Inhalt

VG München, Beschluss v. 11.09.2024 – M 7 E 24.5121
Titel:

Kommunalverfassungsstreit, Besetzung von Ausschüssen, Fraktionsneubildung, Abgrenzung zu unzulässiger Ausschussgemeinschaft, Kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht

Normenketten:
VwGO § 123
GO Art. 33
Schlagworte:
Kommunalverfassungsstreit, Besetzung von Ausschüssen, Fraktionsneubildung, Abgrenzung zu unzulässiger Ausschussgemeinschaft, Kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24639

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin, eine neu gegründete Fraktion im Marktgemeinderat des Antragsgegners, bestehend aus zwei Mitgliedern, begehrt die Zuteilung von Ausschusssitzen entsprechend ihrer derzeitigen Fraktionsstärke.
2
Bereits mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 20. August 2024 hatte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung (M 7 E 24.5013) im Hinblick auf eine am 22. August 2024 stattfindende Sitzung des Marktgemeinderats des Antragsgegners beantragt.
3
Zur Begründung war im Wesentlichen vorgetragen worden, die Sitze im Marktgemeinderat des Antragsgegners seien nach der Kommunalwahl im Jahr 2020 wie folgt verteilt gewesen:
Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CSU): 12 Sitze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE): 5 Sitze FREIE WÄHLER Bayern, Freie Wählergemeinschaft ... e.V. (Freie Wähler, FWG): 3 Sitze Alternative für Deutschland (AfD): 1 Sitz Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD): 3 Sitze Freie Demokratische Partei (FDP): 1 Sitz Christlich Soziales Bündnis – Bürger für ... e.V. (CSB): 2 Sitze Bayernpartei (BP): 2 Sitze ... miteinander (GaPa miteinander) 1 Sitz.
4
Das Mitglied des Marktgemeinderats Frau ... sei für den Wahlvorschlag der FWG in den Marktgemeinderat gewählt und für diese im Haupt- und Finanzausschuss, Ferienausschuss, im Personalausschuss und als Stellvertreterin im Bau- und Umweltausschuss, Sozial- und Ordnungsausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss vertreten gewesen. Das Mitglied des Marktgemeinderats Herr ... sei für den Wahlvorschlag der FDP gewählt worden und als Einzelvertreter in keinem der fünf eingerichteten Ausschüsse vertreten gewesen. Im Juli 2022 sei Frau ... aus dem Verein „Freie Wählergemeinschaft ...“ sowie im Mai 2023 auch aus der Partei „Freie Wähler“ ausgetreten und habe am 20. April 2023 (richtig wohl: 24. April 2023) gemeinsam mit Herrn ... die Fraktion „Freie und Liberale ...“ gegründet. Sie habe sich damit endgültig und vollumfänglich von ihrem bisherigen Wahlvorschlag und den damaligen Wählerschaften distanziert. Die Bildung der neuen Fraktion sei dem Antragsgegner am 2. Mai 2023 angezeigt und nachfolgend das Arbeitsprogramm mit Nachricht vom 3. Mai 2023 vorgelegt worden. Nach dem Fraktionswechsel des für den Wahlvorschlag der AfD gewählten Marktgemeinderats zur BP und der Gründung der neuen Fraktion seien die Sitze im Marktgemeinderat wie folgt verteilt: CSU: 12 Sitze, DIE GRÜNEN: 5 Sitze, BP: 3 Sitze, SPD: 3 Sitze, CSB: 2 Sitze, Freie und Liberale für ...: 2 Sitze, FWG: 2 Sitze, GaPa miteinander: 1 Sitz. Mit Nachricht vom 4. Juni 2023 habe Frau ... beim Antragsgegner die Zuweisung von Ausschusssitzen beantragt. Mit Beschluss vom 22. Juni 2023 habe der Marktgemeinderat des Antragsgegners festgestellt, dass Frau ... ihren bisherigen Sitz in den Ausschüssen verliere. Ebenfalls sei beschlossen worden, dass trotz des Austritts die Sitzverteilung bezüglich der mit acht Mitgliedern besetzten Ausschüsse unverändert bleibe. Lediglich im Rechnungsprüfungsausschuss führe eine Neuberechnung hinsichtlich des zuletzt vergebenen Sitzes zu einer Pattsituation mit der Folge eines Losentscheids, welcher entfalle, nachdem CSU und CSB auf ihren Anspruch verzichtet hätten. Der frei gewordene Sitz sei mit sofortiger Wirkung neu besetzt worden. Am 8. September 2023 habe der Fraktionsvorsitzende der Antragstellerin Herr ... gegen die Versagung von Sitzen für die neu gegründete Fraktion in den gemeindlichen Ausschüssen sowie in weiteren