Titel:
Eingruppierung einer Berufsbetreuerin
Normenkette:
VBVG § 8
Leitsätze:
Zu den Voraussetzungen für eine Anwendung der Vergütungstabelle B der Anlage zu § 8 Abs. 1 VBVG (hier verneint). (Rn. 20 – 30)
Eine Ausbildung ist dann iSv § 8 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VBVG mit einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest anerkannt ist, der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch eine Lehre vermittelten entspricht und der Ausbildungserfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist. Als Kriterien können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes sowie die Ausgestaltung der Abschlussprüfung herangezogen werden (Anschluss an BGH BeckRS 2012, 4754 Rn. 12; BeckRS 2011, 26810 Rn. 13). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufsbetreuer, Vergütung, Vergütungsstufe, Vergütungstabelle, Eingruppierung
Vorinstanz:
AG Kitzingen vom -- – 3 AR 3/24
Fundstellen:
BtPrax 2025, 34
RPfleger 2025, 27
BeckRS 2024, 25314
LSK 2024, 25314
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Geschäftswert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin, eine Berufsbetreuerin, wendet sich im vorliegenden gerichtlichen Verfahren gegen ihre Eingruppierung in die Vergütungsstufe A der Anlage zu § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz – VBVG).
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Mit Bescheid vom 8. August 2023 wurde die Antragstellerin als berufliche Betreuerin gemäß § 33 BtOG i. V. m. §§ 23, 24 BtOG vorläufig registriert. Ausweislich der „Bescheinigung zum Nachweis der Sachkunde gemäß § 19 Abs. 1 VBVG zur Vorlage beim Amtsgericht“ vom selben Tag hatten der Stammbehörde verschiedene Prüfungszertifikate der B.Akademie Fernkurse zum Nachweis der Sachkunde vorgelegen, welche die Voraussetzungen des § 6 BtRegV für eine vorläufige Registrierung erfüllten. Auf die Notwendigkeit, den vollständigen Nachweis der Sachkunde bis 30. Juni 2025 gemäß § 33 Satz 3 BtOG zu führen, wurde hingewiesen.
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Im Zuge eines Verfahrens zur Klärung der Frage, nach welcher Vergütungstabelle sich die zu beanspruchenden Vergütungen für die von der Antragstellerin geführten Betreuungen richten, äußerte sich der vom Amtsgericht Kitzingen um Stellungnahme gebetene Bezirksrevisor am 20. Februar und 1. März 2024 dahingehend, dass die Antragstellerin auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen – eines Arbeitszeugnisses der Sch. GmbH vom 5. Januar 2015 und der Prüfungszertifikate der B.Akademie Fernkurse – gemäß der Vergütungstabelle A zu vergüten sei, weil keine abgeschlossene Lehre oder abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule und auch keine vergleichbare Ausbildung im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 VBVG ersichtlich sei. Mit Schreiben vom 22. Mai 2024 an den Bezirksrevisor und E-Mail vom selben Tag an das für Vergütungsanträge zuständige Betreuungsgericht informierte die Antragstellerin darüber, dass sie erfolgreich eine Prüfung an der Industrie- und Handelskammer ... abgelegt habe, und bat um Überprüfung der Einstufung unter Berücksichtigung dieser Sachlage. Zum Nachweis fügte sie ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer ... vom 21. Mai 2024 bei, in dem bestätigt wurde, dass sie, die Antragstellerin, an einem Verfahren zur Validierung ihrer beruflichen Kompetenzen teilgenommen habe und die im Validierungsverfahren festgestellten Berufskompetenzen gleichwertig seien mit dem Referenzberuf „Berufsabschluss zur Kauffrau für Büromanagement“.
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Das über das Vorbringen unterrichtete Amtsgericht wertete das in der E-Mail geäußerte Gesuch mit dem Einverständnis der Antragstellerin als Erstantrag auf Vergütungseinstufung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 VBVG.
