Titel:
Beleidigung durch ausländerfeindliche Äußerung
Normenkette:
StGB § 185, § 193, § 194
Leitsatz:
Die Äußerung gegenüber einer Person, die ein Kopftuch trägt und einwandfrei deutsch spricht, sie solle "in das Land, aus dem sie komme, abhauen" sowie sie "solle erstmal Deutsch lernen" und "sich einen Deutschkurs kaufen", stellt eine Beleidigung dar (aufgehoben durch BayObLG BeckRS 2024, 25529). (Rn. 4 und 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beleidigung, ausländerfeindliche Äußerung, Deutschkurs
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 19.09.2024 – 206 StRR 311/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 25531
Tenor
1. Der Angeklagte ... – übrige Personalien wie erhoben – ist schuldig der Beleidigung.
2. Er wird zur Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.
Entscheidungsgründe
1
Der 26-jährige Angeklagte äußert sich zu seinen persönlichen Verhältnissen nicht.
2
Der Angeklagte ist vorbestraft wie folgt:
Tatbezeichnung: Vorsätzliches unerlaubtes Führen einer Schusswaffe
Tatbezeichnung: Fahrl. Fahren ohne Fahrerlaubnis
3
Am 29.12.2023 gegen 13:35 Uhr auf Höhe der ... straße bei der Abschleppfirma in ... kam es zu einer Streitigkeit zwischen dem Angeklagten und Frau ... .
4
Im Rahmen dieser Streitigkeit erklärte der Angeklagte gegenüber der Zeugin ... (die ein Kopftuch trug), sie solle „in das Land, aus dem sie komme, abhauen“, sowie, sie „solle erstmal Deutsch lernen“ und „sich einen Deutschkurs kaufen“. Er tat dies, um Frau ... , die einwandfrei deutsch spricht, seine Missachtung auszudrücken.
5
Strafantrag wurde form- und fristgerecht gestellt.
6
Der Angeklagte äußerte sich selbst zum Tatvorwurf nicht und beantwortete auch keine Fragen. Er ließ eine Verteidigererklärung vortragen. Er lässt sich dahingehend ein, dass er von der Geschäftsführerin seines Arbeitgebers, Frau ... , bereits darauf hingewiesen wurde, dass die Angeklagte das abgeschleppte Fahrzeug ohne Bezahlung der Abschleppkosten abholen wolle. Als sie gegen 13:00 Uhr erschien, habe er ruhig und sachlich erklärt, dass Voraussetzung der Herausgabe die Bezahlung der Rechnung sei. Eine Bezahlung habe sie jedoch kategorisch abgelehnt. Sie habe den Fahrzeugbrief angeboten und das Fahrzeug an seinen Arbeitgeber verkaufen wollen. Sie habe ihn dann als „doofer Fettsack“ beleidigt. Er habe sie lediglich gefragt, ob sie die deutsche Sprache nicht verstehe, weil sie immer wieder dasselbe frage.
7
Der Angeklagte wird überführt durch die Aussagen des Zeugen PM ... , ... und ... . Der Zeuge PM ... gab an, dass er zu einer Streitigkeit bei der Abschleppfirma gefahren sei. Frau ... wollte ihr Auto zurückhaben. Sie wollte eine Rechnung für den von ihr zu bezahlenden Betrag haben. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, sie erhalte 4,00 € Rabatt und könne sich davon einen Deutschkurs kaufen. Der Angeklagte habe gemeint, die Zeugin hätte ihn beleidigt mit den Worten „Deutsches Schwein“. Ein unabhängiger Zeuge habe die abwertende Äußerung des Angeklagten gegenüber Frau ... gehört. Die Angeklagte habe ein Kopftuch aufgehabt, er habe sie ohne weiteres verstehen können.
8
Die Zeugin ... gab an, dass von ihr verlangt worden sei 900,00 € zu bezahlen ohne vorher eine Rechnung zu erhalten. Sie habe wissen wollen warum die Rechnung so hoch sei. Der Angeklagte habe dann gesagt, sie solle sich eine Tüte Deutsch kaufen, also einen Deutschkurs erwerben und erst mal richtig Deutsch lernen Er habe noch gesagt, sie solle sich in ihr eigenes Land verpissen, aus dem sie komme. Vielleicht habe er auch nur gesagt, sie solle in ihr Land abhauen. Bei der Polizei habe sie dann erfahren, dass der Angeklagte behauptet hätte, sie habe ihn als „deutsches Schwein“ bezeichnet. Dies sei jedoch nicht richtig, sie würde dies nie sagen, sie habe selbst die deutsche Staatsangehörigkeit .