Gremien Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) eingelegt. Frau ... habe mit Nachricht an das Landratsamt vom 21. November 2023 erklärt, sich voll und ganz zu den Zielen der Antragstellerin zu bekennen sowie mit Nachricht vom 22. Februar 2024 diese Erklärung bekräftigt und sich von den Wählerinnen und Wählern verabschiedet, die sie bei den Kommunalwahlen im Jahr 2020 als Mitglied der Freien Wähler gewählt hätten. Am 19. Januar 2024 habe das Landratsamt die Beschwerde der Antragstellerin beantwortet und mitgeteilt, dass es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass durch die Erklärung von Frau ... eine für die Ausschussbesetzung beachtliche Änderung der Stärkeverhältnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO vorliege. Der Antragsgegner sei gebeten worden, eine Neubesetzung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze vorzunehmen. Der Antragsgegner habe mit Beschluss des Marktgemeinderats vom 22. Februar 2024 erklärt, dass die Rechtsauffassung des Landratsamts nicht geteilt und keine Neuberechnung und Neuverteilung vorgenommen werde und dass, solange keine neuen Erkenntnisse vorlägen, der Antragsgegner gegen evtl. Maßnahmen des Landratsamts nach Art. 112 GO den Rechtsweg beschreiten werde. Mit Nachricht des Landratsamts vom 23. April 2024 sei der Antragsgegner erneut angehört worden. Mit Beschluss vom 16. Mai 2024 sei der ablehnende Beschluss vom 22. Februar 2024 bestätigt worden. Es sei unverändert nicht erkennbar, was die neue Fraktion eigentlich sein solle. Mit Bescheid vom 8. Juli 2024 habe das Landratsamt die entsprechenden Beschlüsse vom 22. Februar 2024 und vom 17. Mai 2024 beanstandet und den Antragsgegner zur Neubesetzung der betroffenen Ausschüsse unter Beachtung der Rechtsauffassung des Landratsamts verpflichtet. Die erste Bürgermeisterin des Antragsgegners habe dem Bevollmächtigten der Antragstellerin auf dessen Anfrage vom 12. August 2024 am 13. August 2024 telefonisch mitgeteilt, dass eine gegen den Bescheid gerichtete Klage anhängig sei. Die am selben Tag beantragte Akteneinsicht sei mit E-Mail vom 14. August 2024 mit Verweis auf das anhängige Gerichtsverfahren von dem Antragsgegner abgelehnt worden. Die nächste Ausschusssitzung, in der über die Neuverteilung der Ausschusssitze entschieden werden könne, finde am 22. August 2024 statt, die nächste Ausschusssitzung (Bau- und Umweltausschuss) am 9. September 2024. Es liege eine beachtliche Änderung des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen im Sinne des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO vor, was eine Neuberechnung und Neuverteilung der Ausschusssitze notwendig mache. Frau ... habe durch ihren Austritt aus dem Verein „Freie Wählergemeinschaft ...“ und der Partei „Freie Wähler“ sowie den Anschluss zu der Antragstellerin ihre Abkehr von der bisherigen Gruppierung und Partei sowie deren Wählerschaft deutlich gemacht und sie habe dadurch ihren Ausschusssitz für die Fraktion der FWG verloren. Die Hinwendung zu der Antragstellerin sei ebenfalls erfolgt. Mit Nachrichten vom 21. November 2023 und 22. Februar 2024 habe sie erklärt, sich voll und ganz zu den Zielen der neu gegründeten Antragstellerin zu bekennen. Das FDP-Mitglied Herr ... habe sich mit der parteilosen Frau ... zu einer Fraktion zusammengeschlossen und dies sei dem Antragsgegner angezeigt worden. Die neu gebildete Fraktion mit ihren Mitgliedern sei auch auf der Internetseite des Antragsgegners aufgeführt. Die Anforderungen an eine Fraktionsbildung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GeschO seien erfüllt. Auch Gemeinderatsmitglieder, die auf verschiedenen Wahlvorschlägen gewählt worden seien, könnten sich zu einer Fraktion zusammenschließen, sofern eine grundsätzliche politische Übereinstimmung der Mitglieder bestehe. Die Antragstellerin bestehe aus zwei Gemeinderatsmitgliedern und habe sich ein Arbeitsprogramm gegeben, in dem insbesondere kommunalpolitische Vorgaben und Ziele formuliert seien, die sich die neu gebildete Gruppierung gebe. Es handele