Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 26.08.2024 – 14 T 6153/23 WEG
Titel:

Keine ordnungsgemäße Zustellung an die Wohnungseigentumsgemeinschaft bei Zustellung an einen nur vermeintlichen Verwalter 

Normenketten:
ZPO § 91, § 93, § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 4, § 269 Abs. 5, § 567 Abs. 2
WEG § 9b
BGB § 666
Leitsätze:
Eine sofortige Beschwerde eines „Scheinbeklagten“ ist statthaft, wenn sein Antrag zur Kostentragung durch eine Prozesspartei zurückgewiesen wird. (Leitsatz der Redaktion) (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gegen die Zurückweisung eines Antrages des "Scheinbeklagten" auf Kostentragung durch eine Prozesspartei ist in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 5 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ändern sich während eines Verfahrens die Vertreter einer Partei oder werden diese in der Klageschrift falsch angegeben, muss nicht festgestellt werden, dass der vorherige Vertreter nicht mehr am Verfahren beteiligt oder von diesem nicht mehr betroffen ist; Entsprechendes gilt bei einem „Scheinvertreter“ bzw. einem „falschen“ Vertreter. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Zustellung an einen in der Klageschrift genannten, aber nur vermeintlichen Vertreter führt mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung zur Unzulässigkeit der Klage; dies gilt auch für den als Verwalter benannten Vertreter einer Wohnungseigentümergemeinschaft. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschlussersetzungsklage, Verwalterbestellung, Vertretung, Zustellung, Klageerhebung, Kosten, vermeintlicher Vertreter, Scheinvertreter, Entlassung aus dem Rechtsstreit
Vorinstanz:
AG Regensburg, Beschluss vom 10.10.2023 – 4 C 1152/23 WEG
Fundstellen:
ZWE 2025, 93
FDMietR 2024, 027319
NZM 2024, 993
BeckRS 2024, 27319
LSK 2024, 27319
NJW-RR 2025, 209

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der sonstigen Beteiligten … wird der Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 10.10.2023, Az. 4 C 1152/23 WEG, abgeändert:
Die Kläger haben als Gesamtschuldner die der Frau … entstandenen Kosten zu tragen.
2. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 540,50 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Mit Schriftsatz vom 21.07.2023 erhoben die Kläger Beschlussersetzungsklage gegen die am Beschwerdeverfahren nicht beteiligte … und stellten für den Fall der Versäumnis der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft Antrag gemäß § 331 Abs. 3 S. 2 ZPO. Zur Vertretung der Beklagten wurde angegeben:
„vertreten durch die Verwalterin Frau …
2
Mit der Klage wurde das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17.04.2023 (K 3) vorgelegt, auf das Bezug genommen wird. In der Eigentümerversammlung wurde unter TOP 4 abgelehnt, einen Wirtschaftsplan für 2023 zu beschließen. Gegenstand der Beschlussersetzungsklage ist daher, einen Wirtschaftsplan zu beschließen.
3
Die Klage wurde der Beschwerdeführerin am 03.08.2023 zugestellt. Mit Schreiben vom 09.08.2023 erklärte sie, dass die Beklagte sich gegen die Klage verteidigen werde, und beantragte eine Verlängerung der Klageerwiderungsfrist bis zum 18.10.2023, weil seitens der WEG noch ein Anwalt beauftragt werden müsse und wegen der Sommerferien eine Besprechung vor Ende September nicht möglich sein werde.
4
Eine förmliche Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag erging nicht. Innerhalb der ursprünglich gesetzten Klageerwiderungsfrist (bis 31.08.2023) zeigte sich der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin an und beantragte, die Klage als unzulässig abzuweisen, weil die Beschwerdeführerin zu keiner Zeit wirksam zur Verwalterin bestellt worden sei. Es seien zwei Verwalter bestellt worden, was zur Nichtigkeit des Beschlusses führe, weil nur ein Verwalter bestellt werden könne. Zudem sei die Bestellung mit Beschluss vom 02.02.2021 für zwei Jahre erfolgt und damit jedenfalls am 02.02.2023 geendet. Die WEG sei daher verwalterlos. Die Klageschrift sei nicht wirksam zugestellt worden, weil die Beschwerdeführerin auch keine Wohnungseigentümerin sei.
5
Mit Schriftsatz vom 18.09.2023 traten die Kläger der Auffassung der Beschwerdeführerin entgegen und führten aus, dass und warum sie die Bestellung der Beschwerdeführerin für wirksam hielten. Die Klage sei daher wirksam zugestellt worden; hilfsweise beantragten die Kläger, die Klage erneut an einen bzw. hilfsweise alle weiteren Wohnungseigentümer zuzustellen.
6
Das Amtsgericht teilte der Beschwerdeführerin Auszüge einer Verfügung vom 20.09.2023 mit, um ihr zu erkennen zu geben, dass das Gericht sie nicht mehr als Verwalterin und Verfahrensbeteiligte behandeln werde. Auf Anfrage der Beschwerdeführerin weigerte sich das Amtsgericht, die Stellungnahme der Kläger vom 18.09.2023 an die Beschwerdeführerin zu übermitteln, weil diese keine Verfahrensbeteiligte sei.
7
Die Kläger nahmen die Klage mit Schriftsatz vom 04.10.2023 zurück. Hierüber wurde die Beschwerdeführerin nicht informiert.
8
Mit Schriftsatz vom 09.10.2023 beantragte die Beschwerdeführerin, sie „aus dem Rechtsstreit zu entlassen“ und den Klägern als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, soweit diese zur Geltendmachung der fehlenden Parteistellung notwendig gewesen seien. In Anwendung der Grundsätze zu „Scheinbeklagten“ sei die Beschwerdeführerin als „Scheinverwalterin“ zu sehen. Sie könne daher verlangen, aus dem Rechtsstreit entlassen zu werden und der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen. Die Beschwerdeführerin sei aufgrund der Zustellung der Klage an sie gehalten gewesen, das Gericht darüber zu informieren, dass die Zustellung an die WEG durch Zustellung an sie nicht habe bewirkt werden können. Die Kläger hätten offenbar nicht geprüft, ob es sich bei der Beschwerdeführerin um eine wirksam bestellte Verwalterin handelte, weshalb sie auch die fehlerhafte Zustellung an eine Scheinverwalterin zu vertreten hätten, woraus sich die Folge der Kostentragung ergebe, § 269 Abs. 3 ZPO.
