausgestaltet war, seit ca. Mitte 2015 durchgehend nicht mehr zu mindestens 50% unfähig war.
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Soweit der Kläger einwendet, der Sachverständige habe keinen Vergleich des Gesundheitszustandes im Februar 2014 mit dem Zustand im Juni 2015 vorgenommen und keine gesundheitliche Verbesserung dargestellt, trifft dies schlicht nicht zu. Wie oben dargelegt, hat der Sachverständige eben dies festgestellt und überzeugend begründet. Dass der Sachverständige angegeben hat, den exakten Zeitpunkt, zu dem die Verbesserung des Gesundheitszustandes zu einem Absinken der Berufsunfähigkeit auf unter 50% geführt hat, nicht bestimmen zu können, schadet dies nicht. Der Sachverständige hat angegeben, dass es jedenfalls in dem Zeitraum ab Mitte 2015 zu einer Verbesserung gekommen ist und sich insoweit den aus seiner Sicht überzeugenden Feststellungen des Klinikums ... angeschlossen, das von einer Besserung ca. Mitte 2015 ausgegangen ist. Da die Beklagte die Leistungseinstellung erst mit Schreiben vom 27.01.2016 mitgeteilt hat und eine rückwirkende Einstellung der Leistungen nicht in Betracht kommt, kann letztlich offenbleiben, ob die Berufsunfähigkeit bereits im Juni oder möglicherweise erst im Herbst 2015 auf unter 50% gesunken war. Dass sie jedenfalls noch vor dem Zeitpunkt der Untersuchung durch das Universitätsklinikum Ulm am 15.10.2015 auf unter 50% gesunken war, steht nach der Beweisaufnahme außer Frage.
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Der gerichtliche Sachverständige hat sich auch mit dem Gutachten und der Stellungnahme des Herrn ... vom 22.09.2015 (Anlage K27) und vom 14.06.2021 (Anlage K55) auseinandergesetzt. Er hat im Einzelnen dargelegt, warum er trotz der dort getroffenen Feststellungen bei seiner Einschätzung bleibe. Insbesondere hätten die Testungen gezeigt, dass der Kläger auf seine intellektuelle Leistungsfähigkeit habe zugreifen können. Eine isolierte Beurteilung nur anhand er Selbstbeurteilungsbögen könne nicht zur Grundlage einer Diagnose gemacht werden. Der gerichtliche Sachverständige hat insoweit überzeugend dargelegt, dass der Einschätzung des Herrn ... nicht zu folgen war, sondern vielmehr gegen Mitte 2015 die von ihm dargestellte Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers und damit ein Absinken der Berufsunfähigkeit auf unter 50% eingetreten ist.
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d) Nach § 12 Abs. 4 Satz 2 AVB wird die Einstellung der Leistungen mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Änderungsmitteilung nach § 12 Abs. 4 Satz 1 AVB wirksam. Da die Änderungsmitteilung mit Schreiben vom 27.01.2016 erklärt wurde, bedeutet dies, dass die Einstellung erst zum Ablauf des Monats April 2016 wirksam werden konnte. Die Beklagte hat daher für den Zeitraum ab 01.07.2015 bis 30.04.2016, mithin für 10 Monate, die vertraglichen Leistungen zu erbringen. Die Rentenleistung beträgt monatlich 5.761,08 €. Für 10 Monate ergeben sich daher 57.610,80 €. Die für den Zeitraum zu erstattenden Beiträge setzen sich zusammen wie folgt: Juli bis November 2015 = 5 x 262,46 €; Dezember 2015 bis Februar 2016 = 3 x 275,58 €; März = 413,18 € und April 262,46 €). Daraus ergibt sich der unter Ziffer I.2 zugesprochene Betrag von 2.814,49 €.
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3. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger auch deshalb kein materieller Anspruch auf Ersatz zustehe, weil die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits im Rahmen des Leistungsantrags durch den Kläger eingeschaltet worden waren, ohne dass zuvor eine Leistungsablehnung durch die Beklagte erfolgt wäre. Dem ist der Kläger in der Berufung nicht entgegengetreten. Die Auffassung des Landgerichts ist zutreffend. Als der Kläger die späteren Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, einen Leistungsantrag zu stellen, befand sich die Beklagte weder in Verzug, noch hatte sie zu diesem Zeitpunkt eine vertragliche Plicht verletzt. Ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger daher nicht zu.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 23.02.2022, IV ZR 101/20. Eine Zulassung der Revision ist auch nicht mit Blick auf die Auslegung der Versicherungsbedingungen hinsichtlich des Wegfalls der Voraussetzungen der Leistungspflicht geboten, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 22.07.2024 geltend macht. Wie oben dargelegt, folgt der Senat auch insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 3. November 1999 – IV ZR 155/98 –, juris).