Titel:
Gerichtsstandsbestimmungsverfahren - fehlende Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses und sachliche Zuständigkeit nach § 23 Nr. 2 a GVG
Normenketten:
GVG § 23 Nr. 2 a
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 36, § 281
EGZPO § 9
Leitsätze:
1. Die in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO angeordnete grundsätzliche Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfällt, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss. Die Verletzung des in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Gebots rechtlichen Gehörs stellt einen so schwerwiegenden Mangel des Verweisungsbeschlusses dar, dass ihm die Bindungswirkung im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO abzuerkennen ist. (Rn. 27 und 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für Klagen auf Räumung von Wohnraum ist das Amtsgericht gem. § 23 Nr. 2 a GVG ohne Rücksicht darauf zuständig, auf welchen Rechtsgrund der Räumungsanspruch gestützt wird, wenn von einem Mietverhältnis ausgegangen wird, das besteht oder bestanden hat. Nicht anwendbar ist diese Vorschrift dagegen, wenn ein auf § 985 BGB gestützter Anspruch nicht im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis oder dem Zustandekommen oder der Abwicklung eines solchen Verhältnisses steht. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Nr. 2 a GVG ist grundsätzlich nach dem Sachvortrag des Klägers zu beurteilen, wobei schlüssig vorgetragene sogenannte doppelrelevante Tatsachen, die auch für die Begründetheit der Klage von Bedeutung sind, im Rahmen der Prüfung als wahr zu unterstellen sind. Entscheidend ist allein, ob sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aus den zur Begründung des Anspruchs vom Kläger vorgebrachten Tatsachen ergibt. Nur dann, wenn sich das – gerichtsstandsbegründende – Bestehen eines Streits zwischen den Parteien über das Vorliegen bzw. die Wirksamkeit eines Mietverhältnisses erst aus den Einwendungen des Beklagten ergibt, kann ausnahmsweise auch das Beklagtenvorbringen in Betracht kommen. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gerichtsstandsbestimmung, Bindungswirkung Verweisungsbeschluss, Entfallen Bindungswirkung Verweisungsbeschluss, Verletzung des rechtlichen Gehörs, sachliche Zuständigkeit Amtsgericht, Streitigkeit über Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum, für Zuständigkeitsprüfung maßgeblicher Vortrag, doppelrelevante Tatsachen
Vorinstanzen:
LG München II, Beschluss vom 02.11.2023 – 8 O 3724/23
AG Weilheim, Entscheidung vom 18.07.2023 – 1 C 207/23 (2)
AG Weilheim, Beschluss vom 17.10.2023 – 1 C 207/23
Fundstelle:
BeckRS 2024, 25790
Tenor
Sachlich zuständig ist das Amtsgericht Weilheim i.OB.
Gründe
1
Die Kläger und die Beklagten sind jeweils miteinander verheiratet. Die Klägerin zu 1) und die Beklagte zu 2) sind Schwestern.
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Mit Schriftsatz vom 20. April 2023 erhoben die Kläger zum Amtsgericht Weilheim i.OB Räumungsklage mit dem Antrag, die Beklagten zu verurteilen,
das ihrerseits angemietete Anwesen xxx, xxx Weilheimxxxx, Einfamilienhaus nebst Umgriff und Garage, zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
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Hilfsweise beantragten sie, die Beklagten zu verurteilen,
das ihrerseits angemietete Anwesen xxx, xxx Weilheimxxxx, Einfamilienhaus nebst Umgriff und Garage, bis spätestens 30. November 2023 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
4
In der Klagebegründung brachten die Kläger vor, der Anspruch auf Räumung und Herausgabe sei infolge außerordentlicher, fristloser Kündigung sowie hilfsweise ordentlicher Kündigung eines Mietverhältnisses gerechtfertigt. Sie hätten das streitgegenständliche Anwesen mit Kaufvertrag vom 29. Januar 2004 von den Beklagten gekauft und das Objekt ab 1. März 2004 an diese vermietet. Zum Beweis bezogen sie sich auf den notariellen Kaufvertrag mit dem Hinweis „dort insbesondere III.2.“. Die Kläger hätten den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt einen schriftlichen Mietvertragsentwurf übergeben, dieser sei von den Beklagten jedoch nicht gegengezeichnet und nicht „retourniert“ worden. In der Folge bestimme sich das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen. Ein schriftlicher Mietvertrag existiere nicht. Unstreitig betrage die monatliche Miete 1.130,08 €. Mit Schreiben vom 13. Februar 2023 sei das Mietverhältnis von den Klägern außerordentlich und fristlos sowie hilfsweise ordentlich gekündigt worden. Die Kündigung habe sich insbesondere auf den zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Mietrückstand in Höhe von 5.025,20 € gestützt. Seit Juni 2022 bis Februar 2023 hätten die Beklagten statt der geschuldeten Miete in Höhe von 1.130,08 € nur jeweils den hälftigen Betrag in Höhe von 565,04 € bezahlt. Eine fristgerechte Räumung sei nicht erfolgt. Der Streitwert betrage vorläufig 13.560,96 €.