9
Der Zeuge ... , der ebenfalls sein Auto dort abholte, erklärte, dass der Angeklagte die Zeugin in äußerst aggressiven Ton angegangen sei. Er habe gemeint, sie solle doch erst mal einen Deutschkurs machen, so würde er sie nicht bedienen. Das sei für ihn sehr auffallend und eindeutig ausländerfeindlich gewesen. Die Frau habe schon relativ gut deutsch gesprochen. Sie habe sich erkundigt, warum das so teuer sei. Der Mitarbeiter habe auch noch zuvor zu der Frau gesagt, sie solle zurückgehen, wo sie hergekommen ist. Auffällig sei noch gewesen, dass der Angeklagte die Frau geduzt habe.
10
Die Zeugin ... , ... sagte aus, dass die Zeugin ... bereits vorher angerufen habe. Sie habe den Eindruck gehabt, dass die Zeugin nicht bezahlen wolle. Sie habe zu dem Angeklagten gesagt, dass es Probleme geben wird. Sie selber sei nicht an der Betriebsstätte gewesen. Der Angeklagte hatte einen Gruppenanruf gestartet, sodass sie es telefonisch habe mithören können. Die Frau habe immer eine Rechnung haben wollen, eine Rechnung haben sie jedoch nicht erstellen können, weil die Buchhaltung über die Feiertage nicht da sei. Der Angeklagte habe sie gefragt, ob sie kein Deutsch könne, weil sie immer wieder nachgefragt habe. Die Zeugin habe zu ihm „deutsches Schwein“ oder „fettes Schwein“ gesagt. Es sei jedenfalls auf sein Äußeres bezogen gewesen. Diese Aussage der Zeugin wurde vom Zeugen ... z bestätigt. Auch er sei nicht an der Betriebsstätte gewesen und habe es über den Gruppenanruf mitgehört. Er habe nicht gehört, dass sie beleidigt wurde. Der Angeklagte sei ruhig und sachlich gewesen. Der Zeuge ... hat den Sachverhalt nach eigenen Angaben ebenfalls über den Gruppenanruf mitbekommen. Er habe sie lediglich gefragt, ob sie die deutsche Sprache verstehe. Er habe nicht gesagt, dass sie einen Deutschkurs machen solle. Sie habe zu ihm gesagt „deutsches Schwein“, und dass er auf seine Figur achten solle.
11
Die Aussagen der Zeugen PM ... , ... und ... waren für das Gericht uneingeschränkt glaubhaft. Diese Zeugen haben den Sachverhalt im Wesentlichen übereinstimmend geschildert. Der Zeuge ... hat den gesamten Vorfall mitbekommen und war am Streit nicht beteiligt. Zeugen haben den Sachverhalt widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer geschildert Bei der Aussage des Angeklagten fällt bereits auf, dass er in der Einlassung über den Verteidiger vortragen ließ, er sei mit“ doofer Fettsack“ beleidigt worden, während er bei der Polizei davon gesprochen habe, dass er als deutsches Schwein beleidigt worden sei. Auch die Zeugen ... und ... sowie der Zeuge ... bezeugten eine Beleidigung mit „fettes Schwein “. Bei den Aussagen der Zeugen ... S und M sowie des Zeugen ... war festzustellen, dass sie sämtlich nicht bei dem Vorfall zugegen waren, sondern diesen lediglich über das Telefon mitgehört haben wollen. Als Arbeitgeber, bzw. Bruder des Angeklagten sind die Zeugen auch nicht als unabhängig zu betrachten. Die Darstellung zur angeblichen Beleidigung durch die Zeugin ... auch widersprüchlich. Keiner dieser Zeugen bezeugte die vom Angeklagten vorgetragene Beleidigung „doofer Fettsack “.
12
Insgesamt hat das Gericht keinen Zweifel an der Darstellung der Zeugin ... und des Zeugen ... .
13
Der Angeklagte hat sich damit der Beleidigung gemäß §§ 185, 194 StGB schuldig gemacht.
14
Bei der Strafzumessung waren zu Lasten des Angeklagten die Vorstrafen zu berücksichtigen.
15
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erschien eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 € tat- und schuldangemessen und entspricht den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten.
Kosten: §§ 464 I, 465 I StGB.