Titel:
Drittanfechtung Eilrechtsrechtschutz (erfolgreich), nachbarrechtsverletzende Unbestimmtheit einer Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes, Festlegung zielorientierter Immissionsrichtwerte, doch fehlende Gewährleistung, dass diese im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden, Auslegung des Inhalts einer Baugenehmigung, einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten (abgelehnt)
Normenketten:
§§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO
Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG
§ 3 BImSchG
TA Lärm
§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO
§ 212a BauGB
Schlagworte:
Drittanfechtung Eilrechtsrechtschutz (erfolgreich), nachbarrechtsverletzende Unbestimmtheit einer Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes, Festlegung zielorientierter Immissionsrichtwerte, doch fehlende Gewährleistung, dass diese im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden, Auslegung des Inhalts einer Baugenehmigung, einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten (abgelehnt)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 259
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. April 2023 gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes … vom 5. April 2023 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsgegner trägt 2/3, die Antragsteller tragen 1/3 der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
2
Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks …, …, FlNr. 4/1, Gemarkung … Dieses ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem die Antragsteller selbst wohnen. Nordöstlich davon, (jedenfalls) auf den FlNrn. 154, 158 und 159, befindet sich der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen mit Rinderhaltung.
3
Mit Bauantrag vom 14. September 2022 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt … den Erlass einer Baugenehmigung für den Neubau eines Maschinenraums als Betonraumzelle, die Installation und den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) mit 50 kW el. Leistung sowie die Installation und den Betrieb eines Wärmepufferspeichers auf der FlNr. 159 (Vorhabengrundstück). Dem Bauantrag beigefügt war u.a. eine Bau- und Betriebsbeschreibung der … von September 2022. Danach wird das Betriebsgebäude (Maschinenraum als Betonraumzelle) aus Gründen des Schallschutzes in massiver Bauweise errichtet. Die BHKW-Anlage, die im Maschinenraum aufgestellt werde, wandele das mittels Ferngasleitung transportierte Biogas (hergestellt von der auf der FlNr. 357/1 befindlichen Biogasanlage des Beigeladenen) in elektrischen Strom und Wärme um. Der produzierte Strom werde weitgehend im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb genutzt, der Überschuss in das Stromnetz eingespeist. Die erzeugte Wärme werde zur Wärmeversorgung des landwirtschaftlichen Betriebes, bei Interesse an die benachbarte Bebauung abgegeben. Tageszeitlich angepasst werde bei niedrigem Bedarf der Überschuss in den Wärmepufferspeicher eingespeist. Der Betrieb der Anlage richte sich hauptsächlich nach dem Strom- und Wärmebedarf des landwirtschaftlichen Betriebes. Es werde von einer Jahresdurchschnittsleistung von 45 – 48 kWel ausgegangen (flexible Betriebsweise). In Bezug auf den Lärmschutz wird ausgeführt, dass das Motorabflächengeräusch der BHKW-Anlage und das Abgasmündungsgeräusch die lärmrelevanten Anlagenteile seien. Erfahrungsgemäß seien lärmbestimmend die Abgasmündungen. Es sei eine allgemeine Schallschutzabschätzung nach TA Lärm durchgeführt worden, welche der Bau- und Betriebsbeschreibung beigefügt ist. Hieraus lasse sich ersehen, dass sich in Bezug auf die Anlage ein Gesamtschallpegel von 10,1 dB(A) ergibt, wobei als maßgeblich der Schallleistungspegel der Abgasmündung des BHKW mit 45,3 dB(A) angesetzt wird. Zur Luftreinhaltung wird ausgeführt, dass das Biogas auf dem zuliefernden Biogasbetrieb vor Transport zum Betriebsgebäude entwässert und entschwefelt werde. Die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte werde über eine Magermisch-Verbrennung mit Gemischaufladung erreicht. In der Bau- und Betriebsbeschreibung werden unter 3.2 die Eckdaten der technischen Anlagenkomponenten wiedergegeben mit dem Hinweis, dass die entsprechenden technischen Datenblätter auf der rechten Planmappenseite beiliegen würden (in der Bauplanmappe an letzter Stelle eingeordnet).
