Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 12.07.2024 – Au 8 S 24.1280
Titel:

Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle

Normenketten:
GlüStV 2021 § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 1
BayAGGlüStV Art. 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Art. 7 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 3
BayVwZVG Art. 31, 36
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Für eine funktionale Einheit zwischen Gaststätte und Wettvermittlungsstelle iSv Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 BayAGGlüStV spricht, dass zum Zeitpunkt einer Kontrolle das anwesende Personal gleichzeitig für beide Betriebe zuständig war und sich die anwesenden Gäste zwischen der Gaststätte und der Wettvermittlungsstelle hin- und her begeben haben. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Wettvermittlung ohne die Anwesenheit von entsprechend geschultem Personal verstößt gegen die Zielbestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags zum Spielerschutz, wobei auch bei kurzfristigen Abwesenheiten der Aufsichtspersonen die Wettvermittlungsstelle gegen unbefugten Zutritt zu sichern ist, um die Einhaltung des glücksspielrechtlichen Ziels des Jugend- und Spielerschutzes zu jeder Zeit zu gewährleisten. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle dient der Sicherstellung des Jugend- und Spielerschutzes im Rahmen des staatlich überwachten Glücksspiels und damit einem in § 1 S. 1 Nr. 3 GlüStV 2021 anerkannten Ziel, das zudem Ausdruck der staatlichen Pflicht zum Schutz der Gesundheit seiner Bürger nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ist; zur Erreichung dieses Ziels ist der Widerruf geeignet. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
4. Von der Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 iVm § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021 ist es gedeckt, dem Inhaber einer Wettvermittlungsstelle gegenüber anzuordnen, Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen und sonstige für den Wettbetrieb erforderliche Gegenstände innerhalb einer bestimmten Frist aus den Geschäftsräumen zu entfernen. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Glücksspielrecht, Widerruf einer Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle, funktionale Einheit zwischen Wettvermittlungsstelle und Gaststätte, Unzuverlässigkeit des Betreibers, Untersagung des Betriebs einer Wettvermittlungsstelle, Verhältnismäßigkeit, Zwangsgeldandrohungen, Interessensabwägung, Wettvermittlungsstelle, Gaststätte, Erlaubnis, Widerruf, Betriebsuntersagung, Unzuverlässigkeit, funktionale Einheit, Ermessen, Wettunterlagen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 26289

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den ihm gegenüber erfolgten Widerruf seiner Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle sowie gegen die unter Zwangsgeldandrohungen verfügte Untersagung des Betriebs der Wettvermittlungsstelle.
2
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 beantragte der Sportwettveranstalter T. für den Antragsteller die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle an der Betriebsstätte ... Straße ... in ... . Unter dieser Adresse betreibt der Antragsteller auch eine Gaststätte, in der Geldspielgeräte aufgestellt sind.
3
Mit Schreiben vom 11. Juni 2022 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Erlaubnisversagung durch die Regierung von ... angehört. Als Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Erlaubniserteilung der Versagungsgrund des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 AGGlüStV entgegenstehe, wonach der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle im Hauptgeschäft unzulässig und die Erlaubnis hierfür zu versagen sei, wenn Sportwetten in funktionaler Einheit mit einem Gaststättenbetrieb vermittelt werden, in dem Geld- oder Warenspielgeräte im Sinn des § 33c Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) aufgestellt sind oder andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit gemäß § 33d Abs. 1 GewO veranstaltet oder vermittelt werden. Vorliegend habe das Landratsamt ... mitgeteilt, dass zwischen der Wettannahmestelle und der Gaststätte mit Geldspielgeräten eine Verbindungstür bestehe, die eigentlich verschlossen sein müsste. Bei einer Kontrolle durch die Stadt ... sei jedoch festgestellt worden, dass diese Verbindungstüre offen gestanden habe und Gäste durch diese Türe gegangen seien. Die anwesenden Mitarbeiter seien sowohl für die Wettannahmestelle als auch für die Gaststätte zuständig gewesen. Eine funktionale Einheit zwischen den beiden Örtlichkeiten liege somit vor. Zudem werde gegen das Alkoholverbot gemäß Art. 7 Abs. 3 Nr. 1 AGGlüStV verstoßen.
4
Der Antragsteller äußerte sich hierauf mit Schreiben vom 12. Juli 2022 und führte aus, dass die besagte Tür nicht als Durchgangstür gedacht sei. Sie sei nur mit einem Schlüssel zu öffnen. Am Tag der Kontrolle hätte das Personal des Antragstellers die Tür aus unbekanntem Grund geöffnet, obwohl der Antragsteller dies verboten habe. Mittlerweile habe er die Schlösser ausgebaut und die Tür baulich mit einer fest montierten Holzwand verschlossen, sodass ein Durchgang nicht mehr möglich sei. Es wurden verschiedene Lichtbilder mit Datum 12. Juli 2022 vorgelegt, auf denen die beiden (getrennten) Eingänge zur Gaststätte einerseits sowie zur Wettvermittlungsstelle andererseits und die mit einem Holzbrett verschlossene Durchgangstür abgebildet sind.
5
Daraufhin wurde dem Antragsteller mit Bescheid vom 2. August 2022 (gemäß Ziffer 2 des Bescheids widerruflich) die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle am genannten Standort erteilt.
6
Am 2. August 2023 fand durch Mitarbeiter der Regierung von ... sowie des Landratsamtes ... in der Wettvermittlungsstelle des Antragstellers eine unangekündigte Kontrolle nach dem Geldwäschegesetz statt. Ausweislich der im Anschluss gefertigten Aktenvermerke wurde im Rahmen der Kontrolle u.a. festgestellt, dass die anwesenden Gäste rege zwischen Gaststätte und Wettvermittlungsstelle hin- und hergewechselt hätten. Es habe ein geöffneter Durchgang bestanden. Das anwesende Personal sei gleichzeitig für die Gaststätte und die Wettvermittlungsstelle zuständig gewesen. Die Wettvermittlungsstelle sei nicht mit eigenem entsprechend geschultem Servicepersonal besetzt gewesen. Der Antragsteller selbst sei erst nach einiger Zeit zur Kontrolle dazu gekommen, nachdem er von seiner Tochter telefonisch kontaktiert worden sei. Er habe angegeben, dass sich der für die Wettvermittlungsstelle zuständige Mitarbeiter gerade im Urlaub befinde. Der Antragsteller selbst sei außer Haus gewesen, da er sich um eine weitere neue Wettvermittlungsstelle kümmern habe müssen. Daher sei zum Zeitpunkt der Kontrolle kein Personal anwesend gewesen. Die geldwäscherechtlichen Unterlagen habe der Antragsteller erst nach längerer Suche gefunden. Fragen hierzu hätte er nur unzureichend beantworten können. Bezüglich mehrerer zu Werbezwecken an der Wand hängenden Wettspielscheinen mit Wettgewinnen über 2.000,00 EUR habe der Antragsteller etwa angegeben, dass hier keine Kundenidentifizierung durchgeführt worden sei. Dass er hierzu verpflichtet sei, sei ihm nicht bewusst gewesen.