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Mit Bescheid des Amtsgerichts Kitzingen vom 26. Juni 2024 wurde die Antragstellerin nach erneuter Anhörung der Staatskasse in die Vergütungstabelle A gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 VBVG eingestuft. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus den vorgelegten Unterlagen keine abgeschlossene Lehre oder abgeschlossene vergleichbare Ausbildung im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VBVG ersichtlich sei. Gleiches gelte in Bezug auf eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder ihr vergleichbare Ausbildung. Die vorgelegten Nachweise belegten lediglich die Berufserfahrung der Antragstellerin, welche für die Vergütungshöhe jedoch nicht entscheidend sei. Das Landesrecht könne zwar bestimmen, dass es einer abgeschlossenen Lehre gleichstehe, wenn der Betreuer eine dem Abschluss einer Lehre vergleichbare Prüfung vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle nachgewiesen habe. Voraussetzung seien eine berufsmäßige Führung von Vormundschaften oder Betreuungen für die Dauer von mindestens drei Jahren und die Teilnahme an einer Umschulung oder Fortbildung. Eine entsprechende Regelung habe der Freistaat Bayern jedoch nicht getroffen.
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Gegen den ihr am 28. Juni 2024 zugestellten Bescheid wendet sich die Antragstellerin mit dem als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 18. Juli 2024, bei Gericht eingegangen am 22. Juli 2024. Sie äußert die Ansicht, dass die vorgelegten Dokumente zum Nachweis für eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare Ausbildung ausreichend und zu Unrecht nicht anerkannt worden seien. Insbesondere bestätige das Zertifikat der Industrie- und Handelskammer, dass die erworbenen Kompetenzen gleichwertig mit einer abgeschlossenen Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement seien. Für den vollständigen Abschluss des Sachkundenachweises sei ihr eine Frist bis Juni 2025 gesetzt worden.
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Der hierzu angehörte Antragsgegner hat beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zu verwerfen. Die Rechtspflegeamtsfrau, die den Bescheid erlassen habe, sei hierfür nach dem maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan funktional zuständig gewesen. Eine abgeschlossene Lehre oder formal vergleichbare Abschlussprüfung könne die Antragstellerin nicht nachweisen.
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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, aber unbegründet. Die erfolgte Festsetzung verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, da die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Vergütungstabelle B zu § 8 Abs. 1 VBVG nicht erfüllt sind.
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1. Der als Antrag auf gerichtliche Entscheidung auszulegende Widerspruch gegen den Bescheid des Amtsgerichts Kitzingen ist zulässig.
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a) Der Antrag ist nach § 23 Abs. 1 und 2 EGGVG als Verpflichtungsantrag in Form des Versagungsgegenantrags statthaft, denn bei der Entscheidung des Amtsgerichts Kitzingen vom 26. Juni 2024 handelt es sich um eine Maßnahme einer Justizbehörde auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts im Sinn des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG, mit der die von der Antragstellerin erstrebte Eingruppierung in die Vergütungsstufe B versagt worden ist.
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Die Vergütung der berufsmäßig tätigen Betreuer erfolgt grundsätzlich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage zu § 8 Abs. 1 VBVG festgelegt sind, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und 2 VBVG. Mit der seit 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Regelung in § 8 Abs. 3 VBVG besteht für (gegebenenfalls vorläufig) registrierte Berufsbetreuer die Möglichkeit, eine rechtssichere Feststellung der für sie jeweils einschlägigen Vergütungstabelle mit bundesweit bindender Wirkung zu erlangen (ausführlich BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 16). Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 VBVG stellt der Vorstand des am Sitz oder Wohnsitz des beruflichen Betreuers zuständigen Amtsgerichts auf Antrag fest, welche Vergütungstabelle Anwendung findet. Die Entscheidung ergeht als Justizverwaltungsakt im Sinn des § 23 Abs. 1 EGGVG (BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 16; so auch die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts BT-Drs. 19/24445 S. 394 f.). Dadurch wird eine wiederholte Prüfung derselben Fragen im Rahmen von Vergütungsfestsetzungsverfahren überflüssig.