9
Mit Beschluss vom 10.10.2023, der ohne Anhörung der Kläger erging, wies das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte aus, dass die zu einem „Scheinbeklagten“ entwickelten Grundsätze nicht auf eine „Scheinvertreterin“ zu übertragen seien, weil die Vertreterin keine prozessualen Wirkungen treffen könnten. Das gelte erst recht für einen irrtümlich als Vertreter behandelten verfahrensfremden Dritten. Es fehle schon an einem Rechtsschutzbedürfnis dafür, aus dem Rechtsstreit entlassen zu werden. Einen Anspruch auf Kostenerstattung hätte die Beschwerdeführerin selbst dann nicht, wenn man einer „Scheinvertreterin“ einen solchen grundsätzlich zugestehen wollte. Denn die Beschwerdeführerin könne nur den Ersatz notwendiger Kosten verlangen, die Mandatierung eines Rechtsanwalts sei aber nicht notwendig gewesen. Sie hätte schlicht gar nichts tun müssen. Nur aus etwaigen Treuepflichten im Innenverhältnis zum vorgeblich Vertretenen könne sich noch eine Obliegenheit ergeben, dem Gericht das Nichtbestehen eines Vertretungsverhältnisses anzuzeigen. Prozessuale Nachteile hätten ihr aber nicht drohen können. Die Beschwerdeführerin habe sich zudem als Vertreterin geriert, indem sie ohne Vertretungsmacht die Verteidigungsbereitschaft angezeigt habe. Kosten, die zur Beseitigung dieses Anscheins entstanden seien müssten ihr zur Last fallen. Zudem sei auch kein Streitwert bestimmbar, weil die Beschwerdeführerin an dem Prozessrechtsverhältnis nicht beteiligt sei.
10
Der Beschluss vom 10.10.2023 wurde lediglich formlos an die Prozessbevollmächtigten der Kläger und der Beschwerdeführerin hinausgegeben.
11
Mit Schriftsatz vom 21.10.2023, beim Amtsgericht Regensburg am 23.10.2023 eingegangen erhob die Beschwerdeführerin „Beschwerde“ unter Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Anträge. Eine Person, der eine Klageschrift zugestellt werde, würde sich nach der Begründung des Amtsgerichts Regensburg im rechtsfreien Raum bewegen. Die Beschwerdeführerin sei zwar keine Partei geworden, sei aber aufgrund der Zustellung an sie Betroffene. Dies sei sie auch deshalb, weil sie Treuepflichten gegenüber der WEG gehabt habe. Dies gelte schon deshalb, weil ohne Verteidigungsanzeige Versäumnisurteil gegen die WEG hätte ergehen können, gegen das die WEG keinen Einspruch hätte einlegen können, weil sie keinen Verwalter gehabt habe. Anwaltliche Aufklärung sei erforderlich gewesen, weil die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Zustellung selbst noch davon ausgegangen sei, dass sie ordnungsgemäß bestellte Verwalterin gewesen sei. Nach anwaltlicher Aufklärung hierüber habe sie sich darum bemüht, negative Rechtsfolgen abzuwenden. Dem Rechtsirrtum über die Verwalterstellung sei nicht nur die Beschwerdeführerin, sondern seien auch die Kläger unterlegen. Die Kläger hätten durch die falsche Bezeichnung der Beschwerdeführerin als Verwalterin den Anlass für die falsche Zustellung gesetzt, weshalb diese die Kosten zu tragen hätten. Es gehe insoweit nur um die Kostengrundentscheidung, aber nicht um die Höhe solcher Kosten.
12
Mit Beschluss vom 23.10.2023 half das Amtsgericht Regensburg der „Beschwerde“ nicht ab. Die Beschwerde sei schon unstatthaft, weil der ursprüngliche Antrag unstatthaft gewesen sei. Es erscheine angesichts des Vortrags der Beschwerdeführerin abwegig, dass sie selbst im eigenen Namen den Prozessbevollmächtigten beauftragt habe. Vielmehr dürfte sie diesen als Vertreterin ohne Vertretungsmacht für die WEG beauftragt haben. Eine Entlassung einer Person, die nie Partei oder auch nur Scheinpartei geworden sei, sei denklogisch ausgeschlossen. Die Konstellation sei nicht mit derjenigen eines „Scheinbeklagten“ vergleichbar, weil nur „Scheinbeklagte“ ein rechtliches Interesse daran hätten, dass durch gerichtliche Entscheidung klargestellt werde, dass sie nicht Partei eines Rechtsstreits seien.
II.
13
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig und weitgehend begründet.
14
Lediglich hinsichtlich der Entlassung aus dem Rechtsstreit war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, weil die Beschwerdeführerin nie Partei des Rechtsstreits werden sollte, sondern nur Vertreterin der WEG als Beklagte sein sollte. Ein Anspruch auf Kostenerstattung steht ihr als „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin hingegen schon nach dem Veranlassungsprinzip zu.
15
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
16
a) Die sofortige Beschwerde ist statthaft, jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 5 ZPO.
17
Anerkannt ist, dass eine sofortige Beschwerde des Klägers statthaft ist, wenn ihm Kosten eines „Scheinbeklagten“ auferlegt wurden (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.07.1984, 23 W 1927/84, OLGZ 1985, 72; OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.10.1976, 1 W 59/76). Die Kammer ist der Auffassung, dass dann auch eine sofortige Beschwerde eines „Scheinbeklagten“ statthaft sein muss, wenn sein Antrag zur Kostentragung durch eine Prozesspartei zurückgewiesen wird (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2019, 1470, 1471, Rn. 10).
18
Für die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde reicht es aus, dass die Beschwerdeführerin an dem Verfahren – wenn auch nur als Vertreterin – beteiligt war, um ihre fehlende Vertreterstellung geltend zu machen. Ob die Grundsätze zu „Scheinbeklagten“ auf die Beschwerdeführerin als von den Klägern bezeichnete aber tatsächlich nicht bestellte Verwalterin übertragbar sind, ist nach Auffassung der Kammer eine Frage der Begründetheit der sofortigen Beschwerde.