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Aufgrund der festgestellten Verstöße gegen glücksspiel- und geldwäscherechtliche Vorschriften wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 26. September 2023 und 24. Oktober 2023 zum beabsichtigten Widerruf der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und zur beabsichtigten Untersagung des weiteren Betriebs angehört. Aufgrund der Verstöße lasse sich die Zuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV nicht feststellen. Insbesondere die vorsätzliche und bewusste Missachtung des Trennungsgebots zwischen Sportwettvermittlung und Gaststätte mit Alkoholausschank und Geldspielgeräten sei als ausgeprägter Hang zur Missachtung von Rechtsvorschriften zu werten. Die im Antragsverfahren behaupteten Umbaumaßnahmen seien mutwillig und in vollem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit rückgängig gemacht worden. Hinzukomme, dass geldwäscherechtliche Präventionspflichten grundlegend ignoriert würden.
8
Der Antragsteller äußerte sich hierauf über seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 10. November 2023. Der Vorwurf, dass die Trennung der Einheiten mutwillig und in vollem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit rückgängig gemacht worden sei, werde zurückgewiesen. Die auf den Bildern vom Juli 2022 abgebildete Zwischentür sei nicht wieder geöffnet worden. Vielmehr befinde sich hinter dem Haupteingang nun eine neue, weitere Teilung in einen Kleinflur. Dahinter lägen die jeweils selbstständigen und getrennten Eingänge. Es gebe keine Verbindungstür zwischen Wettannahme und Gastronomiebereich. Die neue Eingangssituation sei auf Bitte der Hausverwaltung nach Rücksprache mit einem Architekten geschaffen worden. Entsprechende Bilder wurden vorgelegt. Es ergebe sich demnach hieraus kein Grund, eine Unzuverlässigkeit anzunehmen. Bezüglich der an der Wand hängenden Wettscheinen sei anzumerken, dass diese nur die maximale Gewinnmöglichkeit ausweisen würden, nicht jedoch einen tatsächlichen Gewinn, der zur Auszahlung gekommen sei. Die Schlussfolgerungen auf eine unterbliebene Kundenidentifizierung seien insoweit nicht nachvollziehbar. Womöglich sei es wegen dieses Missverständnisses vor Ort zu Unsicherheiten auf Seiten des Antragstellers gekommen, als man ihn zur Thematik des „Schwellenwerts“ einer Art Nachprüfung unterzogen habe. Zur Frage der Kundenidentifizierung sei anzumerken, dass bei Nutzung der Kundenkarte eine automatisierte Abfrage bei ... erfolge. Zum Vorwurf der fehlenden Aufsicht habe sich der Antragsteller vor Ort bereits eingelassen. Hierauf werde Bezug genommen. Allein der Umstand, dass hier ggf. der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt sei, reiche für einen Widerruf der Erlaubnis nicht aus. Es sei dem Gewerberecht fremd, dass ein Ordnungswidrigkeitenvorwurf per se auch zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führe. Die Anforderungen an den Widerruf seien hoch, da ein Entzug immer den größtmöglichen Eingriff in Art. 12 GG darstelle. Zudem sei der Antragsteller durch die Vorwürfe nun auch besonders sensibilisiert, sodass die Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Wettvermittlungsstelle zukünftig weiterhin bestehe.
9
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2023 widerrief die Regierung von ... gegenüber dem Antragsteller die mit Bescheid vom 2. August 2022 erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle mit Wirkung für die Zukunft (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids wurde angeordnet (Ziffer 2). Dem Antragsteller wurde untersagt, weiter Sportwetten in der Wettvermittlungsstelle in ... zu vermitteln sowie hierfür zu werben (Ziffer 3). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, den Abschluss und die Vermittlung neuer Wettverträge (Wettannahme) mit Bekanntgabe des Bescheids sofort (Ziffer 3.1) und die Abwicklung bereits geschlossener und vermittelter Wettverträge spätestens bis zum Ablauf von 90 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu unterlassen (Ziffer 3.2) sowie Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen und sonstige für den Wettbetrieb erforderliche Gegenstände spätestens bis zum Ablauf von 95 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids aus den Geschäftsräumen zu entfernen. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Unterlagen blieben durch diesen Bescheid unberührt (Ziffer 3.3). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 3.1 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR (Ziffer 4.1), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 3.2 ein solches in Höhe von 2.000,00 EUR (Ziffer 4.2) und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 3.3 ein solches in Höhe von 2.000,00 EUR (Ziffer 4.3) angedroht. Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenentscheidung sowie eine Gebührenfestsetzung (Ziffern 5 und 6).
10
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass jede Vermittlung öffentlicher Glücksspiele gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 der Erlaubnis bedürfe. Die Erlaubnis dürfe nur erteilt werden, wenn gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 2 AGGlüStV Versagungsgründe nicht ersichtlich seien und durch den Vertrieb des Glücksspielangebots den Zielen des § 1 GlüStV 2021 Rechnung getragen werde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG dürfe ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt u.a. widerrufen werden, wenn der Widerruf im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 sei die Erlaubnis widerruflich zu erteilen, weswegen Ziffer 2 des Erlaubnisbescheides einen Widerrufsvorbehalt enthalte. Der Widerruf erfolge in pflichtgemäßer Ermessensausübung. Nach den festgestellten Verstößen könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller ein zuverlässiger Sportwettvermittler sei. Gemäß Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV sei in den Räumen der Wettvermittlungsstelle im Hauptgeschäft die ständige Anwesenheit des Betreibers oder von im Sinn des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2021 geschultem Personal sicherzustellen. Dies sei bei der Kontrolle am 2. August 2023 nicht der Fall gewesen. Mangels ständiger Aufsicht seien Jugend- und Spielerschutz sowie die Geldwäscheprävention nicht erfüllt worden. Das Vorbringen, dass der zuständige Mitarbeiter im Urlaub gewesen sei, der Antragsteller kein Personal fände und er selbst mit der Einrichtung einer neuen Wettvermittlungsstelle beschäftigt gewesen sei, rechtfertigten den Verstoß nicht. Auch bei kurzen Abwesenheiten sei dafür zu sorgen, dass die Regelung des Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV umgesetzt werde, d.h. dass notfalls die Wettvermittlungsstelle kurzzeitig geschlossen werde, um sowohl die ständige Aufsicht als auch die Sperrdateiabfrage bei Betreten der Wettvermittlungsstelle zu gewährleisten. Weiter sei gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 