Titel:
Heranziehung zur Hundesteuer für Kampfhunde
Normenketten:
BayKAG Art. 3
LStVG Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Gemeinde darf den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festsetzen, wenn der Halter des betreffenden Hunds über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die steuerliche Zuordnung eines Hundes zu seinem Halter bildet die Aufnahme in dessen Haushalt oder Betrieb eine unverzichtbare Voraussetzung. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hält sich der Hund regelmäßig sowohl in einem Privathaushalt als auch auf einem in einer anderen Gemeinde gelegenen Betriebsgelände auf, ist zu prüfen, wo der Schwerpunkt seiner Beziehungen zum jeweiligen Hundehalter liegt. Dabei kommt es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht nur auf die jeweiligen Zeitanteile an, sondern auch darauf, wo die Pflege und insbesondere die nächtliche Unterbringung des Tiers stattfindet. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hundesteuer, Kampfhunde II (Bullterrier, Presa Canario), „erdrosselnde“ Wirkung, Halter, Kampfhunde, wechselnder Aufenthalt, Schwerpunkt, Privathaushalt, Betriebsgelände, erdrosselnde Wirkung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 02.06.2025 – 4 ZB 24.1959
Fundstelle:
BeckRS 2024, 26387
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Hundesteuer für zwei Hunde.
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Der Kläger wohnt im Gemeindegebiet der Beklagten. Er betreibt im Gebiet der Gemeinde B eine Zimmerei, die sich in einem kleinen Ortsteil befindet, aber von Wohnbebauung umgeben ist. Am 21. April 2013 hat der Kläger einen Rüden der Rasse Presa Canario (Wurfzeitpunkt 21.2.2013) erworben. Dieser Rüde wurde zunächst vom Kläger bei der Beklagten mit Hundesteuer-Anmeldung vom 24. April 2013 angemeldet. Mit Bescheid vom 15. Mai 2013 wurde der Kläger von der Beklagten zur Hundesteuer herangezogen. Der Kläger meldete diesen Hund am 2. Juli 2013 in die Gemeinde B ab. Die Beklagte hob daher ihren Bescheid vom 15. Mai 2013 mit Bescheid vom 3. Juli 2013 wieder auf, da der Hund nicht länger als drei Monate gehalten wurde. Am 24. August 2018 erwarb er zudem ein Bullterrier-Weibchen (Wurfzeitpunkt 25.6.2018). Auch diesen Hund meldete er in der Gemeinde B an. Beide Hunde dienten als Wachhunde bei seiner Zimmerei. Die Gemeinde B setzte mit Bescheid vom 24. Oktober 2019 für das Jahr 2019 für den Rüden einen jährlichen Steuersatz von 40,- Euro sowie für das Weibchen einen jährlichen Steuersatz von 100,- Euro fest.
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Beide Hunderassen sind in § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 (GVBl. S. 268, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4.9.2002, GVBl. S. 513, 583) aufgeführt, so dass bei ihnen die Eigenschaft als Kampfhund vermutet wird, solange nicht der zuständigen Behörde für den einzelnen Hund nachgewiesen wird, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist.
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Die Beklagte erhebt aufgrund der Satzung für die Erhebung der Hundesteuer (Hundesteuersatzung) vom 8. Oktober 2015 eine Hundesteuer. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Hundesteuersatzung beträgt die Steuer für jeden Hund 60,- Euro sowie für jeden Kampfhund 1.200,- Euro. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Hundesteuersatzung sind Kampfhunde im Sinn dieser Vorschrift alle in § 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in der jeweils geltenden Fassung genannten Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden.