19
b) Als von den Klägern bezeichnete aber tatsächlich nicht bestellte Verwalterin hat die Beschwerdeführerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
20
Denn ihr wurde eine Klage als von den Klägern benannte Vertreterin zugestellt, weshalb sie auf diese reagieren durfte. Denn es wurde der Anschein gesetzt, dass sie für die Wahrnehmung der Rechte der Beklagten verantwortlich sei.
21
Stellt sich – wenn auch erst nach anwaltlicher Beratung – heraus, dass sie tatsächlich keine Vertreterin war, so hat sie ein berechtigtes Interesse daran, ihre Rolle im Prozess und die Kostentragung klären zu lassen.
22
c) Der Streitwert der Hauptsache betrug jedenfalls über 600,00 EUR, § 269 Abs. 5 S. 1, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
23
Es kann offenbleiben, ob insoweit der Gegenstand der Beschlussersetzungsklage, also der Beschluss über einen Wirtschaftsplan, oder das bloße Interesse der Beschwerdeführerin an der Vermeidung ihrer Inanspruchnahme durch die WEG, wenn sie auf die ihr zugestellte Klage nicht reagiert hätte. In beiden Fällen liegt der Streitwert der Hauptsache über 600,00 EUR.
24
Die Kammer ist der Auffassung, dass das Interesse der Beschwerdeführerin in erster Instanz nur darin bestand, selbst keine Kosten tragen zu müssen und aufgrund im Raum stehender nachvertraglicher Pflichten als vormals zumindest per Beschluss – wenn auch unwirksam – bestellte Verwalterin die fehlerhafte Zustellung offenzulegen und prozessuale Nachteile für die WEG zu verhindern. Dieses ist nicht mit dem Interesse an dem zu ersetzenden Beschluss gleichzusetzen. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführerin im Falle eines rechtskräftigen Versäumnisurteils jedenfalls drohte, dass die WEG die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, außergerichtliche Kosten der Kläger) von ihr als Schadensersatz verlangen könnte. Denn aus der Aufstellung eines Wirtschaftsplans kann der WEG kaum denkbar ein weitergehender Schaden entstehen. Selbst bei fehlerhaften Annahmen und daraus folgend „falsch“ festgesetzten Vorschüssen ist ein Schaden kaum denkbar, insbesondere weil nach Abschluss des Wirtschaftsjahres eine Abrechnung erfolgt.
25
Die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten sind ausgehend von einem Streitwert von jedenfalls bis 40.000,00 EUR zu berechnen und betragen insgesamt 4.788,95 EUR.
26
Offen bleiben kann hinsichtlich des Streitwerts, ob der Betrag von 1.000,00 EUR für die Rücklagen bei den Gesamtausgaben zu berücksichtigen ist oder nicht, da dies auf die Bestimmung der Gebührenstufe keine Auswirkung hat. Denn der ansonsten ohne Frage zutreffend ermittelte Streitwert würde sich von 37.795,57 EUR auf 36.891,36 EUR (40.800,00 EUR : 1.000 × 120,56 × 7,5) reduzieren. Die relevante Gebührenstufe wäre daher ebenso diejenige bis 40.000,00 EUR.
27
Bei einem rechtskräftigen Versäumnisurteil wären 3,0 Gerichtsgebühren in Höhe von insgesamt 1.575,00 EUR angefallen.
28
Weiter würden die entstandenen Rechtsanwaltskosten der Kläger (Verfahrensgebühr von 1,6 (zwei Mandanten), Terminsgebühr von 0,8, Auslagen, Umsatzsteuer) 3.213,95 EUR betragen.
29
Insgesamt hätte der Beschwerdeführerin damit ein Schadensersatzanspruch in Höhe von jedenfalls 4.788,95 EUR gedroht, wenn sie nicht reagiert hätte. Dieser liegt über der Wertgrenze von 600,00 EUR, ebenso wie der Gegenstand des Beschlussersetzungsverfahrens mit einem Wert von bis 40.000,00 EUR.
30
d) Der Wert des Beschwerdegegenstands nach § 567 Abs. 2 ZPO übersteigt 200,00 EUR. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist insbesondere die Erstattung der Kosten der Beschwerdeführerin.
31
Bei der Festsetzung des Streitwerts war zu berücksichtigen, dass den Beschwerdeführern lediglich die notwendigen Kosten zur Geltendmachung ihrer irrtümlichen Beteiligung am Rechtsstreit zu erstatten sind (LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.04.2013, 2-13 T 60/12, BeckRS 2013, 15206 (insoweit bei ZWE 2014, 58 nicht abgedruckt), mit Verweis auf OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. Januar 2012, 12 W 22/11).
32
Ausgehend von dem unter b) dargelegten Interesse der Beschwerdeführerin und damit einem Streitwert von bis 5.000,00 EUR dürften ihr Rechtsanwaltskosten in Höhe von 540,50 EUR entstanden sein (Verfahrensgebühr 1,3, keine Terminsgebühr. Auslagenpauschale. Umsatzsteuer). Diese Kosten sind als Wert für das Beschwerdeverfahren anzusetzen und übersteigen 200,00 EUR.
33
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet, soweit das Amtsgericht die Feststellung der Kostentragungspflicht abgelehnt hat.
34
Im Übrigen ist sie unbegründet, weil die Beschwerdeführerin nie Partei des Rechtsstreits werden sollte und eine „Entlassung“ aus dem Rechtsstreit in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Amtsgerichts nur für „Scheinparteien“ in Betracht kommt, nicht aber für „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreter.
35
a) Hinsichtlich der „Entlassung aus dem Rechtsstreit“ ist die sofortige Beschwerde unbegründet.
