Titel:
Verpflichtung zur Untersuchung einer Trinkwasserinstallation auf Legionellen-Befall
Normenketten:
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1, Art. 37 Abs. 1
IfSG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 27, § 16 Abs. 8, § 38 Abs. 1 S. 1, § 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
TrinkwV § 51 Abs. 1 Nr. 4
VwGO § 55d, § 80 Abs. 5, § 88, § 123
BayVwZVG Art. 21a, Art. 36 Abs. 3 S. 1, Abs. 5
Leitsätze:
1. Ein ausdrücklicher Hinweis, dass der Beteiligte sich äußern kann, ist für eine ordnungsgemäße Anhörung (vgl. Art. 28 BayVwVfG) nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Beteiligte erkennen kann, dass er Gelegenheit zur Äußerung zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen hat. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der technische Maßnahmenwert für Legionella spec. beträgt 100 KBE/100 ml, bei dessen Überschreitung eine von der Trinkwasserinstallation ausgehende vermeidbare Gesundheitsgefährdung zu besorgen ist und Maßnahmen zur hygienisch-technischen Überprüfung der Trinkwasserinstallation im Sinne einer Gefährdungsanalyse eingeleitet werden. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Zwangsgeldandrohung verstößt gegen das Gebot der hinreichend bestimmten Androhung eines Zwangsmittels (Art. 36 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 BayVwZVG), wenn sie nicht mit der gebotenen Bestimmtheit erkennen lässt, welches Verhalten mit Zwangsgeld bewehrt wird bzw. welches Verhalten des Pflichtigen dazu führt, der Fälligkeit des Zwangsgelds zu entgehen. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung einer Untersuchung von Trinkwasser auf Legionellen (Legionella sp.), Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung vor Erlass eines Verwaltungsakts, Bestimmtheit eines Verwaltungsakts, Rechtsgrundlage zur Anordnung einer Trinkwasseruntersuchung, Anforderungen an eine sog. „orientierende/systemische“ und eine, „weitergehende“ Untersuchung, Allgemein anerkannte Regeln der Technik, Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung (hier: verneint), Auslegung eines Antrags im einstweiligen Rechtsschutz, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Einstellung der, Zwangsvollstreckung, Zu den Auswirkungen einer zugleich angeordneten aufschiebenden Wirkung der, Klage gegen eine Zwangsgeldandrohung auf einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, Erfüllung der mit der Grundverfügung auferlegten Handlungspflicht (hier: verneint), Anordnung zur Untersuchung, Trinkwasser, Legionellen-Befall, Anhörung, technischer Maßnahmenwert, menschliche Gesundheit, Zwangsgeldandrohung, Bestimmtheit
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24682
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen das in Ziff. 4 des Bescheids des Landratsamts … vom 08.03.2024 angedrohte Zwangsgeld wird angeordnet.
2. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 4/5 und der Antragsgegner zu 1/5.
4. Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Verpflichtung zur Vornahme einer Untersuchung ihrer Trinkwasserinstallation im Anwesen … in … auf Legionellen-Befall und eine Zwangsgeldandrohung. Des Weiteren begehrt sie die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung.
2
Die Antragstellerin, eine GbR, ist Betreiberin der Gebäudewasserversorgungsanlage des in ihrem Eigentum stehenden o.g. Anwesens im Landkreis … Sie wird von den beiden jeweils einzelvertretungsberechtigten Gesellschaftern vertreten.
3
In dem – dem Landratsamt … mit E-Mail vom 28.02.2023 übersandten – Prüfbericht zu einer bei der Antragstellerin durchgeführten orientierenden Untersuchung von Trinkwasser auf Legionellen wurde zu einer am 16.02.2023 entnommenen Probe bei einer Entnahmestelle ein Wert von 900 KBE/100 ml festgestellt.
4
Mit Schreiben des Landratsamts … vom 20.03.2023 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass dieser Befund den Wert von 100 KBE/100 ml (technischer Maßnahmenwert) überschreite und die Antragstellerin deshalb verpflichtet sei, unter anderem Untersuchungen zur Aufklärung der Ursache durchzuführen oder durchführen zu lassen, eine Gefährdungsanalyse unter Beachtung der Empfehlungen des Umweltbundesamtes zu erstellen oder erstellen zu lassen und Maßnahmen durchzuführen oder durchführen zu lassen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich seien; auch hierbei seien die Empfehlungen des Umweltbundesamtes zu beachten. Auch wurde darauf hingewiesen, dass laut einer Empfehlung des Umweltbundesamtes und nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 innerhalb von vier Wochen nach der ersten Untersuchung eine so genannte „weitergehende Untersuchung“ zu veranlassen sei. Die weitergehende Untersuchung sei durch eine gelistete Untersuchungsstelle durchzuführen und müsse bestimmte Probennahmestellen enthalten (wurden näher bezeichnet). Der Untersuchung müsse eine Dokumentation der Trinkwasser-Hausinstallation zugrunde gelegt werden. Bei der Gefährdungsanalyse handele es sich um eine hygienisch-technische Überprüfung der Trinkwasserinstallation, wobei die Antragstellerin Einzelheiten der Empfehlung des Umweltbundesamtes vom 14.12.2012 entnehmen könne. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, bis zum 18.04.2023 die Ergebnisse zur genannten weitergehenden Untersuchung sowie die Gefährdungsanalyse an das Landratsamt … zu senden.
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Nach am 22.05.2023 erfolgter telefonischer Erinnerung an die Pflicht zur Vorlage einer weitergehenden Untersuchung antwortete die Antragstellerin mit Schreiben vom 18.07.2023 dahingehend, dass die Belastung durch Legionellen im unbewohnten und unbenutzten Dachgeschoss festgestellt und infolge des Befundes ein Spülplan zur Vornahme regelmäßiger Spülungen aufgestellt worden sei und nun eine „orientierende Nachuntersuchung“ veranlasst werde, um zu überprüfen, ob durch die ergriffenen Maßnahmen die Belastung behoben werde. Mit Schreiben vom 24.07.2023 wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass unter Hinweis auf die Empfehlung des Umweltbundesamts „Systemische Untersuchungen von Trinkwasserinstallationen auf Legionellen nach Trinkwasserverordnung“ vom 18.12.2018 nicht genutzte Wohnungen oder nicht genutzte Entnahmestellen für die systemische Untersuchung und deren Bewertung nicht repräsentativ seien und nach VDI/DVGW 6023 an jeder Stelle der Trinkwasserinstallation ein Wasseraustausch durch Entnahme innerhalb von 72 Stunden stattfinden müsse, unabhängig davon, ob eine Wohnung bzw. Entnahmestelle genutzt werde oder nicht. Wiederum wurde auf die Betreiberpflichten nach § 51 Abs. 1 TrinkwV hingewiesen, im Wesentlichen auf die Pflicht zur Durchführung einer Untersuchung und der Erstellung einer Gefährdungsanalyse. Hierbei wurde auf das Schreiben vom 20.03.2023 Bezug genommen und unter Hinweis auf das DVGW-Arbeitsblatt W 551 mitgeteilt, dass eine weitergehende Untersuchung durchzuführen sei und der Antragstellerin zur Vorlage der Untersuchungsergebnisse eine Frist bis zum 10.08.2023 gesetzt werde. Mit weiterem Schreiben vom 18.09.2023 wurde nochmals auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Untersuchung hingewiesen und um Mitteilung eines konkreten Probennahmetermins bis spätestens 26.09.2023 gebeten. Bei Nichteinhaltung von Vorlagefristen werde die Erfüllung der Betreiberpflichten förmlich angeordnet.
