Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 19.09.2024 – Vf. 40-VI-22
Titel:

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen 

Normenketten:
BV Art. 120
VerfGHG Art. 51 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Mangels ausreichender Substantiierung unzulässige Verfassungsbeschwerde der Erbin des in der Revisionsinstanz verstorbenen Klägers in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit, der um die Nichterteilung eines zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee erforderlichen sog. Hochseepatents geführt wurde. (Rn. 1 – 57)
2. Beschwerdebefugt ist nur, wer substantiiert geltend macht, durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Hoheitsakt selbst, gegenwärtig und unmittelbar in einem verfassungsmäßigen Recht verletzt zu sein.  (Rn. 38)
3. Nach dem Versterben des Adressaten eines fachgerichtlichen Urteils genügt die bloße Berufung auf die Erbenstellung grundsätzlich nicht für die Beschwerdebefugnis. Da die Verfassungsbeschwerde regelmäßig der Durchsetzung höchstpersönlicher Rechte dient, muss hinzukommen, dass der Beschwerdeführer die erhobenen Rügen im eigenen Interesse geltend machen kann.  (Rn. 40)
Schlagworte:
Verfassungsbeschwerde, Beschwerdebefugnis, Substantiierungsanforderungen, höchstpersönliche Rechte, Erbenstellung
Vorinstanzen:
BayObLG, Beschluss vom 23.05.2022 – 102 ZRR 152/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 29.07.2021 – III ZR 163/20
OLG München, Endurteil vom 09.07.2020 – 14 U 1479/19
LG Kempten, Beschluss vom 15.04.2019 – 13 O 61/18
LG Kempten, Endurteil vom 08.03.2019 – 13 O 61/18
Fundstellen:
BayVBl 2025, 86
BeckRS 2024, 26893
LSK 2024, 26893

Tenor

1.Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2.Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.   

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit, den ursprünglich der im Jahr 2021 verstorbene Ehemann der Beschwerdeführerin (im Folgenden auch: Kläger) gegen den Freistaat Bayern (im Folgenden: Beklagter) wegen der Nichterteilung eines zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee erforderlichen sog. Hochseepatents geführt hatte. Im Einzelnen sind Gegenstand der Verfassungsbeschwerde:
Das klageabweisende Endurteil des Landgerichts Kempten vom 8. März 2019 Az. 13 O 61/18; 
der Beschluss des Landgerichts Kempten vom 15. April 2019 
Az. 13 O 61/18, mit dem ein Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers zurückgewiesen wurde; 
das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 9. Juli 2020 Az. 14 U 1479/19, mit dem die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen wurde; 
der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23. Mai 2022 Az. 102 ZRR 152/21, mit dem die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts zurückgewiesen wurde; der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 5. August 2022 Az. 102 ZRR 152/21, mit dem die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss vom 23. Mai 2022 zurückgewiesen wurde.
2
1. Der 1945 geborene Kläger war seit ca. 1963 als Berufsfischer auf dem Bodensee tätig. Den hierfür gemäß Art. 29 des Bayerischen Fischereigesetzes in der bis zum 31. Juli 2021 geltenden Fassung (im Folgenden: BayFiG a. F.; vgl. nunmehr Art. 26 BayFiG) erforderlichen Erlaubnisschein, das sog. Hochseepatent, wurde ihm bis einschließlich 2017 jährlich ohne erneute Antragstellung durch das Landratsamt Lindau erteilt.
3
Die Bodenseefischerei ist in der zwischen den (damaligen) Anrainerstaaten des Bodensees – Baden, Bayern, Liechtenstein, Österreich, Schweiz und Württemberg – geschlossenen Bregenzer Übereinkunft vom 5. Juli 1893 geregelt. Auf der Grundlage dieser Übereinkunft fasst die regelmäßig zusammenkommende Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (im Folgenden: IBKF) Beschlüsse unter anderem zur Regelung der Hochseepatente.
4
Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 regelte die IBKF die Zahl der von den Anrainerstaaten zu erteilenden Hochseepatente neu. Dabei wurde die Gesamtzahl der Patente ab 1. Januar 2020 auf 80 festgesetzt, wovon der Freistaat Bayern acht erteilen darf. Jedes dieser Patente erlaubt fünf Schwebnetze. Ein Patent kann laut dem Beschluss lediglich bis zum Ablauf des Jahres erteilt werden, in dem der Fischer das 70. Lebensjahr vollendet. Ferner wurde beschlossen, dass bisherige Inhaber eines Patents, die das 70. Lebensjahr vollendet haben und Altersgeld, Rente oder Pension beziehen, ein Alterspatent erhalten können, das zur Verwendung eines Schwebnetzes auf dem Hohen See berechtigt.
5
Mit Schreiben vom 17. Juli 2017 teilte das Landratsamt Lindau dem Kläger mit, er habe die Altershöchstgrenze für die Erteilung eines Hochseepatents überschritten, ihm werde ein solches Patent nicht mehr zugeteilt. Wenn er die Erteilung eines Alterspatents wünsche, möge er einen entsprechenden Antrag bis spätestens 31. Oktober 2017 stellen. Der Kläger beantragte mit Rechtsanwaltsschreiben vom 29. Dezember 2017, ihm „für das Jahr 2018, idealerweise auch für die Jahre 2019 und 2020“ ein Hochseepatent zu bewilligen. Mit Schreiben vom 12. Juli 2018 beantragte der Kläger persönlich ein „Rentnerpatent unter Vorbehalt einer gerichtlichen Entscheidung zur Erhaltung des Hochseepatents“.