5
In Ziffer III. 2. des mit der Klageschrift vorgelegten Kaufvertrags vom 29. Januar 2004 heißt es:
Der Vertragsbesitz ist derzeit weder vermietet noch verpachtet.
Über den Vertragsbesitz haben die Vertragsteile einen Mietvertrag geschlossen, der mit dem 01. März 2004 einsetzt.“
6
In der Klageerwiderung rügten die Beklagten die Unzuständigkeit des Amtsgerichts Weilheim i.OB als Mietgericht. Es handele sich nicht um ein klassisches Mietverhältnis, sondern um ein „Vertragsverhältnis sui generis im Sinne einer Treuhand“, für das Auftragsrecht gelte. Da sich der Beklagte zu 1) „mit seiner Firma in Insolvenz“ befunden und dessen Bank die Zwangsversteigerung des Grundstücks eingeleitet habe, habe sich die Klagepartei – im Benehmen mit der die Zwangsversteigerung betreibenden Bank – bereiterklärt, das Grundstück zu erwerben und mit dem vereinbarten Kaufpreis, der durch die Kläger ebenfalls durch Kredite habe finanziert werden müssen, abzulösen. Ziel „dieser Aktion“ sei es gewesen, der Klagepartei im Rahmen familiärer Solidarität das Familienheim zu erhalten. Die Beklagtenpartei habe die Gebühren, Kosten, Zinsen und die Tilgung der von den Klägern aufgenommenen Kredite im Rahmen eines monatlichen Zahlbetrags leisten und im Übrigen die anfallenden Kosten für die Bewirtschaftung und die Erhaltung des Hauses tragen sollen. Gemäß den Absprachen sei vorgesehen gewesen, dass das Anwesen nach vollständiger Tilgung der Kreditverbindlichkeiten wieder auf die Beklagtenpartei bzw. auf eines der Kinder der Beklagten übertragen werde. Beim Notartermin habe diese Rückübertragungsabrede jedoch keinen Eingang in die notarielle Vereinbarung gefunden. Die Beklagte zu 2) habe das Fehlen der Absprache während der Beurkundung zur Sprache gebracht. Da es allerdings mit der Ablösung der Schulden geeilt habe, seien die Parteien in dem Termin übereingekommen, von der Integrierung der Absprache in den Vertrag abzusehen. Der Notar habe hierbei erklärt, dies sei vertretbar, da es sich um einen Vertrag unter Familienangehörigen handele. Es sei jedoch der Zeuge … angewiesen worden, zu dem Vorgang eine Notiz zu machen und diese im Verkaufsakt zu vermerken. Hinsichtlich der Finanzierung auf Seiten der Kläger habe die Bank ein Gesamteinkommen von 3.840,00 € der Kläger zugrunde gelegt, in das sonstige Einnahmen, „z. B. Mieteinnahmen“ mit 900,00 € einkalkuliert worden seien (Anlage B 3). Absprachegemäß hätten die Beklagten „die Kosten für Zins und Tilgung“ übernommen in Höhe „des exakten Betrags von 1.130,08 €“. Nach Übertragung des Eigentums sei von der Klagepartei zur Vorlage bei der Bank die Unterzeichnung eines Mietvertrags gefordert worden. Diesem Ansinnen der Kläger seien die Beklagten nicht nachgekommen unter Hinweis auf das bestehende Treuhandverhältnis und die mündlich vereinbarte Rückübertragungsverpflichtung. Im Hinblick auf das neben der Grundstücksübertragung vereinbarte Treuhandverhältnis sei eine notarielle Vereinbarung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht notwendig gewesen. In mietvertraglicher Hinsicht scheide damit eine Kündigung der Klagepartei wegen Zahlungsverzugs aus. Ein mietvertragliches Verhältnis habe nicht bestanden.