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Mit Schreiben vom 28.09.2023 an die Antragstellerin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für das Landratsamt … nicht überprüfbar sei, ob es sich bei der belasteten Probennahmestelle um eine nicht genutzte Entnahmestelle handele. Grundlage für die Beurteilung einer möglichen Gesundheitsgefahr durch eine festgestellte Legionellen-Belastung sei das Untersuchungsergebnis eines akkreditierten Labors. Daher sei davon auszugehen, dass die Probennahme nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfolgt sei und die Vorgaben des Umweltbundesamts beachtet worden seien. Die Festlegung der Probennahmestellen liege in der Verantwortung des Betreibers. Unabhängig von der gewählten Probennahmestelle sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass eine Belastung mit Legionellen vorliege. Diese dürfe nicht ignoriert werden. Die Frage, ob es sich um eine für die Installation repräsentative Stelle handele oder nicht, sei für eine mögliche Ausbreitung der Legionellen auf andere Teile der Trinkwasserinstallation, die folglich zu einer Gesundheitsgefahr führen könnten, nicht von Belang. Eine weitergehende Untersuchung sei zwingend durchzuführen. Sollte das Ergebnis keine weitere Überschreitung des Maßnahmenwertes ergeben, seien in der Folge noch zwei weitere weitergehende Untersuchungen in Abständen von jeweils drei Monaten durchzuführen, um sicherzustellen, dass durch die regelmäßigen Spülungen der Sanierungserfolg von Dauer sei. Eine Klärung, ob es sich um eine repräsentative Probennahmestelle handele, könne unterbleiben, da neben der Anordnungsbefugnis gemäß § 68 TrinkwV hinsichtlich der Handlungspflichten durch den Betreiber, das Gesundheitsamt gemäß § 61 TrinkwV Untersuchungen im Einzelfall anordnen könne. Es sei beabsichtigt, einen kostenpflichtigen Bescheid zu erlassen, in dem die Antragstellerin zur Durchführung einer „weitergehenden Legionellenuntersuchung“ verpflichtet werde. Es werde ihr gemäß Art. 28 BayVwVfG vorher Gelegenheit gegeben, sich bis spätestens 20.10.2023 zu äußern.
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Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 18.10.2023 mit, dass die „orientierende Untersuchung“ aufgrund hoher Arbeitsbelastung des fachkundigen Prüfers erst am 24.10.2023 stattfinden könne. Prüfungsergebnisse seien einige Tage danach zu erwarten. Es werde daher um Fristverlängerung zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 10.11.2023 gebeten. Der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 19.10.2023 unter antragsgemäßer Gewährung der Fristverlängerung dahingehend geantwortet, dass erneut darauf hingewiesen werde, dass nicht eine orientierende, sondern eine weitergehende Untersuchung gefordert sei. Das Untersuchungsergebnis der Probennahme am 24.10.2023 müsse folglich als weitergehende Untersuchung bezeichnet sein.
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Mit E-Mail vom 07.11.2023 legte die Antragstellerin das Ergebnis einer „weitergehenden Untersuchung“ zu einer am 24.10.2023 erfolgten Probennahme vor, welches an zwei Entnahmestellen eine Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen zeigte (1200 KBE/100 ml und 160 KBE/100 ml). Der Antragstellerin wurde mit Schreiben des Landratsamts … vom 17.11.2023 mitgeteilt, dass es sich nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 um eine hohe Kontamination handele, sodass eine kurzfristige Sanierung erforderlich sei. Eine Woche nach der Sanierung sei eine weitergehende Untersuchung durchzuführen. Sollte der technische Maßnahmenwert hierbei nicht überschritten sein, so seien im Anschluss daran zwei weitere weitergehende Untersuchungen mit je einem vierteljährlichen Abstand ab letzter Probennahme durchzuführen. Sollte die Sanierung länger als drei Monate in Anspruch nehmen, so sei in jedem Fall spätestens nach drei Monaten ab letzter Probenahme eine weitergehende Untersuchung durchzuführen. Es wurde um Mitteilung konkreter Sanierungsmaßnahmen sowie um Vorlage der Ergebnisse der vorstehend genannten Untersuchungen gebeten; die Ergebnisse einer weitergehenden Untersuchung seien dem Gesundheitsamt des Landratsamts … in jedem Fall bis spätestens 31.01.2024 vorzulegen.
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Mit Schreiben der Antragstellerin vom 18.02.2024 wurde dem Landratsamt die zu ergreifende kurzfristige Sanierungsmaßnahme mitgeteilt und eine erstellte Gefährdungsanalyse vom 02.12.2023 beigefügt. Zur Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen wurde Fristverlängerung bis zum 04.03.2024 beantragt.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom 21.02.2024 wurde dem Antrag nicht zugestimmt und nochmals auf die Pflicht zur Durchführung einer „weitergehenden Untersuchung“ hingewiesen (wurde näher ausgeführt). Die Antragstellerin wurde darin aufgefordert, bis spätestens 06.03.2024 sowohl die Beendigung der Sanierungsmaßnahmen als auch die Beauftragung einer weitergehenden Untersuchung mit Probennahme am 12.03.2024 schriftlich zu bestätigen. Sollte der Aufforderung nicht nachgekommen werden, werde ein kostenpflichtiger Bescheid erlassen, in dem die Antragstellerin zur Durchführung einer „weitergehenden Legionellenuntersuchung“ verpflichtet werde. Dieses Schreiben stelle insofern eine Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG dar.
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Mit Bescheid vom 08.03.2024, in Postauslauf gegeben am 11.03.2024 und den Gesellschaftern jeweils am 13.03.2024 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt, wurde die Antragstellerin in Ziff. 1 verpflichtet, eine weitergehende Untersuchung des Wassers aus der Gebäudewasserversorgungsanlage (Trinkwasserinstallation) des Anwesens …, …, auf Legionellen durchführen zu lassen. Die weitergehende Untersuchung müsse dabei folgende Probennahmestellen umfassen: Den Austritt bei Trinkwassererwärmern, den Eintritt des Zirkulationsrücklaufs bei Trinkwassererwärmern, jeden Steigstrang, einzelne Stockwerksleitungen und Leitungsteile, die stagnierendes Wasser führen, z.B. … selten benutzte Entnahmestellen. Die Festlegung der Probennahmestellen liege in der Verantwortung des Betreibers. Die Untersuchung dürfe nur durch eine nach der Trinkwasserverordnung zugelassene Untersuchungsstelle durchgeführt werden (Ziff. 2). Nach Ziff. 3 sei das Untersuchungsergebnis dem Landratsamt … bis 12.04.2024 vorzulegen. Falls die Antragstellerin die Verpflichtung unter Ziff. 1 nicht bis spätestens 12.04.2024 erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziff. 4). Die Kosten des Verfahrens habe die Antragstellerin zu tragen (Ziff. 5). In Ziff. 6 werden Gebühren in Höhe von 50 EUR und Auslagen in Höhe von 3,45 EUR je Postzustellung festgesetzt.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Landratsamt … habe als zuständige Behörde gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 37 Abs. 1 und 2 TrinkwV und von Rechtsverordnungen nach § 38 Abs. 1 und 2 IfSG sicherzustellen. Gemäß § 37 Abs. 1 IfSG müsse Wasser für den menschlichen Gebrauch so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen sei. Welchen Anforderungen Wasser dabei entsprechen müsse, lege gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 IfSG die Trinkwasserverordnung fest. Werde in einer Trinkwasserinstallation der nach TrinkwV festgelegte technische Maßnahmenwert für den Parameter Legionella spec. erreicht, so habe gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 TrinkwV der Betreiber der Wasserversorgungsanlage eine schriftliche Risikoabschätzung unter Beachtung der Empfehlung des Umweltbundesamtes „Empfehlungen für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung – Maßnahmen bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen“ vom 14.12.2012 zu erstellen und gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 TrinkwV unter Beachtung der genannten Empfehlung die Maßnahmen durchzuführen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich seien.
