Titel:
Zeugnis zum Nachweis eines medizinischen Kontraindikation
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, S. 2
IfSG § 20 Abs. 12, Abs. 13 S. 1, Abs. 9 S. 1 Nr. 2 Alt. 2, Abs. 12 S. 1, S. 2, S. 3, S. 4, Abs. 13 S. 1
BayEUG Art. 37
Leitsätze:
1. Eine Eilbedürftigkeit, die eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes zu rechtfertigen vermag, kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Zeiten, um die es bei einem Rechtschutzgesuch geht, von vornherein begrenzt sind und die durchschnittliche Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens deutlich unterstreiten. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein ärztliches Zeugnis iSv § 20 Abs. 9 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG muss wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen; es genügt nicht, bloß den Gesetzeswortlaut zu wiederholen. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Sind diese Anforderungen gewahrt, so kommt einem Zeugnis nach § 20 Abs. 9 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Dieser kann bei Vorliegen gewichtiger Indizien erschüttert werden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eilbedürftigkeit, Anordnungsanspruch, Anordnungsgrund, medizinische Kontraindikation, ärztliches Zeugnis, Impfung gegen Masern, Beweiswert, Erschütterung, Anscheinsbeweis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 26059
Tenor
I. Es wird vorläufig festgestellt, dass durch Vorlage des ärztlichen Zeugnisses der Ärztin A. vom 5.7.2024 die Verpflichtung der Antragsteller zu 1) und 2) aus §§ 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, 13 Satz 1 IfSG bzgl. des Antragstellers zu 3) erfüllt worden ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsgegner hat 2/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Antragsteller zu 1), 2) und 3) haben 1/3 der Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller begehren die Anerkennung einer ärztlichen Bescheinigung als Nachweis i.S.v. § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG.
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Der Antragsteller zu 3), der Sohn der Antragsteller zu 1) und 2), besuchte von …2023 bis …2024 auf der Grundlage eines Betreuungsvertrages vom 28.7.2024 die Kindertageseinrichtung B. Der Betreuungsvertrag erlosch mit Ablauf des …2024 aufgrund einer Zusatzvereinbarung vom 28.9.2023 mangels Nachweises einer Masernimpfung gegenüber dem Gesundheitsamt Z. Der Antragsteller zu 3) ist weiterhin nicht gegen Masern geimpft. Er soll nach dem Willen seiner Eltern und Personensorgeberechtigten, der Antragsteller zu 1) und 2), möglichst bald wieder den o. g. Kindergarten besuchen.
3
Am 19.9.2023 wurde dem Gesundheitsamt durch die Antragsteller zu 1) und 2) eine ärztliche Bescheinigung vom 11.8.2023 der Ärztin A. aus C. vorgelegt. Das zugrundeliegende Sachverständigengutachten wurde nicht vorgelegt. In dem Nachweis heißt es auszugsweise:
„… ist seit 22.03.2023 in meiner ärztlichen Behandlung und wurde mehrmals von mir untersucht. … wurde zudem von 26.05.2023 – 08.08.2023 sach- und fachgerecht begutachtet. Der Impfsachverständige rät plausibel von aktiven und passiven Impfverfahren bis zum 18. Lebensjahr ab und verweist darauf, dass … nach Impfungen mit höchster Wahrscheinlichkeit immunologische Fehlreaktionen erleidet. Die vom Gutachter ermittelten und aufgeführten Vorerkrankungen sind zudem in den Fachinformationen der Masern-Impfstoffe als Gegenanzeige und Warnhinweise aufgeführt. … kann daher voraussichtlich bis mindestens 14.7.2030 noch nicht geimpft werden.“
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Am 22.9.2023 wurde ein weiteres ärztliches Attest derselben Ärztin vom 21.9.2023 vorgelegt, in dem es heißt:
„… ist in meiner ärztlichen Behandlung und wurde von mir untersucht. Aufgrund seiner Vorerkrankungen aus dem neurologischen und immunologischen Formenkreis mit V.a. Immundefizienz sind derzeit weitere Untersuchungen notwendig, um allergische und andere Fehlreaktionen auf die MMR-Impfung auszuschließen. Er kann voraussichtlich bis am …2024 nicht geimpft werden.“
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Dieses Attest wurde durch das Gesundheitsamt vorläufig bis zum …2024 anerkannt, um eine weitergehende Diagnostik zu ermöglichen, woraufhin die o.g. Zusatzvereinbarung geschlossen wurde.