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Die Kläger hielten dem in der Replik vom 17. Juli 2023 entgegen, das Objekt sei an die Beklagten vermietet worden, wie sich aus Seite 3 des Kaufvertrags ergebe. Ausdrücklich bestritten werde, dass ein „Vertragsverhältnis sui generis im Sinne einer Treuhand“ bestehe. Ein solches sei zwischen den Parteien nie vereinbart worden. Man sei übereingekommen, dass die Kläger das Grundstück von den Beklagten käuflich erwerben und dieses sodann an die Beklagten vermieten werden. Bezüglich des Mietvertrags hätten die Parteien in der Folge vereinbart, dass als Miete mindestens der Betrag anzusetzen sei, welchen die Kläger auf das Objekt „als Unkosten“ einschließlich Kreditverbindlichkeiten aufzuwenden hätten. Aus diesem Grund entspreche die gezahlte Miete dem Betrag der ursprünglichen Darlehensverpflichtungen der Kläger. Es werde ausdrücklich bestritten, dass es eine Absprache zwischen den Parteien gegeben habe, dass das Anwesen wieder auf die beklagte Partei bzw. auf eines der Kinder der Beklagten (zurück-)übertragen werden müsse. Der Sachvortrag der Beklagten zum Ablauf des Notartermins werde bestritten. Die Beklagten hätten nicht die „Kosten für Zins und Tilgung“ übernommen. Richtig sei, dass die Beklagten Miete gezahlt hätten in Höhe der den Klägern entstandenen Aufwendungen für Zins und Tilgung. Ein Treuhandverhältnis sowie eine mündlich vereinbarte Rückübertragungsverpflichtung seien nicht vereinbart worden.
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Die Beklagten erwiderten mit Schriftsatz vom 22. August 2023, es sei zwar zutreffend, dass in der notariellen Vereinbarung vom Notar vermerkt worden sei, dass ein Mietvertrag geschlossen worden sei. Dies sei auch notwendig gewesen, damit im Hinblick auf die Fremdfinanzierung des Erwerbs des Objekts durch die Klagepartei für die finanzierende Bank eine gesicherte Einnahmequelle benannt gewesen und der Kreditvertrag überhaupt zustande gekommen sei. Eine andere Vertragskonstruktion im Sinne des vorliegenden Treuhandverhältnisses hätte im Hinblick auf die Finanzierung nur zu „Irritationen bei der Kreditvergabe“ geführt. Tatsächlich sei jedoch zwischen den Parteien kein Mietvertrag geschlossen worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der vereinbarte „Mietzins“ (basierend auf den beiden Darlehensverträgen) zum damaligen Zeitpunkt bei Weitem über dem ortsüblichen Mietzins gelegen habe.
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Die Kläger erwiderten, es werde bestritten, dass die vereinbarte Miete bei Weitem über dem ortsüblichen Mietzins gelegen habe. Hätten die Kläger nicht mit Kosten belastet werden sollen, so hätten die Beklagten auch die den Klägern infolge der Versteuerung der Mieteinnahmen entstehenden Steuern und Aufwendungen erstatten müssen. Entsprechendes sei niemals vereinbart worden. Es sei einzig und allein ein Mietverhältnis vereinbart worden.
10
In der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2023 stellten die Kläger „für den Fall der Annahme der Unzuständigkeit des Amtsgerichts Weilheim“ vorsorglich einen Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht München II.
11
Mit Beschluss vom 17. Oktober 2023 hat das Amtsgericht Weilheim i.OB im schriftlichen Verfahren den Streitwert auf 13.560,96 € festgesetzt, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger an das Landgericht München II verwiesen.