4
Aus den dem Bauantrag beigefügten Plänen ergibt sich insbesondere die Lage des BHKW, das mit einer Schalldämmhaube ausgestattet ist, der Abgasleitung samt Schalldämpfer und der Zuluft- und Abluftöffnungen zum Maschinenraum. Letztere sind jeweils mit einer Schalldämmhaube ausgestattet.
5
Mit Bescheid vom 5. April 2023 erteilte das Landratsamt … unter dem Betreff „Neubau Maschinenraum als Betonraumzelle, Installation und Betrieb eines BHKW mit 50 KW el. Leistung, Installation und Betrieb eines Wärmepufferspeichers“ eine Baugenehmigung für das „oben näher bezeichnete Bauvorhaben nach Maßgabe der dem Bauantrag beigefügten und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen sowie der angeführten Bedingungen und Auflagen“. Es wurde weiter eine Abweichung von Art. 6 BayBO nach Norden erteilt.
6
Unter „IV. Auflagen und Bedingungen – Immissionsschutz“ finden sich in den Ziff. 2 bis 12 Auflagen zum Schutz vor Lärm. So sind die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm vom 26. August 1998 (s. GMBl. S. 503) zu beachten (Ziff. 2), weiter dürfen die von der Gesamtanlage ausgehenden Geräusche an den nächstgelegenen Immissionsorten im Dorf-/Mischgebiet tags den Immissionsrichtwert von 54 dB(A) und nachts von 39 dB(A) nicht überschreiten (Ziff. 3). Als Immissionsorte werden die nächstgelegenen Wohnhäuser bzw. sonstigen Gebäude mit Aufenthaltsräumen auf den FlNrn. 521 und 155/4, Gemarkung …, festgelegt (Ziff. 4). Weiter dürfen einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen den zulässigen Spitzenpegel nach der TA Lärm tags von 90 dB(A) und nachts von 65 dB(A) nicht überschreiten (Ziff. 5). Ebenso sind lärmrelevante Anlagenteile wie z. B. Motoren, Aggregate und Ventilatoren dem Stand der Lärmschutztechnik entsprechend auszuführen und zu betreiben (Ziff. 6). Zudem dürfen im Bereich der Betonraumzelle die folgenden Schalldämm-Maße von Außenbauteilen im eingebauten Zustand (Decke und Betonwände: R‘w >= 52 dB, Zuluft und Abluft: R‘w >= 29 dB, Türen (SK3): R‘w >= 37 dB) nicht unterschritten werden (Ziff. 7). Körperschallabstrahlende Anlagenteile, hier das BHKW, sind durch geeignete elastische Elemente von luftschallabstrahlenden Gebäude- und Anlagenteilen zu entkoppeln (Ziff. 8), der Abluftkamin ist gemäß den Antragsunterlagen mit ausreichend dimensionierten Schalldämpfern zu versehen (Ziff. 9), die Zu- und Abluftöffnungen sind entsprechend der Antragsunterlagen mit geeigneten Schalldämmkulissen, hier 800 mm Länge, auszustatten (Ziff. 10). Weiter ist bei der Dimensionierung und Ausführung von Schalldämmkulissen und Schalldämpfern grundsätzlich sicher zu stellen, dass die Geräusche nach Schalldämpfung keine Tonhaltigkeit aufweisen und insbesondere auch im tieffrequenten Bereich unter 90 Hz ausreichend schalldämpfende Eigenschaften aufweisen (Ziff. 11) sowie beim Betrieb des Motors die Türen des Maschinenraums geschlossen zu halten (Ziff. 12).
7
Im Weiteren folgen unter Ziff. 13 bis 20 weitere Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz wie die Festsetzungen von Emissionsgrenzwerten in Bezug auf Stickstoffoxide, Kohlenmonoxid und Formaldehyd, der Festsetzung, dass der Methangehalt im Motorabgas durch geeignete technische Maßnahmen so weit wie möglich zu reduzieren ist und weitere Auflagen in Bezug auf die Abluft.
8
Die Antragsteller erhoben mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 27. April 2023 Klage (Az. AN 17 K 23.863) gegen den Bescheid vom 5. April 2023, den Antragstellern zugestellt am 13. April 2023. Eine Begründung erfolgte mit Schriftsatz vom 10. August 2023.