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Gemäß Nr. 4 der genannten Empfehlung seien Grundlage für die Gefährdungsanalyse (Risikoabschätzung nach TrinkwV n.F.) u.a. die allgemein anerkannten Regeln der Technik, hier insbesondere das DVGW-Arbeitsblatt W 551. Dieses beschreibe die technischen Anforderungen ausführlich, auch für den Sanierungsfall, und die dort enthaltenen Tabellen 1a und 1b würden sowohl nach Höhe der Messergebnisse abgestufte Vorgaben für Maßnahmen als auch Zeitvorgaben für deren Umsetzung beinhalten. Nach der Tabelle 1b (Bewertung der Befunde bei einer weitergehenden Untersuchung) sei bei einem Messergebnis >1000 KBE/100 ml eine kurzfristige Sanierung erforderlich sowie eine weitergehende Untersuchung innerhalb von maximal drei Monaten durchzuführen. Legionellen würden unter den wasserübertragbaren Krankheitserregern eine Sonderstellung einnehmen. Es handele sich um heterotrophe Bakterien, die sich u.a. in Hausinstallationssystemen – vornehmlich im erwärmten Wasser und bevorzugt in Biofilmen oder in Amöben – zu hohen Konzentrationen vermehren könnten (wurde näher ausgeführt). Obwohl nach dem Ergebnis der orientierenden Untersuchung mit Probennahmedatum 16.02.2023 durch den Betreiber regelmäßig Spülungen veranlasst worden seien, habe das Ergebnis der weitergehenden Untersuchung mit Probennahmedatum 24.10.2023 eine höhere Belastung an Legionellen gezeigt. Eine weitere Vermehrung der Legionellen könne nicht ausgeschlossen werden. Durch regelmäßige Untersuchungen des Trinkwassers während des Sanierungszeitraums solle u.a. eine extrem hohe Kontamination ausgeschlossen werden, die weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr (z.B. Duschverbot) begründen würde. Die Probennahme der weitergehenden Untersuchung hätte nach den Vorgaben des DVGW-Arbeitsblattes W 551 spätestens am 24.01.2024 erfolgen müssen. Nachdem trotz Aufforderung weder aktuelle Befunde einer weitergehenden Untersuchung vorlägen noch die Beauftragung zur Durchführung einer weitergehenden Untersuchung bestätigt worden sei, sei die Antragstellerin durch förmliche, kostenpflichtige Anordnung zur Vorlage der Ergebnisse einer weitergehenden Untersuchung aufzufordern, § 39 Abs. 2 i.V.m. § 68 Abs. 1 TrinkwV. Die Forderung, die Untersuchungen durch ein zugelassenes Labor durchführen zu lassen, stütze sich auf § 39 Abs. 1 TrinkwV.
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Gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG könnten Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung gefordert werde, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Nachdem trotz Aufforderung durch das Landratsamt … Ergebnisse einer weitergehenden Untersuchung bisher nicht vorgelegt worden seien, sei die Androhung eines Zwangsgeldes geeignet, erforderlich und angemessen, um die Antragstellerin zur Vorlage der Ergebnisse anzuhalten. Die Zwangsmittelandrohung stütze sich dabei neben Art. 29 VwZVG auf Art. 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgeldes entspreche dabei dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin sowie der Bedeutung der Angelegenheit. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG sei für die Erfüllung der Verpflichtungen eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden könne. Die insoweit gewährte Frist sei dabei angemessen und ausreichend, um den Verpflichtungen in Ziff. 1 und 3 nachzukommen. Der Antragstellerin sei spätestens mit Schreiben des Landratsamtes … vom 17.11.2023 die Pflicht zur erneuten Durchführung einer weitergehenden Untersuchung bekannt gewesen. Die Kostenentscheidung ergebe sich aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Tarif-Nr. 2.11.1, Tarifstelle 1 KVz und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG. Bei einem Gebührenrahmen von 15 bis 600 Euro sei die festgesetzte Gebühr angemessen und sachgerecht. Nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG würden Entgelte für Postzustellungsaufträge als Auslagen erhoben.
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Mit Schreiben vom 10.03.2024, beim Landratsamt … eingegangen am 11.03.2024, teilte die Antragstellerin mit, dass die Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen worden seien und eine erneute Wasseruntersuchung am 13.03.2024 durch das Labor … stattfinden werde. Die Ergebnisse der Untersuchung dürften einige Tage nach der Probennahme vorliegen und würden der Behörde zugehen.
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Mit Schreiben an das Landratsamt … vom 03.04.2024 wurde unter Beifügung des vom vorstehenden Labor übersandten Prüfberichts vom 25.03.2024 mitgeteilt, dass die Sanierungsmaßnahmen erfolgreich gewesen seien und die Beprobung vom 13.03.2024 nunmehr keine Belastung mit Legionellen festgestellt habe. Weitere zwei Untersuchungen würden von der Antragstellerin mit je vierteljährlichem Abstand in Auftrag gegeben werden. Die Antragstellerin wirft die Frage auf, ob sich der Bescheid vom 08.03.2024 aufgrund der durchgeführten Untersuchung vom 13.03.2024 erledigt habe. Im beigefügten Prüfbericht vom 25.03.2024 wurde die durchgeführte Untersuchung als „systemische Untersuchung“ bezeichnet, als Probennahmedatum der 13.03.2024 und als Untersuchungszeitraum der 13.03.2024 bis 25.03.2024 angegeben. Der technische Maßnahmenwert wurde ausweislich des Prüfberichts nicht überschritten. Proben wurden an drei Entnahmestellen genommen. Keine Probennahme erfolgte bei den Stellen im 1. Obergeschoss des Anwesens der Antragstellerin, zu denen in dem am 07.11.2023 vorgelegten Prüfbericht zur „weitergehenden Untersuchung“ noch zwei Überschreitungen des technischen Maßnahmenwertes festgestellt wurden.
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Mit Schreiben des Landratsamts … vom 10.04.2024 wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass es sich bei dem vorgelegten Prüfbericht lediglich um das Ergebnis einer „systemischen Untersuchung“ handele. Die Verpflichtung in Ziff. 1 des Bescheids vom 08.03.2024, eine weitergehende Untersuchung durchführen zu lassen, sei daher durch das vorgelegte Ergebnis nicht erfüllt worden. Vorsorglich werde in diesem Zusammenhang auf die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 4 dieses Bescheids hingewiesen. Hinsichtlich des Umfangs einer weitergehenden Untersuchung wurde auf den Bescheid und die vorherigen Schreiben Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 14.04.2024, eingegangen beim hiesigen Gericht per Fax am 15.04.2024, haben die Gesellschafter für die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 08.03.2024 erhoben und stellen mit Schriftsatz vom 23.04.2024 zuletzt folgende Anträge: 1) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 08.03.2024 wird ohne mündliche Verhandlung wiederhergestellt.
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2) Die Vollstreckung des in Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024 festgesetzten Zwangsgelds wird vorläufig eingestellt.
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Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 14.04.2024 im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 08.03.2024 sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Das Fachlabor … habe am 13.03.2024 die Prüfung durchgeführt und sei bereits zuvor hierzu beauftragt worden. Nunmehr liege keine Belastung mehr mit Legionellen vor. Das Schreiben des Landratsamts … vom 10.04.2024 habe keine Begründung enthalten, was der Unterschied zwischen einer „systemischen“ und einer „weitergehenden“ Untersuchung sei. Bei der Untersuchung durch das beauftragte Fachlabor seien jedoch die gleichen Prüfungsschritte durchgeführt worden, wie bei allen zuvor durchgeführten Prüfungen, welche unter anderem als „weitergehende Untersuchungen“ bezeichnet worden seien. Ein Unterschied der Qualität der Prüfungen sei weder erkennbar noch vom Antragsgegner vorgetragen. Die Antragstellerin nimmt hierbei Bezug auf den Rechtsgrundsatz der Unschädlichkeit einer Falschbezeichnung.