12
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, es sei nicht streitwertunabhängig zuständig. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass es sich „bei den Parteien um eine familiäre Streitigkeit“ handele, wobei unstreitig sei, dass die Kläger von den Beklagten mit Kaufvertrag vom 29. Januar 2004 das streitgegenständliche Anwesen erworben hätten. Eine schriftliche Mietvertragsvereinbarung existiere unstreitig nicht. Aufgrund der familiären Situation zwischen den Parteien handele es sich auch „nicht um ein klassisches Mietverhältnis, das einfach entsprechend angewendet werden“ könne, sondern um ein „Vertragsverhältnis sui generis im Sinne einer Treuhand“, für das Auftragsrecht gelte. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass „die Klagepartei“ (Anmerkung: gemeint ist wohl die Beklagtenpartei; vgl. S 2/3 der Klageerwiderung) „zutreffend“ vorgetragen habe, dass die Beklagte zu 2) das Grundstück, das ihr von ihren Eltern übertragen worden sei, an ihre Schwester und ihren Schwager – die Kläger – mit Vertrag vom 29. Januar 2004 übertragen habe. Der Verkaufswert habe bei 185.000,00 € gelegen, der Verkehrswert sei am 8. März 2002 auf 225.000,00 € geschätzt worden. Das Gutachten sei im Rahmen eines von der Bank der Beklagtenpartei veranlassten Zwangsversteigerungsverfahrens, dessen Hintergrund die Insolvenz des Beklagten zu 1) gewesen sei, erstellt worden. Nachdem sich das Verfahren im Hinblick auf die Verwertung der Liegenschaft hingezogen habe, habe sich die Klagepartei, auch auf Wunsch „der Mutter der Parteien“, bereit erklärt, das Grundstück zu erwerben und mit dem vereinbarten Kaufpreis, der von den Klägern ebenfalls durch Kredite habe finanziert werden müssen, abzulösen. Ziel „dieser Aktion“ sei gewesen, der Klagepartei im Rahmen familiärer Solidarität das Familienheim zu erhalten. Unter Berücksichtigung dieser „unstreitigen Gegebenheiten“ könne „hier nachträglich nicht einseitig von der Klagepartei ein mietvertragliches Verhältnis abgeleitet werden“, sodass konsequenterweise die mietvertraglichen Regelungen auch nicht analog anwendbar seien und das Mietgericht nicht zuständig sei. Die Unzuständigkeit sei von der Beklagten auch gerügt worden. Aufgrund des hilfsweise gestellten Antrags sei das Verfahren an das sachlich zuständige Landgericht München II zu verweisen.
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Nach Eingang der Akten hat das Landgericht München II mit Beschluss vom 2. November 2023 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und ausgesprochen, dass die Verweisung keine Bindungswirkung entfalte.
14
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Verweisung sei objektiv willkürlich, da § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG übergangen worden sei. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass maßgeblich für die Beurteilung der Zuständigkeit die Rechtsnatur des Anspruchs sei, wie er sich aus Antrag und Tatsachenvortrag des Klägers ergebe und nicht des Beklagten. Es sei daher objektiv willkürlich, auf den Vortrag der Beklagten im Hinblick auf eine „familiäre Streitigkeit“ und darauf abzustellen, dass eine schriftliche Mietvertragsvereinbarung unstreitig nicht existiert habe. Die Kläger hätten ihren Anspruch auf einen Wohnraummietvertrag gestützt. Sie seien zudem dem Vortrag der Beklagten entgegengetreten. Im Schriftsatz vom 17. Juli 2023 heiße es, dass schon mit der Klageschrift vorgetragen worden sei, dass das Objekt an die Beklagten vermietet worden sei, wie es auch im notariellen Vertrag auf Seite 3 festgehalten worden sei. Es spreche nichts dafür, dass anlässlich der Beurkundung vor einem Notar von den Parteien eine andere Vertragsart gemeint gewesen sein könnte, wenn das Wort „Mietvertrag“ gewählt werde. Zudem seien die vom Amtsgericht wiedergegebenen Hintergründe und Motive der Parteien für die Begründung der Verweisung schon deswegen nicht tragfähig, weil solche Hintergründe und Motive rechtlich unerheblich seien und nichts daran änderten, in welcher Rechtsform die Parteien ihre Ziele bewusst gestalteten, nämlich hier in Form eines Kaufs und einer Rückvermietung. Solche Rechtsformgestaltungen seien auch im sonstigen Geschäftsleben nicht unüblich und rechtlich anerkannt (z. B. sale-and-leaseback). Es sei objektiv willkürlich, deren rechtliche Wirksamkeit ohne Weiteres anzuzweifeln. Auch sei es nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar, warum das Amtsgericht erwähne, dass eine schriftliche Mietvertragsvereinbarung unstreitig nicht existiere. Erstens ändere dies nichts am Vortrag der Klagepartei in ihrer Klage zur Begründung eines Räumungsantrags. Zweitens komme es bei der Frage der sachlichen Zuständigkeit auf Fragen der Begründetheit (Schlüssigkeit) gerade nicht an. Drittens könnten Wohnraummietverträge mündlich abgeschlossen werden. Fehle ein schriftlicher Mietvertrag, gelte der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Akten würden wieder an das Amtsgericht Weilheim i.OB zurückgeleitet.