9
Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2023 wurde ein Antrag nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gestellt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beigeladene zwischenzeitlich mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen habe. Dieses liege im Außenbereich. Die Baugenehmigung vom 5. April 2023 sei rechtswidrig, weshalb bei der gebotenen Interessenabwägung das Suspensivinteresse der Antragsteller überwiege. Das Vorhaben sei rücksichtslos. Das Grundstück der Antragsteller diene der Wohnnutzung. Durch die streitgegenständliche Baugenehmigung sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die zu erwartende Lärmentwicklung oder auch eine Geruchsbelästigung zu einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme führe. Bei der Erteilung der Baugenehmigung sei sicherzustellen, dass bei der Nutzung keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG entstehen. Das Landratsamt habe es aber bereits versäumt, die Reichweite der entstehenden Lärmbelästigungen in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller festzustellen. Das Entstehen von Geruchsbelästigungen sei vollständig unberücksichtigt gelassen worden. Das Grundstück der Antragsteller sei nicht als Immissionsort berücksichtigt worden. Weiter sei unberücksichtigt geblieben, dass die streitgegenständliche Anlage nicht isoliert betrieben werde, sondern Teil des landwirtschaftlichen Gesamtbetriebs des Beigeladenen sei, der in seiner Gesamtheit bereits erhebliche Immissionen hervorrufe. Für die Frage der Einhaltung der Geruchs- oder Lärmrichtwerte und des Gebots der Rücksichtnahme sei grundsätzlich auf das Gesamtvorhaben abzustellen, d.h. auf den um die vorgesehene Erweiterung vergrößerten landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen. Es sei von einer Änderung des bestehenden Betriebes um die gegenständliche Erweiterung auszugehen, so dass das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung veränderten Gestalt geprüft werden müsse. Die beantragte Zwischenregelung sei zum Schutz der Antragsteller dringend geboten. Andernfalls würden vollendete Tatsachen geschaffen, die kaum mehr rückgängig zu machen seien.
10
Die Antragsteller beantragen,
11
Die aufschiebende Wirkung der vor dem Verwaltungsgericht Ansbach anhängigen Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes … vom 5. April 2023 wird angeordnet.
12
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Beizuladenden aufzugeben, die Bauarbeiten sofort einzustellen und alle Maßnahmen zum Ausführen des Bauvorhabens zu unterlassen.
13
Der Antragsgegner beantragt,
14
Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die Klageerwiderung ausgeführt, dass das Vorhaben nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. In der Baugenehmigung sei festgelegt, dass die von der Gesamtanlage ausgehenden Geräusche an den nächstgelegenen Immissionsorten im Dorf-/Mischgebiet von 54 dB(A) tags und 39 dB(A) nachts nicht überschritten werden dürften. Damit seien die nach TA Lärm Nr. 6.1 d zulässigen Immissionsrichtwerte von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) eingehalten. Auch seien Festsetzungen zum Spitzenpegel erfolgt. Bei Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 d der TA Lärm am nächsten Immissionsort sei nicht mit schädlichen Umwelteinwirkungen zu rechnen. In der schalltechnischen Beurteilung der … seien die FlNr. 521 mit einem Abstand von 65 m und die FlNr. 155/4 mit einem Abstand von 95 m als Immissionsorte genannt. Das Grundstück der Antragsteller sei bedingt durch den Abstand von 65 m zum beantragten Maschinenraum als maßgeblicher Immissionsort in der Berechnung berücksichtigt. Auch der Einwand der Antragsteller, dass die streitgegenständliche Anlage nicht isoliert betrieben werde, sondern Teil des landwirtschaftlichen Gesamtbetriebes sei, würde nicht verfangen. Den Antragsunterlagen sei eine Schallabschätzung nach TA Lärm bzw. VDI 2571 durch die Planungsfirma … beigelegt gewesen. Als einzuhaltender Immissionsrichtwert sei 39 dB(A) festgelegt. Bei Einhaltung des in der streitgegenständlichen Baugenehmigung verfügten, um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwertes könne von einer Irrelevanz des Vorhabens ausgegangen werden, d.h. das Bauvorhaben trage nicht maßgeblich i.S.d. Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm zur Gesamtbelastung bei. Das Planungsbüro berechne einen Gesamtschallpegel von 10,1 dB(A), welcher durch das streitgegenständliche Vorhaben (Maschinenraum als Betonraumzelle) verursacht werde. Der zulässige Immissionsrichtwert zur Nachtzeit liege bei 39 dB(A). Nachdem der zu erwartende Gesamtschallpegel der Betonraumzelle den Immissionsrichtwert erheblich unterschreite, liege hier gerade kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor.
