Inhalt

VGH München, Beschluss v. 24.09.2024 – 22 CS 24.1007
Titel:

Bestimmtheit von Nebenbestimmungen zur erteilten Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte – erfolglose Beschwerde im Eilverfahren

Normenketten:
ProstSchG § 12, § 17, § 24
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsatz:
Eine Regelung ist nicht ohne Weiteres unbestimmt, wenn sie nur ein Ziel vorgibt, dem Adressaten aber die Wahl zwischen mehreren Handlungsalternativen überlässt, um dieses zu erreichen; zudem liegt kein Fall der Unbestimmtheit vor, wenn zwei Auslegungsmöglichkeiten im Raum stehen, von denen eine für den Adressaten günstiger ist als die andere; in diesem Fall gehen Zweifel zulasten der Behörde, und es gilt die günstigere Variante. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte, Auflagen zum Gesundheitsschutz, Bestimmtheit, Prostitutionsstätte
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 04.06.2024 – Au 5 S 24.1254
Fundstelle:
BeckRS 2024, 26748

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Juni 2024 – Au 5 S 24.1254 – wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, mit dem sie sich im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes gegen einzelne für sofort vollziehbar erklärte Auflagen zu der ihr erteilten Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte wandte.
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Mit Bescheid vom 17. Dezember 2018 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die unbefristete Erlaubnis zum Betrieb der Prostitutionsstätte. Infolge einer Betriebskontrolle im Februar 2022 erarbeitete die Antragstellerin ein neues Betriebskonzept, auf dessen Basis ihr mit Bescheid vom 11. April 2024 (erneut) die unbefristete Erlaubnis zum Betrieb der Prostitutionsstätte erteilt wurde, verbunden mit Auflagen, die bei Abweichung vom Betriebskonzept gelten sollten. Der Bescheid vom 17. Dezember 2018 wurde aufgehoben.
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Ziffer 5. des Bescheidtenors enthält folgende Bestimmungen:
„Ziffer 5.9: „In der Prostitutionsstätte muss für die Prostituierten, gemessen an der Anzahl der Arbeitszimmer, ein ausreichender Vorrat an Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln vorgehalten werden. Dieser ist für unbefugte Dritte unzugänglich sowie gemäß Verbraucherhinweisen zu lagern. Auf etwaige Verfallsdaten ist zu achten. Abgelaufene Artikel dürfen nicht im Betrieb vorgehalten werden und sind in blickdichten Behältnissen (z.B. Mülltüten) zu entsorgen.“
Ziffer 5.15 [Abs. 2]: „Ferner haben sämtliche Toilettenräume über einen Abfallbehälter, Handwaschgelegenheiten (Handwaschbecken mit fließendem Wasser), Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände, gesundheitlich einwandfreie Handtrocknungseinrichtungen, eine ausreichende Temperierung (mind. 21 Grad) und Beleuchtung sowie eine wirksame Belüftung (Fensterlüftung und/oder raumlufttechnische Anlagen) zu verfügen.“
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Die sofortige Vollziehung der Ziffer 5 des Bescheids wurde angeordnet.
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Die Antragstellerin erhob Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 24.995) und beantragte, die Nebenbestimmung in Ziffer 5.9 aufzuheben und Ziffer 5.15 Abs. 2 dahingehend abzuändern, dass der Passus „Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände“ entfällt. Zugleich beantragte sie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (Az. Au 5 S 24.996). Mit Beschluss vom 10. Mai 2024 hob das Verwaltungsgericht im Verfahren Au 5 S 24.996 die sofortige Vollziehung der Ziffer 5 des Bescheids auf.
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Mit Bescheid vom 17. Mai 2024 ordnete die Antragsgegnerin erneut die sofortige Vollziehung der Ziffern 5.9 und 5.15 des Bescheids vom 11. April 2024 an.
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Die Antragstellerin erweiterte daraufhin ihre Klage um die Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids vom 17. Mai 2024 und beantragte, die aufschiebende Wirkung der Klage mit den nunmehr gestellten Anträgen wiederherzustellen.
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Mit Beschluss vom 4. Juni 2024, der Antragstellerin am 5. Juni 2024 zugestellt, lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2024, am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, legte die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 26. Juni 2024, am gleichen Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen, sowie mit weiterem Schriftsatz vom 24. August 2024.