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Nach einem Beißvorfall am 6. Juli 2022 auf dem Gebiet der Gemeinde B wurde das zuständige Landratsamt eingeschaltet, welches darauf hinwies, dass die Beklagte zuständige Gemeinde für die Hundesteuer sei. Der Kläger wurde dahingehend informiert und meldete nunmehr beide Hunde am 15. September 2022 bei der Beklagten an. Mit Bescheiden jeweils vom 20. Oktober 2022 (zugestellt am 21.10.2022 gegen Postzustellungsurkunde) setzte die Beklagte für die Jahre 2018 bis 2022 einen Betrag von jeweils jährlich 1.160,- Euro (Rüde Presa Canario) sowie für die Jahre 2019 bis 2022 von 1.140,- Euro (Weibchen Bullterrier) und ab dem Jahr 2023 jeweils einen Betrag von 1.200,- Euro je Hund als Hundesteuer fest. Die Beträge für die Jahre 2018 bis 2022 wurden jeweils um die bereits von der Gemeinde B für dieses Jahre festgesetzte Summe von 40,- Euro (Rüde Presa Canario) bzw. 60,- Euro (Weibchen Bullterrier) gekürzt, welche der Kläger auch bereits entrichtet hatte. Im Begleitschreiben zu den Bescheiden erläuterte die Beklagte, dass die Angelegenheit mit dem zuständigen Landratsamt sowie der Gemeinde B erläutert worden sei. Unter Berücksichtigung der Festsetzungsverjährung erfolge daher eine Erhebung der Hundesteuer für das laufende Jahr sowie die vergangenen vier Jahre betreffend den Rüden bzw. die vergangenen drei Jahre betreffend das Weibchen. Die Hundesteuersatzung der Beklagten unterscheide in § 5 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich nicht zwischen den in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit genannten Rassen.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 11. November 2022, eingegangen per Telefax am 14. November 2022, legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte setzte mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 eine Frist zur Begründung des Widerspruchs bis 16. Januar 2023 und versandte unter gleichem Datum eine Mahnung in Höhe von 10.512,50 (einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühr). Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte mit Schreiben vom 29. Dezember 2022 die Aussetzung der sofortigen Vollziehung bei der Beklagten. Es lägen rechtskräftige Hundesteuerbescheide der Gemeinde B vor. Es könne nicht rückwirkend die Hundesteuer verlangt werden. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 17. Januar 2023 ab. Es gebe keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. Ob die Vollziehung für den Kläger eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge habe, könne mangels fehlender Angaben nicht geprüft werden. Gleichzeitig legte die Beklagte die Widersprüche dem Landratsamt als zuständiger Widerspruchsbehörde vor, das jedoch in der Folge nicht über die Widersprüche entschieden hat.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. Januar 2023, eingegangen beim Verwaltungsgericht am selben Tag, erhob der Kläger Klage gegen die Hundesteuerbescheide vom 20. Oktober 2022 und beantragt,
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die Bescheide der Beklagten vom 20. Oktober 2022 aufzuheben.
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Zur Begründung trägt der Kläger vor, er habe beim Bürgermeister der Gemeinde B nachgefragt, ob er den Rüden dort anmelden könne, weil dieser als Wachhund für seine Zimmerei diene. Der Bürgermeister habe dies bejaht, so dass er den Hund dort angemeldet habe. Später habe er dann auch das Weibchen dort angemeldet. Die Satzung der Beklagten sei offensichtlich rechtswidrig und auch hinsichtlich der Höhe der Hundesteuer nichtig. Die Unterscheidung zwischen den aufgeführten Hunderassen sei willkürlich, einseitig und unverhältnismäßig. Die Gemeinde B habe ihre alten Bescheide nicht aufgehoben. Diese seien rechtmäßig ergangen. Der Kläger habe bei der Anmeldung der Hunde darauf hingewiesen, dass es sich um seine Firmenadresse handle. Der Firmensitz sei für die Wachhunde entscheidend gewesen. Die Beklagte könne auch nicht einfach die bereits an die Gemeinde B bezahlten Beträge aufrechnen. Die Gemeinde B hätte ihre Bescheide erst zurücknehmen oder deren Nichtigkeit feststellen müssen. Da die Bescheide der Gemeinde B ordnungsgemäß gewesen seien, hätte die Beklagte nicht bis ins Jahr 2018 zurück die Hundesteuer festsetzen dürfen. Die zwangsweise verlangte Ummeldung der Hunde sei rechtswidrig gewesen. Die Satzung sei offensichtlich rechtswidrig. Es lägen für beide Hunde negative Wesenstests vor. Die Satzung sei unverhältnismäßig und nicht richtig angewendet worden. Die Höhe der Hundesteuer entfalte erdrosselnde Wirkung.