AGGlüStV der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle im Hauptgeschäft unzulässig und die Erlaubnis hierfür zu versagen, wenn Sportwetten vermittelt werden in einem oder in einer funktionalen Einheit mit einem Gaststätten- oder Beherbergungsbetrieb, in dem Geld- oder Warenspielgeräte im Sinn des § 33c Abs. 1 der Gewerbeordnung aufgestellt seien oder andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit gemäß § 33d Abs. 1 Gewerbeordnung veranstaltet oder vermittelt würden. Die vorliegende Konstellation aus Gaststätte mit zwei Geldspielgeräten und der danebenliegenden Sportwettvermittlungsstelle stelle eine funktionale Einheit in diesem Sinne dar. Die anwesenden Mitarbeiter seien zum Zeitpunkt der Kontrolle sowohl für die Gaststätte als auch für die Wettvermittlungsstelle zuständig gewesen. Zudem sei der Durchgang zwischen beiden Örtlichkeiten geöffnet und für jeden nutzbar gewesen, was zum Zeitpunkt der Kontrolle auch rege praktiziert worden sei. Somit liege ein Verstoß gegen das Trennungsgebot zwischen Wettvermittlung und Gaststätte mit Alkoholausschank und Geldspielgeräten vor. Erschwerend komme hinzu, dass genau diese räumliche Verbindung zwischen Gaststätte und Wettvermittlungsstelle bereits im Antragsverfahren zur Erteilung einer Vermittlungserlaubnis festgestellt wurde und der Antragsteller anschließend versichert habe, dass er die Durchgangstüre nun baulich verschlossen habe. Der Antragsteller habe somit mutwillig und in vollem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit die im Antragsverfahren behaupteten Umbaumaßnahmen rückgängig gemacht und die funktionale Einheit mit der Gaststätte wiederhergestellt. Die vom Bevollmächtigten im Rahmen der Anhörung vorgetragene Rechtfertigung könne nicht durchgreifen, da (zivilrechtliche) Vorgaben der Hausverwaltung keinerlei Einfluss auf (öffentlich-rechtliche) glücksspielrechtliche Regelungen zur Örtlichkeit hätten. Außerdem dürften gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021 gesperrte Spieler an öffentlichen Glücksspielen nicht teilnehmen. Veranstalter und Vermittler seien verpflichtet, spielwillige Personen durch Kontrolle eines amtlichen Ausweises oder eine vergleichbare Identitätskontrolle zu identifizieren und einen Abgleich mit der Sperrdatei durchzuführen. Im terrestrischen Bereich sei der Abgleich in Wettvermittlungsstellen bei jedem Betreten vorzunehmen. Diese Verpflichtung zur Identifizierung und zum Sperrdateiabgleich sei vorliegend nicht erfüllt worden. Zwar sei ein Kundenkartenlesegerät vor Ort gewesen, mit welchem der Sperrdateiabgleich nach der Aussage des Antragstellers durchgeführt werden könne. Da jedoch keine Aufsichtsperson anwesend gewesen sei, könne jeder Spieler bzw. jede Spielerin irgendeine Kundenkarte auflegen, um sich freizuschalten. Eine Identifikation sei so nicht gewährleistet. Schließlich seien mehrere Verstöße gegen geldwäscherechtliche Vorschriften festgestellt worden. Die Unkenntnis des Antragstellers in Bezug auf die geldwäscherelevanten Vorschriften und Pflichten, in Bezug auf das Vorhandensein der Auslegungs- und Anwendungshinweise in schriftlicher Form, auf Vorhandensein der geldwäscherelevanten Unterlagen in der Wettvermittlungsstelle und die Pflicht, diese auf Verlangen nach § 52 Absatz 1 Nr. 2 GwG vorzulegen, würden darauf hinweisen, dass die internen Sicherungsmaßnahmen gemäß § 6 Absatz 1, 2 Nr.6 GwG nicht geschaffen worden seien. Die Identifizierungspflicht (§ 11 GwG) werde bei terrestrischen Glücksspielen bei Erreichen des Schwellenwertes von 2.000,00 Euro für Einsätze oder Gewinne ausgelöst. Die Identifizierung von Kunden mit Wettgewinnen und Einsätzen über 2.000,00 Euro sei gänzlich unterblieben bzw. habe mangels ständiger Aufsicht auch gar nicht erfolgen können. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV dürfe die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 nur erteilt werden, wenn der Veranstalter oder Vermittler zuverlässig sei, insbesondere die Gewähr dafür biete, dass die Veranstaltung und die Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer sowie für die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt werden. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers als Sportwettvermittler lasse sich jedoch unter den gegebenen Umständen nicht feststellen. Insbesondere die vorsätzliche und bewusste Missachtung des Trennungsgebotes zwischen Sportwettvermittlung und Gaststätte mit Alkoholausschank und Geldspielgeräten sei als ausgeprägter Hang zur Missachtung von Rechtsvorschriften zu werten. Hinzukomme, dass geldwäscherechtliche Präventionspflichten grundlegend ignoriert würden. Die zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorhandene ständige Aufsicht durch geschultes Personal stelle eine schwerwiegende Missachtung des Spieler- und Jugendschutzes dar. Das Vorbringen des Antragstellers, dass es sich bei der vorgefundenen Situation um eine Ausnahme gehandelt habe, welche zufälligerweise zum Zeitpunkt der Kontrolle aufgetreten sei, sei wenig glaubhaft. Aus diesen Gründen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller bei der weiteren Vermittlung von Sportwetten die rechtlichen Regelungen beachten werde. Der Widerruf sei geeignet, erforderlich und angemessen. Ein milderes Mittel, um die Vermittlung von Sportwetten durch einen unzuverlässigen Vermittler zu unterbinden, sei nicht ersichtlich. Der Widerruf sei auch angemessen. Das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Rechtsordnung sowie im Konkreten der Wahrung des Spieler- und Jugendschutzes bei der Sportwettvermittlung würden das Interesse des Antragstellers am Fortbestand der Vermittlungserlaubnis überwiegen. Die sofortige Vollziehung werde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse besonders angeordnet. Das Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die widerrufene Vermittlungserlaubnis weiterhin nutzen zu können und somit Sportwetten trotz der eigenen Unzuverlässigkeit weiter zu vermitteln, trete hinter dem öffentlichen Interesse einer rechtmäßigen Sportwettvermittlung zurück. Das Interesse an der Ausübung der glücksspielrechtlichen Tätigkeit sei überwiegend wirtschaftlicher Natur, wohingegen das Interesse der Allgemeinheit sich auf die Abwehr von Gefahren im Rahmen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Suchtprävention beziehe. Zudem sei die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Erlaubniswiderrufs aus den o. g. Gründen notwendig, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass illegales Glücksspiel rechtssicher unterbunden werden könne. Die besondere Wichtigkeit dieser Anordnung als Maßnahme zum Jugend- und Spielerschutz ergebe sich insbesondere auch aus § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021, wonach Klagen gegen Anordnungen der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV 2021, etwa Untersagungsanordnungen, keine aufschiebende Wirkung hätten.