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Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, auch im Verfahren Au 5 S 24.996, und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
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1. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts erweisen sich die Auflagen in Ziffer 5.9 und 5.15 nach summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmungen in Ziffer 5.9 Sätze 1 – 4 sei § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProstSchG, bezüglich Satz 4 auch § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ProstSchG. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG müssten Betreiber eines Prostitutionsgewerbes dafür Sorge tragen, dass die Belange der Sicherheit und Gesundheit von Prostituierten und anderen im Rahmen des Prostitutionsgewerbes gewahrt würden; den Betreiber eines Prostitutionsgewerbes treffe eine Mitverantwortung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der in seinem Betrieb tätigen Personen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 ProstSchG habe der Betreiber dafür Sorge zu tragen, dass in den für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räumen während der Betriebszeiten eine angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln jederzeit bereitstehe. Der Umsetzung dieser Regelung diene die Auflage in Ziffer 5.9 des Bescheids. Sie sei erforderlich, da das Betriebskonzept der Antragstellerin das Vorhalten einer angemessenen Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln (abgesehen von dem Automaten) nicht vorsehe. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Eine faktische Weisung, die von der Antragstellerin vorgehaltenen Arbeitsmittel zu verwenden, sei in der Auflage nicht zu erkennen. Diese enthalte auch keine Regelung zur Kostentragungspflicht. Es sei denkbar, dass die Antragstellerin die Artikel zum Kauf anbiete. Aus dem Wortlaut ergebe sich auch nicht die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass in jedem einzelnen Arbeitszimmer ein ausreichender Vorrat vorhanden sei.
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Die Auflage in Ziffer 5.15 Abs. 2 des streitgegenständlichen Bescheids, soweit der Passus „Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände“ angegriffen sei, stütze sich ebenfalls auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProstSchG. Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 4 ProstSchG müsse die Prostitutionsstätte über eine angemessene Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen für Prostituierte, Beschäftigte und Kundinnen und Kunden verfügen. Aufgrund der Eigenart der Tätigkeit in der Prostitutionsstätte sei es zweckmäßig und erforderlich, eine Möglichkeit zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände nach jeder Dienstleistung zur Verfügung zu haben. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Prostitutionsschutzgesetzes, unzumutbare Arbeitsbedingungen zu beseitigen und gesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Gesundheit für die in der Prostitution Tätigen zu schaffen. Auch bezüglich dieser Auflage seien keine Ermessensfehler erkennbar.
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2. Die Antragstellerin trägt vor, die Anordnungen in Ziffer 5.9 und 5.15 Abs. 2 des Bescheids vom 11. April 2024 seien nicht hinreichend bestimmt i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, nämlich einer Vielzahl von Deutungen zugänglich, was das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe. Die Antragsgegnerin gehe in ihrer Stellungnahme vom 17. Mai 2024 (Anm.: im Verfahren Au 5 K 24.995) von einer Vollversorgung der Prostituierten mit Hygieneartikeln aus, die nicht in finanzielle Bedrängnis geraten dürften mit der Folge, dass sie Dienstleistungen ohne Kondome anbieten müssten. Dies lege nahe, dass die Antragstellerin die Prostituierten nach Auffassung der Behörde sogar diesbezüglich zu überwachen habe. Diese Lesart reduziere die Prostituierten jedoch entgegen dem Leitbild des Prostitutionsschutzgesetzes zu willensschwachen, von finanzieller Not getriebenen Persönlichkeiten. Gleichzeitig habe die Antragsgegnerin geäußert, dass der im Betrieb vorhandene Warenautomat die Verpflichtung zur Bereitstellung von Hygieneartikeln bereits erfülle und die Nebenbestimmungen lediglich einem potentiellen Wegfall oder einer Leerung des Automaten vorbeugen sollten. Daran zeigten sich bereits zwei Auslegungsmöglichkeiten der Anordnung zum Vorhalten von Kondomen. Würden die Nebenbestimmungen in Bestandskraft erwachsen, so sei es möglich, dass verschiedene Sachbearbeiter der Antragsgegnerin diese in unterschiedlicher Weise vollziehen würden. Es sei eine Konkretisierung im Bescheid erforderlich.
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Die Nebenbestimmung Ziffer 5.9 sei unbestimmt, weil der Begriff des Vorhaltens mehrere Bedeutungen habe, nämlich etwas mit der Hand vor sich platzieren, etwas aus der Nähe auf jemand anderen richten, etwas kritisieren und erwähnen, etwas auf Lager haben. Hier könne gemeint sein, dass die Antragstellerin Kondome in ihrem Büro vorhalten müsse, um diese bei Bedarf kostenfrei – oder kostenpflichtig – an die Prostituierten auszuhändigen, oder dass sie Kondome in einem stets ausreichend gefüllten Automaten vorhalten müsse. Weiter könne gemeint sein, dass die Kondome in den Arbeitszimmern der Prostituierten durch die Antragstellerin kostenfrei – oder kostenpflichtig – vorgehalten werden müssten, wobei die Prostituierten bei Bedarf im Büro der Antragstellerin nachordern können müssten. Auch könne die Bestimmung so zu verstehen sein, dass Kondome in den Arbeitszimmern durch die Antragstellerin kostenfrei – oder kostenpflichtig – vorgehalten werden müssten, wobei diese sich nach jeder Dienstleistung versichern müsse, dass für den nächsten Kunden noch ausreichend Kondome vorhanden seien, und andernfalls nachgefüllt werden müsse.