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Der angegriffene Bescheid des Amtsgerichts Kitzingen ist ein solcher Justizverwaltungsakt. Mit der vorgenommenen Einstufung wurde dem zwar nicht ausdrücklich formulierten, aber hinreichend erkennbaren Ziel der Antragstellerin, in die Vergütungsstufe B eingeordnet zu werden, nicht entsprochen.
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b) Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgemäß (§§ 24, 26 Abs. 1 EGGVG) beim zuständigen Gericht eingereicht worden.
14
Die Antragstellerin hat innerhalb der Frist hinreichend erläutert, dass und aus welchen sachlichen Gründen sie eine Einstufung in die Vergütungstabelle B anstelle der festgestellten niedrigeren Vergütungstabelle A für geboten erachtet. Sie hat damit eine unmittelbare Verletzung eigener Rechte dargetan, § 24 EGGVG. Ob die Voraussetzungen für eine höhere Eingruppierung tatsächlich vorliegen, ist eine Frage der Begründetheit.
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Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 25 Abs. 1 und 2 EGGVG i. V. m. Art. 12 Nr. 3 AGGVG für das Verfahren zuständig.
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2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Justizverwaltungsakt des Amtsgerichts Kitzingen ist nicht rechtswidrig, denn das Vorbringen der Antragstellerin und die vorgelegten Nachweise sind nicht geeignet, eine Zuordnung zur Vergütungstabelle B zu rechtfertigen und somit eine Rechtsverletzung der Antragstellerin zu begründen. Der Bescheid, den die kraft Delegation im nichtrichterlichen Geschäftsverteilungsplan zuständige Rechtspflegeamtsfrau erlassen hat, ist mithin weder aufzuheben noch ist das Amtsgericht zu einer Höherstufung der Antragstellerin anzuhalten, § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGGVG.
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a) Gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VBVG richtet sich die Vergütung des beruflichen Betreuers nach der Vergütungstabelle B zu § 8 Abs. 1 VBVG, wenn der Betreuer eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung absolviert hat, nach der Vergütungstabelle C, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt, und nach der Vergütungstabelle A, wenn keiner dieser Fälle gegeben ist.
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Die Einordnung erfolgt ausschließlich anhand des formal erworbenen Abschlusses; die Fachrichtung spielt für die Vergütung keine Rolle mehr (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. September 2024, 102 VA 83/24, juris Rn. 13; Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 20; Beschluss vom 23. Januar 2024, 102 VA 160/23, BtPrax 2024, 142 [juris Rn. 22]; Beschluss vom 6. Oktober 2023, 101 VA 153/23, BtPrax 2024, 28 [juris Rn. 26]; Felix in Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, VBVG § 8 Rn. 2 und 7; Posselt in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, § 8 VBVG Rn. 2 f.; BT-Drs. 19/24445 S. 393). Denn die Einstufung in die Vergütungstabellen knüpft nach geltendem Recht nicht mehr an den Erwerb von für die Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen an (anders noch § 4 Abs. 2 VBVG a. F.). Die Sachkunde ist vielmehr ausnahmslos im Registrierungsverfahren vor der Stammbehörde nachzuweisen, §§ 23 ff. BtOG, und somit für die Anerkennung als Berufsbetreuer von Bedeutung (Luther in Jürgens, Betreuungsrecht, 7. Aufl. 2023, VBVG § 8 Rn. 4). Die in der Verordnung über die Registrierung von beruflichen Betreuern (Betreuerregistrierungsverordnung – BtRegV, BGBl. I 2022 S. 1154) detailliert geregelten Anforderungen an die Sachkunde (§ 3 BtRegV) sollen die Qualität der rechtlichen Betreuung gewährleisten, wobei die erforderliche Sachkunde mit Zeugnissen oder Leistungsnachweisen gemäß den Regelungen in §§ 4 bis 7 BtRegV nachzuweisen ist (Bohnert in beck-online.OGK, Stand: 1. Juli 2024, VBVG § 8 Rn. 15). Einfluss auf die Einordnung in die Vergütungstabellen A, B oder C hat die Sachkunde dagegen nicht (vgl. Felix in Toussaint, Kostenrecht, VBVG § 8 a. a. O.).