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2. Im Ausgangsverfahren erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Januar 2018 Klage zum Landgericht Kempten zunächst mit dem Antrag, den beklagten Freistaat Bayern zu verurteilen, ihm auch für das Jahr 2018 ein Hochseepatent zu erteilen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2018 beantragte er, den Beklagten zur Erteilung eines Hochseepatents für die Jahre 2019 und 2020 sowie dazu zu verurteilen, ihm, dem Kläger, für das Jahr 2018 Schadensersatz in Höhe von 18.435,96 € nebst Zinsen zu bezahlen sowie jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden sei oder noch dadurch entstehe, dass die beantragten Hochseepatente nicht erteilt worden seien. Darüber hinaus beantragte er für jedes Jahr der Verweigerung des Hochseepatents eine angemessene Entschädigung in Geld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde.
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a) Das Landgericht Kempten wies die Klage mit dem angegriffenen Endurteil vom 8. März 2019 ab. Der vom Kläger gewählte Privatrechtsweg sei zulässig, da zivilrechtliche Ansprüche denkbar seien. Bei dem begehrten Hochseepatent handle es sich als Erlaubnisschein im Sinn des Art. 29 BayFiG a. F. um ein privatrechtliches Legitimationspapier. Die zulässige Klage sei jedoch unbegründet, da der Kläger weder einen Anspruch auf Erteilung des Hochseepatents noch auf Schadensersatz oder Entschädigung habe. Er könne sich weder auf Gewohnheitsrecht noch auf einen Anspruch aus § 242 BGB auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung berufen. Ein Kontrahierungszwang lasse sich auch nicht aus der Bindung des Beklagten an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG ableiten. Ein möglicher Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG sei gerechtfertigt. Auch die Grundsätze des Art. 3 GG seien gewahrt. Aus Art. 153 BV könne der Kläger keine konkreten Rechte ableiten. Ebenso wenig ließen sich die Anspruchsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) begründen.
8
b) Mit Schriftsatz vom 22. März 2019 beantragte der Kläger, den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils im unstreitigen Teil in zwei Punkten, die Ausführungen zur Bregenzer Übereinkunft und der IBKF betrafen, zu berichtigen. Das Landgericht wies diesen Antrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 15. April 2019 zurück mit der Begründung, die gerügten Formulierungen seien nicht zu beanstanden.
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c) Im Rahmen seiner gegen das Urteil des Landgerichts eingelegten Berufung stellte der Kläger den Hauptantrag, den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Augsburg „abzugeben“. Hilfsweise beantragte er, den Beklagten zu verurteilen, ihm, dem Kläger, den Abschluss eines Vertrags über ein Hochseepatent für das Jahr 2020 anzubieten, sowie die Feststellung, dass der Beklagte für jedes Jahr der Verweigerung des beantragten Hochseepatents zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 18.435,96 € sowie zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet ist. Das Oberlandesgericht München wies die Berufung mit dem angegriffenen Endurteil vom 9. Juli 2020 zurück.
10
Die Voraussetzungen einer Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Augsburg seien nicht erfüllt. Das Landgericht habe den ordentlichen Rechtsweg zutreffend bejaht. Die Erteilung des Erlaubnisscheins nach Art. 29 BayFiG a. F. sei ein zivilrechtliches Rechtsgeschäft.
11
Die Klage sei jedoch unbegründet. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Hochseepatents setze einen Kontrahierungszwang voraus, der sich aus Art. 29 BayFiG a. F. jedoch nicht ergebe.
12
Die Ablehnung der Erteilung stelle keinen Eingriff in das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 GG dar, weil die Rechtsposition des Klägers dadurch nicht geschmälert werde. Der einzelne Bürger habe auch in anderen Bereichen grundsätzlich keine gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften gerichteten Ansprüche auf den Abschluss von – seiner beruflichen Tätigkeit förderlichen – Verträgen. Die Argumentation des Klägers liefe darauf hinaus, dass der Beklagte verpflichtet wäre, jedem Interessenten einen Erlaubnisschein zu erteilen. Dies sei bereits deshalb nicht möglich, weil eine zu große Zahl von Erlaubnisscheinen eine Überfischung des Fischwassers befürchten ließe. Selbst wenn die Entscheidung des Beklagten, eine bestimmte Anzahl von Patenten zu erteilen, fehlerhaft wäre, ergäbe sich daraus kein Anspruch des Klägers, dass gerade ihm ein Patent erteilt werde. Soweit der Kläger der Ansicht sei, der Beklagte könne aufgrund einer Übergangsregelung der IBKF vom 20. Juni 2018 bis zu zwölf Hochseepatente erteilen, stehe dem entgegen, dass in der besagten Konferenz ausdrücklich eine für den Beklagten geltende Obergrenze von 43 Schwebnetzen vereinbart worden sei; diese habe der Beklagte unstreitig ausgeschöpft. Im Übrigen sei der Beklagte auch innerhalb des von der IBKF beschlossenen Rahmens an die gesetzlichen Vorgaben des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayFiG a. F. gebunden. Unabhängig von der Zahl der ausgegebenen Patente sei deren Erteilung im Hinblick auf die aus Art. 1 Abs. 2 BayFiG a. F. folgende Hegepflicht des Beklagten begrenzt.
13
Die Argumentation des Klägers, der Beklagte habe im Rahmen seines Auswahlermessens eine unzulässige Altersdiskriminierung vorgenommen, vermöge dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG vorliege, beträfe dieser jedenfalls nicht die Stufe der (subjektiven) Zulassungsvoraussetzungen, sondern lediglich die Stufe der Berufsausübung. Eine generelle Bevorzugung lebensälterer Bewerber würde im Übrigen Bedenken begegnen, da dies umgekehrt eine Altersdiskriminierung jüngerer Bewerber zur Folge hätte.