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Mit Schriftsatz und Antrag vom 26.1.2024 begehrten die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anerkennung, damals des ärztlichen Zeugnisses vom 19.9.2023, als ärztliches Zeugnis i.S.v. § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG.
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Mit Beschluss vom 31.1.2024 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg diesen Antragt ab. Der Nachweis sei nicht ausreichend, um eine Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen, wie Sie der BayVGH in seiner Rechtsprechung voraussetze (BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 Cs 21.1651 – BeckRS 2021, 18528, RN. 14 ff.). Auf den Beschluss wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
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Am 16.2.2024 wurde dem Gesundheitsamt das dem Nachweis zugrundeliegende Gutachten vorgelegt. Der Gutachter, Dr. med. vet. P., zertifizierter Sachverständiger für Impfverfahren und Impfschäden nach DIN EN ISO/IEC 17024, kommt dabei zu dem Ergebnis, dass
„[a]ufgrund der Familienanamnese, der Eigenanamnese und bei Würdigung der vorliegenden immunologischen Fachliteratur […] aus medizinischer Sicht wegen mit höchster Wahrscheinlichkeit anzunehmender, schwerer Gesundheitsfolgen von der Anwendung jeglicher Impfverfahren (aktiv oder passiv) bei … dringend abzuraten“
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sei. Er führt dies insbesondere auf das Vorliegen verschiedener Erkrankungen bzw. auf den Verdacht des Vorliegens solcher zurück, u.a. infantiler Hämangiome, Milchschorfs, einer vererbbaren Impfkrankheit, einer Darm-Dysbiose und Immundefizienz, Verdachts auf schlafbezogene hypermotorische Epilepsie (aufgrund von Somnabulismus, Jakationen und Bruxismus) sowie Sprachentwicklungsstörungen, ferner auf Aspekte aus der Familienanamnese. Teil des Gutachtens sind verschiedene Anlagen, unter anderem ein Laborbericht der B1. GmbH betreffend eine Stuhldiagnostik. Auf das Gutachten einschließlich Anlagen sowie auf die diesbezüglichen Ausführungen im Schriftsatz und in den Akten wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Das Gesundheitsamt lehnte die Anerkennung des Gutachtens als Nachweis ab. Medizinische Aspekte, die eine Kontraindikation tatsächlich belegten, seien nicht ersichtlich. Es seien fachärztliche Zeugnisse von Humanmedizinern erforderlich (Schreiben vom 27.2.2024).
