Titel:
kein Verbot der Abschiebung nach Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire)
Normenketten:
AsylG § 31 Abs. 3, § 71
VwVfG § 51
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3
Leitsatz:
Liegen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 S. AsylG vor, hat der Betroffene Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Bundesamtes, ob die bestandskräftige Entscheidung bzgl. des Vorliegens eines Abschiebungsverbots zurückgenommen oder widerrufen wird. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Elfenbeinküste / Côte d’Ivoire, Folgeantrag, kein Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf Abschiebungsverbote, keine neuen Gründe vorgetragen, Asyl, Elfenbeinküste, Côte d’Ivoire, Abschiebungsverbot, Mitwirkungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24663
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten hinsichtlich Côte d’Ivoire.
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1. Die Klägerin ist ivorische Staatsangehörige, vom Volk der Krou und animistischen bzw. christlichen Glaubens. Sie reiste, gemeinsam mit ihrer im Jahr 2013 in Frankreich geborenen Tochter, am 6. August 2018 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. August 2018 einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. November 2018 abgelehnt wurde. Die Abschiebung nach Côte d’Ivoire oder einen anderen aufnahmebereiten Staat wurde angedroht.
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Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 8. September 2020 (Az.: W 2 K 18.32440) wies das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg eine auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz gerichtete Klage der Klägerin ab.
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Mit weiterem rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2021 (Az.: W 2 K 21.31173) wurde die Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Côte d’Ivoire abgewiesen.
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Mit Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 18. Februar 2022 (Az.: 01 XVII 578/21) wurde für die Klägerin die Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung gegenüber Behörden, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post und Entscheidung über Fernmeldeverkehr, Vertretung in familienrechtlichen Verfahre und Vertretung in Asylangelegenheiten angeordnet sowie eine Betreuerin bestellt. Ausweislich des Beschlusses bestand bei der Klägerin der Verdacht auf eine schizophrene Psychose sowie Alkoholmissbrauch. Über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung wird spätestens zum 18. Februar 2025 entschieden.
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Im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens nach § 72 Abs. 2 AufenthG übersandte die seinerzeit zuständige Ausländerbehörde mit Schreiben vom 1. Juni 2022 einen Antrag auf Überprüfung zum Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote betreffend die Klägerin, da diese psychisch erkrankt sei und unter Betreuung stehe.
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Mit Bescheid vom 6. Februar 2023 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 14. November 2018 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ab, da die Klägerin seit 12. Januar 2023 unbekannt verzogen sei und daher kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag vorliege.
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Am 12. September 2023 stellte die Klägerin einen Asylfolgeantrag. In der schriftlichen Begründung gab sie an, dass es keine neuen Gründe für eine Gefahr in ihrem Herkunftsstaat gebe und sie keine neuen Beweismittel habe. Sie habe sich seit dem letzten Asylverfahren in der Schweiz zur Entbindung aufgehalten. Sie verlange ihre Familienrechte. Ihre Familie und sie wollten nicht in Deutschland bleiben.
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Ausweislich eines vorgelegten Laissez-Passer Papiers hat die Klägerin am 26. Juni 2023 in Basel eine weitere Tochter zur Welt gebracht.
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Mit Bescheid vom 11. Januar 2024 – zugestellt am 15. Januar 2024 – lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylfolgeantrag der Klägerin als unzulässig (Nr. 1 des Bescheides) und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 14. November 2018 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Nr. 2).
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Die Klägerin habe in ihrer schriftlichen Antragsbegründung angegeben, dass es keine neuen Gründe für eine Gefahr im Heimatland gebe. Auch bezüglich der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen keine Gründe für ein Wiederaufgreifen vor. Solche Gründe seien von der Klägerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
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Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, dass binnen zwei Wochen nach Zustellung Klage erhoben werden kann.
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2. Am 29. Januar 2024 ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundeamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2024, Geschäftszeichen 10327271-231 verpflichtet, festzustellen, dass zu Gunsten der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
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Zur Begründung wird unter Vorlage eines psychiatrischen Gutachtens an das Amtsgericht Memmingen vom 25. Mai 2020 im Wesentlichen vorgebracht: Die Klägerin sei Mutter zweier Kinder, welche sich in der Obhut der Jugendämter A. und M. befänden. Hintergrund sei, dass der Klägerin vermutlich aufgrund einer psychischen Erkrankung, die elterliche Sorge entzogen worden sei. Jedenfalls aufgrund des Umstandes der schwerwiegenden psychischen Erkrankung sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin im Herkunftsland in der Lage wäre, für sich selbst zu sorgen, weshalb sie einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes habe.
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beantragt für die Beklagte,
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Zur Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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3. Mit Beschluss vom 3. Juni 2024 übertrug die Kammer den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung.