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Die Beklagte beantragt,
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Der Rüde sei bereits mehrfach auffällig gewesen. Die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der Kläger halte die Hunde dauerhaft im Gemeindegebiet, so dass der Steuertatbestand nach § 1 der Satzung erfüllt sei. Die Satzung sei auch rechtmäßig. Nach der Rechtsprechung dürfe eine Gemeinde auch für Kampfhunde mit Negativattest den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Steuersatz festsetzen. Die Hundesteuer für jeden Kampfhund in Höhe von 1.200,- Euro entfalte auch keine „erdrosselnde“ Wirkung. Die Höhe sei durch den der Satzung innewohnenden Lenkungszweck gerechtfertigt. Die Höhe entspreche auch der Rechtsprechung. Eine Rechtswidrigkeit ergebe sich auch nicht aus der Anrechnung der gegenüber der Gemeinde B bereits bezahlten Hundesteuer. Dieser Abzug sei dadurch gerechtfertigt, um eine doppelte Inanspruchnahme des Klägers zu vermeiden. Es handle sich also um ein Entgegenkommen und begünstige den Kläger.
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Der ebenfalls vom Kläger gestellte Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung wurde mit Beschluss des Gerichts vom 16. August 2023 abgelehnt (Az. M 10 S 23.434). Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. November 2023 (Az. 4 CS 23.1635) zurückgewiesen.
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Mit Schriftsatz vom 17. April 2023 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers nochmals Akteneinsicht, die ihm durch Übersendung der elektronischen Behördenakte mit gerichtlichem Schreiben vom 21. April 2023 gewährt wurde.
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Mit Schreiben vom 28. März 2024, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 2. April 2024, hat das Gericht die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Der Bevollmächtigte des Klägers nahm mit Schriftsatz vom 22. April 2024 nochmals Stellung und beantragte erneut Akteneinsicht. Die elektronische Behördenakte wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 23. April 2024 nochmals an den Bevollmächtigten des Klägers versandt. Unter dem 23. Mai 2024 erging ein Gerichtsbescheid, der dem Bevollmächtigten des Klägers am 31. Mai 2024 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2024 hat der Bevollmächtigte des Klägers zunächst Streitwertbeschwerde erhoben. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2024 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers mündliche Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Gerichtsakte im Verfahren Az. M 10 S 23.434, das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19. September 2024 und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde rechtzeitig binnen eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids gestellt (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Damit gilt der Gerichtsbescheid nicht als ergangen (§ 84 Abs. 3 2. Alt. VwGO).
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2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffenen Bescheide vom 20. Oktober 2022 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht folgt zunächst der Begründung des Gerichtsbescheids vom 23. Mai 2024.
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a) Nach Art. 3 KAG können Gemeinden örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern erheben, soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch die Satzung für die Erhebung der Hundesteuer (Hundesteuersatzung) vom 8. Oktober 2015 Gebrauch gemacht, welche für die hier verfahrensgegenständlichen Bescheide vom 20. Oktober 2022 bzgl. der Veranlagungszeiträume 2018 bis 2022 und ab 2023 (Rüde) sowie 2019 bis 2022 und ab 2023 (Hündin) die Rechtsgrundlage darstellt. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit wurden nicht vorgetragen.
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Hinsichtlich des Steuermaßstabs in § 5 Abs. 2 Satz 2 Hundesteuersatzung kritisiert der Kläger, dass es keine Ausnahme für Hunde nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit gebe. Beide Hunde gehörten diesen Rassen an und hätten entsprechende Negativatteste. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2017 – 4 CS 17.1894 – juris; U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – ZfK 2013, 235; B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris) darf eine Gemeinde den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festsetzen, wenn der Halter des betreffenden Hunds über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Der positive Wesenstest lässt zwar die sicherheitsrechtliche Erlaubnis entfallen (Art. 37 Abs. 1 LStVG), ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale vor einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist. Dies genügt – auch aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265) – als rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation. Auch die von der Ehefrau des Klägers bereits 2015 absolvierte Begleithundeprüfung für den Rüden ändert hieran nichts. Bei der Begleithundeprüfung wird der Hund auf seine Alltagstauglichkeit mit Schwerpunkten auf der Verkehrssicherheit, Sozialverträglichkeit, Unbefangenheit und Gehorsam überprüft. Zusätzlich muss der Hundehalter bei einem Sachkundetest nachweisen, dass er über das notwendige Grundwissen der Hundehaltung verfügt. Nach der Hundesteuersatzung gibt es jedoch auch keine Ausnahme für Hunde, die eine Begleithundeprüfung bestanden haben. Zudem war der geprüfte Rüde mehrfach auffällig.