14
Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 242 BGB. Soweit der Kläger damit argumentiere, aufgrund der langen Dauer des Zeitraums, während dessen der Beklagte ihm die Erlaubnisscheine erteilt habe, handle der Beklagte, wenn er ihm nun die Erteilung verweigere, treuwidrig, laufe das auf das Rechtsinstitut der Erwirkung hinaus. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen einer – nur ausnahmsweise anzunehmenden – Erwirkung zu verneinen. Vor allem sei ein schutzwürdiges Interesse des Klägers dadurch ausgeschlossen, dass die gesetzliche Regelung des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayFiG a. F. eine maximale Geltungsdauer der Erlaubnisscheine von drei Jahren vorsehe und die Erlaubnisscheine im konkreten Fall tatsächlich jährlich erteilt worden seien. Die gesetzliche wie auch die tatsächliche Befristung dienten gerade auch dem Erfordernis, im Hinblick auf zu befürchtende Nachteile für das Fischwasser unter Umständen die zuvor praktizierte Handhabung der Erteilung von Erlaubnisscheinen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern.
15
Dem Kläger stünden auch die geltend gemachten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche für die Jahre, in denen ihm kein Erlaubnisschein erteilt wurde, nicht zu. Ein Schadensersatzanspruch aus § 21 Abs. 2 Satz 1 AGG komme ebenso wenig in Betracht wie ein Entschädigungsanspruch aus § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG, da ein Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot des § 19 Abs. 1 AGG nicht gegeben sei. Die Erteilung von Erlaubnisscheinen nach Art. 29 BayFiG a. F. falle nicht unter diese Bestimmung. Im Hinblick auf die geringe Zahl der Hochseepatente handle es sich insoweit schon nicht um Massengeschäfte im Sinn des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG, zudem habe der Kläger nicht bestritten, dass das Ansehen der Person bei der Erteilung der Erlaubnisscheine von wesentlicher Bedeutung sei. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Amtspflichtverletzung, eines Anspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff, eines Anspruchs aus enteignendem Eingriff oder eines Aufopferungsanspruchs des Klägers seien ebenfalls jeweils nicht erfüllt.
16
Die Voraussetzungen der Revisionszulassung nach § 543 Abs. 2 ZPO lägen nicht vor. Das Verfahren betreffe einen Einzelfall, der keine grundsätzlichen Fragen aufwerfe.
17
d) Der Kläger legte wegen der Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Beschwerde beim Bundesgerichtshof ein. Dieser gab mit Beschluss vom 29. Juli 2021 (BayVBl 2022, 423) die Sache gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 EGZPO, § 8 EGGVG, Art. 11 Abs. 1 BayAGGVG an das Bayerische Oberste Landesgericht ab, da der landesrechtliche Rechtsstoff den Schwerpunkt des Rechtsstreits bilde und im Sinn des § 8 Abs. 2 EGGVG überwiege. Dies gelte auch, soweit die Beschwerde beanstande, dass das Berufungsgericht der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Die Tätigkeit des Klägers falle ohne Weiteres in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. In Bezug auf dieses bundesrechtlich geregelte Grundrecht werfe der Fall keine klärungsbedürftigen Fragen auf.
18
Mit Schriftsatz vom 12. November 2021 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Bayerischen Obersten Landesgericht mit, dass der Kläger am 14. August 2021 verstorben und von seiner Ehefrau, der Beschwerdeführerin, aufgrund Erbvertrags allein beerbt worden sei. Die Beschwerdeführerin nehme das Verfahren als Rechtsnachfolgerin auf. Da sie selbst nicht die formalen Voraussetzungen zur Erteilung eines Erlaubnisscheins im Sinn des Art. 29 BayFiG a. F. erfülle, werde der ursprüngliche Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag umgeändert, wonach die Vorenthaltung eines Hochseepatents für den Kläger durch den Beklagten rechtswidrig gewesen sei.
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Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. Mai 2022 zurück. Von einer Begründung werde abgesehen, weil eine solche nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
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e) Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wies das Bayerische Oberste Landesgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 5. August 2022 zurück. Die Anhörungsrüge sei unzulässig, da sie den Begründungsanforderungen nicht gerecht werde. Eine neue und eigenständige Gehörsverletzung des Senats könne nicht damit begründet werden, dass er in seiner Entscheidung vom 23. Mai 2022 von der vom Gesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise vorgesehenen Begründungserleichterung gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO Gebrauch gemacht habe. Eine ausführliche Begründung der Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision sei auch nicht deswegen geboten, weil gegen sie eine Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO erhoben werden könne. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin seien nicht geeignet, einen eigenständigen Gehörsverstoß des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu begründen. Im Übrigen wäre die Anhörungsrüge auch unbegründet. Der Senat habe bei seiner Entscheidung vom 23. Mai 2022 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und erwogen.
II.
21
1. Mit der am 15. Juli 2022 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin Verletzungen des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 101 BV), des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV), des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 BV) und des Justizgewährungsanspruchs (Art. 101 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV).
22
a) Das Oberlandesgericht reklamiere für den Freistaat Bayern die absolute Dispositionsfreiheit bei der Vergabe von Hochseepatenten in der Bodenseefischerei. Damit verkenne es die Tragweite der Grundrechte. Denn Vertragsfreiheit oder allgemein Privatautonomie sei Ausfluss von Art. 101 BV, was wiederum voraussetze, dass derjenige, der sich darauf berufe, überhaupt Grundrechtsträger sein könne. Dem Staat sei es verwehrt, über die Flucht in das Privatrecht seiner Grundrechtsbindung zu entgehen.
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Die allgemeine Handlungsfreiheit in Art. 101 BV umfasse nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs auch die Berufsfreiheit, wobei insbesondere die vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelte „Drei-Stufen-Theorie“ herangezogen werden könne. Die Beschwerdeführerin sei zwar nicht Berufsfischerin, verfolge aber die Rechte ihres verstorbenen Ehemanns weiter, wozu sie aufgrund des gemeinsamen Erbvertrags berechtigt sei. Dass die Versagung des Hochseepatents den verstorbenen Ehemann in seiner Berufsfreiheit verletze, hätten die anwaltlichen Vertreter der Beschwerdeführerin schon in einem im Berufungsverfahren verwendeten Rechtsgutachten vom 5. Juni 2019 dargelegt. Hierauf werde zur Begründung der Verletzung des Art. 101 BV vollumfänglich zurückgegriffen. Wie in dem Gutachten ausgeführt, stelle die Festsetzung von Kontingenten für Patente bzw. Schwebnetze einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dar, welcher als objektive Berufszugangsvoraussetzung zu qualifizieren sei. Die Berufsfreiheit stehe gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zwar unter Gesetzesvorbehalt; diesem sei im vorliegenden Fall jedoch nicht Genüge getan, da es im bayerischen Fischereirecht weder eine gesetzliche Regelung noch eine dem Parlamentsvorbehalt entsprechende Verordnungsermächtigung gebe, welche die Höchstpatentzahlen oder die Altersgrenze festlege. Die Festsetzung einer Höchstzahl von Patenten für die Bodenseefischerei sei als objektive Berufszugangsregelung unverhältnismäßig, weil sie nicht zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts erforderlich sei. Die Reduzierung der Zahl der Patente bzw. Schwebnetze werde nicht dazu führen, dass die Fischzahlen im Bodensee anstiegen, sondern nur dazu, dass die verbliebenen Patentinhaber höhere Fangzahlen hätten. Die Festlegung der Altersgrenze erweise sich als unverhältnismäßig, weil sachlich nicht legitimiert und durch keine typisierenden Überlegungen zu rechtfertigen.
24
Das Oberlandesgericht und nachfolgend das Bayerische Oberste Landesgericht hätten demgegenüber rechtsfehlerhaft noch nicht einmal einen Eingriff in die Berufsfreiheit bejaht und schon deshalb Bedeutung und Tragweite von Art. 101 BV verkannt. Das Landgericht habe zwar einen Eingriff in die Berufsfreiheit gesehen, aber bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung falsch gewichtet; im Übrigen habe es die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit nicht thematisiert.
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Ein Verstoß gegen Art. 101 BV wegen der Einführung einer Altersgrenze ziehe gleichzeitig eine Verletzung von Art. 118 Abs. 1 BV nach sich, weil die Versagung des Hochseepatents wegen des Alters des verstorbenen Ehemanns der Beschwerdeführerin eine Altersdiskriminierung darstelle, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Die Vorstellung, dass ein Berufsfischer im Alter von 70 Jahren sein Berufsleben beenden und von einer bis dahin erworbenen Altersversorgung leben könne, sei nicht zutreffend.
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Gehe das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Nichtzulassungsbeschluss ohne nähere Begründung von keinem Eingriff in die Berufsfreiheit aus, verstoße die Entscheidung gleichzeitig gegen den allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus Art. 101 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 BV, da eine Entscheidung schon deshalb grundsätzliche Bedeutung habe, weil sie zu einer Grundrechtsverletzung führe. Habe die Zulassung eines Rechtsmittels nahegelegen und fänden sich – wie hier – weder in der angegriffenen Entscheidung noch anderweitig Anhaltspunkte dafür, aufgrund welcher Überlegungen das Gericht von der Zulassung abgesehen habe, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich von einer verfassungswidrigen Nichtzulassung auszugehen.
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Ein Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV liege vor, da Landgericht und Oberlandesgericht nicht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags des verstorbenen Ehemanns der Beschwerdeführerin zu seiner Lebensplanung als Bodenseeberufsfischer eingegangen seien. Der Verfahrensfehler sei auch entscheidungserheblich, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Erteilung des Erlaubnisscheins anerkannt hätte, wenn es die existentielle Bedeutung ausreichend berücksichtigt hätte. Es liege willkürliches Übergehen zahlreicher Hinweise im Tatsachenvortrag zum Umstandsmoment bei der Prüfung eines Anspruchs auf Erteilung des Hochseepatents aus Gewohnheitsrecht vor. Der Kläger habe schon in der Klageschrift die Betriebsmittel, über die er verfüge, aufgelistet. Auch die über 55jährige stetige Übung der Erlaubnis- bzw. Patenterteilung durch das Landratsamt ohne Antragstellung (Zeitmoment) sei nicht hinreichend gewürdigt worden.
28
b) Nach Zurückweisung der Anhörungsrüge durch das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. August 2022 um Fortführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens gebeten und mit Schriftsatz vom 17. August 2022 ihren Vortrag ergänzt. Zwar sei dem Bayerischen Obersten Landesgericht insoweit Recht zu geben, als der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. Juli 2021 lediglich über die Frage entschieden habe, wer für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zuständig sei. Andererseits könne das Bayerische Oberste Landesgericht aber auch nicht übersehen haben, dass der Bundesgerichtshof keinerlei Probleme darin gesehen habe, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eröffnet zu sehen. Wenn das Oberlandesgericht dann eine Tätigkeit „wie die des Bf.“ nicht einmal unter Art. 12 Abs. 1 GG subsumieren wolle, handle es sich sehr wohl um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die eine Vielzahl von Fischern betreffe, deren Zugang zur Berufsfischerei infrage stehe.
29
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig.
III.