15
Mit Beschluss vom 14. Februar 2024 hat das Amtsgericht Weilheim i.OB das Verfahren zunächst dem Oberlandesgericht München zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt, das die Akte mit Beschluss vom 20. Februar 2024 unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses zuständigkeitshalber an das Amtsgericht zurückgegeben hat.
16
Mit Beschluss vom 29. Februar 2024 hat das Amtsgericht Weilheim i.OB das Verfahren dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verweisungsbeschluss sei nicht willkürlich. Die Zuständigkeit des Mietgerichts setze eine mietrechtliche Streitigkeit voraus. Unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags hätten die Parteien bereits keinen Mietvertrag geschlossen. Der Abschluss eines (Miet-)Vertrags setze nach den allgemeinen Regeln zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Nach dem Vortrag der Klagepartei sei ein schriftlicher Mietvertrag nicht von beiden Parteien unterzeichnet worden. Unter diesen Voraussetzungen könne nicht auf den Zugang einer Willenserklärung nach § 151 BGB verzichtet werden, geschweige denn auf die Willenserklärung der beklagten Partei. Der Vortrag der Kläger zu dieser Thematik erschöpfe sich in dem Vorbringen in der Klageschrift, dass sich aufgrund dessen das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen bestimme. Ein „konkludenter“ Mietvertrag könne unter diesen Umständen nicht angenommen werden. Auch aus dem notariellen Kaufvertrag ergebe sich keine mietvertragliche „Vereinbarung“ zwischen den Parteien. Die beklagte Partei habe unstreitig auch keine Mietzahlungen geleistet, sondern Tilgungen an die Bank. Es sei schlichtweg um die Erhaltung des Familienheims im Rahmen familiärer Solidarität gegangen. Ergänzend werde auf die ausführliche Begründung im Verweisungsbeschluss Bezug genommen.
18
Die Parteien sind im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren angehört worden.
19
Die Kläger haben vorgetragen, es handele sich um eine mietrechtliche Angelegenheit, zuständig sei das Amtsgericht Weilheim i.OB. Sie hätten das Anwesen von den Beklagten gekauft und hätten es am 1. März 2004 an die Beklagten vermietet. Zum Beweis sei bereits in der Klageschrift der notarielle Kaufvertrag vorgelegt worden. In Ziffer III. 2. sei beurkundet, dass über den Vertragsbesitz seitens der Vertragsteile ein Mietvertrag geschlossen worden sei, der mit dem 1. März 2004 einsetze.
20
Die Beklagten haben sich nicht geäußert.
21
Auf die zulässige Vorlage ist die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Weilheim i.OB auszusprechen.
22
1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung der (sachlichen) Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 36 Rn. 34 ff. m. w. N.) durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor.
23
Das Amtsgericht Weilheim i.OB hat sich durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 17. Oktober 2023 für unzuständig erklärt, das Landgericht München II durch die zuständigkeitsverneinende Entscheidung vom 2. November 2023. Die jeweils beiden Parteien mitgeteilte und ausdrücklich ausgesprochene Leugnung der eigenen Zuständigkeit erfüllt das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2017, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 12; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 35; jeweils m. w. N.). Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Parteien vor seiner Entscheidung nicht angehört und dadurch deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, denn es hat seine Entscheidung den Parteien zumindest nachträglich bekannt gemacht. Sie kann somit nicht mehr als gerichtsinterner Vorgang angesehen werden, der die Anforderungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht erfüllte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 24. Juni 2021, 101 AR 64/21, juris Rn. 16).