36
Insoweit ist es unerheblich, ob die Grundsätze, die für „Scheinbeklagte“ gelten, vollumfänglich auch für „Scheinvertreter“ gelten und ob die Beschwerdeführerin überhaupt eine „Scheinvertreterin“ im entsprechenden Sinne war. Ein solcher Ausspruch war nicht veranlasst, weil die Beschwerdeführerin nie Partei des Rechtsstreits werden sollte und auch nicht „Scheinpartei“ werden konnte. Es ist nicht angezeigt, einen Vertreter und damit auch keinen „Scheinvertreter“ bzw. eine von den Klägern als Vertreterin bezeichnete Person, die tatsächlich nicht Vertreterin ist („falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin), aus dem Rechtsstreit zu entlassen.
37
Denn die Klage wurde hier der Beschwerdeführerin nach der Parteibezeichnung der Beklagten in der Klageschrift offensichtlich als Vertreterin zugestellt und eben nicht als Partei. Diese war gegen die „WEG Weißgerbergraben 18/Zur Schönen Gelegenheit 3, ... R.“ gerichtet, mit dem klaren Zusatz „vertreten durch die Verwalterin“.
38
Für die Beschwerdeführerin war daher ersichtlich, dass sie nicht Partei des Rechtsstreits werden sollte. Dass sie das auch zutreffend erkannt hat, ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 09.08.2023. Denn sie führt an, dass „die Beklagte“ (nicht „ich“) sich gegen die Klage verteidigen werde und dass noch ein Anwalt mit der „Vertretung der WEG“ beauftragt werden müsse.
39
Ändern sich während eines Verfahrens die (gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen) Vertreter einer Partei oder werden diese in der Klageschrift falsch angegeben, weil z.B. ein Geschäftsführerwechsel bei einer beklagten GmbH noch nicht bekannt war, werden die Vertreter schlicht geändert, ohne dass festgestellt werden müsste, dass der vorherige Vertreter nicht mehr am Verfahren beteiligt oder von diesem nicht mehr betroffen ist. Entsprechendes ist dann auch bei einem „Scheinvertreter“ bzw. einem Vertreter, der überhaupt kein Vertreter, also ein „falscher“ bzw. „vermeintlicher“ Vertreter ist, nicht erforderlich.
40
Im Übrigen wird auf die insoweit zutreffende Begründung des Amtsgerichts Regensburg im angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
41
b) Die sofortige Beschwerde ist jedoch begründet, soweit die Beschwerdeführerin als von den Klägern bezeichnete aber tatsächlich nicht bestellte, also als „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Verwalterin einen Ausspruch zur Erstattung ihrer Kosten fordert. Denn nach dem Veranlassungsprinzip wurde sie von den Klägern in das Verfahren einbezogen, was letztlich die Klärung ihrer Vertreterstellung zur Folge hatte. Die ihr hierfür entstandenen Kosten haben die Kläger zu tragen.
42
Die Beschwerdeführerin ist zwar keine „Scheinbeklagte“, da sie nach dem Rubrum in der Klageschrift und nach der gerichtlichen Verfügung nicht Beklagte und damit Partei werden sollte, sondern lediglich (vermeintliche) Vertreterin der richtig benannten Beklagten, der WEG, sein sollte. Auch sind die Grundsätze zur „Scheinbeklagten“ nicht direkt auf die hiesige Konstellation übertragbar.
43
Trotzdem hatte die Beschwerdeführerin als ursprünglich – wenn auch nichtig – von den Wohnungseigentümern durch Beschluss bestellte Verwalterin berechtigten Anlass, auf die gerichtlich an sie angeordnete Zustellung zu reagieren. Dass sie hierfür einen Rechtsanwalt beauftragte, war erforderlich, was bereits der Verfahrensverlauf und die Schwierigkeit der Rechtsfragen verdeutlichen.
44
aa) Die Beschwerdeführerin war während des gesamten Verfahrens keine Vertreterin der Beklagten, da ihre Bestellung nichtig und zudem jedenfalls die Bestellungszeit abgelaufen war.
45
(Nur) wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter hat, sind die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zu deren Vertretung berechtigt (§ 9 b Abs. 1 S. 2 WEG). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat dann keinen Verwalter, wenn aus rechtlicher Sicht die Funktion des Verwalters nicht besetzt ist, d.h. die Gemeinschaft im Wortsinn „verwalterlos“ ist. Dies ist der Fall, wenn kein Verwalter bestellt wurde, seine Amtszeit abgelaufen ist, der Verwalter das Amt niedergelegt hat, er abberufen wurde oder seine Bestellung für unwirksam oder für nichtig erklärt wurde (Hügel/Elzer. WEG, 3. Aufl., § 9 b Rn. 17-20).
46
Die Beschwerdeführerin war danach keine Verwalterin der Beklagten, weil ihre Bestellung nichtig war und zudem ihre Bestellungszeit abgelaufen war.
47
Hinsichtlich der Nichtigkeit der Verwalterbestellung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der Verfügung vom 20.09.2023 Bezug genommen. Dass die Bestellung mehrerer natürlicher Personen als Verwalter, die gleichzeitig tätig sein sollen, nichtig ist, ist allgemeine Meinung (vgl. nur die auch vom Amtsgericht Regensburg angeführte Entscheidung BGH NJW 2012, 3232, 3232, Rn. 11. bzw. die Kommentierung bei Bärmann/Becker. WEG, 15. Aufl., § 26 Rn. 13 f.). Die Kammer teilt diese Auffassung uneingeschränkt.
48
Der nichtige Bestellungsbeschluss ist damit ipso iure absolut unwirksam. Die Nichtigkeit kann von jedermann jederzeit geltend gemacht werden, ohne dass es einer Ungültigerklärung bedarf (Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 23 Rn. 307 f.).
49
Zudem war jedenfalls die Bestellungszeit abgelaufen, weil die Beschwerdeführerin entsprechend dem Beschluss zu TOP 4 in der Eigentümerversammlung vom 02.02.2021 (B 1) nur für 2 Jahre als „technische Verwalterin“ bestellt wurde. Damit lief ihre Bestellungszeit spätestens mit Ablauf des 02.02.2023 ab. Eine Verlängerung der Bestellung wird nicht vorgetragen.
50
bb) Die Beschwerdeführerin war wegen ihrer Bezeichnung als „Verwalterin“ der Beklagten in der Klageschrift und der deshalb an sie erfolgten Klagezustellung berechtigt, die fehlende Vertreterstellung offenzulegen. Dies diente vor allem zur Vermeidung von Nachteilen der Beklagten sowie von etwaigen Regressansprüchen der Beklagten gegen die Beschwerdeführerin.