21
Mit Schriftsatz vom 18.04.2024 wird von der Antragstellerin im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, der Bescheid sei mangels einer ordnungsgemäß erfolgten Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG formell rechtswidrig. Hierbei bezieht sich die Antragstellerin auf die im Schreiben des Landratsamts … vom 21.04.2024 gewählte Formulierung. Diese verdeutliche, dass der Antragsgegner mangels einer in diesem Schreiben gesetzten angemessenen Frist zur Stellungnahme der Antragstellerin keine „Möglichkeit einer Anhörung“ eingeräumt habe. Die Antragstellerin habe damit keinen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde nehmen können. Im Übrigen verletze der Antragsgegner in diesem Schreiben seine Hinweis- und Informationspflicht zu einer ordnungsgemäßen Anhörung, da nur angekündigt werde, eine Verpflichtung zur Durchführung einer Trinkwasseruntersuchung auszusprechen. Auch sei weder auf die beabsichtigte kurze Fristsetzung noch auf die Androhung einer automatischen Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 3.000,00 EUR hingewiesen worden.
22
Materiell sei der Bescheid mangels einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Die Antragstellerin habe eine Gefährdungsanalyse erstellt, diese dem Landratsamt … vorgelegt und die darin beschriebenen Sanierungsmaßnahmen am 04.03.2024 abgeschlossen. Die Handlungspflichten der Antragstellerin aus § 51 Abs. 1 TrinkwV seien daher vor Erlass des Bescheids abgeschlossen worden, sodass es insoweit an den Voraussetzungen für deine Verpflichtung nach § 68 Abs. 1 TrinkwV fehle. Die Ermächtigungsgrundlage des § 68 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 TrinkwV beziehe sich auf die Verpflichtung zur Durchführung einer Gefährdungsanalyse und nicht auf die Durchführung von Trinkwasseruntersuchungen. Darin liege auch ein Ermessensfehler.
23
Die Verpflichtung, die Trinkwasseruntersuchung innerhalb eines Monats durchzuführen, sei ermessensfehlerhaft und unangemessen. Es bestehe bei den zugelassenen Fachlaboren ein erheblicher Kapazitäts- und Personalmangel, sodass man teilweise Wochen auf einen Probennahmetermin warten müsse. Nach der Probennahme sei eine Inkubationszeit von zehn bis 14 Tagen erforderlich, was allgemein bekannt sei. Da die Sanierungsmaßnahmen am 04.03.2024 abgeschlossen worden seien und eine Beprobung vor dem 12.03.2024 nicht zu einem repräsentativen Ergebnis habe führen können, um das Sanierungsergebnis zu überprüfen, sei die gewählte Frist von lediglich einem Monat zu knapp bemessen. Die Erfüllung der Verpflichtung liege gerade nicht ausschließlich im Einflussbereich der Antragstellerin, da die Durchführung durch ein fachkundiges Labor erfolgen müsse. Auch sei die Androhung von Zwangsgeld im Falle, dass eine Handlungspflicht einem Dritten auferlegt sei, bereits ungeeignet. Der Antragsgegner habe sich keine Gedanken zu anderen Mitteln (z.B. Androhung der Ersatzvornahme) gemacht, sodass auch ein Ermessensausfall vorliege. Da die Antragstellerin auch weitere Trinkwasseruntersuchungen angekündigt habe und dazu bereit sei, sei der Bescheid unverhältnismäßig. Auch werde das angedrohte Zwangsgeld der Höhe nach ohne nähere Begründung als angemessen bezeichnet, was zur Unverhältnismäßigkeit führe. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiege daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Darüber hinaus liege eine (abstrakte) Gefahrenlage nicht mehr vor, da ausweislich des vorgelegten Prüfergebnisses vom 25.03.2024 keine Legionellen-Belastung mehr vorliege, sodass das sofortige Vollzugsinteresse des Antragsgegners nicht mehr gegeben sei. Es bestehe auch Eilbedürftigkeit bzw. ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, da die Vollstreckung des Bescheids drohe. Die Festsetzung und mögliche Zwangsvollstreckung des Zwangsgelds stelle dabei auch eine unbillige Härte für die Antragstellerin dar.
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Mit Schriftsatz vom 22.04.2024 beantragt das Landratsamt … für den Antragsgegner, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
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Zur Begründung wird auf die Gründe des mit der Klage angefochtenen Bescheids vom 08.03.2024 Bezug genommen. Ergänzend wird im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei rechtmäßig. Die Forderung nach einer weitergehenden Untersuchung stütze sich auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 4 TrinkwV, Kap. 6 Abs. 3 der Empfehlung des Umweltbundesamtes „Empfehlungen für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung – Maßnahmen bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen“ vom 14.12.2012 und die Tabelle 1b des DVGW-Arbeitsblatts W 551. Die Immobilie der Antragstellerin beinhalte zwei Gewerbeeinheiten und vier Wohnungen (davon eine Ferienwohnung) und sei teilweise vermietet. Die Anzahl der von einer Legionellen-Kontamination betroffenen Personen liege laut der vorgelegten Gefährdungsanalyse vom 02.12.2023 zwischen acht und zwölf. Es gehe um den Gesundheitsschutz der Mieter, also Dritter. Die Abgabe des Wassers sei gegebenenfalls nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 71 Abs. 2 TrinkwV strafbar. Habe ein Betreiber einer Trinkwasserversorgungsanlage wegen einer hohen Legionellen-Kontamination des Trinkwassers eine Sanierung durchgeführt, müsse eine Woche nach Abschluss der Sanierung eine Nachuntersuchung durchgeführt werden. Die Nachuntersuchung müsse laut Ziff. 9.3 des DVGW-Arbeitsblatts den Umfang bzw. die Merkmale einer weitergehenden Untersuchung haben. Diese Bestimmung liege dem angefochtenen Bescheid nicht zugrunde, wäre aber, wenn die Sanierung tatsächlich abgeschlossen sei, mittlerweile eine weitere Rechtsgrundlage für die Forderung einer umgehend zu beauftragenden weitergehenden Untersuchung. Das Landratsamt habe zwar akzeptiert, dass es angesichts des Fachkräftemangels eine gewisse Zeit dauern würde, bis eine Firma die Sanierung durchgeführt habe. Nicht habe allerdings angesichts der von Legionellen ausgehenden Gefahr akzeptiert werden können, dass die Antragstellerin nicht bereit gewesen sei und offensichtlich immer noch nicht sei, die geforderte weitergehende Untersuchung spätestens drei Monate nach Feststellung der hohen Kontamination durchführen zu lassen. Die im Bescheid gesetzte Frist bis zum 12.04.2024, was fünf Wochen entspreche, sei ausreichend, wenn ein Labor zügig beauftragt werde. Im Übrigen könne sich die Antragstellerin nicht auf eine zu kurze Frist berufen, wenn sie ein Labor nicht einmal mit der geforderten Untersuchung beauftragt habe. Aufgrund der Sonderstellung der Legionellen unter den wasserübertragbaren Krankheitserregern (wurde näher ausgeführt) sei der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage bei Überschreiten des festgesetzten Maßnahmenwertes unverzüglich zum Handeln verpflichtet. Im vorliegenden Fall seien bei der ersten (orientierenden) Untersuchung Legionellen im Dachgeschoß des Anwesens festgestellt worden. Bei allen weiteren Probennahmestellen sei der Maßnahmenwert für Legionellen eingehalten worden. Die Antragstellerin sei davon ausgegangen, dass ausschließlich die Probennahmestelle im Dachgeschoß von Legionellen betroffen gewesen sei, da diese Entnahmestelle nicht ordnungsgemäß betrieben worden sei. Sie sei weder genutzt noch seien regelmäßige Spülungen durchgeführt worden. Eine weitergehende Untersuchung sei daher erst nach mehrmaligen Aufforderungen mit extremer Zeitverzögerung und nach Durchführung von Abhilfemaßnahmen in Form von regelmäßigen Spülungen durchgeführt worden. Das Ergebnis habe erneut eine mittlere Kontamination im Dachgeschoss und zusätzlich eine hohe Kontamination im 1. Obergeschoss des Anwesens gezeigt. Bei dem zuletzt aufgrund des Bescheids vom 08.03.2024 vorgelegten Untersuchungsergebnis sei die Probennahmestelle im 1. Obergeschoss erst gar nicht beprobt worden. Ob hier zwischenzeitlich gegebenenfalls eine extrem hohe Kontamination vorliege, bei der ein Duschverbot zu beachten wäre, sei nicht bekannt, da die Antragstellerin lediglich die kostengünstigere orientierende Untersuchung durchführen habe lassen. Die Tatsache, dass Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden seien, bedeute nicht zwangsläufig, dass sie erfolgreich gewesen seien. So habe das Ergebnis der weitergehenden Untersuchung mit Probennahmedatum 25.10.2023 erneut eine Kontamination gezeigt, obwohl die Antragstellerin laut Schreiben vom 18.07.2023 Sanierungsmaßnahmen in Form von regelmäßigen Spülungen vorgenommen habe.