19
Weil bei der Einführung der entsprechenden Fallpauschalen durch Artikel 10 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 925) aber die bereits nach § 4 Abs. 3 VBVG a. F. maßgeblichen beruflichen und akademischen Qualifikationen („abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung“ sowie „abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung“) unverändert übernommen worden sind, kann auf die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien insoweit zurückgegriffen werden, als es um die Frage geht, ob eine Ausbildung als Lehre oder gleichwertige Ausbildung bzw. als Studium oder diesem gleichwertige Ausbildung anzusehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2020, XII ZB 230/20, FamRZ 2021, 306 Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 6. Juni 2024, 101 VA 36/24, juris Rn. 21; Felix in Toussaint, Kostenrecht, VBVG § 8 Rn. 1).
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b) Vorliegend fehlt es an den Voraussetzungen für eine Anwendung der Vergütungstabelle B.
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aa) Der in § 8 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 VBVG verwendete Begriff der abgeschlossenen Lehre bezeichnet eine abgeschlossene Berufsausbildung (vgl. Deinert in Bauer/Lütgens/Schwedler, HK zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 150. Lieferung, Stand: August 2024, § 8 VBVG Rn. 10).
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Eine solche erfordert nach dem Berufsbildungsgesetz (vgl. § 1 Abs. 3 BBiG) einen „geordneten“, das heißt einen nach dem Berufsbildungs- (vgl. § 4 Abs. 1, §§ 5, 9 BBiG) oder einem Spezialgesetz – wie z. B. dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung, vgl. §§ 25, 26 HwO) – staatlich geregelten bzw. anerkannten Ausbildungsgang, in dem die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Zur abgeschlossenen Berufsausbildung wird diese Ausbildung durch das Absolvieren einer Abschlussprüfung (im Handwerk bezeichnet als Gesellenprüfung, §§ 31, 32 HwO) vor dem zuständigen Prüfungsausschuss, §§ 37, 39 BBiG (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29. September 1999, 3 W 154/99, Rpfleger 2000, 64 [juris Rn. 5]; Deinert in Bauer/Lütgens/Schwedler, HK zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 8 VBVG Rn. 11 f., 14; Felix in Toussaint, Kostenrecht, VBVG § 8 Rn. 11). Zu den gesetzlichen Aufgaben des Bundesinstituts für Berufsbildung gehört es, das Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe zu führen und zu veröffentlichen (§ 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG; online abrufbar unter https://www.bibb.de/dienst/berufesuche/de/index_berufesuche.php/results). Zu beachten sind die Regelungen, die zur Zeit der Ausbildung gegolten haben (vgl. Fröschle in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2024, VBVG § 8 Rn. 14).
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Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt die Antragstellerin nach eigenem Vorbringen und den vorgelegten Zertifikaten nicht. Dass sie laut Arbeitszeugnis vom 5. Januar 2015 für die Dauer von nahezu 15 Jahren in einem Logistikunternehmen als kaufmännische Angestellte beschäftigt war, belegt ihre berufliche Erfahrung in den aufgeführten Einsatzgebieten, jedoch keine abgeschlossene Berufsausbildung (etwa eine solche zur Kauffrau für Büromanagement). Auch erfolgreich absolvierte Fortbildungsveranstaltungen und Qualifizierungsmaßnahmen zählen nicht als Ausbildungsabschluss im Sinn des Gesetzes (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2012, XII ZB 409/10, NJW-RR 2012, 452 Rn. 13). Die Zertifikate über die erfolgreiche Teilnahme an Sachkundemodulen der B.Akademie Fernkurse ZERTIFIZIERTE BERUFSBETREUUNG sind zwar nach § 6 BtRegV als Sachkundenachweis im Rahmen der Registrierung bedeutsam, haben auf die Vergütungsstufe jedoch keinen Einfluss.
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bb) Eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VBVG liegt nicht bereits dann vor, wenn die durch Lebens- und Berufserfahrung erworbene Befähigung dem Niveau einer abgeschlossenen Berufsausbildung entspricht. Die allein auf den formalen Abschluss abstellende gesetzliche Regelung verlangt vielmehr eine Vergleichbarkeit der absolvierten und abgeschlossenen Ausbildung mit einer abgeschlossenen Lehre. Mit den nach der Art der Ausbildung gestaffelten Vergütungssätzen wollte der Gesetzgeber eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern.
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Einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar ist eine Ausbildung grundsätzlich dann, wenn der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch eine Lehre (Berufsausbildung) vermittelten entspricht und der Ausbildungserfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist. Als Kriterien für die Vergleichbarkeit können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs sowie die Ausgestaltung der Abschlussprüfung herangezogen werden. Für die Beurteilung, ob es sich um eine einer abgeschlossenen Lehre vergleichbare Ausbildung handelt, können die im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung getroffenen Regelungen über die Berufsausbildung herangezogen werden. Ausbildung und Prüfung müssen zudem staatlich reglementiert und anerkannt sein (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 18. Januar 2012, XII ZB 461/10, juris Rn. 12; Beschluss vom 26. Oktober 2011, XII ZB 312/11, NJW-RR 2012, 257 Rn. 13; Deinert in Bauer/Lütgens/Schwedler, HK zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 8 VBVG Rn. 16 f.; Felix in Toussaint, Kostenrecht, VBVG § 8 Rn. 12 f.; Posselt in Erman, BGB, § 8 VBVG Rn. 6 f.).
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Die Antragstellerin hat bereits keinen Nachweis über eine Ausbildung vorgelegt.
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Mit dem Zertifikat der Industrie- und Handelskammer wird lediglich belegt, dass die im Validierungsverfahren der Kammer festgestellten Berufskompetenzen mit dem Referenzberuf einer Kauffrau für Büromanagement gleichwertig sind. Eine durchlaufene und abgeschlossene Ausbildung wird damit nicht bescheinigt. Der Begründung des Validierungsergebnisses lässt sich gleichfalls nichts dafür entnehmen, dass die Antragstellerin eine Ausbildung besucht und abgeschlossen hätte. Vielmehr wurden im Rahmen des Validierungsverfahrens praktische Berufskompetenzen in allen Tätigkeitsbereichen identifiziert und durch eine Selbsteinschätzung dokumentiert. Die dokumentierten Berufskompetenzen, die nach den Angaben der Antragstellerin im Validierungsverfahren durch berufliche Tätigkeiten erworben wurden, wurden sodann durch eine Arbeitsprobe und ein Fachgespräch bewertet. Zur Bewertung der Gleichwertigkeit wurde die Verordnung vom 16. Juni 2014 über die Berufsausbildung im Referenzberuf „Kauffrau für Büromanagement“ herangezogen. Auf eine Vergleichbarkeit der beruflichen Kompetenzen mit einem anerkannten Referenzberuf stellt § 8 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VBVG jedoch nicht ab. Eine Ausbildung, auf deren Vergleichbarkeit hinsichtlich Zeitaufwand, Lehrstoff und Ausgestaltung der Abschlussprüfung die gesetzliche Regelung abhebt, hat die Antragstellerin nach dem Inhalt des Zertifikats nicht absolviert.
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Ins Leere geht deshalb auch das Argument der Antragstellerin, dass ein Abschluss der Industrie- und Handelskammer mit entsprechendem Zertifikat bundesweit anerkannt sei und garantiere, dass die Inhaber dieser Abschlüsse sowohl theoretische als auch praktische Kenntnisse und Fähigkeiten besäßen, die im Berufsfeld erforderlich seien. Auch auf § 17 Abs. 1 VBVG kann sich die Antragstellerin hierfür nicht berufen. Denn eine landesrechtliche Regelung, nach der es einer abgeschlossenen Lehre gleichsteht, wenn der Betreuer eine dem Abschluss einer Lehre vergleichbare Prüfung vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle nachgewiesen hat, existiert in Bayern nicht. Das Zertifikat der Industrie- und Handelskammer ist somit auch in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz.