11
Die Untersagung des weiteren Betriebs der Wettvermittlungsstelle erfolge als Maßnahme der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021. Der Antragsteller als terrestrischer Sportwettvermittler sei der richtige Adressat der Untersagung. Als Handlungsstörer könne dieser die Gefahr effektiv beseitigen. Die Untersagung erfolge in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und sei auch verhältnismäßig. Die Erlaubniserteilung sei aus den oben dargestellten Gründen ausgeschlossen und stelle somit kein milderes Mittel dar. Die Untersagung des weiteren Betriebes der Wettvermittlungsstelle sei geeignet und auch erforderlich, um unerlaubtes Glücksspiel zu unterbinden. Die Untersagung sei auch angemessen, da das Interesse des Antragstellers an der Fortführung der Sportwettvermittlung in o.g. Örtlichkeit gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung des Abschlusses von Wetten in illegalen Wettvermittlungsstellen zurückstehen müsse. Zudem werde durch die Staffelung der einzelnen Verpflichtungen der Untersagungsanordnung einerseits dem Ziel Rechnung getragen, das unerlaubte Glücksspielangebot möglichst schnell zu beenden. Andererseits werde mit diesem Vorgehen dem Interesse des Antragstellers, aber auch der Kunden, an einer geordneten Abwicklung der Wettvermittlungsstelle Rechnung getragen. Angesichts dessen, dass der Antragsteller spätestens seit den Anhörungsschreiben gewusst habe, dass die Regierung von ... den Wettbetrieb untersagen könnte, sei es zumutbar, die Wettannahme in der Wettvermittlungsstelle sofort nach Bekanntgabe des Bescheids zu beenden. Der Abschluss und die Vermittlung neuer Wettverträge in Form eines Unterlassens könne faktisch ohne weitere Maßnahmen erfolgen. Gewinnauszahlungen aus bereits abgeschlossenen Wettverträgen könnten vorgenommen werden. Hierzu würden dem Wettvermittler 90 Tage die entsprechenden technischen Einrichtungen zur Verfügung stehen.
12
Die Androhung der Zwangsgelder stütze sich auf Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 29, Art. 30 Abs. 1 Satz 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2021. Es sei verfehlt, bei Duldungs- und Unterlassungspflichten eine Vollstreckungsfristbestimmung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zu fordern. Vom Duldungs- oder Unterlassungspflichtigen könne erwartet werden, dass er der im Grundverwaltungsakt enthaltenen Aufforderung, nichts zu tun, bereits von dem Zeitpunkt an nachkomme, in dem die Aufforderung wirksam werde. Die Höhe der Zwangsgelder entspreche dem geschätzten wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der Fortführung des Wettbetriebs. Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 6 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.IV.1/2.1 analog.
13
Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
14
Am 29. Januar 2024 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage gegen den Bescheid vom 29. Dezember 2023 erheben (Au 8 K 24.200). Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht ergangen.
15
Mit Schreiben vom 22. April 2024 teilte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller mit, dass das unter Ziffer 4.3 des Bescheids vom 29. Dezember 2023 angedrohte Zwangsgeld i.H.v. 2.000,00 EUR fällig geworden sei. Bei einer Kontrolle durch die Stadt ... sei festgestellt worden, dass sich die komplette Wettausstattung (Wettterminals, Kassen-PC, Informationsmaterial) noch in der Wettvermittlungsstelle befinden würde. Zudem sei die Außenwerbung nicht entfernt worden.
16
Mit Bescheid vom 10. Mai 2024 drohte der Antragsgegner ein erneutes Zwangsgeld i.H.v. 3.000,00 EUR für den Fall an, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung nach Ziffer 3.3 des Ausgangsbescheides vom 29. Dezember 2023 nicht bis spätestens 28. Mai 2024 nachkomme. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2024 ließ der Antragsteller auch gegen diesen Bescheid Klage erheben, über welche noch nicht entschieden ist (Au 8 K 24.1278).
17
Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2024 ließ der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren beantragen,
18
Die aufschiebende Wirkung der Klage Au 8 K 24.200 gegen den Bescheid der Regierung von ... vom 29. Dezember 2023 wird hinsichtlich der Ziffern 1., 3. und 4. wiederhergestellt bzw. angeordnet.
19
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid vom 29. Dezember 2023 offensichtlich rechtswidrig sei und den Antragsteller in seinen Rechten verletzte. Der Widerruf stelle den stärksten Eingriff dar, da der Antragsteller seine grundrechtlich geschützte Tätigkeit insgesamt nicht mehr ausüben könne. Der Widerruf sei mindestens unverhältnismäßig. Vor allem erweise sich aber die Untersagungsverfügung in Ziffer 3 des Bescheids in ihrer konkreten Ausgestaltung als rechtswidrig. Selbst für den Fall, dass das Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung der Auffassung sein sollte, dass der Widerruf als offensichtlich rechtmäßig und die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei Abwägung der Interessen als gerechtfertigt anzusehen sei, so habe der Antragsteller doch unstreitig die Unterlassungsaufforderungen unter Ziffern 3.1 und 3.2 befolgt. Vor diesem Hintergrund erschließe sich die Notwendigkeit der Verpflichtung in Ziffer 3.3 (Entfernung von Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen etc.) nicht. Die Durchsetzung glücksspielrechtlicher Ziele sei bereits durch die Schließung der Betriebsstätte sichergestellt. Außerdem sei auszuführen, dass der behauptete Rückbau der zunächst verschlossenen Tür nicht erfolgt sei. Der Bescheid stütze sich hier auf eine falsche Behauptung. Zwar hätten im vorderen Eingangsbereich auf Wunsch des Vermieters kleinere Umbaumaßnahmen stattgefunden, die funktionale Trennung sei dadurch jedoch nicht aufgehoben worden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei mit dem ausgesprochenen Widerruf nicht gewahrt. Im Gewerberecht sei es üblich, dass bei Kontrollen festgestellte Verstöße zunächst auf einer bußgeldrechtlichen Ebene geahndet werden. Der Widerruf sei erst die letzte Stufe einer Ahndung. Ergänzend werde auf die im Anhörungsverfahren gemachten Angaben Bezug genommen.
20
Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
21
Daneben ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. Mai 2024 auch einen Eilantrag gerichtet auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 10 Mai 2024 (Au 8 K 24.1278) stellen (Au 8 S 24.1279). Außerdem begehrt er die Verpflichtung des Antragsgegners, aus der Zwangsgeldfälligstellung vom 22. April 2024 keine Beitreibung vorzunehmen (Au 8 E 24.1282). Über diese beiden Anträge wurde noch nicht entschieden.
22
Der Antragsgegner beantragt,
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Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers hinsichtlich der Ziffern 1., 3. und 4. des Bescheids der Regierung von ... vom 29.12.2023, Az., wird abgelehnt.