51
Sie war jedoch unter Zugrundelegung der Grundsätze zu „Scheinbeklagten“ keine „Scheinvertreterin“, sondern eine aus materiellen Gründen fälschlicherweise benannte und damit „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin. Auch als solche hat sie einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Kläger, die durch die fehlerhafte Angabe der Beschwerdeführerin als Vertreterin die Zustellung an sie veranlasst haben.
52
(1) Unter Übertragung der möglichen Fehler bei der Angabe einer beklagten Partei ist die Beschwerdeführerin entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beschwerdeführerin keine „Scheinvertreterin“ in entsprechender Anwendung der Voraussetzungen für die Annahme eines „Scheinbeklagten“, sondern eine fälschlicherweise als solche angesehene Vertreterin, also eine „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin.
53
(a) Die Kläger waren jedenfalls nach §§ 253 Abs. 2, 130 Nr. 1 ZPO gehalten, den gesetzlichen Vertreter der Beklagten anzugeben.
54
Gesetzliche Vertreter zu benennen, erlegt § 130 Nr. 1 ZPO als Ordnungsvorschrift auf (§ 253 Abs. 4 ZPO). Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter sollen nach Namen, Stand usw. so genau bezeichnet werden, dass ihre Identifizierung zweifelsfrei möglich ist (Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 253 Rn. 17: BeckOK ZPO, 53. Ed., § 130 Rn. 3). Wer tatsächlich der richtige Vertreter ist, muss das Gericht u.U. durch eine Auslegung ermitteln. Denn an diese muss zugestellt werden (§§ 170 Abs. 1, 191 ZPO). Nach dem nun geltenden § 9 a WEG ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auch Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) genannt, rechtsfähig und wird nach § 9 b Abs. 1 WEG grundsätzlich durch den Verwalter vertreten; diese Vertretungsmacht ist nach dem Gesetz, sieht man vom Abschluss eines Grundstücks- und Darlehensvertrages ab, umfassend; soweit kein Verwalter bestellt ist, wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich vertreten (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9 a Rn. 1, 58 ff., 61).
55
Die Kläger haben die Beschwerdeführerin als Verwalterin und damit Vertreterin der Beklagten in Erfüllung dieser Ordnungsvorschrift benannt. Einer Auslegung war die eindeutige Benennung nicht zugänglich.
56
Diese Zustellung an den benannten, aber nur „vermeintlichen“ Vertreter führt mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung zur Unzulässigkeit der Klage (m.w.N. BGH NJW-RR 2017, 812, 813, Rn. 16; Stein/Jacoby, ZPO, 24. Aufl., vor § 50 Rn. 16).
57
(b) Zu falschen Angaben hinsichtlich der Parteien sind verschiedene Fallkonstellationen anerkannt, deren Übertragbarkeit auf die hier zu beurteilende Konstellation in Betracht kommt.
58
Es ist Sache des Antragstellers, die Parteien zu bestimmen. Partei ist, wen der Antragsteller als Partei bezeichnet hat. Die Bezeichnung muss in der Klageschrift erfolgen und ist der Auslegung zugänglich. Ein möglicher Fehler des Klägers kann die „Benennung des falschen Beklagten“ sein: Richtet der Kläger die Klage irrtümlich gegen eine Person, gegen die er keinen Prozess führen wollte, so wird diese Person Partei, da es allein auf den objektiv erkennbaren Willen des Klägers ankommt. Davon zu unterscheiden ist die „falsche Bezeichnung des Beklagten“: Bei objektiver Erkennbarkeit sind fehlerhafte Parteibezeichnungen unschädlich. In diesen Fällen muss aber eine Parteiberichtigung erfolgen. Bleibt die Partei nicht dieselbe, liegt keine Berichtigung vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt. Eine dritte Konstellation ist diejenige der „falschen Zustellung“: Wird die Klage einer anderen als der in der Klageschrift bezeichneten Person zugestellt, wird niemand Partei. Der in der Klage Bezeichnete nicht, weil es an der Zustellung fehlt, der Zustellungsempfänger nicht, weil er objektiv erkennbar nicht Partei des Prozesses sein soll. Die Zustellung hat nämlich nicht die Aufgabe, den Beklagten zu bestimmen (Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rn. 6, 8, 9, 10).
59
In der letzten Konstellation einer „falschen Zustellung“ ist der Zustellungsempfänger „Scheinbeklagter“, weil er nicht Beklagter werden sollte, aber zur Geltendmachung dieser Tatsache zum Prozess zuzulassen. Im Prozess hängen seine prozessualen Rechte vom weiteren Verhalten des Klägers ab. Räumt der Kläger ein, dass sich seine Klage nicht gegen den Zustellungsempfänger richtet, so kann dieser (ohne Anwaltszwang) beantragen, durch Beschluss aus dem Prozess entlassen zu werden und den Kläger bei ihm zurechenbarer Veranlassung der falschen Zustellung zur Tragung der Kosten zu verurteilen, die zur Rechtsverteidigung notwendig waren (Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rn. 10).
60
Die Kläger haben unstreitig die richtige Beklagte bezeichnet, nämlich die WEG. Die Kläger haben in Bezug auf die Beschwerdeführerin als Vertreterin schlicht die falsche Vertreterin bezeichnet, nämlich eine nie wirksam und auch nicht mehr bestellte Verwalterin.
61
Die Kläger haben damit die Beschwerdeführerin nicht im Sinne der oben dargestellten zweiten Konstellation „falsch bezeichnet“ da die Vertreterin bezeichnet wurde, die sie bezeichnen wollten. Das ergibt sich neben der eindeutigen Angabe in der Klageschrift schon daraus, dass die Kläger im Schriftsatz vom 18.09.2023 daran festhielten, dass die Beschwerdeführerin wirksam als Verwalterin bestellt worden sei.