sich augenscheinlich um mehr als ein reines Pro-Forma-Programm. Es umfasse viele Gesichtspunkte der Ortspolitik (z.B. Wohnraum, Ortsbild, Ökologie, Kultur, Schulen u.v.m.) und weise auch einen aktuellen Bezug auf (z.B. Bürgerentscheid 2023), sodass von einem neuen, einheitlichen und umfassenden kommunalpolitischen Arbeitsprogramm ausgegangen werden könne. Die Antragstellerin habe auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die erforderliche Eilbedürftigkeit sei gegeben, um die schwerwiegenden Nachteile abzuwenden, die die Antragstellerin im Falle eines Zuwartens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache treffen würden. Sie wäre auch weiterhin entgegen den Regelungen des Art. 33 GO zu Unrecht in den betroffenen Ausschüssen des Marktgemeinderats unterrepräsentiert. Aus diesem Grund sei es auch erforderlich, dass eine Neuentscheidung über die Sitzverteilung sobald wie möglich erfolge. Ein Interesse des Antragsgegners daran, die Ausschüsse unverändert zu belassen und so Unannehmlichkeiten wie Losverfahren und mögliche grundlegende Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu vermeiden, müsse hier hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Gesetzmäßigkeit des gemeindlichen Handelns zurücktreten. Soweit einzelne Mitglieder des Marktgemeinderats Ausschusspositionen verlieren würden, seien sie in ihrem Vertrauen, diese auch weiterhin zu behalten, insoweit nicht schutzwürdig, da bereits die Vergabe streitig erfolgt sei und daher auch konkret mit einer Beanstandung des Beschlusses und der Einlegung von Rechtsmitteln zu rechnen gewesen sei.
5
Mit Beschluss vom 21. August 2024 (M 7 K 24.5013) hat die Kammer den Eilantrag abgelehnt, da ein Anordnungsgrund im Hinblick auf das Maß der Dringlichkeit nicht glaubhaft gemacht wurde. Denn dieser war (ausschließlich) darauf gerichtet gewesen, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, (bereits) in der Sitzung des Marktgemeinderats am 22. August 2024 über die Ausschussbesetzung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
6
Mit im wesentlichen inhaltsgleichen Vorbringen beantragten die Bevollmächtigen der Antragstellerin am 23. August 2024 erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ergänzend wurde vorgetragen, die Antragstellerin habe mit Prozessvollmacht vom 2. August 2024 den Antrag auf einstweilige Anordnung beauftragt. Der Unterfertigte habe die Auffassung vertreten, dass es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlen könnte, sollte die rechtsaufsichtliche Beanstandungsverfügung bestandskräftig werden. Daher habe er den Antragsgegner mit Schreiben vom 12. August um entsprechende Auskunft gebeten. Die nächsten Sitzungen des Bau- und Umweltausschusses fänden statt am 9. September 2024 und 7. Oktober 2024, die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 8. Oktober 2024 und die nächste Sitzung des Sozial- und Ordnungsausschusses am 24. Oktober 2024. Die nächste planmäßige Sitzung des Marktgemeinderates, in der unter Einhaltung der Ladungsfristen über die Neuverteilung der Ausschusssitze entschieden werden könne, finde gemäß dem Sitzungskalender des Antragsgegners am 10. Oktober 2024 statt.
7
Die Antragstellerin beantragt,
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, über die Besetzung des Haupt- und Finanzausschusses, Ferienausschusses, des Bau- und Umweltausschusses, des Sozial- und Ordnungsausschusses, des Personalausschusses sowie des Rechnungsprüfungsausschusses seines Marktgemeinderats unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts vor den nächsten Sitzungen der vorgenannten Ausschüsse erneut zu entscheiden.
Hilfsweise:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, über die Besetzung des Haupt- und Finanzausschusses, Ferienausschusses, des Bau- und Umweltausschusses, des Sozial- und Ordnungsausschusses, des Personalausschusses sowie des Rechnungsprüfungsausschusses seines Marktgemeinderats unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts bis spätestens 10. Oktober 2024 erneut zu entscheiden.