24
Zur Begründung führt der Antragsgegner unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 29. Dezember 2023 im Wesentlichen aus, dass die zu treffende Interessensabwägung vorliegend zugunsten des Antragsgegners ausfalle. Das Interesse des Antragstellers an der Außervollzugsetzung werde durch dessen wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung des Betriebs der Wettvermittlungsstelle, das Vollzugsinteresse des Antragsgegners durch die überragenden Ziele der Verhinderung der Spiel- und Wettsucht sowie des Jugend- und Spielerschutzes, letztlich des Gesundheitsschutzes der potentiellen Kunden und damit der Allgemeinheit bestimmt. Der Widerruf sei rechtmäßig ergangen. Es habe im Zeitpunkt der Kontrolle keine bauliche Trennung zwischen Wettvermittlung und Gaststätte mit Geldspielgeräten gegeben. Die Situation sei durch die Bauaufsicht des Landratsamtes ... bei einer Baukontrolle am 12. Dezember 2023 bestätigt worden. Die neuerlich vorgelegten Fotos könnten die festgestellte Situation nicht widerlegen, im Übrigen sei nicht erkennbar, zu welchem Zeitpunkt die Bilder gemacht wurden. Selbst wenn man auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abstelle und zu diesem Zeitpunkt die funktionale Trennung vorläge, was ausdrücklich bestritten werde, könne aufgrund der bei den letzten Kontrollen festgestellten Verstöße nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller ein zuverlässiger Sportwettvermittler sei. Auf die Ausführungen im Bescheid werde insoweit verwiesen. Soweit der Antragsteller es nicht für erforderlich halte, die Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen und sonstige für den Wettbetrieb erforderlichen Gegenstände aus den Geschäftsräumen zu entfernen, könne dem nicht gefolgt werden. Zwar sei der Standort durch das Wettveranstaltungsunternehmen gesperrt. Solange jedoch an dem Gebäude außen die Beklebung vorhanden sei, vermittle dies den Eindruck, dass die Wettvermittlungsstelle noch „aktiv“ sei. Potentielle Kunden könnten vermuten, dass die Wettvermittlungsstelle nur vorübergehend nicht geöffnet sei. Vor allem der Werbeeffekt für die Sportwettvermittlung bleibe fortwährend bestehen. Damit dieser Eindruck nicht aufrechterhalten werde, sei es notwendig, die Werbung an den Außenflächen der Wettvermittlungsstelle unverzüglich zu entfernen. Es sei zudem auch notwendig, die technischen Einrichtungen, Wettterminals, etc. aus den Räumen zu entfernen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller durch die bauliche Situation mit der Verbindungstür eine Situation geschaffen hat, in der kurzfristig durch Öffnen der Türe Personen die Wettvermittlungsstelle betreten könnten, müssten die Geräte entfernt werden, um der Gefahr, dass kurzfristig der Betrieb wiederaufgenommen werde, entgegen zu wirken. Bei der Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Vollzug des rechtmäßigen Verwaltungsaktes und dem Interesse des Antragsstellers auf Aussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung überwiege das Interesse des Antragsgegners. Zum wirtschaftlichen Interesse habe der Antragsteller nichts substantiiert vorgetragen. Es könne angenommen werden, dass die Wettvermittlungsstelle nicht die einzige und existenzsichernde Einnahmequelle sei. Hingegen bestehe ein hohes Interesse daran, potentielle Kunden davor zu schützen, in einer Wettvermittlungsstelle zu spielen, deren Betreiber sich als unzuverlässig erwiesen habe. An jedem Tag, an dem die Wettvermittlungsstelle (wieder bzw. weiter) geöffnet habe, könnte es dazu kommen, dass Kunden nicht ordnungsgemäß identifiziert würden und somit gesperrte Spieler spielen. Die sich daraus ergebenden Folgen, wie z.B. Spielsucht könnten erheblich und auf lange Zeit irreversibel sein. Das Interesse, dies zu verhindern, überwiege das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache Umsätze aus dem Betrieb der Wettvermittlungsstelle zu generieren.
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Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen verwiesen.
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Mit Schreiben vom 10. Juli 2024 wies der Bevollmächtigte des Antragstellers unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergänzend darauf hin, dass auch im Falle eines im Erlaubnisbescheid enthaltenen Widerrufsvorbehalts bei der Entscheidung über den Widerruf stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sei. Angesichts der schwerwiegenden Folgen, die sich für den Gewerbebetreibenden bei einem Widerruf seiner Erlaubnis ergeben, sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in solch einem Fall besonders zu beachten.
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Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (auch in den Verfahren Au 8 K 24.200, Au 8 K 24.1278, Au 8 S 24.1279 und Au 8 E 24.1282) sowie die vorliegende Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, allerdings unbegründet.
29
1. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürften sich die Ziffern 1, 3 und 4 des verfahrensgegenständlichen Bescheids zum derzeitigen Sach- und Streitstand voraussichtlich als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen, sind nicht ersichtlich. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die Rechtslage noch offen ist, fällt im Übrigen eine reine Interessensabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus.
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a) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits sowie dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 65 ff. m.w.N.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 136 ff.).
31
Soweit die Behörde – wie hier bzgl. der Ziffer 1 des Bescheids – die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits – wie bzgl. der Ziffern 3 und 4 des Bescheids der Fall – kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. hierzu etwa Eyermann/Hoppe, VwGO, § 80 Rn. 54 ff., 98 m.w.N.).
32
b) Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage bzgl. der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids wiederherzustellen bzw. bzgl. der Ziffern 3 und 4 anzuordnen, ist zulässig, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO (gerichtet auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung) bzw. gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021 vom 29.10.2020 – GlüStV 2021; Beschluss des Bayerischen Landtags vom 24.2.2021, GVBl S. 97, S. 288) respektive Art. 21a Satz 1 VwZVG (gerichtet auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung) statthaft.
33
c) Die in Ziffer 2 des Bescheids hinsichtlich der Ziffer 1 verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt.
34
An die Begründung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht jede schriftliche Begründung, welche zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, welche die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt aus § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen. Bei immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen kann sich die Behörde darauf beschränken, die insoweit typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt. Auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung kommt es für die Frage ihrer formellen Rechtmäßigkeit nicht an (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, § 80 Rn. 54 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 80 Rn. 84 ff. je m.w.N.).
35
Die vorliegend vom Antragsgegner gegebene Begründung genügt den Anforderungen i.S.d. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Angesichts der Gefahren des Glücksspiels besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, diese Risiken möglichst gering zu halten bzw. eine effektive Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht und u.a. die Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV 2021) zu bewerkstelligen. Auf diese für den Betrieb einer Wettvermittlungsstelle typische Interessenslage (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, § 80 Rn. 55) hat auch der Antragsgegner im konkreten Fall in nicht zu beanstandender Weise abgestellt, indem er die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Wesentlichen mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Abwehr von Gefahren im Rahmen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Suchtprävention begründet hat.
36
Der Antragsgegner hat der Sache nach die widerstreitenden Interessen erkannt und seiner konkreten Abwägung und Prüfung im Lichte der besonderen Gefährdungslage im Rahmen des Glückspielrechts, auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021, zugrunde gelegt. Er hat auch zu erkennen gegeben, weswegen er eine Anordnung des Sofortvollzugs für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs unerheblich (vgl. zum Ganzen auch VG Augsburg, B.v. 18.1.2023 – 8 S 22.2471 – juris Rn. 32 ff.).
37
d) Die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der in Ziffer 1 des Bescheids verfügte Widerruf der glücksspielrechtlichen Erlaubnis aller Voraussicht nach keinen rechtlichen Bedenken begegnet, da er sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
38
(1) Der Widerruf der Erlaubnis findet seine Grundlage in Art. 49 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft unter anderem dann widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist (Nr. 1) oder wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (Nr. 3).
