Inhalt

OLG München, Beschluss v. 22.02.2024 – 34 Wx 2/24 e
Titel:

Keine Umwandlung eines subjektiv-dinglichen in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht

Normenketten:
BGB § 877, § 1094, § 1103
GBO § 15 Abs. 2
Leitsätze:
Ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht kann auch dann nicht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden, wenn der neue Berechtigte Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist. (Rn. 15 – 18)
Hat ein Urkundsnotar gem. § 15 Abs. 2 GBO bereits für die Beteiligten die Eintragung beantragt, gilt er auch als ermächtigt, gegen die darauf ergangene Antragszurückweisung für die Beteiligten Beschwerde einzulegen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Grundbuch, Eintragungsvoraussetzung, Beschwerdeberechtigung, subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht, subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht, Eigentümer, herrschendes Grundstück, Umwandlung
Vorinstanz:
AG Laufen vom 13.11.2023 – RA-578A-18
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2025 – V ZB 10/24
Fundstellen:
ZfIR 2024, 347
NotBZ 2024, 351
FGPrax 2024, 61
MDR 2024, 634
LSK 2024, 2665
RNotZ 2024, 359
BeckRS 2024, 2665

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen – Grundbuchamt – vom 13.11.2023 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin von Grundbesitz (Flst. …/3). Dieser ist belastet mit einem in Abteilung II unter der laufenden Nummer 14 vorgetragenen Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für die jeweiligen Eigentümer von BVNr. 1 in Blatt 1… (Flst. …).
2
Eigentümerin des herrschenden Grundstücks ist die Beteiligte zu 2).
3
Mit notarieller Urkunde vom 16.05.2023 vereinbarten die beiden Beteiligten einen Nachtrag zu einer Dienstbarkeitsbestellung.
4
Dieser lautet in Ziffer II 2.:
„Die Beteiligten ändern das an Fl.Nr. …/3 eingetragene subjektiv dingliche Vorkaufsrecht in der Weise, dass es künftig ein unvererbliches und nicht übertragbares Vorkaufsrecht für Frau R. [= die Beteiligte zu 2) ] ist, und zwar für denjenigen ersten Verkaufsfall, bei welchem der Berechtigten erstmals eine Ausübung des Vorkaufsrechts rechtlich möglich ist. Das Vorkaufsrecht besteht also auch dann, wenn ein solcher Verkaufsfall erst bei einem späteren Eigentümer des belasteten Grundbesitzes eintritt. Die Beteiligten bewilligen und beantragen diese Rechtsänderung[en] im Grundbuch einzutragen.“
5
Mit Schreiben vom 21.06.2023 beantragte der Urkundsnotar gemäß § 15 GBO namens aller Antragsberechtigter den Vollzug der Urkunde.
6
Unter dem 13.07.2023 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Umwandlung eines subjektiv dinglichen Vorkaufsrechts in ein subjektiv persönliches Vorkaufsrecht gemäß § 1103 BGB nicht möglich sei. Ggf. wäre das bestehende Vorkaufsrecht aufzuheben und ein neues Vorkaufsrecht zu bestellen. Eine Antragsrücknahme wurde angeregt.
7
Der Notar wies in seiner Erwiderung vom 20.07.2023 auf die Fundstelle in BeckOGK/Omlor, BGB, Stand 01.01.2023, § 1103 Rn. 6 ff. hin, wonach eine Umwandlung jedenfalls dann zulässig sei, wenn der neue Berechtigte zuvor Eigentümer des herrschenden Grundstücks gewesen sei. Er bat um eine beschwerdefähige Entscheidung.
8
Daraufhin wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 13.11.2023 den Antrag (insoweit) zurück. Schon aus dem Wortlaut des § 1103 BGB gehe eindeutig hervor, dass eine Umwandlung nicht möglich sei. In der vorgelegten Kommentarstelle werde explizit eingeräumt, dass der Autor eine absolute Mindermeinung vertrete („nach überwiegender Ansicht soll eine rangwahrende Umwandlung ausgeschlossen sein“). Dieser sei nicht zu folgen.
9
In seiner Beschwerde vom 16.11 2023 argumentierte der Urkundsnotar, der Wortlaut des § 1103 sage zu der aufgeworfenen Problematik gar nichts aus. Vielmehr spreche der Wortlaut des § 1094 BGB gerade für das Gegenteil, auch ein Umkehrschluss zu § 1103 BGB.
10
Das Grundbuchamt hat dem Rechtsbehelf mit Beschluss vom 19.12.2023 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vorgelegt.
II.
11
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
12
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist sie gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags statthaft, § 71 Abs. 1 GBO. Die Beschwerde konnte durch den Urkundsnotar erhoben werden. Nachdem dieser gemäß § 15 Abs. 2 GBO bereits für die Beteiligten die Eintragung beantragt hatte, gilt er auch als ermächtigt, gegen die darauf ergangene Antragszurückweisung für sie Beschwerde einzulegen (Demharter, GBO, 33. Auflage, § 71 Rn. 74; Schöner/Stöber, GBR, 16. Auflage Rn. 189; Bauer/Schaub/Sellner, GBO, 5. Auflage, § 73 Rn. 17).