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In der mündlichen Verhandlung war von den Beteiligten niemand erschienen.
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4. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten (einschließlich der Akte der Ausländerbehörde) sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 4. September 2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Januar 2024 ist in seiner – ausgehend vom Klageantrag in der Klageschrift vom 29. Januar 204 – allein streitgegenständlichen Nr. 2 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Côte d’Ivoire (§ 113 Abs. 5 Satz 1 AufenthG).
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1. Über die Klage konnte nach § 102 Abs. 2 VwGO verhandelt und entschieden werden, obwohl von den Beteiligten niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen ist.
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Die Bevollmächtigte der Klägerin hat die Ladung zum Termin ausweislich des in der Akte befindlichen elektronischen Empfangsbekenntnisses am 10. Juni 2024 und damit rechtzeitig (§ 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhalten. Die Ladung enthielt den Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Ein Antrag auf Verlegung des Termins wurde nicht gestellt. Die Klägerin und ihre Bevollmächtigte haben keine Hinderungsgründe für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, sodass auch keine Verlegung von Amts wegen erforderlich war.
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Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 10. Juni 2024 ordnungsgemäß zum Termin geladen und hat mit Schriftsatz vom 30. Januar 2024 auf förmliche Zustellung der Ladung verzichtet. Die Ladung enthielt ebenfalls den Hinweis auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung bei Ausbleiben eines Beteiligten.
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2. Die Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. Satz 1 Hs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Côte d’Ivoire (§ 113 Abs. 5 Satz 1 AufenthG).
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Insbesondere hat das Bundesamt zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung zu den Abschiebungsverboten im Bescheid des Erstverfahrens vom 14. November 2018 verneint. Wiederaufgreifensgründe im Sinne von § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen nicht vor.
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Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn – wie hier – im Falle eines Folgeantrages nach § 71 Abs. 1 AsylG kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist in einem solchen Fall auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 des AufenthG vorliegen.
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Von dieser Feststellung kann abgesehen werden, wenn – wie hier – das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen (§ 31 Abs. 3 Satz 3 AsylG). In diesem Fall bedarf es keiner erneuten inhaltlichen Prüfung hinsichtlich der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (so auch: VG Leipzig, U.v. 26.9.2023 – 6 K 1159/21.A – juris Rn. 15 ff.; VG Cottbus, U.v. 25.4.2023 – 5 K 320/21.A – juris Rn. 34 ff.; Heusch in BeckOK, Ausländerrecht, 42. Edition Stand: 1.7.2024, § 31 AslyG Rn. 21 m.w.N.). Das Bundesamt hat jedoch gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die bestandskräftige Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen wird; insoweit besteht ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (VG Cottbus, a.a.O., Rn. 35 ff.; Wittmann in BeckOK, Migrations- und Integrationsrecht, 18. Edition, Stand: 15.1.2024, § 31 AsylG Rn. 64e f.; siehe schon zum früheren § 24 AsylVfG: BVerwG, B.v. 15.1.2001 – 9 B 475.00 – juris Rn. 5;).
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Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG hinsichtlich der Feststellung zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hat die Klägerin nicht vorgetragen.
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In ihrer Folgeantragsbegründung (Bl. 33 ff. der Behördenakte zum Folgeverfahren) hat die Klägerin keine derartigen Gründe angegeben. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nichts dafür erkennbar, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) im Falle einer Rückkehr nach Côte d’Ivoire aufgrund ihrer in der Vergangenheit bestandenen psychischen Erkrankung nicht in der Lage sein sollte, sich einen den Anforderungen des Art. 3 EMRK genügenden Lebensstandard durch Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften. Das vorgelegte psychiatrische Gutachten vom 25. Mai 2020 ist über vier Jahre alt und lässt keinen Rückschluss auf den aktuellen Gesundheitszustand zu. Es hätte zudem bereits im gerichtlichen Verfahren zum Erstantrag vorgelegt werden können (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin daran ohne grobes Verschulden gehindert war. Sie hat zudem trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfragen keine aktuellen Angaben zu ihrem Gesundheitszustand oder der Frage, ob sie noch unter Betreuung steht, gemacht. Es wurden auch keinerlei aktuelle ärztliche Atteste oder sonstige Unterlagen vorgelegt.