30
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
31
1. Hinsichtlich des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 5. August 2022 (Zurückweisung der Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO) ist die Verfassungsbeschwerde schon deshalb unzulässig, weil die eine Nachholung des rechtlichen Gehörs ablehnende Entscheidung regelmäßig keine eigenständige Beschwer schafft, sondern allenfalls eine durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung des rechtlichen Gehörs fortbestehen lässt, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.10.2013 VerfGHE 66, 179/186; vom 4.10.2018 BayVBl 2019, 769 Rn. 14; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 27). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn der Beschluss über die Anhörungsrüge dazu führt, dass bereits der Zugang zu dem Anhörungsverfahren mit nicht tragfähiger Begründung versagt wird (vgl. BVerfG vom 14.3.2007 NJW 2007, 2241/2242; vom 26.2.2008 NJW 2008, 2167 Rn. 17; vom 10.5.2023 NJW 2023, 2173 Rn. 20). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen könnten, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
32
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Kempten vom 15. April 2019 richtet, mit dem der Antrag des verstorbenen Ehemanns der Beschwerdeführerin auf Berichtigung des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils vom 8. März 2019 zurückgewiesen wurde, fehlt der Beschwerdeführerin das erforderliche Rechtschutzinteresse (vgl. BVerfG vom 15.12.1970 BVerfGE 30, 54/59; VerfGH Sachsen vom 14.5.1998 – Vf. 25-IV-97 – juris Rn. 33; VerfGH Brandenburg vom 12.5.2023 – 9/21 – juris Rn. 50). Die Beschwerdeführerin ist durch diese Entscheidung schon deshalb nicht beschwert, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern sich eine Berichtigung des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Klägers hätte auswirken können. Die von der Beschwerdeführerin beanstandete Beschwer ist maßgeblich in dem angegriffenen Berufungsurteil des Oberlandesgerichts München vom 9. Juli 2020 enthalten, also der im Instanzenzug letzten Entscheidung, die eine umfassende materielle Prüfung vornahm (vgl. VerfGH vom 25.5.2021 – Vf. 38-VI-20 – juris Rn. 32 m. w. N.). Dass das Urteil des Oberlandesgerichts anders ausgefallen wäre, wenn das Landgericht den Tatbestand seines Urteils berichtigt hätte, ist weder vorgetragen noch sonst auch nur ansatzweise erkennbar.
33
3. Die Verfassungsbeschwerde genügt insgesamt nicht den Begründungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG.
34
a) Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung oder Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint.
Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 22.7.2019 – Vf. 64-VI-16 – juris Rn. 14; vom 16.7.2020 – Vf. 69-VI-17 – juris Rn. 19; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 29; vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 19 m. w. N.). Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht (ständige Rechtsprechung; VerfGH vom 14.2.2006 VerfGHE 59, 47/50; vom 22.12.2020 – Vf. 15-VI-19 – juris Rn. 15 m. w. N.; vom 28.2.2023 – Vf. 53-VI-22 – juris Rn. 41).
35
Um der Verfassungsbeschwerde den erforderlichen Inhalt zu geben, darf der Beschwerdeführer zwar auf Schriftstücke Bezug nehmen, die er ihr beifügt. Die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung kann aber durch die Vorlage von Anlagen nicht ersetzt werden (VerfGH vom 27.2.2017 BayVBl 2018, 34 Rn. 20; vom 21.7.2020 – Vf. 56-VI-17 – juris Rn. 63; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 34; BVerfG vom 20.3.2012 – 2 BvR 1382/09 – juris Rn. 5; vom 20.2.2019 – 2 BvR 280/19 – juris Rn. 7; VerfGH Nordrhein-Westfalen vom 16.7.2020 – 41/20.VB-1 – juris Rn. 3). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, aufgrund eines undifferenzierten Verweises auf die Anlagen den verfassungsrechtlich relevanten Sachverhalt und die daraus hergeleitete Verletzungsrüge selbst zu ermitteln (vgl. VerfGH vom 16.11.2023 – Vf. 48-VI-22 – juris Rn. 28; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 34).
36
Darüber hinaus setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 24.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14 m. w. N.). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 10.12.2019 – Vf. 50-VI-18 – juris Rn. 22; vom 16.11.2021 – Vf. 51-VI-20 – juris Rn. 33; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 35; vom 28.2.2023 – Vf. 53-VI-22 – juris Rn. 42; BVerfG vom 10.11.2015 NJW 2016, 1505 Rn. 9).
37
b) Hinsichtlich der angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts wird die Verfassungsbeschwerde diesen Anforderungen schon deshalb nicht gerecht, weil die Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer unmittelbaren Verletzung eigener Grundrechte, also ihre Beschwerdebefugnis, nicht hinreichend substanziiert dargelegt hat.
38
Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 120 BV erheben, wer sich durch eine Behörde oder ein Gericht in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt fühlt. Beschwerdebefugt ist demnach, wer substanziiert geltend macht, durch den angegriffenen Hoheitsakt selbst, gegenwärtig und unmittelbar in einem verfassungsmäßigen Recht verletzt zu sein (VerfGH vom 16.11.2021 – Vf. 51-VI-20 – juris Rn. 20; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 120 Rn. 35 ff.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 120 Rn. 47).
39
Die angegriffenen Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts betreffen unmittelbar nicht die Beschwerdeführerin selbst, sondern ihren Ehemann, der erst nach Erlass dieser Entscheidungen verstorben ist.
40
Da die Verfassungsbeschwerde regelmäßig der Durchsetzung höchstpersönlicher Rechte dient, genügt es für die erforderliche eigene Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin nicht, dass sie die Rechtsnachfolgerin des Adressaten der fachgerichtlichen Urteile ist. Hinzukommen muss, dass sie die erhobenen Rügen im eigenen Interesse geltend machen kann (vgl. für den Fall der – nur ausnahmsweise möglichen – Rechtsnachfolge im Verfassungsbeschwerdeverfahren VerfGH vom 16.1.2018 BayVBl 2018, 483 Rn. 15 m. w. N.; vom 11.11.2021 BayVBl 2022, 89 Rn. 35). Diesbezüglich fehlt es an einem substantiierten und aus sich heraus verständlichen Vortrag. Die Beschwerdeführerin rügt, die Versagung der beantragten Hochseepatente verletze ihren verstorbenen Ehemann in seiner durch Art. 101 BV geschützten Berufsfreiheit, stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte, gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßende Altersdiskriminierung dar und beruhe auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 91 Abs. 1 BV), weil bei der Prüfung des Anspruchs Tatsachenvortrag übergangen worden sei; sie legt aber nicht dar, woraus sich ihre eigene Befugnis zur Rüge einer Verletzung dieser Grundrechte ergeben könnte. Die bloße Berufung auf ihre Erbenstellung ist hierfür nicht ausreichend.