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Mit Schreiben vom 5.7.2024 legte die Antragstellervertreterin dann ein weiteres ärztliches Attest der Ärztin. A. aus C. vom 5.7.2024 vor. Dort heißt es:
„… ist seit 22.3.2023 in meiner ärztlichen Behandlung und wurde mehrmals von mir untersucht. Aus der von mir erhobenen Eigen-Anamnese ergaben sich deutliche Bedenken seiner Impffähigkeit, sodass ich die Vorstellung zu einem Gutachten mit weiteren Untersuchungen durch den EUzertifizierten Impfsachverständigen Dr. P. (DIN EN ISO/IEC 17024, Zertifizierungsnummer […]) [anonymisiert durch das Gericht] veranlasste. Als Ergebnis seiner Untersuchung mit Laborbefunden vom 26. Mai 2023 bis 8. August 2023 wurden sowohl Erkrankungen des Nervensystems (Jaktationen, Bruxismus, Somnabulismus DD SHE) als auch ein geschwächtes Abwehrsystem (Darm-Dysbiose und Immundefizienz) bei … festgestellt, die in den Beipackzettel des Masern-Impfstoffes Priorix als Gegenanzeige aufgeführt sind. Daher kann … voraussichtlich bis 31.12.2029 noch nicht geimpft werden.“
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Das Gesundheitsamt nahm hierzu mit Schreiben vom 10.7.2024 Stellung. Der Sachverständige sei ein Veterinärarzt. Das Attest mit ähnlichem Wortlaut sei bereits mehrfach vorgelegt worden. Es handele sich um die immer gleichen Angaben, die sich auf ein Gutachten bezögen, das bereits vorgelegt und abgelehnt worden sei. Bei den beschriebenen schweren Erkrankungen des Kindes müssten fachärztliche Befunde und Vorsorgeuntersuchungsergebnisse vorliegen. Die vorgelegten Unterlagen reichten dagegen zur Feststellung einer Impfunfähigkeit nicht aus. Auch das Attest der Ärztin A. werde dementsprechend nicht anerkannt. Es sei kein ausreichendes Zeugnis, da es keine konkreten Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalte.
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Mit Schriftsatz vom 12.8.2024 haben die Antragsteller den hiesigen Antrag stellen lassen. Das Gesundheitsamt ignoriere unberechtigterweise die zulässigen ärztlichen Zeugnisse des zertifizierten Sachverständigen, wobei es auch dessen weltweit gültige Zertifizierung sowie deren Gewicht missachte, sowie der Ärztin A. Hierzu gebe es keine Berechtigung, die Unterlagen genügten ohne Zweifel zur Durchführung einer Plausibilitätskontrolle, wie sie der BayVGH in seiner Rechtsprechung voraussetze. Dabei müsse es auch bleiben. Eine eigene inhaltliche Bewertung der ärztlich konkret bestätigten Kontraindikationen durch das Gesundheitsamt sei nicht statthaft, zumal der Gesetzgeber wohlweislich keinen eigenen Diagnosekatalog oder spezifische allgemeingültige Kontraindikationen verbindlich geregelt habe. Es sei schlicht nicht statthaft, dass der Beklagte die dezidiert begründete medizinische Einschätzung eines Arztes bzw. einer Ärztin nicht anerkenne. Einen einheitlichen Konsens werde es bei streitigen medizinischen Fragen naturgemäß nie geben. Die Anforderungen des Gesetzestextes seien ohne Zweifel erfüllt worden. Die Forderung des Beklagten, es müssten fachärztliche Befunde und Vorsorgeuntersuchungsergebnisse vorgelegt werden, entbehrten jeglicher Rechtsgrundlage. Aus alledem folge auch der Anordnungsanspruch. Der Anordnungsgrund folge daraus, dass im Hinblick auf das bald beginnende Kindergartenjahr ein Abwarten bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache den Antragstellern nicht mehr zugemutet werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.
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Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
vorläufig festzustellen, dass durch Vorlage des ärztlichen Zeugnisses der Ärztin A. vom 5.7.2024 die Verpflichtung aus § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG erfüllt worden ist.
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Der Antragsgegner beantragt,
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Es sei keine fachärztlich belegte und dokumentierte Kontraindikation nachgewiesen worden. Eine bloße Beschreibung der Krankheitsgeschichte des Kindes und seiner Familie sei nicht ausreichend. Auch die bloße theoretische Möglichkeit des Vorliegens von Kontraindikationen aufgrund allgemeiner oder familiärer Aspekte sei nicht ausreichend. Es müsse vielmehr bezogen auf das konkrete, individuelle Kind handfeste Anhaltspunkte für eine Kontraindikation geben. Das vorgelegte Attest, genauso wie das Gutachten, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Daher sei der Antrag abzulehnen.