15
Auf gerichtliche Bitte zu der vorgetragenen Geruchsbelastung noch auszuführen sowie zu einer etwaigen Unbestimmtheit des Bescheides mangels Einbeziehung der Bau- und Betriebsbeschreibung der … Stellung zu nehmen, führte der Antragsgegner unter Beifügung zweier Stellungnahmen der Unteren Immissionsschutzbehörde u.a. aus, dass hinsichtlich des Vorhabens die einzig denkbare Nutzung eine solche sei wie auf den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauplänen ersichtlich. Es würden nur Lärmemissionen verursacht. Diese seien durch Auflagen und Bedingungen begrenzt worden, weshalb eine Verletzung drittschützender Rechte ausgeschlossen sei. Geruchsimmissionen seien nicht zu besorgen. Weder die Feuerungsanlage in der Betonraumzelle zuzüglich der Abgasleitung noch der Wärmepufferspeicher würden landwirtschaftliche Gerüche verursachen oder verstärken. Zwar verursache der Verbrennungsmotor Abgase, diese würden aber über den Kamin abgeleitet und würden in 6 m Höhe in die freie Luftströmung austreten, weshalb man den Abgasgeruch lediglich an der Kaminmündung wahrnehme.
16
Der Beigeladene äußerte sich nicht.
17
Zur weiteren Begründung wird auf Gerichtsakten im Klage- und Eilverfahren sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
18
Der in Ziffer I. gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Baugenehmigung des Beigeladenen vom 5. April 2023 (Ziffer hat Erfolg. Er ist zulässig und unbegründet. Der in Ziffer II. gestellte Antrag bleibt ohne Erfolg.
19
1. Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet. Die im Rahmen der Entscheidung nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO anzustellende gerichtliche Interessensabwägung ergibt ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragsteller gegenüber den Vollzugsinteressen des Antragsgegners bzw. ein Überwiegen der Interessen der Antragsteller gegenüber dem Interesse des Beigeladenen. Für die gerichtliche Abwägungsentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eine maßgebliche Rolle. Erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit als erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Umgekehrt kommt regelmäßig dem Vollzugsinteresse Vorrang zu, wenn die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Erscheinen die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei summarischer Prüfung im Eilverfahren als offen, ist eine von der Vorausbeurteilung der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris). Vorliegend erweist sich die Klage gegen den Bescheid vom 5. April 2023 voraussichtlich als erfolgreich, weil der Bescheid in der allein zu beurteilenden ergangenen Fassung die Antragsteller voraussichtlich in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt.
20
Die objektive Verletzung einer Rechtsnorm allein genügt für den Erfolg der Nachbarklage nicht. Im gerichtlichen Verfahren findet keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt, die Prüfung hat sich im Falle der Drittanfechtungsklagen vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften (Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris), die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Weiter ist nur die Verletzung von drittschützenden Normen maßgeblich, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtlichen Verfahren gehören. Bei dem Bauvorhaben der Beigeladenen handelt es sich um keinen Sonderbau, so dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zur Anwendung kommt.
21
Eine Verletzung solcher nachbarschützender Normen liegt zugunsten der Antragsteller aller Voraussicht nach vor.
22
a) Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist hinsichtlich nachbarrechtlicher Fragen zu unbestimmt. Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten – gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung – eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung ist, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder die Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 13; Laser in Schwarzer/König, BayBO, 5. Aufl. 2022, Art. 68 Rn. 55 f.). In nachbarrechtlichen Streitigkeiten – wie hier – ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018, a.a.O., juris Rn. 13). Ein Verstoß der Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot verletzt einen Dritten also nur dann in eigenen Rechten, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung zum Schutz seiner subjektiven Rechte erforderlich ist (vgl. VGH BW, B.v. 4.4.2022 – 5 S 395/22 – juris Rn. 16). Das ist dann der Fall, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. mangels konkretisierender Inhalts- oder Nebenbestimmungen der Gegenstand und/oder der Umfang der Baugenehmigung und damit des nachbarlichen Störpotenzials bei deren Umsetzung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2021 – 15 ZB 21.2360 – juris Rn. 9, B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 16, B.v. 14.9.2021 – 15 ZB 21.463 – juris Rn. 14). Gemessen hieran ist die angefochtene Baugenehmigung in Ansehung der Nachbarrechte der Antragsteller nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Die Antragsteller können nämlich nicht zweifelsfrei feststellen, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an ihrem Wohnhaus zu erwarten sind.