41
aa) Bei dem im Ausgangsverfahren geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Erlaubnisscheins nach Art. 29 BayFiG a. F. handelt es sich um eine höchstpersönliche Rechtsposition, die die Beschwerdeführerin nicht als Erbin des verstorbenen ursprünglichen Klägers im eigenen Interesse geltend machen kann. Fischereirechtliche Erlaubnisscheine werden personenbezogen ausgestellt und sind nicht übertragbar, u. a. muss der Erlaubnisnehmer den erforderlichen gültigen Fischereischein besitzen (vgl. Nrn. 7.8.1 und 7.8.4 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug fischereirechtlicher Bestimmungen – VwVFiR – vom 31. Januar 2022, BayMBl Nr. 125, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 15. September 2022, BayMBl Nr. 568). Die Beschwerdeführerin selbst erfüllt nach ihrem eigenen Vortrag nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erlaubnisscheins nach Art. 29 BayFiG a. F. Insoweit scheidet die Geltendmachung einer Verletzung eigener Grundrechte, insbesondere der von Art. 101 BV geschützten Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin, daher von vornherein aus.
42
bb) Als Alleinerbin ihres Ehemanns wäre die Beschwerdeführerin zwar befugt, dessen aus der Menschenwürde (Art. 100 BV) abgeleitetes postmortales Persönlichkeitsrecht mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen (vgl. VerfGH vom 25.9.2012 VerfGHE 65, 170/175 f.; BVerfG vom 24.10.2022 – 1 BvR 19/22 – juris Rn. 23). Eine solche Rüge erhebt die Beschwerdeführerin jedoch weder ausdrücklich noch sinngemäß. Unabhängig davon ist es fernliegend, dass die von den Fachgerichten bestätigte Versagung des fischereirechtlichen Erlaubnisscheins eine über den Tod hinauswirkende Verletzung der Menschenwürde des Klägers hätte begründen können. Dass das Hochseepatent für diesen zu Lebzeiten von großer persönlicher Bedeutung war, genügt hierfür nicht.
43
cc) Die im Ausgangsverfahren geltend gemachten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche kämen zwar grundsätzlich als Rechtspositionen, die auch in der Person des Erben grundrechtlich geschützt wären, in Betracht (vgl. Morgenthaler in BeckOK GG, Art. 93 Rn. 64 m. w. N.). Die Beschwerdeführerin zeigt aber nicht in einer den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise die Möglichkeit auf, dass die Verneinung dieser finanziellen Ansprüche des Klägers durch das Landgericht und das Oberlandesgericht auf einer Verletzung der gerügten Grundrechte beruhen könnte.
44
Mit der Verfassungsbeschwerde wird ausschließlich zu dem behaupteten Anspruch des Klägers auf Erteilung der Erlaubnisscheine bzw. dazu, dass es rechtswidrig gewesen sei, ihm diese nicht zu erteilen, Stellung genommen, nicht aber zu den im Ausgangsverfahren geltend gemachten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen. Hierzu fehlen in der Verfassungsbeschwerde jegliche Ausführungen; es wird weder eine mögliche Anspruchsgrundlage benannt noch findet eine argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen statt, aus denen das Oberlandesgericht die Voraussetzungen dieser Ansprüche im Einzelnen verneint hat. Im Revisionszulassungsverfahren wurde der geltend gemachte Zahlungsanspruch ausweislich der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung des Klägers vom 13. Januar 2021 nicht mehr auf die vom Oberlandesgericht verneinten Anspruchsgrundlagen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 3 AGG; § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG sowie nach den Grundsätzen eines Anspruchs aus enteignungsgleichem bzw. enteignendem Eingriff oder eines Aufopferungsanspruchs) gestützt, sondern – ohne nähere Begründung – allein auf § 280 Abs. 1 BGB. Auch dazu verhält sich die Verfassungsbeschwerde nicht. Selbst wenn die Versagung der von dem verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin beantragten Erlaubnisscheine tatsächlich auf einem Verfassungsverstoß beruht hätte, würde hieraus nicht ohne Weiteres ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch resultieren, der auf die Beschwerdeführerin erbrechtlich übergegangen sein könnte. Im Rahmen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG kann daher auf eine substanziierte Darlegung, woraus sich bei einem unterstellten Verstoß gegen die Berufsfreiheit (Art. 101 BV) bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) oder den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) ein Geldzahlungsanspruch ergeben haben sollte und inwiefern der – unterstellte – Verfassungsverstoß speziell für die Verneinung dieses Anspruchs entscheidungserheblich gewesen sein könnte, nicht verzichtet werden. Eine solche Darstellung fehlt hier jedoch vollständig.
45
dd) Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 101 BV) bzw. des Grundrechts auf Gleichbehandlung (Art. 118 Abs. 1 BV) ihres verstorbenen Ehemanns für sich betrachtet hinreichend substanziiert dargelegt hat. Hieran bestehen allerdings erhebliche Zweifel, da sich die Verfassungsbeschwerde auch insoweit nicht im Einzelnen mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils des Oberlandesgerichts argumentativ auseinandersetzt. Dies betrifft sowohl den grundlegenden rechtlichen Ansatzpunkt des Gerichts, dass es sich bei der Erteilung des Erlaubnisscheins um ein zivilrechtliches Rechtsgeschäft handle, als auch die daran anknüpfende weitere zivilrechtliche Argumentation des Oberlandesgerichts im Einzelnen, etwa im Zusammenhang mit der Verneinung eines Kontrahierungszwangs oder mit den Gründen, aus denen es im konkreten Fall das Eingreifen des Rechtsinstituts der Erwirkung abgelehnt hat. Soweit die Verfassungsbeschwerde darauf gestützt ist, die Versagung der Erteilung des Hochseepatents verstoße schon deshalb gegen die Berufsfreiheit, weil sich im Bayerischen Fischereigesetz weder eine gesetzliche Regelung noch eine den Grundsätzen des Parlamentsvorbehalts entsprechende Verordnungsermächtigung zur Kontingentierung der auszugebenden Patente und zur Altersgrenze finde, fehlt ebenfalls eine argumentative Auseinandersetzung mit dem von den Fachgerichten angenommenen zivilrechtlichen Kontext. Die Verfassungsbeschwerde legt in diesem Zusammenhang auch nicht in nachvollziehbarer Weise dar, weshalb die gesetzliche Regelung des Art. 29 BayFiG a. F. keine geeignete Grundlage für eine mögliche Einschränkung der Berufsfreiheit sein sollte.