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Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in dem hiesigen Verfahren sowie in den Verfahren RO 5 K 24.1909 und RO 5 K 24.184 verwiesen.
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Der bezüglich der Antragsteller zu 1) und 2) zulässige Antrag ist begründet.
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1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
19
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch nach den Vorschriften des materiellen Rechts als auch ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) glaubhaft gemacht sind (vgl. auch Eyermann/Happ, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 45 und 48).
20
Der Antrag ist bzgl. der Antragsteller zu 1) und 2) zulässig. Es ist kein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, der vorrangig wäre (§ 123 Abs. 5 VwGO), denn es gibt keinen streitgegenständlichen Verwaltungsakt, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden könnte. Ferner ist hier ein Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft. Die Kläger begehren wörtlich die Anerkennung des ärztlichen Zeugnisses der Ärztin A. vom 5.7.2024 durch den Antragsgegner. Statthaft ist bezüglich dieses Begehrs nach Ansicht des Gerichts ein Feststellungsbegehren. Der § 20 Abs. 9 Satz 1 Alt. 2 IfSG sieht keine „Anerkennung“ eines ärztlichen Zeugnisses vor. Ein Anspruch auf eine solche Anerkennung, der zugesprochen werden könnte, existiert nicht. Vielmehr handelt es sich bei der begehrten „Anerkennung“ des ärztlichen Zeugnisses um die Feststellung, dass ein ärztliches Zeugnis vorgelegt wurde, das den Anforderungen von § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG genügt und welches die Vorlagepflicht nach dieser Vorschrift erfüllt. Diese Feststellung bildet das Begehr der Antragsteller nach Ansicht des Gerichts vollumfänglich ab. Diese Auslegung, die vom wörtlich gestellten Antrag abweicht, was nach §§ 122, 88 VwGO möglich ist, führt indes nicht zu prozessualen Problemen. Denn auch für ein Feststellungsbegehren ist ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. Eyermann/Happ, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 64a, m.w.N.). Diese Frage der Einordnung des vorgelegten Nachweises bzgl. der rechtlichen Wirkungen, die dieser Nachweis zwischen den Antragstellern und dem Antragsgegner entfaltet, stellt auch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar (§ 43 Abs. 1 VwGO entsprechend). Schließlich steht auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache der begehrten Feststellung nicht entgegen und zwar schon deshalb nicht, weil es sich um eine bloße vorläufige Feststellung bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache handelt (vgl. Kuhla in BeckOK VwGO, 70. Edition, § 123 Rn. 154 m.w.N.).
21
Unzulässig ist der Antrag aber bezüglich des Antragstellers zu 3). Dieser mag faktisch Betroffener der Feststellung sein. Gleichwohl treffen die Verpflichtungen aus § 20 Abs. 9 – 12 IfSG bei minderjährigen Personen aber gem. § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG die sorgeberechtigten Personen. Dies sind hier die Antragsteller zu 1) und 2) gem. § 1626 Abs. 1 BGB. Der Antragsteller zu 3) hat hingegen keinerlei eigene juristische Rechte oder Pflichten aus § 20 Abs. 9 – 12 IfSG, sodass er auch die begehrte Feststellung nicht in seinem Namen geltend machen kann.
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2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er ferner auch begründet.
23
Ein Anordnungsgrund liegt vor. Ein Anordnungsgrund i.S.v. § 123 Abs. 1 VwGO liegt dann vor, wenn es eine besondere Dringlichkeit gibt, die eine umgehende Entscheidung erforderlich macht (vgl. zu den Einzelheiten: Eyermann/Happ, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 53, 54; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 45. EL Januar 2024, § 123 Rn. 81). Eine solche ist hier gegeben. Die Eilbedürftigkeit folgt hier daraus, dass die Zeit, die möglicherweise im Kindergarten verbracht werden kann, von vornherein begrenzt ist. Der Antragsteller zu 3) ist am 15.7.2020 geboren. Das bedeutet, dass für ihn die Vollzeitschulpflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) im Jahr 2026 beginnt, bzw., im Falle einer Zurückstellung nach Art. 37 Abs. 2 BayEUG, im Jahr 2027. Dahingegen dauert ein durchschnittliches verwaltungsgerichtliches Verfahren, in dem es zu einer streitigen Endentscheidung kommt, in der zur Entscheidung berufenen Kammer bei derzeitiger Arbeitsbelastung in den allermeisten Fällen länger als ein Jahr, teilweise auch länger als zwei Jahre. Berücksichtigt man hier noch die Dauer eines etwaigen zweitinstanzlichen Verfahrens, so ist es nicht abzusehen, dass es mit Sicherheit vor Beginn der Schulzeit des Antragstellers zu 3) zu einer abschließenden Hauptsacheentscheidung kommen und der Antragsteller zu 3) – auch im Falle einer Stattgabe – überhaupt noch den Kindergarten besuchen können wird. An dieser Stelle ist ferner zu berücksichtigen, dass der Kindergarten zur Bildung und Erziehung sowie Entwicklung der Kinder beitragen soll (vgl. Art. 10 ff. des Bayerisches Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege – BayKiBiG) und dass gerade im Falle des Antragstellers zu 3), dessen Entwicklung nach Angaben der Antragstellerseite nicht gänzlich ohne Einschränkungen, bspw. im Sprachbereich, verläuft, dies auch für dessen Entwicklung wohl konkret förderlich und besonders hilfreich wäre. Schließlich steht der Start des neuen Kindergartenjahres am 1.9.2024 in Bayern unmittelbar bevor. Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass eine vorläufige Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz gerechtfertigt ist.
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Es besteht ein Anordnungsanspruch. Der Anordnungsanspruch ist der zu sichernde Anspruch des Antragstellers, der sich aus dem materiellen Recht ergibt (Eyermann/Happ, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 46). Der geltend gemachte Anspruch auf die begehrte Feststellung besteht dann, wenn die Voraussetzungen von § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG erfüllt sind, wenn also ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bezüglich des Antragstellers zu 3) eine Kontraindikation gegen eine Masernimpfung besteht, vorgelegt wurde. Dies ist der Fall. Der vorgelegte Nachweis vom 5.7.2024 der Ärztin A. genügt diesen Anforderungen.
25
Der BayVGH verlangt in seiner Entscheidung vom 7.7.2021 (BayVGH, B. v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – BeckRS 2021, 18528, Rn. 14 ff., m.w.N.) für ein solches ärztliches Zeugnis das Nachfolgende:
„Das ärztliche Zeugnis im Sinne von § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG darf sich nicht damit begnügen, den Gesetzeswortlaut zum Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zu wiederholen. Es muss vielmehr wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen (SächsOVG, B.v. 5.5.2021 – 3 B 411/20 – juris Rn. 21 ff.; VG Meiningen, B.v. 10.11.2020 – 2 E 1144/20 – juris Rn. 26 f.; Gebhard in Kießling, IfSG, 2. Aufl. 2021, § 20 Rn. 50; a.A. ohne Begründung Aligbe, ARP 2020, 227, 228). Hierfür sprechen neben dem Zweck der Regelung, eine ausreichend hohe Impfquote zu erreichen und hierfür u.a. dem Gesundheitsamt eine Grundlage für das weitere Vorgehen (z.B. in einem Beratungsgespräch nach § 20 Abs. 12 Satz 2 IfSG) zu geben, auch systematische Erwägungen, denn das IfSG unterscheidet auch an anderer Stelle die schlichte Bescheinigung vom Nachweis durch ein ärztliches Zeugnis (vgl. etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 IfSG). Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt diese Annahme. So führt die Begründung des Entwurfs für ein Masernschutzgesetz zu den Kosten der Reform wörtlich aus (BT-Drs. 19/13452 S. 19): „Wenn Bürgerinnen und Bürger ihren Pflichten durch Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zur Befreiung von einer Masern-Impfung nachkommen, fallen für das Einholen einer solchen Bescheinigung nach Nummer 75 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht (einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem(n) Befund(en), zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie)) mit einem Faktor von maximal 2,3 je nach ärztlichem Ermessen Kosten zwischen 7,50 und 17 Euro an.“ Die von den Antragstellern angeführte Begründung der Entschließung des Bundesrats vom 28. Mai 2021 (BR-Drs. 426/21 S. 2), wonach nach geltendem Recht „auf den ärztlichen Bescheinigungen zur Befreiung von der Masernimpfplicht lediglich Angaben zur zeitlichen Dauer der Kontraindikation, nicht aber Angaben zum medizinischen Grund enthalten sein“ dürften, kann der Senat vor diesem Hintergrund sowohl terminologisch als auch inhaltlich nicht nachvollziehen.“
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Auch andere oberverwaltungsgerichtliche Entscheidungen stellen ähnliche Maßstäbe auf, wonach jedenfalls die bloße Angabe einer Kontraindikation nicht ausreichend ist, sondern vielmehr jedenfalls solche Angaben gemacht werden müssen, die eine solche Plausibilitätsprüfung ermöglichen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.3.2024 – OVG 1 S 94/23 – BeckRS 2024, 3673, Rn. 7, m.w.N.; OVG Bautzen, B.v. 5.5.2021 – 3 B 411/20 – BeckRS 2021, 11267, m.w.N.), denen sich auch die hiesige Kammer anschließt. Nun stellt sich die Frage, wie weit diese Verpflichtung geht und inwieweit neben der Kontrolle der grundsätzlichen Plausibilität auch eine vertiefte inhaltliche Kontrolle durch die Behörden und Gerichte stattzufinden hat. Das zur Entscheidung berufene Gericht geht davon aus, dass keine Kontrolle, die über eine Plausibilitätskontrolle hinausgeht, stattzufinden hat, dass vielmehr der Gesetzgeber auf die grundsätzliche Integrität ärztlicher Zeugnisse vertrauen wollte und dass es grundsätzlich – ungeachtet weiterer behördlicher Maßnahmen (vgl. § 20 Abs. 12 IfSG) – bei dieser Kontrolle zu bleiben hat.
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Dies wird zunächst aus einem Vergleich mit Vorschriften aus dem bayerischen Infektionsschutzrecht sowie dem Ausländerrecht deutlich.
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So war bspw. in der Zehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayMBl. 2020 Nr. 711) im Rahmen der Corona-Pandemie geregelt, unter welchen Umständen keine Verpflichtung besteht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dort hieß es:
„Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit; die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält“
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Eine ähnliche Regelung findet sich in § 60a Abs. 2c AufenthG bezüglich medizinischer Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen. Dort ist geregelt:
„Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein“
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Beide Regelungen verlangen eine konkrete Glaubhaftmachung medizinischer Gründe – bereits dies verlangt § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG nicht. Daneben führen beide Vorschriften, wiederum im Gegensatz zu § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG dann detailliert aus, wie eine vorzulegende Bescheinigung konkret auszusehen hat, was dort auszuführen ist etc.
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Im Vergleich dazu regelt § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG nur, es sei ein „ärztliches Zeugnis darüber, dass […] sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können“ vorzulegen. Diese Formulierung lässt nach Ansicht des Gerichts nur den Schluss zu, dass jedenfalls keine vergleichbaren Anforderungen an ein solches Zeugnis und mithin auch an die anzustellende Plausibilitätsprüfung gestellt werden können und dass insbesondere keine Glaubhaftmachung medizinischer Gründe erforderlich ist, dass vielmehr – wie die verschiedenen Oberverwaltungsgerichte ausführen – eben nur eine Plausibilitätskontrolle möglich sein muss, die unterhalb der Anforderungen an die Glaubhaftmachung konkreter medizinischer Gründe, wie im § 60a Abs. 2c AufenthG, liegt.