23
Geht es um eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlage, deren Nutzung mit Geräuschen einhergeht, die als schädliche Umwelteinwirkungen auf die Nachbarschaft einwirken können, sind ggf. Regelungen zum Schutz der subjektiven Rechte von Nachbarn erforderlich. Das gilt insbesondere, wenn der Standort der Anlage in einer unter dem Aspekt des Immissionsschutzes kritischen Nähe zur Nachbarschaft liegt, bei der es problematisch sein kann, ob die Geräuschimmissionen eine für die Nachbarn maßgebende Zumutbarkeitsgrenze überschreiten (vgl. VGH BW, B.v. 4.4.2022 – 5 S 395/22 – juris Rn. 16). Auch in Bezug auf Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1, 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme. Danach sind Immissionen unzumutbar, die i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 15 f.).
24
Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, dabei eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2/07 – juris).
25
Zwar werden in der angegriffenen Baugenehmigung unter IV. Auflagen und Bedingungen, Immissionsschutz, Ziff. 3 durchaus Immissionsrichtwerte festgesetzt, die einzuhalten sind. Es ist auch grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln. Jedoch muss überdies gewährleistet sein, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 17, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26; ähnlich VGH BW, B.v. 4.4.2022 – 5 S 395/22 – juris Rn. 16, wonach feststehen muss, dass die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsschwelle nicht überschreiten). Hieran fehlt es hier. Die Immissionsbelastung der Antragsteller kann aufgrund der Unbestimmtheit der Baugenehmigung derzeit nicht verlässlich beurteilt werden. So können die wesentlichen Kenngrößen (dies sind etwa emissionsrelevante Konstruktionsmerkmale, (maximale) Schallleistungspegel, Betriebszeiten, vgl. Ziff. 4.2 TA Lärm) für eine Immissionsprognose der Baugenehmigung und den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen nicht hinreichend entnommen werden. Die Genauigkeit einer Immissionsprognose hängt aber wesentlich von der Zuverlässigkeit der Eingabedaten ab (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 20). Problematisch ist nämlich, dass die Bau- und Betriebsbeschreibung der … von September 2022, welche den Bau- und Betrieb des Vorhabens detailliert beschreibt, nicht Gegenstand der Baugenehmigung geworden ist. Dasselbe gilt für die der Bau- und Betriebsbeschreibung beigefügte Schallabschätzung nach TA Lärm und die beigefügten Produktblätter der technischen Anlagenkomponenten. Ausweislich des Tenors des streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheides wird für das oben näher bezeichnete Bauvorhaben – Neubau Maschinenraum als Betonraumzelle, Installation und Betrieb eines BHKW mit 50 KW el. Leistung, Installation und Betrieb eines Wärmepufferspeichers – nach Maßgabe der dem Bauantrag beigefügten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen sowie der unten aufgeführten Bedingungen und Auflagen erteilt. Zwar handelt es sich bei der Bau- und Betriebsbeschreibung der … von September 2022 samt Anlagen durchaus um eingereichte Bauvorlagen, jedoch wurden diese – anders als die Untere Immissionsschutzbehörde meint – nicht Gegenstand der Baugenehmigung, denn nur die dem Bauantrag beigefügten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen wurden zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt. Die Bau- und Betriebsbeschreibung samt Anlagen enthalten aber gerade nicht den geforderten Genehmigungsvermerk. Zwar können auch Unterlagen ohne Genehmigungsvermerk zum Inhalt der Genehmigung erklärt werden. Nicht mit Genehmigungsvermerk versehende Unterlagen können dann zur Auslegung des Inhalts der Baugenehmigung herangezogen werden und dann auch zur Bestimmbarkeit der Baugenehmigung beitragen, wenn anderweitig im Genehmigungsbescheid oder in den (gestempelten) Bauvorlagen auf diese Bezug genommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2022 – 15 ZB 21.2871 – juris Rn. 17). Doch auch hieran fehlt es hier.