46
ee) Aus den unter cc) genannten Gründen kommt es ferner nicht darauf an, ob die Rüge einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) als solche den Substantiierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügt. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch dies nicht der Fall ist.
47
Art. 91 Abs. 1 BV gibt den Parteien einen Anspruch darauf, dass die Gerichte ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen, soweit es nach den Prozessvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.5.2021 – Vf. 38-VI-20 – juris Rn. 25; vom 20.12.2022 – Vf. 32-VI-22 – juris Rn. 27, jeweils m. w. N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet ein Gericht aber nicht dazu, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen (VerfGH vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 49); aus Art. 91 Abs. 1 BV ergibt sich keine Verpflichtung des Gerichts, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich auseinanderzusetzen (VerfGH vom 23.1.2024 – Vf. 70-VI-22 – juris Rn. 45; Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 91 Rn. 67). Es besteht zudem kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“ (VerfGH vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 35 m. w. N.). Daher kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig. Nur dann, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht erhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (vgl. VerfGH vom 27.12.2022 – Vf. 32-VI-22 – juris Rn. 27; vom 23.1.2024 – Vf. 70-VI-22 – juris Rn. 45).
48
Hinreichende Umstände, die nach diesen Maßstäben eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör möglich erscheinen lassen, zeigt die Verfassungsbeschwerde nicht auf. Allein daraus, dass das Oberlandesgericht im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Erwirkung festgestellt hat, es sei schon nicht ersichtlich, inwieweit ein Umstandsmoment gegeben sei, der Kläger also im Vertrauen auf die künftige Erteilung der Erlaubnisscheine Dispositionen getroffen habe, und das Oberlandesgericht nicht ausdrücklich auf die in der Klageschrift aufgelisteten Betriebsmittel des Klägers eingegangen ist, lässt sich nicht schließen, das Gericht habe entscheidungserheblichen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen. Vielmehr ist das Oberlandesgericht lediglich der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt, allein das Vorhandensein der genannten Betriebsmittel stelle ein solches Umstandsmoment dar. Dass der Kläger seit 1963 Berufsfischer war und über einen Fischereibetrieb mit zwei Booten verfügte, ist bereits im Tatbestand des Urteils des Oberlandesgerichts dargestellt, ebenso wie die vom Kläger nach seinen Angaben in den letzten Jahren erzielten Umsatzerlöse. Die Auffassung des Gerichts, es sei sachgerecht, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung zur Nichterteilung des Hochseepatents auch von dem Umstand habe leiten lassen, dass der Kläger während seiner langjährigen Fischereitätigkeit Gelegenheit zur Rücklagenbildung gehabt habe, ist eine Wertung, die ein Übergehen des tatsächlichen Vortrags des Klägers nicht erkennen lässt.
49
c) Von dem angegriffenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23. Mai 2022 ist die Beschwerdeführerin zwar in eigener Person unmittelbar betroffen, da sie selbst Adressatin dieser Entscheidung ist. Denn nachdem der Kläger während des laufenden Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde verstorben und in dem Anwaltsprozess anschließend kein Aussetzungsantrag gemäß § 246 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO gestellt worden ist, wurde die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Klägers Prozesspartei (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 246 Rn. 2 b). Die Beschwerdeführerin hat aber die Möglichkeit, durch die erfolgte Nichtzulassung der Revision in einem Grundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt zu sein, nicht in einer den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise dargelegt.
50
Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, die Revision gegen das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts München nicht zuzulassen, beruht auf der Anwendung der bundesgesetzlichen Vorschriften des § 543 Abs. 2 Satz 1 und des § 544 ZPO. Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung des Verfassungsgerichtshofs darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt, also gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV, mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 22.7.2015 VerfGHE 68, 167 Rn. 25; vom 23.1.2024 – Vf. 18-VI-23 – juris Rn. 14, jeweils m. w. N.). Eine den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG standhaltende Begründung hätte daher erfordert, dass in der Verfassungsbeschwerde die Möglichkeit einer willkürlichen Verneinung eines Revisionszulassungsgrundes oder der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts durch das Bayerische Oberste Landesgericht substanziiert dargelegt wird. Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Beschwerdeführerin hat weder hinsichtlich der von ihr beanstandeten fehlenden Begründung des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 25. Mai 2022 noch hinsichtlich der mit diesem Beschluss erfolgten Nichtzulassung der Revision als solcher die Möglichkeit einer Verletzung der genannten Grundrechte in der erforderlichen Weise aufgezeigt.
51
aa) Soweit die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 4.9.2020 – 2 BvR 1206/19 – juris Rn. 22 m. w. N.) meint, es sei grundsätzlich von einer verfassungswidrigen Nichtzulassung eines Rechtsmittels auszugehen, wenn die Zulassung nahe gelegen habe und sich weder in der Entscheidung noch anderweitig Anhaltspunkte dafür finden ließen, aufgrund welcher Überlegungen das Gericht von der Zulassung abgesehen hat, verkennt sie bereits, dass diese Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar ist. Denn sie betrifft Fälle, in denen eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet war und sich das Berufungs- oder Beschwerdegericht durch die Nichtzulassung des weiteren Rechtsmittels der Kontrolle durch das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht entzogen hat. Im vorliegenden Fall wurde dagegen der Weg zum zuständigen Revisionsgericht nicht versperrt, sondern dieses hat selbst die Voraussetzungen der Revisionszulassung verneint und dabei von der in § 544 Abs. 6 ZPO vorgesehenen Möglichkeit, von einer Begründung abzusehen, Gebrauch gemacht. Im Anwendungsbereich dieser bundesrechtlichen Norm ist eine Begründung nur ausnahmsweise geboten, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der Grund hierfür nicht ohne Weiteres erkennbar ist oder ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz für tragend erachteten Gründe erforderlich ist (vgl. BVerfG vom 8.12.2010 NJW 2011, 1497 Rn. 13 m. w. N.). Dass im vorliegenden Fall eine dieser Voraussetzungen vorgelegen haben könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Darüber hinaus ist der Vortrag, die Revisionszulassung habe im vorliegenden Fall nahegelegen, nicht substanziiert begründet worden (dazu sogleich unter bb)).