62
Auch die dritte Konstellation liegt nicht vor, die zur Annahme einer „Scheinverwalterin“ analog zur „Scheinbeklagten“ führen würde. Denn die Klage wurde nicht einer anderen Vertreterin als der in der Klageschrift bezeichneten Vertreterin zugestellt, sondern eben der bezeichneten.
63
Vielmehr handelt es sich um die erste Konstellation, nämlich die eindeutige Benennung einer „falschen“ bzw. „vermeintlichen“ Vertreterin, an die dann zugestellt wurde. Diese Zustellung an den „vermeintlichen“ Vertreter führt – wie bereits dargelegt – mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung zur Unzulässigkeit der Klage (m.w.N. BGH NJW-RR 2017, 812, 813, Rn. 16: Stein/Jacoby, ZPO, 24. Aufl., vor § 50 Rn. 16).
64
(c) Die Benennung einer falschen Vertreterin kann nicht entsprechend den Grundsätzen zur Benennung eines falschen Beklagten dazu führen, dass die benannte Vertreterin trotzdem Vertreterin „wird“.
65
Denn bei der Benennung eines falschen Beklagten wird für diesen ersichtlich, dass er Beklagter sein soll und die Klage sich gegen ihn richtet. Bei einer Vertreterin ist die Situation eine andere. Sie hat zu prüfen, ob sie Vertreterin ist und deshalb die Zustellung der Klage an sie zu Recht erfolgte. Wenn sie von ihrer Vertreterstellung ausgeht, hat sie zu prüfen, welche Schritte für die Vertretene einzuleiten sind. Kommt sie hingegen zu dem Ergebnis, dass sie keine Vertreterin ist, ist sie jedenfalls berechtigt, dies dem Gericht mitzuteilen und zu begründen. Ob sie dazu verpflichtet ist, bestimmt sich nach dem Verhältnis zur (vermeintlich) von ihr vertretenen Partei.
66
(2) Die Kläger haben nach dem Veranlassungsprinzip die Kosten der Beschwerdeführerin zu tragen.
67
Die Kammer ist der Auffassung, dass jedenfalls in der hier zu beurteilenden Konstellation der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht, weil sie von den Klägern als „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin durch die Klagezustellung zu einem Tätigwerden veranlasst wurde, zu dem sie verpflichtet war oder zu dem sie sich jedenfalls verpflichtet sehen durfte, und weil die fehlende Vertreterstellung der Beschwerdeführerin für die Kläger erkennbar und vermeidbar gewesen wäre.
68
(a) Tragender Grundsatz des Kostenrechts ist nach die in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verankerte Unterliegenshaftung. Die unterliegende Partei muss insbesondere die dem Gegner entstandenen notwendigen Kosten erstatten. Daneben ist u.a. aus § 93 ZPO zu ersehen, dass auch dem Veranlassungsprinzip (Verursachungsprinzip) eigenständige Bedeutung zukommt. Das gilt insbesondere bei der (irrtümlichen) Einbeziehung Dritter in einen Rechtsstreit. So haftet etwa für Kosten einer nicht existenten Partei der Veranlasser. Die „Scheinpartei“ ist für den Kostenstreit Partei und hat analog § 269 Abs. 4 ZPO Anspruch auf eine prozessuale Kostenentscheidung, wenn ihre Beteiligung durch eine fehlerhafte Parteibezeichnung in der Klageschrift veranlasst wurde (m.w.N. Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., Vorbemerkung zu § 91, Rn. 2, 4, 8).
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Weiter gilt allgemein, dass eine Partei selbst bei Obsiegen in der Sache mit den Kosten des Rechtsstreits belastet werden kann, wenn sie vorwerfbar Kosten verursacht hat, die bei sachgerechtem Handeln vermeidbar gewesen wäre (Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 91 a, Rn. 151 „Veranlassung, Verursachung“). Ebenso beruhen § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und § 344 ZPO auf dem Veranlassungsprinzip (MüKo ZPO, 6. Aufl., § 269 Rn. 42).
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(b) Nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip und einer entsprechenden Anwendung der §§ 269 Abs. 4, Abs. 3 S. 2 ZPO haben die Kläger die Kosten der Beschwerdeführerin zu tragen, weil sie deren Beteiligung verursacht haben und die Beauftragung eines Rechtsanwalts hierfür erforderlich war.
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Auch ein Dritter hat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Kostenentscheidung, wenn er irrtümlich in den Prozess hineingezogen worden ist. Dann ist es geboten, die Kostenvorschriften der ZPO auf das Verhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Dritten entsprechend anzuwenden (so nimmt es allgemeiner OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.1986, 6 W 117/85, MDR 1986, 504, an; i.Ü. jeweils konkret auf „Scheinbeklagte“ bezogen: BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 144/06, Rn. 15 bei juris; BGH NJW-RR 1995, 764, 765; OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.04.1998, 2 W 11/98, Rn. 22 bei juris; OLG München, Beschluss vom 13.07.1984, 23 W 1927/84, MDR 1984, 946: LG Frankfurt a.M. ZWE 2014, 58). Die Kostenentscheidung zu versagen und es dem Dritten zu überlassen, seinen etwaigen materiell-rechtlichen Anspruch auf Ersatz der ihm durch die unrichtige Zustellung erwachsenen Kosten in einem besonderen Prozess geltend zu machen, ist schon aus prozessökonomischen Gründen nicht sachgerecht (Stein/Jacoby, ZPO. 24. Aufl., Vorbemerkungen vor § 50, Rn. 17).
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Ob man als Voraussetzung für eine Kostenerstattung annehmen muss, dass die Verursachung der Kosten der Beschwerdeführerin vermeidbar gewesen sein müsste, kann offenbleiben. Denn die Zustellung an die „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin war für die Kläger vermeidbar.
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(aa) Die Kläger haben durch ihre Benennung der Beschwerdeführerin als Verwalterin die Zustellung der Klage an diese veranlasst.
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Gesetzliche Vertreter zu benennen, erlegt § 130 Nr. 1 ZPO als Ordnungsvorschrift auf (§ 253 Abs. 4 ZPO). Auch aus den bereits dargestellten Grundsätzen zur Bezeichnung der beklagten Partei und den aufgezeigten möglichen Fehlern ergibt sich der Grundsatz, dass der Kläger mit seiner Bezeichnung in der Klageschrift den Beklagten und dessen gesetzlichen Vertreter bestimmt.