26
Das Gericht verkennt nicht, dass durch die … eine Schallabschätzung durchgeführt und die Untere Immissionsschutzbehörde sich durchaus mit der zu erwartenden Lärmproblematik auseinandergesetzt und zudem, zusätzlich zu den einzuhaltenden Immissionsrichtwerten, etliche weitere Auflagen formuliert hat. So wurde insbesondere unter IV. Auflagen und Bedingungen, Immissionsschutz, Ziff. 7, festgelegt, dass im Bereich der Betonraumzelle bestimmte Schalldämm-Maße R‘w von Außenbauteilen im eingebauten Zustand nicht unterschritten werden dürfen. Doch auch diese Festsetzungen genügen nach Überzeugung des Gerichts nicht zur Abschätzung, ob die genehmigte Anlage die festgesetzten Immissionsrichtwerte auch einhalten wird. Da die Bau- und Betriebsbeschreibung samt Schallabschätzung und Eckdaten der technischen Anlagenkomponenten (Produktblätter) nicht Bescheidsinhalt geworden sind, wurde nämlich nicht verbindlich geregelt, welche technischen Komponenten verbaut werden dürfen, insbesondere ist etwa der Schalleistungspegel der Abgasmündung des BHKW mit 45,3 dB(A), der als maßgebliche Geräuschquelle beschrieben wird, nicht Bescheidsinhalt geworden, auch nicht in Form der Festschreibung mittels einer Auflage. Dies hat zur Konsequenz, dass es dem Beigeladenen anhand der Baugenehmigung letztlich möglich ist, z. B. eine Anlage mit höherem Schallleistungspegel einzubauen. Damit ist aber gerade nicht gewährleistet, dass die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen die für Antragsteller maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten, weshalb die in Form von Auflagen festgesetzten einzuhaltenden Immissionsrichtwerte im hier zu entscheidenden Einzelfall jedenfalls nicht ausreichen.
27
Das Gericht verkennt auch nicht, dass die eingereichte Schallabschätzung der … für die konkret betrachtete Anlage laut Bau- und Betriebsbeschreibung der … zu einem Gesamtschallpegel von lediglich 10 dB(A) kommt und es damit nicht unwahrscheinlich erscheint, dass auch bei einem Einbau eines anderen Fabrikats bzw. anderer technischer Komponenten, wie dies die erteilte Baugenehmigung wie ausgeführt zulässt, die unter IV. Auflagen und Bedingungen, Immissionsschutz, Ziff. 3 festgesetzten Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Aus den Genehmigungsunterlagen, dem sonstigen Inhalt der Behördenakte und den Stellungsnahmen der Unteren Immissionsschutzbehörde im gerichtlichen Verfahren kann dieser Schluss aber nicht gezogen werden, da sich die immissionstechnische Beurteilung mit anderen Anlagen als der konkret betrachteten Anlage laut Bau- und Betriebsbeschreibung der … nicht befasst hat. Dass auch im „Worst case“, d.h. bei Einbau einer maximal lärmemittierenden technischen Anlage der genehmigten Art die zulässigen und festgesetzten Immissionsgrenzwerte noch eingehalten werden, kann vom Gericht aus eigener Sachkunde nicht beurteilt werden.