52
bb) Mit der Verfassungsbeschwerde wird nicht substanziiert dargelegt, dass das Bayerische Oberste Landesgericht die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für eine Revisionszulassung willkürlich verkannt haben könnte.
53
Willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen, sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.2.2019 – Vf. 60-VI-17 – juris Rn. 30; vom 30.10.2019 – Vf. 52-VI-18 – juris Rn. 26; vom 23.1.2024 – Vf. 18-VI-23 – juris Rn. 20). Inwiefern dies hier der Fall sein könnte, ist nicht ansatzweise ersichtlich, denn der Verfassungsbeschwerde lässt sich schon die Möglichkeit einer einfachrechtlich unzutreffenden Handhabung des Revisionszulassungsrechts durch das Bayerische Oberste Landesgericht nicht in nachvollziehbarer Weise entnehmen.
54
Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (Nr. 2). Eine Zulassung kommt dabei nur in Betracht, wenn die Gründe, die Anlass zur Zulassung geben, in dem konkreten Rechtsstreit entscheidungserheblich sind (vgl. BGH vom 7.1.2003 BGHZ 153, 254; Feskorn in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 543 Rn. 7; Kessal-Wulf in BeckOK ZPO, § 543 Rn. 16).
55
Vorliegend setzt sich die Verfassungsbeschwerde mit den Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht im Einzelnen auseinander, sondern spricht lediglich knapp die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache an, die sie deshalb für gegeben erachtet, weil das Oberlandesgericht eine Tätigkeit „wie die des Bf.“ nicht einmal unter Art. 12 Abs. 1 GG habe subsumieren wollen. Das Bayerische Oberste Landesgericht habe verkannt, dass eine Angelegenheit schon deshalb grundsätzliche Bedeutung habe, weil sie zu einer Grundrechtsverletzung führe. Dass das Bayerische Oberste Landesgericht die – im konkreten Fall maßgeblichen – Zulassungsvorschriften einfachrechtlich fehlerhaft, geschweige denn willkürlich und unhaltbar angewendet haben könnte, lässt sich der Verfassungsbeschwerde nicht entnehmen, zumal auch jegliche Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit fehlen. Die bloße Vorlage der Nichtzulassungsbeschwerde als Anlage zu der Verfassungsbeschwerde kann – wie eingangs (unter a)) dargelegt – die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung nicht ersetzen. Hinzu kommt, dass sich die Verfassungsbeschwerde nicht mit der Frage auseinandersetzt, welche Folgen der Tod des ursprünglichen Klägers für die Zulassung der Revision hatte, nachdem die Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblich auf eine Verletzung von dessen – höchstpersönlicher – Berufsfreiheit gestützt war. Insoweit geht die Verfassungsbeschwerde beispielsweise nicht darauf ein, ob die erfolgte Umstellung des ursprünglichen, auf Erteilung des Hochseepatents gerichteten Leistungsantrags in einen Feststellungsantrag vor dem Hintergrund, dass eine Klageänderung in der Revisionsinstanz grundsätzlich unstatthaft ist (vgl. Becker-Eberhard in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 263 Rn. 45 m. w. N.), überhaupt zulässig war. Dass eine Zulassung der Revision gerade im Hinblick auf von der Beschwerdeführerin ererbte Geldzahlungsansprüche (vgl. oben unter b) cc)) geboten gewesen sein sollte, wird weder in der Verfassungsbeschwerde dargelegt noch war dies Gegenstand der – noch vor dem Versterben des Klägers verfassten – Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im Ausgangsverfahren.
56
cc) Eine eigenständige Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) durch das Bayerische Oberste Landesgericht wird mit der Verfassungsbeschwerde nicht substanziiert gerügt. Soweit die Beschwerdeführerin bezogen auf Art. 91 Abs. 1 BV ausführt, das Bayerische Oberste Landesgericht habe „zahlreiche Hinweise im Tatsachenvortrag zum Umstandsmoment bei der Prüfung eines Anspruchs auf Erteilung des Hochseepatents aus Gewohnheitsrecht […], deren Fehlen sowohl das LG als auch das OLG beanstandet haben“ nicht zum Anlass genommen, das Verfahren fortzusetzen, fehlt jeglicher Bezug des Vortrags zu den Revisionszulassungsgründen und zur Entscheidungserheblichkeit.
57
dd) Ob eine Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 120 BV zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof auf eine Verletzung des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs gestützt werden kann, hat der Verfassungsgerichtshof bisher offengelassen (vgl. VerfGH vom 24.5.2019 – Vf. 23-VI-17 – juris Rn. 37; vom 10.12.2019 – Vf. 47-VI-18 – juris Rn. 34). Auch im vorliegenden Fall braucht diese Frage nicht entschieden zu werden, denn auch im Rahmen dieser Rüge wäre der Verfassungsgerichtshof auf die Prüfung beschränkt, ob das Bayerische Oberste Landesgericht bei der Auslegung und Anwendung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Revisionszulassung willkürlich gehandelt oder ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt hat. Beides wird jedoch – wie ausgeführt – in der Verfassungsbeschwerde nicht in einer den Substanziierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise dargelegt.
IV.
58
Es ist angemessen, der Beschwerdeführerin eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).