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Damit gilt, dass die Kläger mit ihrer Bezeichnung der Beschwerdeführerin als Verwalterin auch die Vertreterin eindeutig und unmissverständlich bestimmt haben. Deshalb wurde die Klage der Beschwerdeführerin zugestellt. Eine Prüfungspflicht des Amtsgerichts bestand insoweit nicht.
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(bb) Offen bleiben kann, ob die fehlerhafte Benennung der Beschwerdeführerin als Verwalterin für die Kläger vermeidbar gewesen sein muss. Denn es war für die Kläger erkennbar und vermeidbar, dass die Beschwerdeführerin nicht Verwalterin war und ist.
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Bei der irrtümlichen Einbeziehung Dritter in einen Rechtsstreit gilt das Veranlassungsprinzip selbst dann, wenn eine schuldlose Verwechslung vorliegt (vgl. die Nachweise bei Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., Vorbemerkung zu § 91, Rn. 2; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.01.2012, 12 W 22/11, BeckRS 2012, 4304; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.1986, 6 W 117/85, MDR 1986, 504). Zum Teil wird aber angeführt, dass eine Partei selbst bei Obsiegen in der Sache mit den Kosten des Rechtsstreits nur belastet werden kann, wenn sie „vorwerfbar“ Kosten verursacht hat, die bei sachgerechtem Handeln vermeidbar gewesen wäre (Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 91 a, Rn. 151 „Veranlassung, Verursachung“).
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Auf die Frage, ob bei einer schuldlosen Falschbenennung die Kläger hier die Kosten zu tragen hätten, kommt es indes nicht an. da diese für die Kläger vermeidbar war und diesen damit vorzuwerfen ist.
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Dieser Fehler wäre für die anwaltlich vertretenen Kläger schon zu vermeiden gewesen, wenn das als Anlage K 3 vorgelegte Protokoll ausreichend berücksichtigt worden wäre.
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Denn als „Versammlungsleiter“ wurde „E. S., Eigentümer“ angegeben. Wäre die Beschwerdeführerin, die nur als „Anwesende“ aufgeführt wird, Verwalterin gewesen, hätte sie die Versammlungsleitung gehabt, also den Vorsitz, § 24 Abs. 5 WEG. Zudem heißt es unter „Zu TOP 1 (…)“: „Herr S. eröffnet die Sitzung und begrüßt die Teilnehmer. Des Weiteren geht er auf die Beschlussfähigkeit ein. Vollmachten liegen vor. Die Versammlung ist zu 100 % beschlussfähig.“ Das sind übliche Feststellungen, wie sie von einem Verwalter getroffen werden. Die Kammer verkennt nicht, dass bei den Unterschriften die Beschwerdeführerin als „technischer Verwalter“ weiterhin aufgeführt wird und sie als solche das Protokoll unterschrieben hat. Aus dem Verlauf der Versammlung folgt jedoch nicht, dass sie tatsächlich vertretungsberechtigte Verwalterin im Sinne des § 9 b WEG sein könnte.
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Jedenfalls hätte der Inhalt des Protokolls dazu führen müssen, dass die Kläger näher prüfen, wer denn derzeit Verwalter ist bzw. ob es einen solchen überhaupt mit wirksamer Bestellung gibt. Angesichts dessen, dass es sich um eine Beschlussersetzungsklage und nicht um eine Beschlussanfechtungsklage handelte, galt auch § 45 S. 1 WEG und damit die Ausschlussfrist nicht, weshalb die Kläger auch Zeit für diese Prüfung gehabt hätten. Die Kläger erhoben die Klage auch erst unter dem 21.07.2023 und damit drei Monate nach der Eigentümerversammlung.
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Aus dem Beschluss vom 02.02.2021 zu TOP 4 (B 1) ergibt sich zudem eindeutig, dass die Bestellungszeit der „technischen Verwalterin“, der Beschwerdeführerin nur zwei Jahre betragen sollte und damit mit Ablauf des 02.02.2023 bzw. je nach Auslegung schon mit Ablauf des 01.02.2023 ablief. Dass der Beschluss zu TOP 4 grundsätzlich die Möglichkeit einer Verlängerung offenließ, ist unerheblich, weil eine solche Verlängerung eines Beschlusses bedurft hätte. Die Kläger hätten prüfen können und müssen, ob ein solcher Beschluss gefasst wurde.
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Dass die Kläger im Verfahren entgegen der eindeutigen herrschenden Meinung die Verwalterbestellung für nicht nichtig hielten, ändert im Ergebnis schon deshalb nichts, weil die Bestellungszeit abgelaufen war. Zudem tragen die Kläger das Risiko, dass ihrer Meinung nicht gefolgt wird.
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(cc) Für die Beschwerdeführerin bestand auch Anlass, sich anzuzeigen, weil sie als – wenn auch nichtig – ehemals bestellte Verwalterin „nachvertragliche“ Pflichten gegenüber der Beklagten hatte oder jedenfalls aus ihrer Sicht hätte haben können.
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Wenn die „vermeintliche“ Vertreterin zu der Partei überhaupt keinen Bezug hat, reicht es jedenfalls aus, diese Umstände dem Gericht mitzuteilen. Ob sie dazu auch verpflichtet wäre, kann offengelassen werden, da hier eine spezielle Konstellation vorliegt, die ein Tätigwerden der Beschwerdeführerin erforderte, da sie nachwirkende Pflichten aufgrund ihrer vormaligen, wenn auch nichtigen und jedenfalls abgelaufenen Bestellung als Verwalterin trafen.
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Die Kammer hält die Argumentation der Beschwerdeführerin für zutreffend dahin, dass diese sich zu Recht anzeigte, um Schaden von der WEG abzuwenden.
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Hätte die Beschwerdeführerin nicht auf die Zustellung reagiert, wäre davon auszugehen, dass ein Versäumnisurteil ergangen wäre, weil das Amtsgericht anhand der Angabe der Kläger davon ausgehen hätte dürfen, dass die Beschwerdeführerin Verwalterin ist und damit die Zustellung wirksam war. Wäre keine Verteidigungsanzeige eingegangen, wäre Versäumnisurteil ergangen, das die Kläger in der Klageschrift bereits beantragt hatten.