8
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag als auch den Hilfsantrag abzuweisen.
9
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 28. August 2024 im Wesentlichen vorgetragen, es liege kein dringlicher Anordnungsgrund vor. Die Antragstellerin habe seit dem 16. Mai 2024 Kenntnis über die per Beschluss des Marktgemeinderats bestätigte Rechtsauffassung und die voraussichtliche Beschreitung des Rechtswegs durch den Antragsgegner. Den beiden Mitgliedern der Antragstellerin sei es – wie allen anderen Mitgliedern des Marktgemeinderats – unbenommen, sowohl an den öffentlichen, als auch den nichtöffentlichen Ausschusssitzungen teilzunehmen. Die Nichtmitglieder erhielten – nach jeweiliger Beschlussfassung – auch das Wort. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, ob und in welcher Form sie „schwerwiegende Nachteile“ seit deren Gründung als Fraktion erlitten habe. Durch eine widerrechtliche Neuverteilung der Ausschusssitze an eine nicht ausschussfähige Fraktion würden aller Wahrscheinlichkeit nach zwei weitere Fraktionen im Marktgemeinderat schwerwiegende Nachteile erleiden, wenn die Antragstellerin auf Grund eines Losentscheids Ausschusssitze erhalten würde, während anderen – rechtmäßig bestehenden – Fraktionen Ausschusssitze verlustig gingen. Herr ... sei bis zur Gründung der antragstellenden Fraktion als „Einzelkämpfer“ für die FDP im Marktgemeinderat vertreten gewesen und habe aktenkundig mitgeteilt, dass er dies auch weiterhin bleibe. Frau ... sei aktenkundig aus dem Verein Freie Wähler ... e.V., sowie aus der Partei Freie Wähler ausgetreten und habe sich bisher keiner neuen politischen Gruppierung oder Wählerschaft angeschlossen. Sie sei jedoch nach wie vor Mitglied der FWG-Kreistagsfraktion, einer Fraktion, welche sich aus Mitgliedern verschiedener Freier Wähler Gruppierungen im Kreistag zusammengeschlossen habe. Mit der Errichtung einer gemeinsamen Fraktion hätten die Mitglieder der antragstellenden Fraktion zwar eine solche gegründet, diese sei jedoch nicht ausschussfähig, da sich insbesondere Frau ... durch deren aktenkundigen Austritt bei den Freien Wählern ... e.V. von ihrer ursprünglichen Wählerschaft abgewandt, sich jedoch keiner neuen Gruppierung/Wählerschaft zugewandt habe. Eine Zuwendung habe einzig Herr ... erfahren, welcher als bisherige Einzelperson im Marktgemeinderat keine Gruppierung/Wählerschaft darstelle. Selbst dieser habe seinen ursprünglichen Ortsverband verlassen und sich der „Auslandsgruppe Europa der Freien Demokraten“ angeschlossen. Ob diese Gruppierung eine Wählerschaft im Sinne der Rechtsprechung darstelle, dürfe angezweifelt werden. Somit könne die formell wirksame Gründung der Antragstellerin nicht zu einer Ausschusswirksamkeit führen und insbesondere nicht zum Ergebnis haben, dass das „Spiegelbildprinzip“ für die Ausschussverteilung „unterwandert“ werde und somit bei einem Losentscheid die „ordentlichen“ Fraktionen (CSB und verbliebene Freie Wähler) ihren einzigen Ausschusssitz verlieren könnten.
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Die Bevollmächtigten der Antragstellerin traten dem zuletzt mit Schriftsatz vom 10. September 2024 entgegen. Zum Vorliegen eines Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs wurde weiter ausgeführt. Die Mitglieder der Antragstellerin hätten sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GeschO zur Erreichung gemeinsamer Ziele zusammengeschlossen und dies gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 GeschO angezeigt. Die endgültige Abkehr von Frau ... von bisherigen (politischen) Positionen und Wählerschaften stehe gemäß dem Beschluss des Marktgemeinderats vom 22. Juni 2023 zwischen den Beteiligten nicht im Streit. In der Kreistagsfraktion hätten sich ein Kreisrat der Partei Freie Wähler, Kreisrätin Frau ... (nun parteilos) und ein weiterer parteiloser Kreisrat zusammengeschlossen. Die „Ausschusswirksamkeit“ der Fraktionsbildung werde auf Kreisebene nicht diskutiert. Der Kreisrat der Partei Freie Wähler habe sein Mandat zwischenzeitlich niedergelegt, der Nachfolger sei parteilos. Herr ... sei weiterhin Mitglied des Kreisverbands ... und habe erst jüngst seinen Mitgliedsbeitrag für das laufende Jahr überwiesen. Die Möglichkeit einer Fraktionsbildung bestehe auch während der Wahlzeit. Das für einen im Hinblick auf die Ausschussbesetzung wirksamen Zusammenschluss voraussetzende „gemeinsame Sachprogramm“ in Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften liege (wie bereits ausgeführt) ebenso vor.
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Über die vom Antragsgegner gegen den Bescheid des Landratsamts vom 11. Juli 2024 erhobene Klage (M 7 K 24.4138) wurde bislang noch nicht entschieden.
12
Mit Beschluss vom 30. August 2024 wurden nach Anhörung der Beteiligten die Fraktion Freie Wähler im Marktgemeinderat sowie die Fraktion CSB im Marktgemeinderat zum Verfahren beigeladen. Diese äußerten sich jeweils mit Schreiben vom 6. September 2024 und traten dem Antrag entgegen, ohne jedoch einen Sachantrag zu stellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben verwiesen.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem und in den Verfahren M 7 E 24.5013 sowie M 7 K 24.4138 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
14
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.
15
Der Antrag ist zulässig.
16
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist im Hinblick auf § 123 Abs. 5 VwGO statthaft, da er auf eine erneute Beschlussfassung des Marktgemeinderats über die Besetzung der streitgegenständlichen Ausschüsse und damit auf eine innerorganisatorische Maßnahme ohne Verwaltungsaktqualität gerichtet ist. In der Hauptsache ist in diesem Fall die allgemeine Leistungsklage statthaft (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn. 21).
17
Der Antragstellerin als neu gebildeter und formal anerkannter Fraktion im Marktgemeinderat des Antragsgegners, deren Beteiligtenfähigkeit aus § 61 Nr. 2 VwGO folgt, steht auch die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zu. Sie kann eine mögliche Verletzung ihres aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO abzuleitenden Rechts auf eine dem Gesetz entsprechende Vertretung in den streitgegenständlichen Ausschüssen nach grundsätzlich zulässiger Änderung des Stärkeverhältnisses der im Marktgemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen geltend machen. Die einzelnen Fraktionen haben wegen des Gebots der Spiegelbildlichkeit grundsätzlich einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Ausschussbesetzung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Mitgliederzahl (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 – 8 C 18/03 – juris Rn. 13).
18
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt auch nicht dadurch, dass sich die Antragstellerin zuvor an die Rechtsaufsichtsichtsbehörde gewandt und diese auch bereits eine Beanstandungsverfügung erlassen hat, welche Gegenstand eines Klageverfahrens (M 7 K 24.4138) ist. Denn gemäß Art. 19 Abs. 4 GG besteht ein Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz, der nicht durch eine behördliche Streitentscheidung ersetzt werden kann. Das gilt auch dann, wenn – wie hier – die Aufsichtsbehörde bereits zugunsten des betroffenen Organs eine rechtsaufsichtliche Beanstandungsverfügung erlassen hat, diese aber noch nicht bestandskräftig ist. Denn der Streit um die Beanstandungsverfügung hat sowohl andere Verfahrensbeteiligte als auch einen anderen Streitgegenstand wie der Kommunalverfassungsstreit (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung, Stand März 2015, Art. 29 GO Erl. 5.6).
19
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
20
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2007 – 21 CE 07.1224 – juris Rn. 3).
21
Grundsätzlich gilt, dass entsprechend dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung das Gericht regelmäßig nur vorläufige Entscheidungen treffen und einem Antragsteller noch nicht in vollem Umfang das gewähren kann, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erstreiten könnte. Wird mit der beantragten einstweiligen Anordnung eine – wenn auch nur vorläufige – (teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache begehrt, ist anerkannt, dass diese nur ausnahmsweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in Betracht kommt, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte und der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, die Sache also bei Anlegung eines strengen Maßstabs an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG in st. Rspr., z.B. B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG NW, B.v. 17.4.2023 – 22 B 336/23.AK – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 16.3.2023 – 11 CE 23.60 – juris Rn. 16 m.w.N.). Diese Grundsätze dürften auf die hier inmitten stehenden organschaftlichen Rechte im Wesentlichen entsprechend übertragen werden können (vgl. zu diesbezüglichen Maßstäben im Falle eines Organstreits VG Bayreuth, B.v. 15.9.2020 – B 9 E 20.668 – juris Rn. 54; vgl. auch VG München, B.v. 29.8.2023 – M 7 S 23.1068 – juris Rn. 29, B.v. 8.3.2024 – M 7 E 24.593 – juris Rn. 31).