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Die Höhe des Zwangsgelds sei angemessen. Das wirtschaftliche Interesse, das die Antragstellerin am Unterbleiben der weitergehenden Untersuchung habe, wurde auf 3.000,00 EUR geschätzt. Dabei umfasse das wirtschaftliche Interesse nicht nur die Kosten der Untersuchung an sich, sondern auch das Interesse am Nicht-Aufdecken einer gegebenenfalls weiteren Legionellen-Belastung. Berücksichtigt worden sei ausweislich der Gründe des Bescheids auch die Gefährdungslage.
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Dem Vertreter der Antragstellerin müsste als Rechtsanwalt die Formulierung im Schreiben vom 21.02.2024 bekannt sein. In diesem sei für ihn erkennbar Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Eine Bestätigung für die Beendigung der Sanierung und die Beauftragung einer weitergehenden Untersuchung habe der Antragsgegner erst für den 06.03.2024 verlangt. In der Zwischenzeit habe die Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Im Übrigen gelte Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG. Der Antragsgegner habe die Ausführungen der Antragstellerin bewertet und in seine Stellungnahme einbezogen. Er bleibe bei seiner Auffassung, dass der angefochtene Bescheid einschließlich des Sofortvollzugs rechtmäßig sei. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Aussetzung des gesetzlichen Sofortvollzugs erfordern würden, habe die Antragstellerin nicht vorgetragen und seien auch nicht ersichtlich.
28
Sofern es der Antragstellerin um eine Klärung geht, ob sie die Forderungen im Bescheid vom 08.03.2024 erfüllt habe, sei ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das ungeeignete Rechtsmittel. Hierzu werde sich insoweit auf das gerichtliche Hinweisschreiben vom 19.04.2024 bezogen. Im Übrigen habe die Antragstellerin die Ziff. 1 und 2 des mit der Klage angefochtenen Bescheids nicht erfüllt. Sie habe lediglich eine „systemische Untersuchung“ vorgelegt. Der Unterschied zwischen einer systemischen und einer weitergehenden Untersuchung ergebe sich aus Kap. 9.1 und 9.2 des DVGW-Arbeitsblatts W 551 (wurde näher ausgeführt). Der Unterschied zwischen einer orientierenden/systemischen Untersuchung und einer weitergehenden Untersuchung habe der Antragstellerin als Betreiberin einer Trinkwasseranlage bekannt sein müssen. Zudem habe der Antragsgegner der Antragstellerin den Umfang einer weitergehenden Untersuchung mitgeteilt (es wurde auf den angefochtenen Bescheid und mehrere an die Antragsgegnerin gerichtete Schreiben Bezug genommen).
29
Mit Schriftsatz vom 27.04.2024 nimmt die Antragstellerin nochmals ergänzend zum Verfahren Stellung. Im Wesentlichen wird vorgetragen, die Anhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, eine Heilung sei nicht eingetreten. Der Bescheid verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 BayVwVfG, da es in Ziff. 2 des Bescheids dem Adressaten überlassen werde, die Handlung zu bestimmen. Ebenfalls lägen die Voraussetzungen nach § 51 TrinkwV nicht vor, da die Ursachenforschung bereits abgeschlossen sei. Auch sei das Zwangsgeld ohne Begründung festgesetzt worden und willkürlich, da sich die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 10.03.2024 nicht geweigert habe, die aufgetretene Problematik zu lösen.
30
Mit Telefonat vom 25.04.2024 stellte der handelnde Gesellschafter der Antragstellerin gegenüber dem Berichterstatter klar, dass der mit Schriftsatz vom 23.04.2023 gestellte Antrag zu seinem bisher formulierten Antrag hinzutrete.
31
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im hiesigen Verfahren und der Gerichts- und Behördenakte im Verfahren B 7 K 24.291 Bezug genommen.
32
Die Anträge bleiben im Wesentlichen erfolglos.
33
Der gemäß §§ 88 und 122 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 08.03.2024 auszulegende Antrag zu 1) ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
34
I. Der so verstandene Antrag ist zulässig.
35
Er ist insbesondere statthaft (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO), da die aufschiebende Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 VwGO, § 39 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG und Art. 21a VwZVG entfällt und hinsichtlich der mit der Hauptsache angefochtenen Grundverfügungen noch keine Erledigung eingetreten ist (siehe hierfür unter B. II.). Auch besteht für den Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Klage nicht verfristet ist. So wahrt die in zulässiger Weise dem Schriftlichkeitsgebot des § 81 Abs. 1 VwGO genügende Klageerhebung per Telefax am 15.04.2024 die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn das eigentliche Ende der Klagefrist (Samstag, den 13.04.2024) hat sich auf den nächsten Werktag, Montag, den 15.04.2024, verschoben (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO). Auch ist die Antrags- und Klageerhebung wirksam. Der unstreitig für die Antragstellerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts auftretende einzelvertretungsberechtigte Gesellschafter war nicht deshalb darauf zu verweisen, die Anträge als elektronische Dokumente nach § 55d VwGO einzureichen, da er auch Rechtsanwalt ist. Denn ungeachtet eines ihn aufgrund seines Amtes als berufsmäßigen Bürgermeister und damit Beamten auf Zeit (Art. 34 Abs. 2 Satz 1 GO) treffenden gesetzlichen Berufsausübungsverbots aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BRAO tritt der Handelnde hier nicht in seiner Funktion als Rechtsanwalt, sondern als organschaftlicher Vertreter der Antragstellerin als Immobilien GbR auf.
36
II. Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg, soweit es den Antrag der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziff. 1 bis 3 des Bescheids vom 08.03.2024 betrifft. Hinsichtlich des in Ziff. 4 dieses Bescheids angedrohten Zwangsgelds ist der Antrag hingegen begründet.
37
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Bei dieser originären Ermessensentscheidung hat es das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, sodass ein Widerspruch oder eine Klage wohl Erfolg haben werden, kann in der Regel kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Erweist sich eine angefochtene Verfügung bereits bei summarischer Überprüfung im Aussetzungsverfahren als offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt in der Regel das Interesse an ihrem sofortigen Vollzug. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
38
Gemessen hieran fällt die originäre Interessenabwägung insoweit zu Lasten der Antragstellerin aus, als dass sich der Bescheid vom 08.03.2024 in Ziff. 1 bis 3 bei der gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig erweist und die Rechte der Antragstellerin nicht verletzt, sodass die erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, § 80 Abs. 5 VwGO). Soweit es die Zwangsgeldandrohung (Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024) betrifft, fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin aus, da die Hauptsache bei summarischer Prüfung insoweit Erfolg haben wird.