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Sodann wäre das Versäumnisurteil der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Hätte diese wiederum nicht reagiert, wäre das Versäumnisurteil zunächst rechtskräftig geworden. Die Beklagte hätte dann allenfalls Nichtigkeitsklage unter Berufung auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erheben können, weil sie nicht durch die Beschwerdeführerin vertreten werden konnte.
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Wenngleich die Bestellung der Beschwerdeführerin als Verwalterin nichtig war, so wurde sie faktisch als solche bestellt, wenn auch nur als eine von zwei Personen als „technische“ Verwalterin. Ob es neben dem Bestellungsakt einen Verwaltervertrag gab, ist nicht vorgetragen, aber unerheblich. Denn jedenfalls führte die Bestellung dazu, dass die Beschwerdeführerin davon ausgehen durfte, dass sie als Vertreterin Pflichten gegenüber der Beklagten hat.
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Nach Beendigung des Verwaltervertrags bestehen nachwirkende Pflichten, z.B. Information und Auskunft nach § 666 BGB (BeckOK WEG. 57. Ed., § 26 Rn. 289; Müller/Fichtner, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 11 Rn. 191). Solche nachwirkenden Pflichten ergeben sich nach Auffassung der Kammer bereits aus der Bestellung an sich, nicht nur aus dem Verwaltervertrag.
91
Damit durfte die Beschwerdeführerin davon ausgehen, dass sie bei einer an sie zugestellten Klage gegen die Beklagte etwas unternehmen musste, um prozessuale Nachteile zu verhindern. Eine nicht zu beanstandende Reaktion war es, im Rechtsstreit offenzulegen, dass sie sich jedenfalls nach anwaltlicher Beratung nicht mehr als Verwalterin sieht und damit die Zustellung an sie unwirksam war und kein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten begründen konnte. Oben unter II.1.c) und d) wurde bereits ausgeführt, welche Schadensersatzansprüche gegen die Beschwerdeführerin im Raum stehen könnten, wenn sie nicht reagiert hätte.
92
(dd) Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Klärung der Frage der Vertreterstellung war erforderlich, weshalb der Kostenerstattungsanspruch besteht.
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Ein Kostenerstattungsanspruch kommt für einen „Scheinbeklagten“ trotz einer fehlerhaften Bezeichnung in der Klageschrift nicht in Betracht, wenn für den „Scheinbeklagten“ kein Anlass bestand, sich mit anwaltlicher Hilfe gegen die Klage zu verteidigen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2019, 1470, 1471, Rn. 12; ähnlich wohl BGH NJW-RR 2008, 582, 584, Rn. 18; a.A. LG Frankfurt a.M. ZWE 2014, 58, 59, wonach die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sein soll).
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Ob diese Grundsätze zum „Scheinbeklagten“ auf eine „falsche“ bzw. „vermeintliche“ Vertreterin anzuwenden sind, kann offenbleiben, weil die Beschwerdeführerin sich zu Recht der Hilfe eines Rechtsanwalts bediente, um ihre Vertreterstellung zu klären. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts war schon wegen der abweichenden Rechtsauffassung der Kläger erforderlich.
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Die Kläger haben hier auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 31.08.2023 hin angeführt, dass sie die Bedenken der Beschwerdeführerin und des Gerichts an der bestehenden Verwalterstellung nicht teilen, sondern vielmehr von einer wirksamen Zustellung der Klage ausgehen. Die Kläger haben damit zu erkennen gegeben, dass sie die Beschwerdeführerin gerade nicht als „Unbeteiligte“ an dem Rechtsstreit ansehen bzw. nach ihrem Einwand anerkennen, sondern weiter Rechte und Verpflichtungen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die WEG annehmen.
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Dass die Beschwerdeführerin sich anwaltliche Unterstützung holte, erscheint daher auch deshalb von Beginn an nachvollziehbar und erforderlich.
97
Mutmaßungen zu einem mit der WEG bestehenden Mandatsverhältnis erscheinen nicht angezeigt, da der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin sich ausdrücklich mit Schriftsatz vom 31.08.2023 für die Beschwerdeführerin und nicht für die WEG als Beklagte anzeigte. Als solcher wurde der Prozessbevollmächtigte auch im EDV-System des Gerichts erfasst, da etwa die Verfügung vom 20.09.2023 an den „Prozessbevollmächtigten der Verwalterin“ hinausgegeben wurde (vgl. zu Bl. 23 Rückseite), ebenso wie die Verfügung vom 21.09.2023 (Bl. 25). Auch im angegriffenen Beschluss vom 10.10.2023 wird die Beschwerdeführerin als Antragstellerin geführt und ihr Rechtsanwalt als ihr Verfahrensbevollmächtigter. Eine Beauftragung des Prozessbevollmächtigten für die WEG war durch die Beschwerdeführerin als „vermeintliche“ Vertreterin aufgrund der nicht bestehenden Vertretungsmacht, die gerade das Amtsgericht und der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin erkannten, fernliegend.
III.
98
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 S. 1, 97 ZPO.
99
Zwar unterliegt die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Entlassung aus dem Rechtsstreit. Dieser Antrag hat jedoch keinen eigenen wirtschaftlichen Wert neben dem Interesse der Beschwerdeführerin daran, dass den Klägern die Kosten auferlegt werden. Daher ist das Unterliegen geringfügig, durch das auch keine höheren Kosten verursacht wurden.
100
2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren war auf 540,50 EUR festzusetzen. Es wird auf die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde Bezug genommen.
IV.
101
Die Rechtsbeschwerde war nach §§ 574 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil – soweit ersichtlich – noch keine obergerichtliche Entscheidung zu der hier gegenständlichen Konstellation vorliegt, dass eine Klage an eine klar bezeichnete, aber nicht wirksam als Vertreter bestellte Person zugestellt wurde, diese einen Rechtsanwalt beauftragt, um ihre fehlende Vertreterstellung offenzulegen, und diese Kostenerstattung verlangt. Jedenfalls die Fortbildung des Rechts kann daher die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.