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Weiterhin kritisiert der Kläger die Höhe des Steuersatzes von 1.200,- Euro für Kampfhunde, was dem 20-fachen Satz der Hundesteuer (60,- Euro) für andere Hunde entspricht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Hundesteuersatzung). Auch im Hinblick auf die Höhe des Steuersatzes bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine „erdrosselnde“ Wirkung gegeben wäre. Entsprechend dem Charakter der Hundesteuer als Aufwandsteuer knüpft der Steuersatz an den Aufwand für die Hundehaltung und die darin typischerweise zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an. Der erhöhte Steuersatz von 1.200,- Euro für Kampfhunde verfolgt zusätzlich den Lenkungszweck, die Zahl der Kampfhunde einzudämmen. Eine „erdrosselnde“ Wirkung wäre erst dann anzunehmen, wenn der Steuersatz den jährlichen Aufwand für die Hundehaltung deutlich übersteigen würde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris; B.v. 24.6.2009 – 4 ZB 08.2507 – juris) hat bereits mehrfach festgestellt, dass ein absoluter Jahressteuersatz von 1.000,- Euro nicht zu beanstanden ist. Die Kammer und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris; U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – juris; VG München, B.v. 7.7.2020 – M 10 K 20.2165 – n.v.; BverwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8.13 – BVerwGE 150, 225) haben in anderen Verfahren betreffend Hundesteuererhebung die durchschnittlichen Kosten für die Haltung eines Hundes maßgeblich durch die laufenden Unterhaltskosten (insbesondere Futter, Versicherung, Zubehör, Impfkosten, sonstige Tierarztkosten u.s.w.) bestimmt. So wurde regelmäßig davon ausgegangen, dass der jährliche Aufwand etwa 900,- Euro bis 1.000,- Euro beträgt (Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. Ohr und Dr. Zeddies aus dem Jahr 2006). Das Magazin „Meine Tierwelt“ geht aktuell davon aus, dass bei Anschaffung eines Hundes im ersten Jahr durchschnittliche Gesamtkosten bis über 3.000,- Euro entstehen. In den Folgejahren, in welchen die Anschaffungskosten und Kosten für die Erstausstattung nicht mehr anfallen, seien monatlich 100,- Euro bis 200,- Euro einzukalkulieren, jährlich also 1.200,- Euro bis 2.400,- Euro (www.deine-tierwelt.de/magazin/anschaffung-grundausstattung-was-kostet-ein-hund). Auf der Website einer Tierversicherung wurde von regelmäßigen jährlichen Kosten für Hundefutter, Gesundheitsversorgung und Haftpflichtversicherung ein Betrag von zusammengerechnet 750,- Euro bis 1.400,- Euro ausgegangen. Der von der Antragstellerin in der Hundesteuersatzung festgelegte Steuersatz von 1.200,- Euro bleibt noch im Rahmen der jährlichen Haltungskosten für einen Hund und hat daher noch keine „erdrosselnde“ Wirkung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 15.10.2014 – 9 C 8.13 – BVerwGE 150, 225), das gerade die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – juris) bestätigt hat. Der Kläger verkennt insoweit, dass der Steuersatz nicht 2.400,- Euro beträgt, sondern 1.200,- Euro pro Hund. Damit ist der Schwellenwert des Bundesverwaltungsgerichts von 2.000,- Euro (vgl. U.v. 15.10.2014 – 9 C 8.13 – BVerwGE 150, 225), der pro Hund anzuwenden ist, gerade nicht überschritten. Auch liegt hier lediglich der 20-fache Steuersatz der einfachen Hundesteuer vor und nicht der 26-fache Satz, unabhängig davon, dass dieses Verhältnis immer in Relation zur tatsächlichen Höhe des Steuersatzes zu sehen ist.
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b) Die Beklagte hat ihre Hundesteuersatzung auf den konkreten Fall auch zutreffend angewandt.