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Auch unter Berücksichtigung der gerichtlichen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 VwGO) war das Gericht nicht veranlasst, dahingehend weitere Aufklärungsmaßnahmen zu treffen. Denn im asylgerichtlichen Verfahren treffen den Kläger / die Klägerin besondere Mitwirkungspflichten, denen die Klägerin hier trotz Aufforderung durch das Gericht nicht nachgekommen ist. Zu der Mitwirkungspflicht, welche sich auch aus § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG und § 74 Abs. 2 AsylG ergibt, gehört, dass der Asylbewerber / die Asylbewerberin zu den in die eigene Sphäre fallenden Ereignissen insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Wird ein Abschiebungsverbot geltend gemacht, welches sich auf eine Krankheit stützt, umfasst die Mitwirkungspflicht die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Das Absehen von weiterer Sachverhaltsaufklärung ist gerechtfertigt, wenn das Klagevorbringen hierzu keinen tatsächlichen Anlass bietet (vgl. zu alldem: Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 47 m.w.N.).
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Gemessen hieran war das Gericht nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Die Klägerin hat weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren Aspekte vorgetragen, welche auf eine Verletzung der Garantien des Art. 3 EMRK im Falle eine Rückkehr schließen lassen bzw. diesbezüglich zu weiterer Aufklärung veranlassen würden. Insbesondere auch im Hinblick auf ihre psychische Erkrankung und Betreuung wurden trotz mehrfacher gerichtlicher Anfragen und Setzung einer Frist nach § 87b VwGO keinerlei nähere (aktuelle) Angaben gemacht oder aktuelle fachärztliche Atteste vorgelegt. Das Klagevorbringen bot daher für eine weitere Sachverhaltsaufklärung keinen tatsächlichen Anlass.
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Auch im Übrigen bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Entscheidung der Beklagten, das Verfahren hinsichtlich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht wiederaufzugreifen. Diese stellt sich nicht als ermessensfehlerhaft dar, da ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht vorliegt. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus der derzeitigen humanitären Situation in Côte d’Ivoire. Diese stellt sich nicht generell als derart defizitär dar, als dass unterschiedslos für alle Rückkehrenden von der Verletzung der Garantien des Art. 3 EMRK auszugehen wäre (vgl. insbesondere: BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire), Stand: 28.1.2022, S. 30 ff.).
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Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin im Falle einer freiwilligen Rückkehr auf Rückkehr- bzw. Starthilfen (https://www.returningfromgermany.de/de/countries/ivory-coast/;) zurückgreifen kann.
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Damit ist die Finanzierung eines einfachen Lebensunterhalts in den ersten Monaten nach der Rückkehr nach Côte d‘Ivoire grundsätzlich möglich. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1992 – 9 C 21/92 – BVerwGE 91, 150; U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – BVerwGE 104, 265; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es der Klägerin möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Côte d‘Ivoire freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen (vgl. zur Berücksichtigung von Rückkehrhilfen: BVerwG, U.v. 21.4.2022 – 1 C 20.21 – juris Rn. 25 ff.).
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Die Klägerin hat zudem nach ihren eigenen Angaben im Erstverfahren erfolgreich das Abitur abgelegt, in Bordeaux kurze Zeit Jura studiert und in der Gastronomie sowie als KfZ-Mechanikerin gearbeitet (Bl. 75 der Behördenakte zum Erstverfahren). Dass die Klägerin aufgrund ihrer im vorliegenden Verfahren nicht näher dargelegten psychischen Situation zum jetzigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) dauerhaft erwerbsunfähig wäre, ist nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Es ist daher davon ausgehen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung und Arbeitserfahrungen in der Vergangenheit im Falle einer Rückkehr in der Lage sein wird, sich ggf. durch Hilfstätigkeiten und unter Inanspruchnahme der genannten Rückkehrhilfen, in der Lage sein wird, sich einen den Anforderungen des Art. 3 EMRK genügenden Lebensstandard zu erwirtschaften.
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Ferner gibt es anhand der Erkenntnislage keine Anhaltspunkte dafür, dass homo- oder transsexuellen Personen, wie der Klägerin nach ihren eigenen Angaben, in Côte d’Ivoire generell eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Homosexualität bildet in Côte d’Ivoire zudem keinen Straftatbestand und in Abidjan existiert ein gutes Netzwerk von Organisationen, die LGBTI-Personen unterstützen und stärken und bei etwaigen Anfeindungen durch nichtstaatliche Dritte bei der Rechtsdurchsetzung Hilfe leisten (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 15 f.). Im Übrigen wird insoweit auf die ausführliche Darstellung in der gerichtlichen Entscheidung im Erstverfahren sinngemäß verwiesen (VG Würzburg, GB v. 8.9.2020 – W 2 K 18.32440 – S. 11 ff.). Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde.
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Vorstehendes gilt auch in Bezug auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Klägerin hat keine aktuellen ärztlichen Atteste vorgelegt und auch aufgrund der Aktenlage gibt es im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung der Klägerin im Falle einer Rückkehr unmittelbar wesentlich verschlechtern würde. Auch insoweit war keine weitere Sachverhaltsaufklärung des Gerichts angezeigt. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG.