Titel:
Rückforderung geleisteter Aufstiegsfortbildungsförderung
Normenkette:
AFBG § 7, § 9a, § 16 (idF bis zum 31.7.2020)
Leitsätze:
1. Maßgeblich für das Behaltendürfen der Förderung ist allein die regelmäßige Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme, nicht hingegen deren erfolgreicher Abschluss. Die Annahme eines gesetzlich nicht geregelten, ungeschriebenen Härtefallgrundes, der bei erfolgreicher Absolvierung der Fortbildungsmaßnahme ein Absehen von der Rückforderung wegen nicht regelmäßiger Teilnahme ermöglicht, ist im Bereich der Leistungsverwaltung auch von Verfassungs wegen nicht geboten. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit der Gesetzgeber in § 9a Abs. 1 S. 4 AFBG (idF bis zum 31.7.2020) die regelmäßige Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme dahingehend definiert, dass der Teilnehmer (durch eine entsprechende Bestätigung des Bildungsträgers) nachweist, an 70 Prozent der Präsenzstunden und bei Fernunterrichtslehrgängen und bei mediengestützten Lehrgängen an 70 Prozent der Leistungskontrollen teilgenommen zu haben, trägt dies den verschiedenen Hinderungsgründen einer in der Regel berufsbegleitenden Fortbildungsmaßnahme ausreichend Rechnung. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufstiegsfortbildungsförderung, Teilnahmequote, Rückforderung, Unterbrechung der Fortbildung aus wichtigem Grund, Ungeschriebene Härtefallgründe, Fortbildung, Unterbrechung, wichtiger Grund, ungeschriebener Härtefallgrund, erfolgreicher Abschluss, Präsenzstunden
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 04.04.2023 – Au 3 K 21.926
Fundstelle:
BeckRS 2024, 26734
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine gegen die Rückforderung geleisteter Aufstiegsfortbildungsförderung gerichtete, in erster Instanz erfolglose Anfechtungsklage weiter.
2
Der allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, da durchgreifende Richtigkeitszweifel an der angefochtenen Entscheidung nicht vorliegen bzw. nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt sind. Dabei kann offenbleiben, ob die Zulassungsbegründung der Bevollmächtigten des Klägers – wie die Beklagte einwendet – überhaupt dem Darlegungserfordernis genügt. Jedenfalls der Sache nach hat der Zulassungsantrag keinen Erfolg.
3
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sieht das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz in der vorliegend maßgeblichen, bis 31. Juli 2020 geltenden Fassung vor, dass nach § 16 Abs. 2 AFBG a.F. bei Leistungen, die unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt wurden, bei Eingreifen des Vorbehalts der Bewilligungsbescheid aufzuheben ist und der Teilnehmer die erhaltenen Leistungen zu erstatten hat. Weiter sieht § 16 Abs. 3 AFBG a.F. vor, dass bei fehlendem Nachweis der regelmäßigen Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme dann, wenn die regelmäßige Teilnahme bis zum Ende der Fortbildungsmaßnahme nicht mehr erreicht werden kann, ebenfalls der Bewilligungsbescheid aufzuheben und die erhaltenen Fördermittel zu erstatten sind. Maßgeblich für das Behaltendürfen der Förderung ist damit allein die regelmäßige Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme, nicht hingegen deren erfolgreicher Abschluss. Die Annahme eines gesetzlich nicht geregelten, ungeschriebenen Härtefallgrundes, der bei erfolgreicher Absolvierung der Fortbildungsmaßnahme ein Absehen von der Rückforderung wegen nicht regelmäßiger Teilnahme ermöglicht, ist im Bereich der Leistungsverwaltung auch von Verfassungs wegen nicht geboten (vgl. hierzu VGH Mannheim, B.v. 2.3.2022 – 12 S 1628/20 – BeckRS 2022, 4903 Rn. 11).
4
Soweit der Gesetzgeber in § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. die regelmäßige Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme dahingehend definiert, dass der Teilnehmer (durch eine entsprechende Bestätigung des Bildungsträgers) nachweist, an 70 Prozent der Präsenzstunden und bei Fernunterrichtslehrgängen und bei mediengestützten Lehrgängen an 70 Prozent der Leistungskontrollen teilgenommen zu haben, trägt dies den verschiedenen Hinderungsgründen einer in der Regel berufsbegleitenden Fortbildungsmaßnahme ausreichend Rechnung (vgl. hierzu und zum Folgenden BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 12 ZB 19.32 – BeckRS 2019, 28125; B.v. 22.6.2022 – 12 ZB 21.2463 – BeckRS 2022, 37171). Anders als nach der bis 2016 geltenden Rechtslage differenziert der Gesetzgeber – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – in § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. nicht mehr zwischen entschuldigten und unentschuldigten Fehlzeiten, sodass das diesbezügliche Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers fehlgeht. Liegen wichtige Hinderungsgründe wie Krankheit oder Schwangerschaft für die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme vor, eröffnet § 7 Abs. 3a AFBG a.F. dem Teilnehmer allerdings die Möglichkeit der Unterbrechung der Maßnahme mit anschließender Weiterförderung nach Wegfall des Hinderungsgrunds. Die Unterbrechung der Maßnahme muss ausdrücklich erklärt werden; die entsprechende Erklärung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, § 7 Abs. 4a AFBG a.F.. Sofern der Kläger daher vorliegend geltend machen lässt, die schubweise Erkrankung seiner Ehefrau an multipler Sklerose und der daran anknüpfende Betreuungsbedarf auch für sein Kind hätten die Ausfallzeiten bei der Fortbildung verursacht, liegt darin zwar ein der Krankheit bzw. der Schwangerschaft gleichstehender anderer wichtiger Grund im Sinne von § 7 Abs. 3a AFBG a.F.. Der Kläger hätte daher, um sich die Förderung zu erhalten, jedenfalls bei Annäherung der Fehlzeitquote an die (gestattete) 30-Prozent-Grenze die Fortbildungsmaßnahme unterbrechen und nach Wegfall des Hinderungsgrundes fortsetzen müssen. Weshalb ihm dies nicht zumutbar gewesen sein soll, wird im Rahmen des Zulassungsvorbringens nicht näher erläutert. Mangels ausdrücklich erklärter Unterbrechung der Fortbildungsmaßnahme muss sich der Kläger demnach seine offenkundige Nichterfüllung der Teilnahmequote von 70 Prozent entgegenhalten lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung werden mit dem Zulassungsvorbringen demzufolge nicht dargelegt.
5
Soweit die Bevollmächtigten des Klägers im Zuge der Zulassungsbegründung weiter auf ihren gesamten Sachvortrag im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere auf die Klageschrift vom 13. April 2021 verweisen, genügt dies den Anforderungen des Darlegungsgebots des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Bezugnahmen auf anderweitiges Vorbringen müssen konkret sein und deutlich machen, welche speziellen Inhalte Gegenstand der Zulassungsbegründung sein sollen. Es ist insoweit nicht Sache des Berufungsgerichts, sich im Rahmen des Zulassungsverfahrens aufgrund eines pauschalen Verweises auf anderweitiges Vorbringen möglicherweise zulassungserheblichen Sachvortrag herauszusuchen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 58).
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher jedenfalls als unbegründet abzulehnen.
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Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
8
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.