39
Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG gestattet den Widerruf einer Erlaubnis durch die Behörde nur nach Maßgabe des Widerrufsvorbehalts, insbesondere unter Beachtung darin enthaltener Beschränkungen oder näherer Voraussetzungen. Der Widerruf darf zudem nur aus den in den betreffenden Rechtsvorschriften vorgezeichneten Zwecken und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 49 Rn. 35). Ob der gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Widerruf hier (allein) auf den im Bescheid vom 2. August 2022 in Ziffer 2 ohne weitere inhaltliche Voraussetzungen zugelassenen Widerrufsvorbehalt gestützt werden kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
40
Denn jedenfalls liegen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG vor, die einen Widerruf in der Sache rechtfertigen. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
41
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Aufgrund der – jedenfalls nach summarischer Prüfung – nachträglich festgestellten Verstöße gegen glücksspielrechtliche Vorschriften, insbesondere die nachträglich angenommene Unzuverlässigkeit des Antragstellers, wäre der Antragsgegner berechtigt, die glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht zu erlassen (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV)).
42
(2) Zur Begründung wird zunächst entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die umfassende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 29. Dezember 2023, die sich das Gericht nach eigener Prüfung vollumfänglich zu eigen macht, verwiesen. Der Vortrag des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren vermag weder die tatsächlichen Feststellungen des Antragsgegners noch die daraus von ihm gefolgerte glücksspielrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu erschüttern.
43
(a) Zunächst spricht aus Sicht der Kammer einiges dafür, dass hier eine funktionale Einheit zwischen der Wettvermittlungsstelle des Antragstellers und der von ihm unter derselben Anschrift betriebenen Gaststätte mit Geldspielgeräten im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 AGGlüStV besteht. Danach ist der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle unzulässig und die Erlaubnis hierfür unbeschadet Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV zu versagen, wenn Sportwetten vermittelt werden in einem oder in einer funktionalen Einheit mit einem Gaststättenbetrieb, in dem Geld- oder Warenspielgeräte im Sinne des § 33c Abs. 1 der Gewerbeordnung aufgestellt sind oder andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit gemäß § 33d Abs. 1 Gewerbeordnung veranstaltet oder vermittelt werden.
44
Vorliegend betreibt der Antragsteller unter derselben Anschrift wie die Wettvermittlungsstelle auch eine Gaststätte (Sportkneipe), in der sich unstrittig jedenfalls zwei Geldspielgeräte befinden. Für eine funktionale Einheit zwischen Gaststätte und Wettvermittlungsstelle spricht bereits, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle das anwesende Personal gleichzeitig für beide Betriebe zuständig war und sich die anwesenden Gäste offensichtlich rege zwischen der Gaststätte und der Wettvermittlungsstelle hin- und her begeben haben. Ob die ursprünglich vorhandene Durchgangstüre zwischen den beiden Betrieben, die der Antragsteller nach seinen Angaben im Juli 2022 (im Zuge des Verfahrens zur Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis) durch bauliche Maßnahmen dauerhaft so verriegelt hat, dass ein Durchgang nicht mehr möglich war, zwischenzeitlich wieder geöffnet wurde, ist aus den von den Beteiligten vorgelegten Fotos jedenfalls nicht eindeutig ersichtlich. Offenbar wurde der Eingangsbereich – auf Bitten der Hausverwaltung des Antragstellers – seit Erlaubniserteilung dergestalt umgestaltet, dass es aktuell einen gemeinsamen „Vorraum“ für Gaststätte und Wettvermittlungsstelle gibt, dieser sich dann jedoch aufteilt und man über zwei jeweils getrennte Türen entweder die Gaststätte oder die Wettvermittlungsstelle betreten kann. Wie sich die bauliche Situation bzw. die Laufwege im Einzelnen darstellen, ist den Fotos nicht eindeutig zu entnehmen, sodass es hier ggf. im Hauptsacheverfahren noch näherer Aufklärung bedarf. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung für die Annahme einer funktionalen Einheit bereits ausreichen dürfte, dass die Wettvermittlung an die Gaststätte angeschlossen ist und allein ein separater Eingang an der Annahme einer funktionalen Einheit nichts ändern dürfte (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.2.2019 – RN 5 S 19.4 – juris Rn. 46).
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(b) Im Ergebnis kommt es auf die Frage, ob hier eine funktionale Einheit im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 AGGlüStV vorliegt, jedoch nicht entscheidungserheblich an. Denn jedenfalls ergibt sich aus der Summe der übrigen im Rahmen der Kontrolle vom 2. August 2023 festgestellten Verstöße die Unzuverlässigkeit des Antragstellers gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV, sodass der Widerruf der Erlaubnis jedenfalls vor diesem Hintergrund gerechtfertigt war.
46
Nach Auffassung des Gerichts fällt hier insbesondere der Verstoß gegen Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV, wonach in den Räumen der Wettvermittlungsstelle im Hauptgeschäft die ständige Anwesenheit des Betreibers oder von im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2021 geschultem Personal sicherzustellen ist, erheblich ins Gewicht. Eine Wettvermittlung ohne die Anwesenheit von entsprechend geschultem Personal verstößt gegen die Zielbestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags zum Spielerschutz (LT-Drs. 18/5861, S. 10). Auch bei kurzfristigen Abwesenheiten der Aufsichtspersonen ist die Wettvermittlungsstelle gegen unbefugten Zutritt zu sichern, um die Einhaltung des glücksspielrechtlichen Ziels des Jugend- und Spielerschutzes zu jeder Zeit zu gewährleisten (vgl. VG Gießen, B.v. 15.3.2023 – 4 L 2673/22 Gi – juris Rn. 40 f.). Ausweislich der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 18/5861, S. 10) ist bei einem Verstoß gegen die Anforderungen des Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV zu prüfen, ob die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers weiterhin gegeben ist. Der Gesetzgeber ging hierbei davon aus, dass bei wiederholten Verstößen oder aber einem einmaligen, aber besonders gravierenden Verstoß die Zuverlässigkeit in der Regel nicht mehr gegeben sein wird.
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Vorliegend ist von einem besonders gravierenden Verstoß auszugehen. Dem Aktenvermerk vom 3. August 2023 ist zu entnehmen, dass die Wettvermittlungsstelle zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht besetzt war. Ein Mitarbeiter der Gaststätte, der offensichtlich auch als Kassenkraft für die Wettvermittlungsstelle zuständig gewesen sei, habe im Gastraum bedient. Die Kontrolleurin habe sich somit minutenlang komplett allein in den Räumlichkeiten der Wettvermittlungsstelle aufgehalten. Gerade bei örtlichen Gegebenheiten, wo sich – wie vorliegend – die Wettvermittlungsstelle unmittelbar neben einer Gaststätte mit laufendem Publikumsverkehr befindet und daher davon auszugehen ist, dass die Wettvermittlungsstelle regelmäßig gerade auch von interessierter „Laufkundschaft“ betreten wird, ist eine fehlende Aufsicht vor dem Hintergrund des Jugend- und Spielerschutzes nicht hinnehmbar. Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass es sich nicht nur um eine kurzfristige Abwesenheit von wenigen Minuten gehandelt haben dürfte, da sich der zuständige Mitarbeiter im Urlaub befand und der Antragsteller selbst nach eigenen Angaben anderweitig unterwegs war. Die diesbezüglichen Einlassungen des Antragstellers nach seinem Eintreffen legen den Schluss nahe, dass ihm der Verstoß gegen die Aufsichtspflicht durchaus bewusst war, er diesen jedoch billigend in Kauf genommen hat, da er sich selbst um eine andere Wettvermittlungsstelle kümmern habe müssen.