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Die Unbestimmtheit werde durch die auf den ersten Satz der Ziffer 5.9 folgenden drei Sätze noch verstärkt, weil sich daraus Weiterungen der Vorhaltepflicht konstruieren ließen, etwa dahin, dass über die Bestückung des Warenautomaten hinaus ein unbestimmt großer Vorrat an Kondomen im Betrieb vorgehalten werden müsse und dass die Antragstellerin sich durch regelmäßige Kontrollen in den Arbeitszimmern stets auf den neuesten Informationsstand bringen müsse, ob die dort vorhandenen Vorräte noch ausreichten.
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Die gleiche Bandbreite von Auslegungsmöglichkeiten bestehe hinsichtlich Ziffer 5.15 Abs. 2 des streitgegenständlichen Bescheids. Auch diesbezüglich habe die Antragsgegnerin ausgeführt, dass sie die Verpflichtung durch Bereitstellung eines ausreichenden Vorrats an Mitteln zur hygienischen Reinigung mittels eines Warenautomaten als erfüllt ansehe. Diese Willenserklärung der Antragsgegnerin sei ebenfalls vieldeutig.
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Die von der Antragstellerin aufgezeigten vielen Alternativen eines Vorhaltens einer ausreichenden Menge von Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln gingen zudem weit über die Schutzpflichten aus § 24 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG hinaus. Dies könne vom Gesetz nicht gedeckt sein und sei einer willkürlichen Auslegung zugänglich. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sehe nicht bereits der Gesetzgeber nach § 24 Abs. 2 Satz 1 ProstSchG (gemeint wohl: Satz 2) das Vorhalten der entsprechenden Hygieneartikel vor, weil dieser Begriff unbestimmt und rechtswidrig sei. Es stelle auch keine unzumutbaren Arbeitsbedingungen für selbständig arbeitende Prostituierte dar, wenn diese für ausreichende Mittel zur Handreinigung in den Toiletten der Arbeitszimmer zu sorgen hätten.
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Darüber hinaus bestehe ein inhaltlicher Widerspruch zwischen den angegriffenen Nebenbestimmungen und dem von der Antragsgegnerin nach § 12 Abs. 2 ProstSchG akzeptierten und genehmigten Betriebskonzept (Nr. IV. d), wonach sich im Haus ein Automat befinde, in dem Hygieneartikel und Gleitmittel gekauft werden könnten.
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3. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin veranlasst nicht zu einer Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
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3.1 Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die beiden streitgegenständlichen Nebenbestimmungen inhaltlich nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG wären.
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3.1.1 Aus dem Bestimmtheitsgebot folgt, dass der Adressat des Verwaltungsakts in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Auch muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – juris Rn. 12). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich der Regelungsgehalt aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft entnehmen lässt (BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – juris Rn. 13 m.w.N.; BayVGH, U.v. 23.11.2021 – 22 B 20.1402 – juris Rn. 66).
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Eine Regelung ist nicht ohne Weiteres unbestimmt, wenn sie nur ein Ziel vorgibt, dem Adressaten aber die Wahl zwischen mehreren Handlungsalternativen überlässt, um dieses zu erreichen (vgl. zu Anordnungen nach § 17 Abs. 1 BImSchG BayVGH, U.v. 23.11.2021 – 22 B 20.1402 – juris Rn. 67 m.w.N.; Schröder in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand November 2023, § 37 VwVfG Rn. 37; Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand 1.7.2024, § 37 Rn. 23). Zudem liegt kein Fall der Unbestimmtheit vor, wenn zwei Auslegungsmöglichkeiten im Raum stehen, von denen eine für den Adressaten günstiger ist als die andere; in diesem Fall gehen Zweifel zulasten der Behörde, und es gilt die günstigere Variante (BVerwG, U.v. 12.1.1973 – VII C 3.71 – juris Rn. 16; Schröder in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 37 VwVfG Rn. 25).