24
Zuständig für die Bestimmungsentscheidung ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht. Im Streitfall ist das im Instanzenzug nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht über dem Amtsgericht Weilheim i.OB und dem Landgericht München II in der hier vorliegenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der Bundesgerichtshof, denn vom Amtsgericht als Eingangsgericht gemäß § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG geht der Rechtszug zum Landgericht als Berufungsgericht gemäß § 72 Abs. 1 GVG und weiter zum Bundesgerichtshof als Revisionsgericht gemäß § 133 GVG, während vom Landgericht als Eingangsgericht gemäß § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG der Rechtszug zum Oberlandesgericht als Berufungsgericht gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG und weiter zum Bundesgerichtshof als Revisionsgericht gemäß § 133 GVG geht. Dass beide am Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts München liegen, führt deshalb nicht zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für das Bestimmungsverfahren (vgl. BayObLG, Beschluss vom 24. September 2019, 1 AR 83/19, juris; Toussaint in BeckOK ZPO, 52. Ed. Stand: 1. März 2024, § 36 Rn. 45.2).
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2. Sachlich ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht Weilheim i.OB gemäß § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG.
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a) Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Weilheim i.OB vom 17. Oktober 2023 entfaltet keine Bindungswirkung. Der Verweisungsbeschluss beruht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger, sodass offenbleiben kann, ob die Entscheidung zudem objektiv willkürlich ist.
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aa) Der Gesetzgeber hat in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Die Bindungswirkung entfällt allerdings dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss (st. Rspr.; vgl. BGH NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15; Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 281 Rn. 17; Bacher in BeckOK ZPO, § 281 Rn. 32.4; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16 f.).
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bb) Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Verweisung unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger ergangen ist.
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(1) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. In einem rechtsstaatlichen Verfahren muss jeder Verfahrensbeteiligte die Möglichkeit haben, seine Rechte wirksam wahrzunehmen. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlichrechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007, X ZR 15/05, BGHZ 173, 40 Rn. 7). Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (st. Rspr.; BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992, 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133 [145 f., juris Rn. 39]; Beschluss vom 8. Oktober 1985, 1 BvR 33/83, BVerfGE 70, 288 [293, juris Rn. 16]; Beschluss vom 22. November 1983, 2 BvR 399/81, BVerfGE 65, 293 [295, juris Rn. 11]). Ein Schweigen zu den wesentlichen Tatsachen- oder Rechtsausführungen, die den Kern des Parteivorbringens darstellen und eindeutig von entscheidender Bedeutung sind, lässt den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet worden ist (st. Rspr.; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2022, 2 BvR 1982/20, juris Rn. 41; BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2021, VIII ZR 91/20, NJW-RR 2022, 86 Rn. 15; Beschluss vom 11. Mai 2021, VI ZR 1206/20, juris Rn. 13).
30
(2) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird der Verweisungsbeschluss nicht gerecht.
31
Das Amtsgericht hat im Verweisungsbeschluss zur Begründung seiner Annahme, es liege, entsprechend dem Vortrag der Beklagten, eine „Treuhand sui generis“, für die Auftragsrecht gelte, vor, einerseits zwar nahezu wortgleich und ausführlich das Vorbringen der Beklagten zu den Hintergründen des Verkaufs (S. 2 bis S. 3 oben der Klageerwiderung) in indirekter Rede wiedergegeben, sich aber andererseits nicht mit dem Kern des Vorbringens der Kläger befasst, im Zuge des Verkaufs sei ein Mietvertrag abgeschlossen worden.
32
Insbesondere hat das Amtsgericht Weilheim i.OB das Vorbringen der Kläger in der Replik vom 17. Juli 2023 völlig außer Acht gelassen, dass sich der Abschluss eines Mietvertrags aus der Bestimmung auf Seite 3 der notariellen Kaufvertragsurkunde (Ziffer III. 2. des Vertrags) ergebe. Die Klausel im Notarvertrag wird in dem Verweisungsbeschluss nicht erwähnt, obwohl sie für die rechtliche Argumentation der Kläger ersichtlich von entscheidender Bedeutung ist. Die Bestimmung besagt, dass ein Mietvertrag (bereits) geschlossen sei. Dass sich entsprechender Vortrag schon aus dem Vortrag in der Klageschrift ergeben hatte, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Denn jedenfalls hat sich das Amtsgericht mit der Passage im Kaufvertrag trotz ausdrücklichen Hinweises der Kläger in der Replik nicht befasst.