13
2. Das Rechtsmittel ist allerdings unbegründet.
14
Das Grundbuchamt hat den Antrag zu Recht zurückgewiesen, da die Beteiligten eine inhaltlich unzulässige Umwandlung begehren.
15
Eine – rangwahrende – Umwandlung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts in ein nicht vererbliches und nicht übertragbares subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht ist auch dann nicht möglich, wenn der Berechtigte der Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist.
16
Dafür, dass die Beteiligten ein aliud und nicht nur ein minus begehren, sprechen zunächst der Wortlaut von § 1103 BGB wie auch der Wortlaut von § 1094 BGB. Aus den beiden von § 1103 BGB ausgesprochenen Verboten ergibt sich zudem, dass ein dingliches Vorkaufsrecht nur entweder als ein subjektiv-persönliches oder subjektiv-dingliches bestellt werden kann (Staudinger/Schermaier (2017) § 1103 BGB Rn. 2; BGH NJW 1962, 1344, 1345). Beide Gestaltungsmöglichkeiten schließen einander aus (BGH NJW 1962, 1344, 1345; KG JFG 1 (1924), 414, 415 ff; OLG Hamm Rpfleger 1989, 448; MüKoBGB/Westermann, 9. Auflage, § 1094 Rn. 11). § 877 BGB kann deshalb keine Anwendung finden. Das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht teilt das rechtliche Schicksal des Grundstücks. Das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht ist an die Person des Berechtigten geknüpft. Ist das Vorkaufsrecht mit dem Eigentum an dem herrschenden Grundstück verknüpft, kann diese Verknüpfung deshalb nicht mehr getrennt werden und zwar auch dann nicht, wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks einer Umwandlung in ein nicht übertragbares und unvererbliches Vorkausfsrecht zustimmt. Dies stellt einen Verstoß gegen den numerus clausus des Sachenrechts dar. Eine derartige Umwandlung ist nur durch Aufhebung und Neubestellung, damit nicht rangwahrend möglich (vgl. BeckOK BGB/Reischl, Ed. 01.11.2023, § 1094 Rn. 20; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB, 5. Auflage, § 1094 Rn. 24).
17
Zwar wird in Teilen der Literatur (BeckOGK/Omlor, Ed. 01.01.2023, § 1103 Rn. 7) die Auffassung vertreten, der Ausschluss einer rangwahrenden Umwandlung vermöge in seiner generellen Ablehnung nicht zu überzeugen, denn das subjektiv-dingliche ebenso wie das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht würden lediglich unterschiedliche Ausprägungen desselben Sachenrechts darstellen. Deutlich werde diese Einordnung an der amtlichen Überschrift des § 1094 BGB, wonach beide Ausgestaltungen den „gesetzlichen Inhalt des dinglichen Vorkaufsrechts“ festlegen. Allerdings lasse sich nicht verkennen, dass eine Inhaltsänderung im Sinne des § 877 BGB nicht dazu führen dürfe, dass sich die Person des Inhabers des Rechts ändere; beim Übergang zwischen einem subjektiv-dinglichen und einem subjektiv-persönlichen Vorkaufsrecht wäre dies jedoch der Fall. Daher lasse sich ein „Formwechsel“ auf Grundlage von § 877 BGB nur dann vollziehen, wenn ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht in ein subjektiv-persönliches überführt werden soll und der neue Berechtigte zuvor Eigentümer des herrschenden Grundstücks gewesen sei.
18
Diese Ansicht verkennt allerdings, dass die amtliche Überschrift nichts über die Umwandlungsmöglichkeit aussagt. Es handelt sich im Übrigen gerade nicht nur um einen „Formwechsel“, vielmehr wird die bei Bestellung des Rechts fest angelegte Verbindung zum Grundstück aufgehoben. Diese Trennung kann nach Überzeugung des Senats nicht als bloße Inhaltsänderung qualifiziert werden.
III.
19
1. Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht veranlasst, da die Beteiligten als Rechtsmittelführerinnen diese gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon von Gesetzes wegen tragen haben.
20
2. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 61 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, Abs. 4, 36 Abs. 3 GNotKG.
21
3. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GBO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Das ist dann der Fall, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher durch den Bundesgerichtshof noch nicht geklärt ist und ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung besteht, da sich diese Frage auch in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann (Senat NJOZ 2022, 492, 494; Demharter § 78 Rn. 7; Hügel/Kramer § 78 Rn. 3; Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 12. Auflage, § 78 Rn. 21). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.