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Ob die Antragstellerin – gemäß einem im Justizverwaltungsverfahren gefertigten Aktenvermerk über ihre Vorsprache am 16. Februar 2024 – im Ausland einen Berufsabschluss erworben hat, kann dahinstehen. Weder einen Nachweis über einen solchen ausländischen Abschluss noch eine behördliche Anerkennung des Abschlusses für das Inland hat die Antragstellerin vorgelegt (dazu: Posselt in Erman, BGB, § 8 VBVG Rn. 9 m. w. N.).
30
Ob eine anerkannte gleichwertige Ausbildung im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VBVG auch dann vorliegen kann, wenn der Staat in einem förmlichen Verfahren eine Tätigkeit als Ausbildung anerkennt, kann ebenfalls offenbleiben (dazu: Deinert in Bauer/Lütgens/ Schwedler, HK zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 8 VBVG Rn. 18 f.). Die vorgelegten Zertifikate erfüllen auch diese Voraussetzung nicht.
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cc) Die Einstufung in die Vergütungsstufe A ist daher zutreffend erfolgt.
32
Diese Vergütungsstufe gilt für Berufsbetreuer ohne einen formellen Berufs- oder Studienabschluss (Deinert in Bauer/Lütgens/Schwedler, HK zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 8 VBVG Rn. 9; Maier in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2023, VBVG § 8 Rn. 15). Der Senat erkennt an, dass die Antragstellerin Kompetenzen erworben hat, die einem Berufsabschluss zur Kauffrau für Büromanagement gleichwertig sind. Diese Fähigkeiten sind jedoch nicht durch eine abgeschlossene Ausbildung im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VBVG erworben. Über dieses Erfordernis kann nach dem eindeutigen Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes nicht hinweggesehen werden.
33
Dass die Antragstellerin gemäß § 33 Satz 3 BtOG bis 30. Juni 2025 Zeit hat, den vollständigen Nachweis der Sachkunde gegenüber der Stammbehörde zu führen, weil andernfalls die Registrierung zum 30. Juni 2025 kraft Gesetzes endet, ist für das vorliegende Verfahren über die Vergütungshöhe ohne Belang.
34
Ein Ausspruch zur Kostentragung ist nicht veranlasst. Die Antragstellerin ist bereits nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG verpflichtet, die gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
35
Die nach § 3 Abs. 2 GNotKG i. V. m. Nr. 15301 KV GNotKG erforderliche Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG. Das Verfahren betrifft eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Sein Wert kann allerdings mangels tauglicher Anhaltspunkte, auf die eine Schätzung aufsetzen könnte, nicht nach § 36 Abs. 1 GNotKG bestimmt werden. Der Feststellungsbescheid über die Zuordnung zur Vergütungstabelle hat Dauerwirkung. Die im Einzelfall zu beanspruchende Vergütung für die Führung der Betreuung richtet sich nach weiteren Kriterien (Dauer der Betreuung, Wohnsituation und Vermögensstatus der betreuten Person). Allein der Vergleich der monatlichen Pauschalen liefert in Anbetracht dieser Umstände keine brauchbare Schätzgrundlage, um die Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin, mithin ihr wirtschaftliches Interesse am Verfahren betragsmäßig zu beziffern.
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In dieser Situation ist auf den Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG von 5.000,00 € zurückzugreifen, an den wiederum Ermessensüberlegungen in Bezug auf seine Erhöhung oder Herabsetzung anzulegen sind (vgl. Zivier in Toussaint, Kostenrecht, GNotKG § 36 Rn. 31 ff.). Insbesondere der Gesichtspunkt der Dauerwirkung rechtfertigt vorliegend eine Erhöhung des Auffangwerts (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 6. Oktober 2023, 101 VA 153/23, FamRZ 2024, 301 [juris Rn. 48]). Unter Berücksichtigung des mit dem Rechtsbehelf verfolgten Ziels, die Vergütungstabelle B mit um knapp 20% höheren Fallpauschalen (vgl. Fröschle in Münchener Kommentar zum BGB, VBVG § 8 Rn. 8) zur Anwendung zu bringen, erscheint eine maßvolle Anhebung auf 6.000,00 € sachgerecht.
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Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht, § 29 EGGVG.