33
Das Amtsgericht hat außerdem zwar umfassend dargelegt, dass der Notarvertrag einen familiären Hintergrund gehabt habe, aber die von den Beklagten an die Kläger monatlich geleisteten Zahlungen rechtlich nicht eingeordnet. Insbesondere hat das Amtsgericht zu dem Kern des Vorbringens der Kläger im Schriftsatz vom 17. Juli 2023 geschwiegen, die Höhe der Miete habe den Aufwendungen der Kläger für Zins und Tilgung des von ihnen zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommenen Darlehens entsprochen. Zudem hatten die Beklagten selbst in der Klageerwiderung vorgebracht, dass das Finanzierungskonzept gemäß der Auskunft der Kläger gegenüber deren finanzierender Bank (Anlage B 3) beinhaltet habe, dass „Mieteinnahmen“ der Kläger in Höhe von 900,00 € monatlich einkalkuliert werden. Mit Schriftsatz vom 22. August 2023 hatten die Beklagten selbst außerdem vorgetragen, es sei notwendig gewesen, mit der Passage zum Bestehen eines Mietvertrags im Notarvertrag gegenüber der den Kauf finanzierenden Bank eine gesicherte Einnahmequelle zu benennen, damit die Finanzierung zustande komme.
34
Das Amtsgericht hat schließlich ohne jede Begründung die rechtliche Argumentation der Beklagten übernommen, es liege ein Treuhandverhältnis vor, obwohl die Kläger in der Replik die Vereinbarung einer Rückübertragungsverpflichtung bestritten hatten. Es hat außerdem das Vorbringen der Kläger, es liege ein Mietvertrag vor, übergangen, indem im Verweisungsbeschluss eine Argumentation zu der wesentlichen Frage fehlt, wie die von den Beklagten so bezeichnete „Treuhand sui generis“, für die Auftragsrecht gelte, hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung – in Abgrenzung zu dem von den Klägern behaupteten Mietvertrag – konkret und wirksam ausgestaltet gewesen sei. Eine Befassung mit der von den Beklagten möglicherweise in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Formbedürftigkeit einer Rückübertragungsvereinbarung im Zusammenhang mit einem treuhänderischen Auftrag, ein Grundstück zu erwerben (vgl. BGH, Urt. v. 25. Juni 2021, V ZR 218/19, WM 2022, 1895; Urt. v. 15. Januar 2021, V ZR 210/19, WM 2021, 1956), findet nicht statt. Mit der inhaltsleeren Aussage des Amtsgerichts, im Hinblick auf die „unstreitigen Gegebenheiten“ (das Objekt sei aus familiären Gründen – um das „Familienheim“ zu erhalten – veräußert worden) könnten die Kläger „nachträglich nicht einseitig ein mietvertragliches Verhältnis ableiten“, wird der Gehörsverstoß nicht beseitigt.
35
Die Verletzung des in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Gebots stellt einen so schwerwiegenden Mangel des Verweisungsbeschlusses dar, dass ihm die Bindungswirkung im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO abzuerkennen ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 17. Oktober 2022, 101 AR 80/22, NJW-RR 2023, 68 Rn. 18).
36
Die Erwägungen des Amtsgerichts im Vorlagebeschluss, es fehle an übereinstimmenden Willenserklärungen für den Abschluss eines Mietvertrags, da ein schriftlicher Mietvertragsentwurf von den Beklagten nicht unterzeichnet worden sei, sind für die Beurteilung, ob der bereits zuvor erlassene Verweisungsbeschluss bindend ist, von vornherein nicht maßgeblich (siehe hierzu die Ausführungen in II. 2. b] bb]).
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b) Sachlich zuständig ist das Amtsgericht, da es sich um eine Streitigkeit nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG handelt.
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aa) Ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands sind die Amtsgerichte nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG ausschließlich zuständig für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses. Die Verankerung dieser Regelung zur sachlichen Zuständigkeit im Gerichtsverfassungsgesetz durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) erfolgte allein aus systematischen Gründen. Zwar erfasst der die örtliche Zuständigkeit regelnde § 29a Abs. 1 ZPO anders als § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG nicht nur Wohnraummietverhältnisse, sondern Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse. Hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine Streitigkeit über Ansprüche aus einem Mietverhältnis oder das Bestehen eines Mietverhältnisses handelt, bestehen zwischen den Vorschriften jedoch keine Unterschiede (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 2014, VIII ZR 376/13, BGHZ 202, 39 Rn. 20, 22; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 12/3832, S. 43).