48
Mit der soeben genannten Zuwiderhandlung einher geht der festgestellte Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2, Abs. 3 GlüStV 2021, wonach gesperrte Spieler an öffentlichem Glücksspiel nicht teilnehmen dürfen und der Vermittler daher verpflichtet ist, spielwillige Spieler mittels eines amtlichen Ausweises oder einer vergleichbaren Identitätskontrolle zu identifizieren und einen Abgleich mit der Sperrdatei nach § 23 GlüStV 2021 durchzuführen. Mangels Anwesenheit von geschultem Personal war ein solcher Sperrdatenabgleich zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht gewährleistet. Dem Antragsgegner ist hier beizupflichten, dass allein das Vorhandensein eines entsprechenden Geräts zum Sperrdatenabgleich nicht ausreicht, wenn kein Mitarbeiter anwesend ist, der den Abgleich auch tatsächlich durchführt.
49
Hinzukommen vorliegend schließlich die im Aktenvermerk vom 3. August 2023 festgehaltenen Verstöße gegen geldwäscherechtliche Pflichten nach § 6 Geldwäschegesetz (GwG) (Pflicht zu internen Sicherungsmaßnahmen) sowie § 11 GwG (Pflicht zur Identifizierung von Kunden mit Wettgewinnen und Einsätzen über 2.000,00 EUR). Diesbezüglich bestehen nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner diese Verstöße zu Unrecht geltend macht.
50
Dass im Rahmen einer weiteren Kontrolle am 22. November 2023 u.a. hinsichtlich der Anwesenheit von Aufsichtspersonal, Sozialkonzept, Schulungsunterlagen und ... -Anbindung keine Verstöße festgestellt wurden, ist für den Widerruf der Erlaubnis unerheblich. Denn – von Bagatellfällen abgesehen – rechtfertigt grundsätzlich auch ein einmaliger Verstoß gegen glücksspielrechtlichen Pflichten den Widerruf der Erlaubnis (so auch VG Gießen, B.v. 15.3.2023, a.a.O. Rn. 42). Dies muss umso mehr gelten, wenn – wie hier – Verstöße gegen mehrere Rechtsvorschriften vorliegen.
51
(3) Ermessensfehler des Antragsgegners in Bezug auf seine Entscheidung, die Erlaubnis zu widerrufen, sind nicht ersichtlich.
52
Insbesondere verstößt der Widerruf nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Widerruf der Erlaubnis dient der Sicherstellung des Jugend- und Spielerschutzes im Rahmen des staatlich überwachten Glücksspiels und damit einem in § 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV 2021 anerkannten Ziel, das zudem Ausdruck der staatlichen Pflicht zum Schutz der Gesundheit seiner Bürger nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist. Zur Erreichung dieses Ziels ist der Widerruf geeignet. Es fördert den Jugend- und Spielerschutz, indem einer Wettvermittlungsstelle, in der Verstöße gegen den Jugend- und Spielerschutz stattgefunden haben, die Erlaubnis zur Wettvermittlung entzogen wird. Auf diese Weise werden potentielle weitere Verstöße umfassend verhindert. Der Widerruf ist auch erforderlich. Dies ist der Fall, wenn kein milderes, gleich geeignetes Mittel vorhanden ist, das den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführen würde. Hier wäre etwa die Erteilung weiterer Auflagen oder eine höhere Kontrolldichte nicht ebenso effektiv wie der Widerruf der Erlaubnis. Gleiches gilt für die Verhängung eines Bußgeldes, welches in erster Linie dazu bestimmt ist, die in der Vergangenheit liegenden Verstöße entsprechend zu ahnden, während der Widerruf am Begriff der Unzuverlässigkeit und damit an der Prognose, ob der Betrieb in Zukunft ordnungsgemäß erfolgen wird, anknüpft. Die vorliegend festgestellten erheblichen Verstöße gegen die Bestimmungen der Erlaubnis lassen geringer einschneidende Maßnahmen als einen Erlaubniswiderruf nicht als ebenso effektiv erscheinen. Aus diesen Gründen ist der Widerruf der Erlaubnis auch als angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne) zu werten, zumal überwiegende (betriebliche oder wirtschaftliche) Interessen des Antragstellers auch nicht substantiiert geltend gemacht wurden oder sonst ersichtlich sind (vgl. zum Ganzen VG Gießen, B.v. 15.3.2023, a.a.O. Rn. 47 ff.).
53
(4) Da ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG) und die Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ebenfalls gewahrt ist, erweist sich der Widerruf der Erlaubnis in Ziffer 1 des Bescheids demnach als voraussichtlich rechtmäßig.
54
e) Die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Maßnahmen sind zum derzeitigen Sach- und Streitstand voraussichtlich rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
55
(1) Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen bildet § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021. Danach kann die Glücksspielaufsicht die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall treffen, um die Erfüllung der nach dem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund des Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GlüStV 2021). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2021 kann die Glückspielaufsichtsbehörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Ausweislich § 4 Abs. 1 GlüStV 2021 stellt das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele ohne eine Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes ein unerlaubtes Glücksspiel dar.
56
(2) Nachdem die Erlaubnis des Antragstellers vorliegend widerrufen wurde und sich der Widerruf nach den obigen Ausführungen als voraussichtlich rechtmäßig erweisen wird, ist vorliegend davon auszugehen, dass es sich bei der Wettvermittlungsstelle des Antragstellers um unerlaubtes Glücksspiel handelt, da sie ohne die notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis betrieben wird. Die ohne eine Erlaubnis betriebene Einrichtung erweist sich als formell illegal und unterfällt damit dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 GlüStV 2021. Ihr weiterer Betrieb darf zumindest dann untersagt werden, wenn – wie der Antragsgegner hier angenommen hat – auch die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nicht gegeben sind und damit die Erteilung einer Erlaubnis als milderes Mittel nicht in Betracht kommt. Dies ist vorliegend der Fall. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.
57
Auch die Staffelung der verfügten Untersagung wird sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen: Die in Ziffer 3.1 des verfahrensgegenständlichen Bescheids getroffene Verfügung, den Abschluss und die Vermittlung neuer Wettverträge (Wettannahme) mit Bekanntgabe des Bescheids sofort zu unterlassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die sofortige Einstellung des Abschlusses und der Vermittlung neuer Wettverträge ist tatsächlich bzw. technisch und rechtlich ohne Weiteres, d.h. ohne weitere Maßnahmen oder Vorkehrungen möglich. Die „gestaffelten“ Fristen in Ziffern 3.2 und 3.3 begegnen ebenfalls keinen Bedenken. Die Dauer der gesetzten Fristen von spätestens bis zum Ablauf von 90 bzw. 95 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides ist für die verfügte Abwicklung bzw. Entfernung benannter Einrichtungen und Gegenstände angemessen. Etwas Anderes ist weder dargelegt noch, zumal bei summarischer Prüfung, ersichtlich.