28
b) Nur ergänzend wird – im Hinblick auf eine möglicherweise noch erfolgende Einbeziehung der Bau- und Betriebsbeschreibung der … von September 2022 samt Schallprognose und Produktblättern durch Bescheidsänderung bzw. -ergänzung durch den Beklagten – zur Befriedung der Streitsache Folgendes angemerkt:
29
Soweit die Antragsteller ausführen, dass das Landratsamt es versäumt habe, die Reichweite der entstehenden Lärmbelästigungen in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller festzustellen, greifen sie damit nicht durch. Das Vorgehen des Landratsamtes ist diesbezüglich nicht zu beanstanden. Im Bescheid wird unter IV. Auflagen und Bedingungen, Immissionsschutz unter Ziff. 3 festgesetzt, dass tags an den nächstgelegenen Immissionsorten der Immissionsrichtwert von 54 dB(A) und nachts von 39 dB(A) nicht überschritten werden darf. Zwar ist das Wohnhaus der Antragsteller, wie diese monieren, nicht als Immissionsort geprüft worden. Vielmehr ist dies für die nächstgelegenen Wohnhäuser bzw. sonstige Gebäude mit Aufenthaltsräumen auf den FlNrn. 521 und 155/4, Gemarkung … erfolgt (IV. Auflagen und Bedingungen, Immissionsschutz, Ziff. 4). Anders als die Antragsteller meinen, ist es aber nicht erforderlich, dass gerade auch ihr Anwesen als Immissionsort berücksichtigt wird. Bei Einhaltung der Immissionsgrenzwerte am Anwesen FlNr. 521, welches, getrennt durch die …, südlich von Grundstück der Antragsteller liegt, ist nämlich davon auszugehen, dass auch am Wohnhaus der Antragsteller der Immissionsgrenzwert eingehalten ist. Beide Anwesen liegen westlich des Vorhabens, also in der gleichen Ausbreitungsrichtung des Schalls. Zwar ist das Anwesen der Antragsteller wohl – anders als der Antragsgegner meint – geringfügig näher am Vorhaben als das Anwesen auf der FlNr. 521. Jedoch ist angesichts des zwischen dem Vorhaben und dem Anwesen der Antragsteller befindlichen Rinderstalls davon auszugehen, dass die auf das Wohnhaus der Antragsteller treffenden Schallimmissionen hierdurch bereits abgeschwächt werden, während sie in Richtung der FlNr. 521 ungehindert auf das dortige Anwesen auftreffen, so dass letztlich eine Vergleichbarkeit gegeben ist bzw. das Anwesen auf der FlNr. 521 sogar als mehr belastet erscheint.
30
Unschädlich ist weiter, dass der Antragsgegner für die Frage der Einhaltung der Geruchs- oder Lärmrichtwerte und des Gebots der Rücksichtnahme nicht auf das Gesamtvorhaben abgestellt hat. Diesbezüglich führen die Antragsteller aus, es sei von einer Änderung des bestehenden Betriebes um die gegenständliche Erweiterung auszugehen, so dass das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung veränderten Gestalt geprüft werden müsse. Dem folgt das Gericht nicht. Vielmehr ist die Einstufung der Geräuschimmissionen, die durch andere Anlagen desselben Betreibers hervorgerufen werden, als Vorbelastung nicht zu beanstanden. Das gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der TA Lärm auch für Anlagen, die sich auf demselben Werksgelände befinden, die jedoch keine gemeinsame Anlage bilden (vgl. Hansmann in Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, TA Lärm, 102. EL September 2023 Rn. 31).
31
Es handelt sich bei dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem streitgegenständlichen Vorhaben um zwei eigenständige Anlagen. Es liegt gerade keine technisch, funktional und rechtlich untrennbare Verbindung zwischen den Anlagen vor, die zu einer Einbeziehung auch des landwirtschaftlichen Betriebes führen würden. Auch wenn sich der Betrieb des streitgegenständlichen Vorhabens hauptsächlich nach dem Strom- und Wärmebedarf des landwirtschaftlichen Betriebes richtet, der produzierte Strom weitgehend im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb genutzt werden soll und auch die erzeugte Wärme zur Wärmeversorgung des landwirtschaftlichen Betriebes genutzt werden soll, so führt ein abgestimmtes Nutzungskonzept nicht zu einer einheitlichen Anlage (vgl. VG München, U.v. 12.6.2020 – M 28 K 18.3517 – juris 28, nachfolgend: BayVGH, B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 20.2224 – juris Rn. 38). Überdies soll die produzierte Wärme bei Interesse an die benachbarte Bebauung abgegeben werden. Auch soll der Stromüberschuss in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
32
Was die antragstellerseits monierte Geruchsbelästigung angeht, so ist vorliegend weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass durch den Betrieb des Vorhabens belästigende Geruchsimmissionen am Anwesen der Antragsteller auftreten. Vielmehr legt der Antragsgegner im Gegenteil in überzeugender Weise dar, dass belästigende Geruchsimmissionen durch die Errichtung und den Betrieb des genehmigten BHKW gerade nicht zu erwarten sind. Trotz nicht zum Bescheidsinhalt gewordener Bau- und Betriebsbeschreibung der … geht in einer Zusammenschau von Bescheid und mit Genehmigungsvermerk versehenen Plänen – auf die hier nicht weiter einzugehen ist – im Übrigen hinreichend deutlich hervor, dass nur ein Betrieb des genehmigten BHKW mittels Biogas, bezogen über eine Gasleitung von einer Biogasanlage, in Betracht kommt. Die Untere Immissionsschutzbehörde als Fachbehörde führt hierzu u.a. aus, dass bei dem Vorhaben lediglich Abgasgerüche auftreten. Durch die Ableithöhe der Abgase in 6 m Höhe in die freie Luftströmung erfolge eine Verdünnung des Abgasstromes und eine Abgasfahnenüberhöhung, weshalb der Abgasgeruch lediglich an der Kaminmündung wahrgenommen werden könne.