39
1. Taugliche Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verpflichtung zur Durchführung einer weitergehenden Untersuchung und Vorlage des Untersuchungsergebnisses (Ziff. 1 bis 3 des Bescheids vom 08.03.2024) ist § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 IfSG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 4 TrinkwV.
40
a. Die Anordnungen sind formell rechtmäßig.
41
aa. Insbesondere ist eine nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung ordnungsgemäß erfolgt.
42
Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Beteiligte muss die Möglichkeit erhalten, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens innerhalb einer angemessenen Frist dadurch Einfluss zu nehmen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung die im Rahmen der Anhörung abgegebenen Stellungnahmen ernsthaft in Erwägung zieht (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 28 Rn. 12). Ein ausdrücklicher Hinweis, dass der Beteiligte sich äußern kann, ist für eine ordnungsgemäße Anhörung nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Beteiligte erkennen kann, dass er Gelegenheit zur Äußerung zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen hat. Das Gesetz sieht zudem auch nicht vor, dass ihm für seine Äußerung eine Frist zu setzen ist (NdsOVG, B.v. 31.3.2010 – 4 LC 281/08 – juris Rn. 28; VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 18; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 28 Rn. 20 f.).
43
Gemessen daran ist durch das Schreiben des Landratsamts … vom 21.02.2024, in dessen Betreffzeile auch auf die Handlungspflichten des Betreibers nach § 51 Abs. 1 TrinkwV Bezug genommen wird, eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt. In dem Schreiben wird den Gesellschaftern der Antragstellerin der aus Sicht der Behörde entscheidungserhebliche Sachverhalt und die Absicht der Behörde zum Bescheidserlass mitgeteilt und den Gesellschaftern eröffnet, dass dieses Schreiben eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG darstelle. Aus diesem Schreiben war unter Aufforderung, bis spätestens 06.03.2024 die Beendigung der Sanierungsmaßnahmen und die Beauftragung einer weitergehenden Untersuchung dem Landratsamt gegenüber schriftlich zu bestätigen, andernfalls werde ein kostenpflichtiger Bescheid erlassen, aus Sicht eines objektiven Adressaten erkennbar, dass Gelegenheit zur Äußerung bis zum 06.03.2024 bestanden hat. Die Frist erscheint in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls (bereits mehrfach erfolgter Schriftwechsel; Eilbedürftigkeit durch potenzielle Gesundheitsgefahr) auch angemessen. Zuletzt hat nach obigen Grundsätzen auch keine Frist zur Äußerung gesetzt werden müssen. Die Tatsache, dass in dem Schreiben nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Gelegenheit zur Äußerung bestehe, ist nicht zu beanstanden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem handelnden, rechtskundigen Gesellschafter dieses Recht unbekannt gewesen wäre, zumal unter Bezugnahme auf Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG aus dessen Wortlaut ersichtlich wurde, dass gerade Gelegenheit zur Äußerung bestand.
44
Im Übrigen ist durch die ernsthafte Auseinandersetzung der Behörde mit den Belangen der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren über Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG ein etwaiger Fehler aller Voraussicht nach inzwischen geheilt worden.
45
bb. Die Anordnungen verstoßen auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Insbesondere wahrt die in Ziff. 2 des Bescheids vom 08.03.2024 getroffene Bestimmung, dass die Festlegung der Probennahmestellen in der Verantwortung des Betreibers liege, die Anforderung an eine hinreichende Bestimmtheit. In dieser wird ersichtlich auf die sich bereits aus dem Verordnungstext und den entsprechenden Merkblättern ergebende Eigenverantwortlichkeit zur Entnahme von Proben durch eine von der Antragstellerin als Betreiberin einer Wasserversorgungsanlage zu beauftragende zugelassene Untersuchungsstelle Bezug genommen (vgl. § 39 TrinkwV; §§ 41 ff. TrinkwV; Kap. 9.2 DVGW-Arbeitsblatt W 551). Angesichts der Existenz von allgemein anerkannten Regeln der Technik, die es durch die Antragstellerin auf ihre konkrete Trinkwasserinstallation zu beziehen galt, bedurfte es keiner näheren Festlegung durch die Behörde.
46
b. Die Anordnungen sind auch materiell rechtmäßig.
47
aa. Die Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 IfSG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 4 TrinkwV ermächtigt zur Anordnung der in Ziff. 1 bis 3 des Bescheids vom 08.03.2024 auferlegten Verpflichtungen.
48
Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es, übertragbare Krankheiten bei Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern (§ 1 Abs. 1 IfSG). Werden Krankheitserreger (z.B. Legionella sp., § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 27 IfSG) festgestellt, hat die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr hierdurch drohender Gefahren zu treffen (§ 16 IfSG). Im Falle der Betroffenheit von Wasser für den menschlichen Gebrauch gelten die speziellen Regelungen des 7. Abschnitts (§§ 37 – 41) des IfSG. Nach § 37 Abs. 1 IfSG muss Wasser für den menschlichen Gebrauch so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist. Anforderungen im Einzelnen ergeben sich aus der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 38 IfSG erlassenen Trinkwasserverordnung. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 IfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zu treffen, (Nr. 1) um die Einhaltung der Vorschriften des § 37 Abs. 1 und von Rechtsverordnungen nach § 38 Abs. 1 sicherzustellen und (Nr. 2) um Gefahren für die menschliche Gesundheit abzuwenden, die von Wasser für den menschlichen Gebrauch i.S.d. § 37 Abs. 1 ausgehen können, insbesondere um das Auftreten oder die Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern.
49
Nach § 5 TrinkwV gelten die Anforderungen nach § 37 Abs. 1 IfSG an die Beschaffenheit von Trinkwasser als erfüllt, wenn (Nr. 1) bei der Trinkwassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung einschließlich der Wasserspeicherung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden, (Nr. 2) das Trinkwasser den Anforderungen der §§ 6 bis 9 (mikrobiologische, chemische, radiologische und in Bezug auf Indikatorparameter zu befolgende Anforderungen) entspricht und (Nr. 3) es rein und genusstauglich ist. Gemäß § 8 Abs. 1 TrinkwV müssen die in Anlage 3 festgelegten Grenzwerte und Anforderungen für Indikatorparameter eingehalten sein. Dies gilt nicht für den technischen Maßnahmenwert für Legionella spec. in Anlage 3 Teil II (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 TrinkwV). Der technische Maßnahmenwert beträgt demnach 100 KBE/100 ml. § 3 Nr. 9 TrinkwV 2001 definierte den Begriff „technischer Maßnahmenwert“ als Wert, bei dessen Überschreitung eine von der Trinkwasserinstallation ausgehende vermeidbare Gesundheitsgefährdung zu besorgen ist und Maßnahmen zur hygienisch-technischen Überprüfung der Trinkwasserinstallation im Sinne einer Gefährdungsanalyse eingeleitet werden. In der aktuellen Fassung der TrinkwV ist dieser Begriff zwar nicht mehr ausdrücklich definiert worden. Anhaltspunkte, dass der Verordnungsgeber diesen Begriff durch die Neufassung nunmehr dahingehend verstehen wissen will, dass bei dessen Überschreitung keine Gesundheitsgefahr mehr zu besorgen sei, sind indes nicht ersichtlich (zu weitestgehend redaktionellen Änderungen in den Begriffsbestimmungen BR-Drs. 68/23 Begr. S. 101 bis 104), sodass weiterhin auf das hergebrachte Begriffsverständnis dieses technischen Begriffs (Eibenstein in Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, § 3 Rn. 21 zur TrinkwV 2001) zurückgegriffen werden kann. Ganz im Gegenteil zeigt die Konzeption der Neufassung nun, dass dem technischen Maßnahmenwert in Bezug auf den Besorgnisgrundsatz eine gesteigerte Bedeutung beigemessen wird. So ist in Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie (RL (EU) 2020/2184; BR-Drs. 68/23 Begr. S. 200) kein Überschreiten dieses Wertes mehr erforderlich, sondern reicht dessen Erreichen aus (vgl. etwa § 51 Abs. 1 TrinkwV im Vergleich zu § 16 TrinkwV 2001).