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Für Klagen auf Räumung von Wohnraum ist das Amtsgericht ohne Rücksicht darauf zuständig, auf welchen Rechtsgrund der Räumungsanspruch gestützt wird, wenn von einem Mietverhältnis ausgegangen wird, das besteht oder bestanden hat (vgl. Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 23 Rn. 27; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. August 2009, 6 W 44/09, juris Rn. 16; KG, Beschluss vom 16. Juli 1999, 28 AR 78/99, NJW-RR 2000, 801 [juris Rn. 11]). Nicht anwendbar ist § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG dagegen, wenn ein auf § 985 BGB gestützter Anspruch nicht im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis oder dem Zustandekommen oder der Abwicklung eines solchen Verhältnisses steht (Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 29a Rn. 24; Toussaint in BeckOK ZPO, § 29a Rn. 15; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 29a Rn. 14; Wittschier in Musielak/Voit, ZPO, GVG § 23 Rn. 10).
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Nach ganz herrschender Auffassung ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG grundsätzlich nach dem Sachvortrag des Klägers zu beurteilen, wobei schlüssig vorgetragene sogenannte doppeltrelevante Tatsachen, die auch für die Begründetheit der Klage von Bedeutung sind, im Rahmen der Prüfung als wahr zu unterstellen sind (Toussaint in BeckOK ZPO, § 29 a Rn. 20). Entscheidend ist allein, ob sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aus den zur Begründung des Anspruchs vom Kläger vorgebrachten Tatsachen ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 2014, VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn. 23; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14. August 2023, 1 AR 20/23, juris Rn. 19; OLG Köln, Urt. v. 12. Juni 2015, I-1 U16/14, juris Rn. 21 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20. August 2009, 6 W 44/09, juris Rn. 18; KG, Beschluss vom 16. Juli 1999, 28 AR 78/99, NJW-RR 2000, 801 [juris Rn. 11 f.]; Wittschier in Musielak/Voit, ZPO, GVG § 23 Rn. 9; Niesler in BeckOK GVG, 22. Ed. Stand: 15. Februar 2024, Rn. 14). Nur dann, wenn sich das – gerichtsstandsbegründende – Bestehen eines Streits zwischen den Parteien über das Vorliegen bzw. die Wirksamkeit eines Mietverhältnisses erst aus den Einwendungen des Beklagten ergibt, kann ausnahmsweise auch das Beklagtenvorbringen in Betracht kommen (zu solchen Fallkonstellationen: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 31. Januar 2023, 1 AR 4/23, juris Rn. 18; OLG Köln, Urt. v. 12. Juni 2015, I-1 U16/14, juris Rn. 21 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. November 2007, I-24 U 117/07, NZM 2008, 479 [juris Rn. 4]; OLG Bremen, Beschluss vom 10. Juli 1990, 6 W 23/90, juris Rn. 2; vgl. Toussaint in BeckOK ZPO, § 29a Rn. 20; die Maßgeblichkeit des Beklagtenvorbringens auch in einer solchen Konstellation verneinend: KG, Beschluss vom 6. März 2008, 2 AR 12/08, NJW-RR 2008, 1465 [juris Rn. 7]).
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bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Streitigkeit über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis im Sinne des § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG vor.
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Nach dem Vortrag der Kläger soll zwischen den Parteien ein Mietvertrag über Wohnraum bestanden haben. Auf das Vorbringen der Beklagten, mit dem dies in Abrede gestellt wird, kommt es für die sachliche Zuständigkeit nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG nicht an, da die Frage, ob ein Mietvertrag vorliegt, auch für den Erfolg der Klage von Bedeutung ist. Allein maßgeblich ist somit der im Hinblick auf den Abschluss eines Mietvertrags schlüssige Sachvortrag der Kläger. Der Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens steht nicht der Vortrag in der Klageschrift entgegen, dass die Beklagten einen ihnen von den Klägern zugesandten schriftlichen Mietvertrag nicht unterzeichnet hätten. Das klägerische Vorbringen ist ohne Weiteres dahin zu verstehen, dass sich die Parteien lediglich im Hinblick auf die in dem schriftlichen „Vertragsentwurf“ niedergelegten konkreten Modalitäten des bereits zuvor (vgl. Ziffer III. 2. des Notarvertrags) abgeschlossenen Mietvertrags nicht hätten einigen können, sodass es bei dem mündlich abgeschlossenen Mietvertrag verblieben sei.