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Das Gericht geht weiter davon aus, dass die vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 5.7.2024 diesen Anforderungen genügt.
33
Dem Gesundheitsamt ist insoweit rechtzugeben, dass das Gutachten des Dr. med. vet. P. alleine den Anforderungen des § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG nicht gerecht wird. Mit dem Begriff des „ärztlichen Zeugnisses“ ist hier, wie sich aus dem Regelungszusammenhang ergibt, offensichtlich das Zeugnis eines Humanmediziners gemeint. Ein solches ist aber in dem Zeugnis der Ärztin A. vom 5.7.2024 zu sehen. Dagegen, dass diese sich wiederum das Gutachten des Herrn Dr. med. vet. P., dessen Diagnostik und Anamnese – wohl auch auf Grundlage ihrer eigenen Anamnese und der vorgelegten Unterlagen – zu eigen macht und dann unter Nennung konkreter medizinischer Anhaltspunkte hieraus eine Kontraindikation ableitet, hat das Gericht keine Bedenken. Es steht dem Gericht nicht zu, zu beurteilen, ob Frau A. aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse die getroffenen Schlussfolgerungen aus medizinisch-fachlicher Sicht treffen konnte und es ist insoweit an dieser Stelle auch keine gerichtliche Kontrolle angezeigt, wie eine Auslegung des Wortlautes zeigt (s. o.). Denn wie bereits ausgeführt, wollte der Gesetzgeber nach Ansicht des Gerichts ein solches Zeugnis grundsätzlich ausreichen lassen (vgl. so auch VG Düsseldorf, B.v. 7.2.2024 – 29 L 3343/23 – BeckRS 2024, 2045, Rn. 39 f.).
34
Auch sieht das Gericht keinen Fall, in dem der Beweiswert der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung derart erschüttert wäre, dass diese nicht mehr ausreicht, um die Voraussetzungen von § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG zu erfüllen. Nach einer Entscheidung des OVG Bautzen (B.v. 5.5.2021 – 3 B 411/20 – BeckRS 2021, 11267, Rn. 19 ff.) sind die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts heranzuziehen. So sei die Situation der Vorlage eines Nachweises nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG vergleichbar mit der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese habe grundsätzlich einen hohen Beweiswert, der bei Vorliegen gewichtiger Indizien aber erschüttert werden könne. In dem konkreten Fall ging das OVG Bautzen davon aus, dass aufgrund des prozessualen Verhaltens der Antragsteller erhebliche Anhaltspunkte dafür bestanden, dass diese erst im laufenden Verwaltungsverfahren auf die Idee gekommen seien, eine Kontraindikation vorzuschieben, wobei als Beweis hierfür u.a. eine eidesstattliche Versicherung der Leiterin des Gesundheitsamts herangezogen wurde. Unabhängig von der Frage, ob der Wortlaut der Vorschrift diese Auslegung trägt und ob die arbeitsrechtlichen Grundsätze hier tatsächlich herangezogen werden können, sind derart starke Anhaltspunkte im vorliegenden Fall nicht gegeben. Soweit für das Gericht ersichtlich, haben die Antragsteller zu 1) und 2) von Beginn an eine Kontraindikation des Antragsstellers zu 3) geltend gemacht.