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Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger aufgrund ihrer örtlichen Zuständigkeit zur Hundesteuer veranlagt hat. Der Kläger hat seinen Wohnsitz im Gemeindegebiet der Beklagten. Auch auf der Internetseite des Betriebs des Klägers ist dessen Wohnort im Gemeindegebiet der Beklagten als Firmensitz angegeben. § 3 Abs. 1 Satz 1 Hundesteuersatzung nennt als Steuerschuldner den Halter des Hundes. Für die steuerliche Zuordnung eines Hundes zu seinem Halter bildet die Aufnahme in dessen Haushalt oder Betrieb eine unverzichtbare Voraussetzung (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – NVwZ-RR 2013, 566; U.v. 26.9.2012 – 4 B 12.1389 – juris). Wer nur die rechtliche oder tatsächliche Bestimmungsmacht über einen Hund ausübt, ohne diesen in irgendeiner Form bei sich dauerhaft unterzubringen und zu versorgen, kann hingegen mangels eines spezifisch örtlichen Bezugs nicht zur Hundesteuer herangezogen werden. Der Halterbegriff des Hundesteuerrechts ist insoweit anders und enger zu verstehen als in anderen Rechtsgebieten. Die Hundesteuer ist eine Aufwandsteuer, mit der die in der Einkommens- und Vermögensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Konsumfähigkeit getroffen werden soll (vgl. BVerwG, B.v. 7.4.2011 – 9 B 61.10 – juris). Sie knüpft an einen ortsbezogenen Vorgang an – das Halten eines Hundes durch Aufnahme in den eigenen Haushalt oder Betrieb –, für den typischerweise Einkommen oder Vermögen aufgewendet wird. Dass dem Hundehalter, wenn er das Tier an andere Orte mitnimmt, auch dort (weitere) Aufwendungen entstehen können, z. B. für Futter, Pflege oder tierärztliche Behandlung, steht der örtlichen Radizierung nicht entgegen.
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Wie sich aus der Konjunktion „oder“ in § 3 Abs. 1 Satz 2 Hundesteuersatzung ergibt, kann ein Hund aus steuerrechtlicher Sicht nur entweder einem Haushalt oder einem Betrieb als Ort der Haltung zugeordnet werden. Hält sich der Hund regelmäßig sowohl in einem Privathaushalt als auch auf einem in einer anderen Gemeinde gelegenen Betriebsgelände auf, ist daher zu prüfen, wo der Schwerpunkt seiner Beziehungen zum jeweiligen Hundehalter liegt. Dabei kommt es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht nur auf die jeweiligen Zeitanteile an, sondern auch darauf, wo die Pflege und insbesondere die nächtliche Unterbringung des Tiers stattfindet. Im Regelfall wird daher der Haushalt des Hundehalters und nicht dessen auswärtige Arbeitsstelle, an die der Hund regelmäßig mitgenommen wird, als der Ort der Hundehaltung anzusehen sein (vgl. BayVGH, U.v. 26.9.2021 – 4 B 12.1389 – VGH n.F. 65, 183). Dass bei den beiden Hunden des Klägers ein Sonderfall vorläge, der eine abweichende Bewertung nahelegen könnte, ist nicht ersichtlich. Nach Angabe der Ehefrau des Klägers in der mündlichen Verhandlung sind die beiden Hunde nur tagsüber in der Zimmerei des Klägers und befinden sich bei dessen Abwesenheit in einem Aufenthaltsraum. Am Abend werden die Hunde, auch zur Wahrung des Familienbezugs und zur Sozialisierung, hingegen mit zum Wohnsitz des Klägers genommen und übernachten dort. Damit lässt sich insoweit kein wesentlicher Unterschied zu einem Fall erkennen, in welchem ein Hundehalter seinen Hund während der Arbeitszeiten mit in sein Büro nimmt. Als Ort der Hundehaltung ist auch im vorliegenden Fall der Haushalt des Klägers anzunehmen. Eine Abweichung vom Regelfall liegt gerade nicht vor.
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c) Die Tatsache, dass die Beklagte den eigenen Steuersatz für die Jahre 2018 bis 2022 bzw. 2019 bis 2022 um den jeweils bereits bei der Gemeinde B veranlagten und bezahlten Steuerbetrag gemindert hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide vom 20. Oktober 2022. Insoweit ist dies nur zum Vorteil des Klägers und vermeidet seine doppelte Inanspruchnahme. Zudem ergibt sich eine Anrechnung auch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 Hundesteuersatzung. Zudem ist der Kläger insoweit nicht beschwert.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.