50
Im Falle des Erreichens des Wertes hat der Betreiber der Wasserversorgungsanlage gemäß § 51 TrinkwV unverzügliche Anzeige- und Handlungspflichten. So hat nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 der Betreiber der Wasserversorgungsanlage (hier die Antragstellerin als Inhaberin einer Gebäudewasserversorgungsanlage, § 2 Nr. 2 Buchst. e) und Nr. 3 TrinkwV) im Falle des Erreichens des in Anlage 3 Teil II festgelegten technischen Maßnahmenwerts unverzüglich Untersuchungen zur Klärung der Ursachen durchzuführen, eine schriftliche Risikoabschätzung unter Beachtung der Empfehlung des Umweltbundesamts „Empfehlungen für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung – Maßnahmen bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen“ vom 14.12.2012 zu erstellen und unter Beachtung dieser Empfehlung die Maßnahmen durchzuführen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit und Verbraucher erforderlich sind. Die ergriffenen Maßnahmen sind nach § 51 Abs. 3 Satz 1 TrinkwV dem Gesundheitsamt unverzüglich mitzuteilen und über die Maßnahmen sind Aufzeichnungen nach § 51 Abs. 4 TrinkwV zu führen.
51
Wird dem Gesundheitsamt bekannt, dass der in Anlage 3 Teil II festgelegte technische Maßnahmenwert in einer Trinkwasserinstallation erreicht wird, und kommt der Betreiber der betroffenen Wasserversorgungsanlage seinen Handlungspflichten nach § 51 Abs. 1 bis 3 TrinkwV nicht nach, fordert das Gesundheitsamt diesen unter Fristsetzung auf, diese Handlungspflichten zu erfüllen (§ 68 Abs. 1 TrinkwV). Kommt der Betreiber seinen Handlungspflichten auch nach der Aufforderung durch das Gesundheitsamt nicht fristgemäß oder vollständig nach, so prüft das Gesundheitsamt, ob und in welchem Zeitraum Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erforderlich sind, und ordnet diese gegebenenfalls an. Befugnisse des Gesundheitsamtes nach § 61 TrinkwV bleiben unberührt (§ 68 Abs. 2 TrinkwV). Nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 und 3 TrinkwV kann das Gesundheitsamt u.a. anordnen, dass bestimmte Untersuchungen durchzuführen sind.
52
Gemessen daran ist die Anordnung zur Durchführung einer weitergehenden Untersuchung und Vorlage dessen Ergebnisses möglich und im vorliegenden Fall „notwendig“ i.S.v. § 39 Abs. 2 Satz 1 IfSG. Denn nach Tabelle 1b DVGW-Arbeitsblatt W 551, welches insoweit über die Bezugnahme der zu beachtenden Empfehlung des Umweltbundesamts vom 14.12.2012, dort insbesondere die Kap. 4 und 6, die allgemein anerkannten Regeln der Technik abbildet, ist bei einer festgestellten hohen Kontamination (>1000 KBE/100 ml) parallel zu einer erforderlichen kurzfristigen Sanierung eine weitergehende Untersuchung innerhalb von maximal drei Monaten und – nach erfolgter Sanierung – Nachuntersuchungen ab einer Woche nach erfolgter Sanierung notwendig. Das Ergebnis einer weitergehenden Untersuchung zu am 24.10.2023 entnommener Proben aus der Trinkwasserinstallation der Antragstellerin zeigte an zwei Entnahmestellen, dass der technische Maßnahmenwert erreicht wurde (1200 KBE/100 ml und 160 KBE/100 ml). Hierauf wurde eine Gefährdungsanalyse erstellt und mit Sanierungsmaßnahmen begonnen, welche nach Aussage der Antragstellerin erst im März 2024 abgeschlossen worden seien. Den allgemein anerkannten Regeln der Technik hätte es demnach entsprochen, eine weitere weitergehende Untersuchung bis zum 24.01.2024 durchzuführen, was nicht erfolgt ist, sodass der Antragsgegner die gegenständlichen Anordnungen treffen konnte.
53
bb. Der Inhalt des Schreibens der Antragstellerin vom 10.03.2024, welches beim Gesundheitsamt des Landratsamts … zwar nach Versendung, aber noch vor Zustellung des Bescheids vom 08.03.2024 einging und in welchem die Antragstellerin mitteilte, dass eine „erneute Wasseruntersuchung“ am 13.03.2024 stattfinden werde, führt nicht dazu, dass die bescheidsmäßigen Anordnungen nicht verhältnismäßig sind. Wägt man das Interesse an einem effektiven Gesundheitsschutz (§ 1 Abs. 1 IfSG) gegen die Grundrechte der Antragstellerin (insbesondere Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG) ab und stellt in die Abwägung auch die Eigenart des Krankheitserregers Legionella spec. mit ein (vgl. ErwG 19 RL (EU) 2020/2184: „stärkste Gesundheitsbelastung“), so stellt sich die Anordnung auch unter Berücksichtigung des Inhalts des bezeichneten Schreibens als angemessen dar. Zur Verhältnismäßigkeit trägt auch der Umstand bei, dass der Antragsgegner die Antragstellerin zuvor mehrmals auf ihre Verpflichtung, eine weitergehende Untersuchung durchzuführen, hingewiesen hat (Schreiben des Landratsamts … vom 17.11.2023 mit Fristsetzung bis 31.01.2024; weiteres Schreiben vom 21.02.2024 mit Fristsetzung bis zum 06.03.2024) und die Antragstellerin im Verfahren bisweilen nicht den objektiven Anschein erweckt hatte, den gesetzlichen Handlungspflichten hinsichtlich der Durchführung einer weitergehenden Untersuchung, welche ihr aufgrund des behördlichen Schriftverkehrs und als Inhaberin einer Wasserversorgungsanlage bekannt sein müssten, nachzukommen. Schließlich wurde sich in dem Schreiben der Antragstellerin vom 18.02.2024, in welchem die Gefährdungsanalyse (Risikoabschätzung) vorgelegt wurde, nicht zur weitergehenden Untersuchung verhalten.
54
2. Die in Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024 erfolgte Zwangsgeldandrohung ist aller Voraussicht nach rechtswidrig.
55
a. Zwar führt die insoweit hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgelds unterlassene Anhörung nicht zur formellen Rechtswidrigkeit. Denn die Zwangsgeldandrohung ist Teil und damit eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 3 Satz 2 und Art. 36 VwZVG, sodass eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG entbehrlich war (vgl. Schneider in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 4. EL November 2023, § 28 VwVfG Rn. 75).
