Titel:
Asylklage, Uganda, Nichtstaatliche Bedrohung, Polizei schutzbereit und –fähig
Normenketten:
AsylG § 3
AsylG § 78
AufenthG § 60
Schlagworte:
Asylklage, Uganda, Nichtstaatliche Bedrohung, Polizei schutzbereit und –fähig
Fundstelle:
BeckRS 2024, 25722
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die 1991 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige. Sie reiste am … Mai 2019 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am … Januar 2020 einen Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung am … Juli 2021 erklärte die Klägerin, dass ihr verstorbener Mann Polizist gewesen sei. Nachdem er im Jahr 2018 eine neue Funktion bekommen habe, habe er ihr erzählt, dass versucht worden sei, ihn zu bestechen. Sie selbst habe dann E-Mails mit Drohungen erhalten, dass sie mit ihrem Mann sprechen solle. Sie seien dann zur Polizei gegangen, die aber nichts unternommen habe.
3
Im Mai 2018 sei ihr am *. Januar 2018 geborenes Kind zusammen mit ihrer Haushälterin entführt worden. Die Entführer hätten immer wieder Geld verlangt, das ihr Mann auch bezahlt habe. Als ihr Mann das Baby abgeholt hätte, sei es schon tot gewesen. Mit Hilfe der Polizei sei es möglich gewesen, das Kind zurückzubekommen.
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Ende November 2018 sei ihr Mann vor ihrem Haus umgebracht worden, dort hätte sie ihn tot aufgefunden. Sie habe sich dann an die Polizei gewandt. Aber dort sei es nur hin und her gegangen.
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Einige Monate später habe sie wieder Anrufe und SMS von Unbekannten erhalten, da sie irgendwelche Dokumente habe. Sie sei dann zu ihrer Schwester und dann zu einer Freundin außerhalb von K* … gezogen. Auch da habe sie Drohungen per Anruf und SMS erhalten. Sie habe sich an die Polizei gewandt, die aber nur oberflächlich ermittelt habe.
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Sie sei dann entführt und geschlagen worden. Die Entführer hätten Dokumente von ihr gewollt, in denen es um Grundstücke gegangen sei. Um freizukommen hätte sie ihnen gesagt, dass die Dokumente beim Familienanwalt wären und sie diese holen würde. Sie sei dann freigelassen worden und habe eine Frist von zwei Wochen bekommen, um die Dokumente zu beschaffen. Das müsse Ende März 2019 gewesen sein. Sie sei dann zu einer Freundin und habe sich bei ihr versteckt. Am *. Mai 2019 habe sie das Visum bekommen und sei dann ausgereist.
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Mit Bescheid vom … Juli 2021 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Dieser Bescheid wurde der Klägerin am … Juli 2021 zugestellt.
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Am 5. August 2021 hat die Klagepartei Klage gegen den Bescheid vom … Juli 2021 erhoben und beantragt,
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1. Der angegriffene Bescheid wird aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 des Asylgesetzes (AsylG) zuzuerkennen.
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3. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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4. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 – 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen.
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Das Bundesamt hat für die Beklagte beantragt,
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Am 24. Juni 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift vom 24. Juni 2024 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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a) Die Klägerin hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG) rechtfertigen würde.
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Der Vortrag der Klägerin ist unglaubhaft, da er nicht plausibel ist. Einerseits trägt die Klägerin vor, dass die Unbekannten ihr Baby entführt und umgebracht haben sollen, schließlich sei auch ihr Mann ermordet worden. Als die Unbekannten die Klägerin schließlich entführt haben sollen, habe sie angegeben, die geforderten Dokumente bei einem Anwalt beschaffen zu wollen. Daraufhin sei sie freigelassen worden, um innerhalb von zwei Wochen die Dokumente vorzulegen. Es ist völlig widersinnig, dass Kriminelle auf die Klägerin (und zu Lebzeiten ihren Mann) erheblichen Druck ausüben, indem deren Kind entführt, ihr Mann ermordet und schließlich sie selbst entführt worden und auch misshandelt worden sein soll, sie dann aber freigelassen wird, um innerhalb von zwei Wochen Dokumente zu beschaffen. Denn dadurch wurde der Klägerin gerade die – absehbare – Möglichkeit geboten, unterzutauchen und zu fliehen. Wenn die Entführer einerseits massiven Druck auf die Klägerin ausgeübt haben sollen, dann ist es widersinnig, dass die Klägerin von diesen Personen einfach freigelassen wird, um innerhalb von zwei Wochen die geforderten Dokumente zu beschaffen. Wenn das Interesse der Kriminellen an den Dokumenten so groß sein soll, dass sie dafür quasi „über Leichen gehen“, dann ist es völlig unplausibel, dass die Klägerin ohne weiteres freigelassen wird.
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Daneben knüpfen die von der Klägerin vorgetragenen Drohungen und Übergriffe nicht an asylerhebliche Merkmale im Sinn des Art. 16a Abs. 1 GG an (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Auflage 2020, Art. 16a Rn. 11 ff.). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes / AsylG ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Auch eine kriminelle Verfolgung muss an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können. Eine Verfolgung i.S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (VG Augsburg, B.v. 6.4.2017 – 4 S 17.31616 – juris Rn. 17).
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Die vorgetragenen Drohungen durch Kriminelle knüpfen nicht an asylerhebliche Merkmale an. Denn diese Drohungen dienten der Beschaffung von Dokumenten. Die Klägerin wurde damit nicht wegen ihrer politischen Einstellung oder anderer asylerheblicher Merkmale Opfer der angegebenen angeblichen Übergriffe. Es handelt sich um kriminelle Übergriffe, gegen die der ugandische Staat grundsätzlich schutzbereit und -fähig ist (Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017, S, 7 ff. – trotz Korruption). Nach dem Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017 (S. 6 f.) kann die politische Lage in Uganda als relativ stabil bezeichnet werden. Die Polizei war nach der Schilderung der Klägerin auch nicht völlig untätig.
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b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Für das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Erkrankung bei der Klägerin wurde nichts vorgetragen, hierfür ist auch ansonsten nichts ersichtlich.
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c) Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes vom 16. Juli 2021 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.