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Ferner handelt es sich auch nicht um den in der Rechtsprechung oft vorkommenden Fall, der auch der hiesigen Kammer geläufig ist, dass ein „Blanko-Attest“ vorgelegt wurde, welches unter Nennung des Gesetzeswortlautes eine Nicht-Impffähigkeit bescheinigt, ohne ins medizinische Detail gehende Ausführungen hierzu. In solchen Fällen ist keinerlei Plausibilitätskontrolle möglich, dementsprechend geht die Rechtsprechung hier regelmäßig davon aus, dass die Nachweisverpflichtung von vornherein nicht erfüllt ist (vgl. bspw. BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – BeckRS 2021, 18528, Rn. 17). Auch ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, nachdem die vorgelegte Bescheinigung gerade konkrete Angaben enthält, die nach Ansicht des Gerichts eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen und die Grundlage für weiter Maßnahmen nach § 20 Abs. 12 IfSG sein können. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit dieser Ausführungen, sei es, weil keine ausreichenden fachärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden, sei es, weil das Gesundheitsamt die Ausführungen nicht für überzeugend hält, ändern nichts daran, dass ein Nachweis i.S.v. § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG vorgelegt wurde (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 7.2.2024 – 29 L 3343/23 – BeckRS 2024, 2045, Rn. 39, 40). Das Gericht schließt sich insoweit dem VG Düsseldorf in der eben zitierten Entscheidung an. Bereits die Formulierung in § 20 Abs. 12 Satz 2 IfSG, dass bei Zweifeln an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises weitere Maßnahmen angeordnet werden können, belegt, dass aus Sicht des Gesetzgebers auch ein solcher Nachweis, an dem Zweifel bestehen, gleichwohl ein vorgelegter Nachweis i.S.v. § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG ist.
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Da die Antragsteller zu 1) und 2) ihrer Nachweispflicht mithin nachgekommen sind, ist der Antragsgegner nicht mehr berechtigt, diesen Nachweis, und zwar unerheblich, ob er dies förmlich tut oder nur, indem er die formlose „Anerkennung“ verweigert und mithin bspw. die Aufnahme in den Kindergarten faktisch verhindert, abzulehnen. Eine solche Möglichkeit sieht das Gesetz nicht vor, dementsprechend besteht sie auch nicht (Art. 20 Abs. 3 GG). Dies folgt ferner auch aus der Gesetzessystematik. Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 12 Sätze 1 – 4 IfSG explizit geregelt, welche Möglichkeiten das Gesundheitsamt bei Zweifeln an der Echtheit oder Richtigkeit eines Nachweises hat. So kann, nach Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises, bspw. eigens eine Untersuchung angeordnet werden oder können behandelnde Ärzte zur Auskunft verpflichtet werden. Erst im Nachgang an solche Maßnahmen können dann bspw. Betretungsverbote erlassen werden. (vgl. auch VG Düsseldorf, B. v. 7.2.2024 – 29 L 3343/23 – BeckRS 2024, 2045, Rn. 39, 40).
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Das Gericht weist schließlich noch darauf hin, dass diese Entscheidung ausdrücklich nicht bedeutet, dass das vorgelegte Attest inhaltlich richtig ist. Das Gericht ist mangels medizinischer Kenntnisse an dieser Stelle nicht in der Lage, dies zu beurteilen. Darauf kommt es hier aber nach Ansicht des Gerichts nicht an, da es nur darum geht, dass ein Attest vorgelegt wurde, welches für eine Plausibilitätskontrolle ausreicht und welches nicht „offensichtlich“ falsch ist (s.o.). Diesen Anforderungen wird das Attest gerecht. Soweit das Gesundheitsamt nun konkret von der inhaltlichen Unrichtigkeit dieses Attests ausgeht bzw. diese mangels fachärztlich durchgeführter Diagnostik jedenfalls anzweifelt, so ist dies keine Frage, die in dem hiesigen Verfahren zu klären ist, stattdessen ist insoweit das vorgegebene Verfahren nach § 20 Abs. 12 IfSG zu beschreiten. Solange dies nicht geschehen ist, ist die Verpflichtung nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG als erfüllt anzusehen.
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Nach alledem war dem Antrag stattzugeben und die begehrte Feststellung auszusprechen.
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Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 S. 2 VwGO und ergibt sich aus dem Obsiegen der Antragsteller zu 1) und 2) sowie dem Unterliegen des Antragstellers zu 3). Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.