Titel:
Unbegründete Asylklage eines ugandischen Staatsangehörigen
Normenketten:
AsylG § 3, § 4
GG Art. 16a
AufenthG § 50 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Der Vortrag eines ugandischen Asylbewerbers, wegen der Tätigkeit für die NUP für zwei Wochen inhaftiert, dabei verhört und geschlagen, dann aber ins Krankenhaus gebracht und im Anschluss an die Behandlung unbehelligt entlassen worden zu sein, erweist sich als nicht nachvollziehbar und damit unglaubhaft. (Rn. 11) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Einem einfachen Mitglied der NUP, dem keine herausgehobene Funktion zukommt, droht bei einer Rückkehr nach Uganda keine politische Verfolgung. (Rn. 13) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
Asylklage, Ugander, NUP, Inhaftierung, ugandischer Asylbewerber, unglaubhafter Sachvortrag, NUP (National Unity Platform), herausgehobene Parteitätigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 27094
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der 1986 geborene Kläger ist ugandischer Staatsangehöriger, reiste am ... Mai 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am ... Juni 2022 einen Asylantrag.
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Bei seiner Anhörung am … Dezember 2022 trug er vor, dass er seit 2020 für die Partei „National Unity Platform“ Aktivist gewesen sei. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Jugendbewegung der Partei bekanntzumachen und das Parteiprogramm durchzuführen. Vor den Wahlen hätten sie begonnen, Gospelpredigten zu halten und für „People Power“ zu werben. Am … September 2020 sei der Kläger nachts entführt und in einem „Safehouse“ zwei Wochen verhört und geschlagen worden zu sein. Durch Schläge habe er eine stark blutende Kopfverletzung erlitten, weshalb ihn die Entführer in ein Krankenhaus gebracht hätten. Er sei dort behandelt worden und habe das Krankenhaus verlassen können. Er habe sich dann noch zwei Jahre in Uganda aufgehalten, in denen er von seiner Mutter unterstützt worden sei und sei am … April 2022 mit einem Visum für Polen ausgereist. Bei einer Rückkehr befürchte er, erneut verhaftet zu werden, da die Regierung immer noch gegen die Partei vorgehe.
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Mit Bescheid vom ... März 2024 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid wurde dem Kläger am 7. März 2024 zugestellt.
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Die Klagepartei hat am 20. März 2024 Klage erhoben und beantragt,
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Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … März 2024 wird aufgehoben.
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Die Beklagte wird verpflichtet, die Asylberechtigung für mich anzuerkennen.
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Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen.
- 4.
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Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bestehen.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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Am 16. September 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift vom 16. September 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1. Die Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz/GG) scheitert bereits daran, dass der Kläger aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Polen) eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).
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2. Der Kläger hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG) rechtfertigen würde a) Der Vortrag des Klägers ist unglaubhaft. Das gilt insbesondere für seinen Vortrag, er sei ins Visier des Regimes geraten, weil als Mitglied der NUP diese Partei unterstützt habe.
11
Zentraler Punkt für die Bewertung der Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers ist der Umstand, dass er entführt, zwei Wochen gefangen gehalten und dabei verhört und geschlagen worden sein will, er aber zu einem Krankenhaus zur Behandlung einer ihm zugefügten Verletzung gebracht worden sein will und er danach das Krankenhaus völlig unbehelligt habe verlassen können. Dieser Vortrag ist völlig unlogisch und unplausibel. Wenn der Kläger über zwei Wochen Zeit inhaftiert worden und dabei verhört und geschlagen worden sein will, dann ist nicht nachvollziehbar, dass er zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht wird und er danach völlig unbehelligt bleibt. Denn das steht in völligem Gegensatz zu dem Zweck der Entführung und dem damit manifestierten Verfolgungsinteresse. Insbesondere der Umstand, dass er nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus völlig unbehelligt blieb, ist unplausibel und wirkt aufgesetzt und frei erfunden. Wenn der Kläger politisch „mundtot“ gemacht werden sollte, so ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nach der Krankenhausbehandlung völlig unbehelligt bleibt und sogar im Hintergrund seine Tätigkeit für die Partei über die sozialen Medien fortgeführt habe können.
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Zudem schildert der Kläger seine Tätigkeit für die NUP äußerst vage und oberflächlich. Nur auf intensivere Nachfragen hat der Kläger angegeben, auf bevorstehende Veranstaltungen der Partei persönlich wie in den sozialen Medien hingewiesen und diese für die Events vorbereitet zu haben. Gesprochen habe er bei den Veranstaltungen nie.
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b) Ungeachtet der Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers spricht gegen eine Verfolgungsgefahr bei Rückkehr nach Uganda, dass sich der Kläger nach der Entlassung aus dem Krankenhaus über 1 ½ Jahre unbehelligt in Uganda aufgehalten haben und dabei die Parteiarbeit im Hintergrund über die sozialen Medien fortgesetzt haben will. Auch der Hinweis, dass vor Kurzem ein Anschlag auf den Parteivorsitzenden verübt worden sein soll mit dem Ziel, diesen zu töten, bedingt keine Verfolgungsgefahr für die Pateimitglieder als solche. Denn mit einem Anschlag auf die Leitung der Partei soll deren Führung getroffen werden. Daraus folgt aber nicht, dass jedes der – zahlreichen – Pateimitglieder ebenfalls einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre. Nach den – unglaubhaften – Angaben des Klägers zu seiner Parteitätigkeit war er dort auch nicht in einer hervorgehobenen Funktion tätig, die ihn als herausgehobenen Unterstützer der Opposition durch die Partei NUP und Bobi Wine erscheinen ließ.
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c) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Insbesondere für das Vorliegen von krankheitsbedingten Abschiebungshindernissen ist konkret weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
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d) Es sind daher auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnten. Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 Asylgesetz/AsylG).
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2. Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes vom … März 2024 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.