58
Von der Rechtsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021) ist es außerdem gedeckt, dem Antragsteller in Ziffer 3.3 des streitgegenständlichen Bescheids gegenüber anzuordnen, Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen und sonstige für den Wettbetrieb erforderliche Gegenstände spätestens bis zum Ablauf von 95 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids aus den Geschäftsräumen zu entfernen. Dies ist gegenüber der bloßen Anordnung, die Betriebsstätte zu schließen, vor dem Hintergrund von weitreichenden Eingriffsbefugnissen im Rahmen der Glücksspielaufsicht und den Zielen des § 1 GlüStV 2021 nicht unverhältnismäßig. Eine insoweit umfassende Unterbindung unerlaubten Glücksspiels, als gerade dessen „Grundlage“ in Form der Betriebsmittel (wie hier Wettunterlagen, Werbeeinrichtungen, technische Einrichtungen und sonstige für den Wettvermittlungsbetrieb erforderliche Gegenstände) entzogen wird, stellt sich als angemessen dar. Die bloße Betriebsschließung ist hierzu kein milderes Mittel; sie unterbindet die (potentielle) Gefahr unerlaubten Glücksspiels bzw. deren jederzeitige Wiederaufnahme nicht in dem gleichen wirksamen Maß, wenn und weil sie den faktischen Zugriff auf die hierfür erforderlichen Betriebsmittel erlaubt (vgl. hierzu bereits VG Augsburg, B.v. 14.9.2022 – Au 8 S 22.1659 – juris Rn. 38).
59
(3) Der Antragsgegner hat im Übrigen erkannt, dass die nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 verfügte Untersagung in seinem Ermessen steht, dieses in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt sowie alle relevanten Belange mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Entscheidung eingestellt. Ermessensfehler sind, zumal bei summarischer Prüfung, nicht ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO). Die in Frage stehende Untersagung ist insbesondere auch verhältnismäßig.
60
Es begegnet zunächst keinen Bedenken, dass der Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid aufgrund der – wie oben dargelegt – formellen und materiellen Illegalität der betriebenen Wettvermittlungsstelle gleichsam hilfsweise auf die Figur des intendierten Ermessens Bezug nimmt und sinngemäß annimmt, dass in diesen Fällen regelmäßig kein Raum mehr für Ermessenserwägungen verbleibt und vorliegend auch nichts für einen atypischen Fall, für den etwas Anderes zu gelten vermag, ersichtlich ist (vgl. dazu VG Leipzig, B.v. 31.1.2022 – 5 L 23/22 – juris Rn. 45; vgl. allgemein auch BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 29). Dessen ungeachtet hat der Antragsgegner Ermessenserwägungen angestellt, ohne dass diese Fehler erkennen ließen.
61
Die verfügte Untersagung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist insbesondere verhältnismäßig. Sie ist geeignet, das Verbot unerlaubten Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 umzusetzen, und auch erforderlich, da eine Erlaubniserteilung nach obigen Maßgaben für die verfahrensgegenständliche Wettvermittlungsstelle nicht in Betracht kommt. Die Untersagung stellt sich auch als angemessen dar, indem das öffentliche Interesse an einer Unterbindung unerlaubten Glücksspiels das Interesse des Antragstellers am (illegalen) Betrieb der vorliegenden Wettvermittlungsstelle vorliegend überwiegt. Zudem trägt die Staffelung der Anordnungen dem Interesse des Antragstellers und seiner Kunden zur geordneten Abwicklung hinreichend Rechnung.
62
f) Schließlich sind auch die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden.
63
Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 5 VwZVG i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GlüStV 2021 und sind als geeignete und gleichzeitig mildeste Mittel vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere die Höhe der Zwangsgeldandrohungen, für welche das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers maßgeblich ist, steht mit Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GlüStV 2021 in Einklang. Das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers bemisst sich nach der Fortführung des Wettvermittlungsbetriebs. Davon ausgehend ergibt sich ein geschätztes wirtschaftliches Interesse des Antragstellers, das in der Höhe der angedrohten Zwangsgelder liegen dürfte. Fehler bei der Ermessensausübung sind nicht ersichtlich.
64
Schließlich steht der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller für die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung in Ziffer 3.1 des streitgegenständlichen Bescheids keine Frist gesetzt wurde. Nach dem Wortlaut der Regelung des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist für die Erfüllung der mit einer Zwangsgeldandrohung durchzusetzenden Verpflichtung zwar im Grunde eine Frist zu bestimmen. Allerdings gilt dies nach herrschender Auffassung unmittelbar nur für die Durchsetzung von Handlungs-, nicht aber von Duldung- oder Unterlassungspflichten (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2013 – 22 CS 13.590 – juris Rn. 14; B.v. 15.6.2000 – 4 B 98.819 – juris Rn. 20; U.v. 24.9.1985 – 20 B 85 A.17 – juris Ls. 2). In solchen Fällen ist eine Fristsetzung nur erforderlich, wenn die Erfüllung der Duldungs- oder Unterlassungspflicht (ausnahmsweise) weitere Handlungen oder Vorkehrungen nötig macht und daher eine gewisse „Reaktionsfrist“ geboten erscheint. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier allerdings nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass eine sofortige Einstellung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich wäre. Der Abschluss und die Vermittlung neuer Wettverträge kann nach Aktenlage sofort unterlassen werden. Besondere Vorkehrungen sind hierfür nicht zu treffen. Etwas Anderes wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. (Gesonderte) Bedenken gegenüber den Zwangsgeldandrohungen sind außerdem weder vorgetragen noch ersichtlich.
65
g) Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch wenn man davon ausgeht, dass die Rechtslage noch offen ist, im Übrigen auch eine reine Interessensabwägung zu Ungunsten des Antragstellers ausfällt.
66
Der Antragsteller hat nämlich keine qualifizierten und damit durchgreifenden Gründe substantiiert vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hinweisen, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Die im streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners verfügten Maßnahmen dienen dagegen v.a. der Verhinderung von Glücksspielsucht und Wettsucht sowie dem Jugend- und Spielerschutz und demgemäß dem Schutz überragender Rechtsgüter, namentlich dem Gesundheitsschutz (Art. 2 Abs. 2 GG). Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private (berufliche bzw. unternehmerische) Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung vorliegend zurückzustehen. Der Antragsteller betreibt weder nur die streitgegenständliche Wettvermittlungsstelle und verfügt damit nur über diese Einnahmequelle noch ist substantiiert dargelegt oder ersichtlich, dass er ohne den Weiterbetrieb insgesamt in seiner Existenz gefährdet wäre (vgl. bzgl. einer Untersagungsverfügung VG Augsburg, B.v. 14.9.2022 – Au 8 S 22.1659 – juris Rn. 81 ff.).
67
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
68
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.2, 54.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.