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3.1.2 Soweit die Antragstellerin auf die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs „vorhalten“ in der Auflage Ziffer 5.9 hinweist, ist eine Unbestimmtheit des Bescheides von vornherein nicht ersichtlich. Es ergibt sich eindeutig aus dem Satzzusammenhang, dass „vorhalten“ hier im Sinne von „auf Lager haben“, „bereithalten“ zu verstehen ist. Dies wird von der Antragstellerin letztlich auch nicht in Frage gestellt, nachdem sie auf die weiteren von ihr angeführten Bedeutungen des Wortes (etwas mit der Hand vor sich platzieren, etwas auf jemand anderen richten, kritisierend erwähnen) in ihrer Beschwerdebegründung nicht weiter eingeht.
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Mit der Verpflichtung zur Vorhaltung eines ausreichenden Vorrats an Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln in der Prostitutionsstätte hat die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin ein klares Ziel formuliert, aber einen Spielraum dabei belassen, wie dieses genau zu erreichen ist. D.h. es ist nach der Auflage Sache der Antragstellerin zu entscheiden, an welchem Ort innerhalb der Prostitutionsstätte sie die genannten Artikel bereithält, auf welche Weise sie kontrolliert, ob der Vorrat noch ausreicht, und auf welche Weise sie die Artikel an die Prostituierten oder andere Personen in der Prostitutionsstätte abgibt. Insoweit ergibt sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nichts Anderes aus den Sätzen 2 bis 4 der Ziffer 5.9. Soweit die Antragstellerin moniert, es sei unklar, ob die Kondome etc. kostenfrei oder kostenpflichtig an die Prostituierten abzugeben seien, enthält die Auflage – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – keine Regelung; beide Varianten erscheinen denkbar. Der Auflage kann nicht die – die Antragstellerin belastende – Aussage entnommen werden, sie selbst müsse zwingend die Kosten für die genannten Hygieneartikel tragen. Nachdem eine solche Aussage in der Auflage fehlt, könnte die Antragsgegnerin im Vollzug des Bescheides von der Antragstellerin nicht verlangen, dass die Kosten für Kondome etc. von der Antragstellerin getragen werden, sondern diese könnte sich darauf berufen, dass es ihr obliegt zu entscheiden, ob sie die Kosten auf die Prostituierten umlegt oder nicht.
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Die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten der Auflage führen nicht zur Unbestimmtheit der Nebenbestimmung, sondern können vielmehr ein Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips sein, indem es im vorliegenden Fall dem Betreiber der Prostitutionsstätte überlassen wird, wie genau er die aus § 24 Abs. 2 Satz 2 ProstSchG folgende gesetzliche Verpflichtung umsetzt (vgl. zu diesem Aspekt Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 37 Rn. 23 m.w.N.). Dies erscheint insbesondere unter dem Gesichtspunkt nachvollziehbar, dass die Antragstellerin die einzelnen Abläufe in ihrer Prostitutionsstätte im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich selbst organisieren können muss. Diese unterliegen auch ihrer speziellen Sachkunde, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist. So könnte es unverhältnismäßig sein, wenn die Antragsgegnerin der Antragstellerin im Einzelnen vorgeben würde, wo sie die Hygieneartikel aufbewahren müsste, wann und wie sie diese an die Prostituierten abgeben müsste etc.
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Soweit die Antragstellerin darüber hinaus meint, die behördliche Lesart des „Vorhaltens“ von Hygieneartikeln führe für sie zu einer Aufsichts- und Überwachungspflicht hinsichtlich der Verwendung von Kondomen, entbehrt dies jeder Grundlage. Darauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen; eine Auseinandersetzung damit enthält das Beschwerdevorbringen nicht.
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3.1.3 Die vorstehenden Überlegungen zur Bestimmtheit gelten entsprechend für die Nebenbestimmung Ziffer 5.15 Abs. 2, soweit sämtliche Toilettenräume über Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände verfügen müssen.
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Diese Nebenbestimmung belässt der Antragstellerin im Übrigen weniger Handlungsspielräume als Ziffer 5.9. Sie formuliert eindeutig, dass die Mittel zum Reinigen in den Toilettenräumen vorhanden sein müssen. Die Annahme der Antragstellerin, die Auflage lasse die Auslegung zu, dass die Reinigungsmittel möglicherweise auch im Büro der Antragstellerin, in einem Warenautomaten oder in den Arbeitszimmern der Prostituierten vorgehalten werden könnten oder müssten, geht daher ins Leere. Die Reinigungsmittel sind vielmehr (nur) in sämtlichen Toilettenräumen bereitzustellen. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin in ihrer Klageerwiderung vom 17. Mai 2024 im Verfahren Au 5 K 24.995 (vgl. Gerichtsakte Au 5 S 24.996, Bl. 48 ff.) auch nicht ausgeführt, die Verpflichtung könne durch Bereitstellung der Reinigungsmittel in einem Warenautomaten erfüllt werden.