56
b. Jedoch verstößt die Zwangsgeldandrohung gegen das Gebot der hinreichend bestimmten Androhung eines Zwangsmittels, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 VwZVG (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2021 – 10 C 21.1944 – juris Rn. 4). Sie lässt nicht mit der gebotenen Bestimmtheit erkennen, welches Verhalten mit Zwangsgeld bewehrt wird bzw. welches Verhalten des Pflichtigen dazu führt, um der Fälligkeit des Zwangsgelds zu entgehen. Denn Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024 knüpft (lediglich) an die Verpflichtung aus der Ziff. 1 an, eine weitergehende Untersuchung „durchzuführen“. Ob das zwangsgeldbewehrte Verhalten in der nicht fristgemäß erfolgten Beauftragung einer Untersuchungsstelle und/oder einer Probennahme liegt und/oder verlangt wird, dass das Ende des Prüfzeitraums innerhalb der Frist liegen muss und/oder der Prüfbericht erstellt und/oder der Behörde vorgelegt werden muss, ist keiner Auslegung zugänglich, da aus Sicht eines objektiven Adressaten nicht hinreichend erkennbar. Denn in den Gründen des Bescheids wird hinsichtlich des Zwangsgelds auch auf Ziff. 3 des Bescheids, also der dort angeordneten Pflicht zur Vorlage des Untersuchungsergebnisses, Bezug genommen, die jedoch einer eigenen Ziffer im Bescheidstenor zugeführt wurde, jedoch in der tenorierten Zwangsgeldandrohung nicht aufgenommen wurde.
57
3. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit die Kostenentscheidung im Bescheid (Ziff. 5 und 6) sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
58
Nach alledem ist die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung anzuordnen gewesen.
59
Der gemäß §§ 88 und 122 VwGO als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung auszulegende Antrag zu 2) hat keinen Erfolg.
60
I. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft (vgl. BayVGH, B.v. 21.6.2023 – 15 AE 23.965 – juris Rn. 11). Da es um die begehrte vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung geht, was über die Frage der Fälligkeit des konkreten Zwangsgelds hinausgeht, besteht gemessen an den konkreten Umständen des Falles auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Klärung dieses Begehrens.
61
Es ist nicht dadurch entfallen, dass in Ziff. 1 des Tenors dieses Beschlusses zugleich die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung der Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024 angeordnet wurde. Zwar wirkt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses zurück (BVerwG, U.v. 20.1.2016 – 9 C 1/15 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 6.3.1992 – 12 CS 91.3128 – juris) mit der Folge, dass das in Ziff. 4 des Bescheids vom 08.03.2024 angedrohte Zwangsgeld zu keiner Zeit fällig geworden ist. Da angenommen werden kann, dass die Behörde die rechtlichen Folgen dieses Beschlusses beachten wird, also das suspendierte Zwangsgeld nicht fällig stellen und/oder dieses Zwangsgeld nicht beitreiben wird, spricht einiges dafür, dass kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für die vorläufige Feststellung, dass das im konkreten Bescheid vom 08.03.2024 angedrohte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, besteht (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2020 – 22 CS 20.1600 – juris Rn. 52 zur Auswirkung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Grundverfügung auf das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Zwangsmittelandrohung).
62
Allerdings ist das wohlverstandene Begehren der Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutz gemessen an den Umständen des konkreten Falls nicht isoliert auf die Frage der Fälligkeit des im Bescheid vom 08.03.2024 angedrohten Zwangsgelds gerichtet. Das Interesse der Antragstellerin ist vielmehr umfassender zu verstehen. Dadurch, dass die Antragstellerin der Auffassung ist, durch die Vorlage des Untersuchungsergebnisses vom 25.03.2024 ihrer Verpflichtung aus dem Bescheid nachgekommen zu sein und die Behörde die gegensätzliche Position vertritt, ist die ernsthafte Befürchtung der Antragstellerin berechtigt, dass die Behörde – über das konkret suspendierte Zwangsgeld hinaus – eine erneute (wiederum „erstmalige“) Zwangsgeldandrohung erlässt und hierbei unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts den „formalen“ Fehler, der zur Rechtswidrigkeit der konkreten Zwangsgeldandrohung geführt hat, abstellt. Die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es unter Anlegung eines weit verstandenen Begriffs der „Zwangsvollstreckung“ – über die Frage der konkreten Fälligkeit des Zwangsgelds hinaus – der Antragstellerin auch bereits im vorläufigen Rechtsschutz zu ermöglichen, sich gegen im weiteren Verlauf der Zwangsvollstreckung drohende Maßnahmen zu wehren.
63
II. Der Antrag ist allerdings unbegründet, da die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung glaubhaft gemacht hat.
64
Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG stellt die Zwangsgeldandrohung einen aufschiebend bedingten Leistungsbescheid i.S.d. Art. 23 Abs. 1 VwZVG dar, weil bereits mit der Androhung für den Fall der nicht rechtzeitigen Erfüllung bzw. Nichterfüllung der Handlungspflicht eine Geldleistung gefordert wird. Erfüllt der Pflichtige die ihm auferlegte Pflicht nicht bzw. nicht rechtzeitig, so wird die Zwangsgeldforderung fällig (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG). Die Voraussetzungen für die Vollstreckung des Leistungsbescheids liegen dann vor (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG). Allein maßgeblich ist, ob die Verpflichtung aus dem Bescheid vom 08.03.2024 innerhalb der gesetzten Frist erfüllt wurde oder nicht, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 30.5.2023 – 15 ZB 23.574 – juris Rn. 10).
65
Gemessen daran ist die Antragstellerin der auferlegten Verpflichtung, bis zur gesetzten Erfüllungsfrist (12.04.2024) eine weitergehende Untersuchung durchzuführen, nicht nachgekommen. Die durchgeführte Untersuchung vom 25.03.2024, dessen Prüfbericht dem Gesundheitsamt des Landratsamts … am 04.04.2024 zuging, erfüllt nicht die Anforderungen an eine zum Gegenstand von Ziff. 1 des Bescheids vom 08.03.2024 gemachte weitergehende Untersuchung. Eine solche muss den allgemein anerkannten Regeln der Technik, wie sie in den einschlägigen Merkblättern niedergelegt sind, entsprechen. An der Definition der „weitergehenden Untersuchung“ in Kap. 9.2 des DVGW-Arbeitsblatts W 551 gemessen genügt die durchgeführte Untersuchung den dortigen Anforderungen nicht. Bei der durchgeführten Untersuchung handelt es sich ausweislich ihrer eigenen Bezeichnung durch die beauftragte Untersuchungsstelle um eine „systemische Untersuchung“. Dies entspricht einer orientierenden Untersuchung i.S.v. Kap. 9.1 des DVGW-Arbeitsblatts W 551 (vgl. Kap. 2.1 der Empfehlung des Umweltbundesamts vom 18.12.2018) und gerade nicht einer weitergehenden Untersuchung nach Kap. 9.2 dieses Arbeitsblatts. Die zur Qualifizierung einer Untersuchung als weitergehende Untersuchung entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendige zusätzliche Entnahme von Proben, wie sie in Kap. 9.2 des Arbeitsblatts gefordert wird, ist in der vorgelegten systemischen Untersuchung vom 25.03.2024 nicht erfolgt. Sie beschränkt sich auf drei Probennahmestellen, wohingegen die seinerzeit im Prüfzeitraum vom 25.10.2023 bis 03.11.2023 durchgeführte weitergehende Untersuchung noch weitere Probennahmestellen zum Gegenstand hatte, bei denen gerade eine mittlere (>160 KBE/100 ml) und eine hohe (1200 KBE/100 ml) Kontamination festgestellt wurde, die jedoch bei der zuletzt durchgeführten „systemischen Untersuchung“ nicht beprobt wurden.
66
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Die Antragstellerin obsiegt mit dem Antrag auf § 80 Abs. 5 VwGO in Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung, welche bei der Kostenentscheidung mit 750,00 EUR im Verhältnis zum Streitwert berücksichtigt wird (vgl. Nr. 1.5 und 1.7.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013), sodass dies etwa einer Quote von 1/5 entspricht.
67
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG. Das beschließende Gericht orientiert sich bei der Festlegung an den Nr. 1.1.1, 1.5, 1.7.1 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Somit sind in Bezug auf den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ein Wert von 2.500,00 EUR und in Bezug auf den Antrag nach § 123 VwGO 1.500,00 EUR anzusetzen.