33
2. Bezüglich des in Ziffer 2 formulierten Antrages bleibt das Begehren ohne Erfolg. Das Gericht wertet den Antrag als einen Antrag auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen i.S.d. § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Für die Anordnung derartiger Sicherungsmaßnahmen bedarf es eines hinreichend konkreten Grundes. Der vorgetragene Baubeginn ist kein solcher Grund. Andernfalls würde man dem Beigeladenen, der aufgrund der ergangenen Baugenehmigung vom 5. April 2023 mit den Bauarbeiten bereits begonnen hat, letztlich vorhalten, dass er von der durch § 212a BauGB gesetzlich legitimierten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, mit der Verwirklichung eines baurechtlich genehmigten Bauvorhabens trotz eines anhängigen Nachbarrechtsbehelfs zu beginnen. Dies allein reicht aber für den Erlass gerichtlicher Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage des § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V. mit § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinesfalls aus (vgl. VG Ansbach, B.v. 11.9.2020 – AN 17 S 20.00707 – juris Rn. 4). Weiter gibt es keinerlei Anlass davon auszugehen, dass der Beigeladene und auch der Antragsgegner als Bauaufsichtsbehörde der in Ziffer 1 dieses Beschlusses erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage nicht in der gebotenen Weise Folge leisten werden.
34
3. Die Kostenentscheidung folgt §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO und richtet sich nach dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst, im Übrigen aber keine Kosten trägt, da er mangels Stellung eines Antrages kein Kostenrisiko eingegangen ist und das Verfahren auch sonst nicht gefördert hat.
35
4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1, 1.1.1, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Bemessung der Höhe des Streitwertes zu Ziffer I. des Antrages (Antrages des Nachbarn im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes) ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung regelmäßig auf den vom Nachbarn geltend gemachten wirtschaftlichen Schaden abzustellen. Mit der Befugnis, den Streitwert nach Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstands zu schätzen und sich hierbei auch einer gewissen Schematisierung und Typisierung zu bedienen. Bei Nachbarklagen schlägt der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit einen Streitwert zwischen 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR vor, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2014 – 15 C 14.1293 – juris Rn. 6). Das Gericht orientiert sich an diesem Rahmen und berücksichtigt, dass der wirtschaftliche Schaden des Nachbarn bei einem gewerblich oder landwirtschaftlich genutzten Bau in der Regel höher sein wird als bei einer reinen Wohnnutzung. Angaben zur konkreten wirtschaftlichen Beeinträchtigung wurden nicht vorgetragen, weshalb ein Streitwert von 10.000,00 EUR als angemessen erscheint, der im hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Hälfte dieses Wertes anzusetzen ist. Hinsichtlich des Antrages in Ziffer II. ist, nachdem dieser aufgrund der Stattgabe des Antrags I. eigenständig zu prüfen war und deshalb einen eigenständigen wirtschaftlichen und rechtlichen Gehalt hat, im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes als Streitwert die Hälfte von einem anzusetzenden Wert von 5.000,00 EUR, also 2.500,00 EUR festzusetzen, wobei entsprechend Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Addition erfolgt (vgl. VG Ansbach, B.v. 11.9.2020 – AN 17 S 20.00707 – juris Rn. 6).