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Auf welche Weise die Antragstellerin kontrolliert, ob jeweils noch genügend Reinigungsmittel da sind, ist ihre Sache. Hinsichtlich der Kostentragungspflicht wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
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3.2 Soweit die Antragstellerin meint, die Verpflichtung in Ziffer 5.9 des streitgegenständlichen Bescheids gehe über die gesetzlichen Grundlagen in § 24 ProstSchG hinaus, weil sie eine Vielzahl von Auslegungsmöglichkeiten zulasse, wendet sie sich im Kern nochmals gegen die Bestimmtheit der Regelung in Ziffer 5.9. Hierzu wird auf die Ausführungen unter 3.1.2 verwiesen. Aus welchen Gründen die Regelung in der o.g. Auslegung die gesetzlichen Verpflichtungen überschreiten sollte, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Dies gilt auch, soweit die Nebenbestimmung den Begriff des Vorhaltens verwendet, dessen Bedeutung im vorliegenden Zusammenhang nicht zweifelhaft ist.
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Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Auflage Ziffer 5.15 Abs. 2 hinsichtlich des Bereithaltens von Reinigungsmitteln in den Toilettenräumen hat sich die Antragstellerin nicht ausreichend auseinandergesetzt. Warum diese Pflicht den gesetzlichen Rahmen der § 18 Abs. 2 Nr. 4, § 24 ProstSchG überschreiten soll, ergibt sich aus ihrem Vorbringen nicht.
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3.3 Die Antragstellerin sieht schließlich einen Widerspruch der angegriffenen Nebenbestimmungen zu ihrem Betriebskonzept (vgl. Gerichtsakte Au 5 S 24.996, Bl. 24 ff.), das in Nr. IV. d) lautet: „Im Haus befindet sich ein Automat, in dem Hygieneartikel und Gleitmittel gekauft werden können.“
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Unabhängig von der Frage, welche rechtlichen Folgen ein etwa zwischen dem Betriebskonzept und im Bescheid enthaltenen Auflagen bestehender inhaltlicher Widerspruch hätte, besteht ein solcher in Bezug auf die Nebenbestimmung Ziffer 5.9 nicht. Die Nebenbestimmung wiederholt und konkretisiert die gesetzliche Verpflichtung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 ProstSchG, wonach der Betreiber einer Prostitutionsstätte dafür Sorge zu tragen hat, dass in den für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räumen während der Betriebszeiten eine angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln jederzeit bereitsteht. Die Nebenbestimmung setzt dies in der Weise um, dass in der Prostitutionsstätte für die Prostituierten, gemessen an der Anzahl der Arbeitszimmer, ein ausreichender Vorrat der genannten Artikel vorgehalten werden muss, und weitere Bestimmungen zum Lagern und Entsorgen getroffen werden. Wie unter 3.1.2 ausgeführt, lässt die Nebenbestimmung offen, auf welche Weise die Kondome, Gleitmittel und Hygieneartikel bereitgestellt werden müssen. Ein möglicher Weg dafür ist der nach dem Betriebskonzept bestehende Warenautomat. Die Nebenbestimmung lässt aber die Möglichkeit offen, die Verpflichtung auf andere Weise – ggf. auch im Fall einer Änderung des Betriebskonzeptes – zu erfüllen. Abgesehen davon ergänzt sie die Aussage des Betriebskonzeptes dahin, dass ein ausreichender Vorrat vorgehalten werden muss, was in Bezug auf den Warenautomaten bedeutet, dass der Betreiber der Prostitutionsstätte stets für die ausreichende Befüllung des Automaten zu sorgen hat. Ein inhaltlicher Widerspruch zu Nr. IV. d) des Betriebskonzepts besteht damit nicht.
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Soweit nach der Auflage Ziffer 5.15 Abs. 2 in sämtlichen Toilettenräumen Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände bereitzuhalten sind, überschneidet sich die Regelung von vornherein nicht mit den Aussagen des Betriebskonzeptes unter Nr. IV. d), da die Reinigungsmittel in den Toilettenräumen vorzuhalten sind und nach dem Betriebskonzept nicht davon auszugehen ist, dass sich in jedem Toilettenraum ein Warenautomat befindet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (wie Vorinstanz).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).