22
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben mit den zur Anwendung kommenden erhöhten Maßstäben in Bezug auf eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
23
Die Antragstellerin hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr als neu gegründeter Fraktion, bestehend aus zwei Einzelmitgliedern des Marktgemeinderats des Antragsgegners, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch darauf zusteht, dass der Antragsgegner ihrem Stärkeverhältnis Rechnung trägt und dieses im Wege einer teilweisen Neubesetzung der streitgegenständlichen Ausschüsse ausgleicht.
24
So dürften derzeit auch begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die hierauf bezogenen insoweit ablehnenden Beschlüsse des Marktgemeinderats vom 22. Februar 2024 und vom 17. Mai 2024 als rechtmäßig erweisen und keine Verletzung organschaftlicher Rechte der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GO, § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 und 7 Geschäftsordnung für den Marktgemeinderat ... – GeschO – darstellen.
25
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Bestehens des Anspruchs ist vorliegend die Entscheidung des Gerichts, der die aktuelle Erkenntnislage, mithin die Aktenlage und das gesamte Vorbringen der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen ist (vgl. VG München, B.v. 8.3.2024 – M 7 E 24.593 – juris Rn. 35 m.w.N.).
26
Gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 1 GO regelt die Zusammensetzung der Ausschüsse der Gemeinderat in der Geschäftsordnung (Art. 45 GO); die Mitglieder werden vom Gemeinderat für die Dauer der Wahlzeit aus seiner Mitte bestellt. Hierbei hat der Gemeinderat dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen, Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO. Während der Wahlzeit im Gemeinderat eintretende Änderungen des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen sind auszugleichen (vgl. Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO). In der Geschäftsordnung des Marktgemeinderats ist dem folgend geregelt, dass in den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts die den Marktgemeinderat bildenden Fraktionen und Gruppen unter Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten sind (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 GeschO). Wird durch den Austritt oder Übertritt von Gemeinderatsmitgliedern das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Marktgemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen verändert, so sind diese Änderungen auszugleichen; haben danach Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet das Los (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 7 GeschO). Mindestens zwei Gemeinderatsmitglieder können sich – auch nachträglich während der Wahlzeit – zur Erreichung gemeinsamer Ziele zu einer Fraktion zusammenschließen (vgl. § 5 Abs. 1 GeschO).
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Streitig ist hier, ob der formal wirksamen Gründung der Antragstellerin, einer neuen Fraktion – bestehend aus dem vormaligen Mitglied der Beigeladenen zu 1), nunmehr parteilose „Einzelgängerin“ Frau ... und dem auf dem Wahlvorschlag der FDP (allein) gewählten Herrn ... – entsprechend dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 7 GeschO mit einer Neuverteilung von Ausschusssitzen (hier wohl Durchführung eines Losentscheids zwischen der Antragstellerin und den Beigeladenen) Rechnung zu tragen ist oder ob dieser im Wege einer einschränkenden Auslegung der Regelung die „Ausschusswirksamkeit“ abzusprechen ist mit der Folge, dass die Ausschusssitze der Beigeladenen jeweils bei diesen verbleiben.
28
Erforderlich ist eine Bewertung, ob es vorliegend unter Beachtung des aus der Verfassung abgeleiteten Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes geboten ist, die Fraktionsbildung der Antragstellerin – als nachträglicher Zusammenschluss auf den Wahlvorschlägen verschiedener Parteien gewählter einzelner Gemeinderatsmitglieder – bei der Ausschussbesetzung zu berücksichtigen, oder ob es sich bei ihr dem Wesen nach um eine verdeckte Ausschussgemeinschaft (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO, § 5 Abs. 2 GeschO) handelt. Denn eine solche wäre hier infolge einer erforderlichen verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschriften unzulässig, weil durch den erst nach der Wahl erfolgten Zusammenschluss die originären Mitwirkungsrechte der Beigeladenen zunichtegemacht würden, die auf deren relativer Stärke beruhen (vgl. hierzu grundlegend BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn. 28 ff.). Denn diesen verblieben lediglich – hiermit nicht gleichwertige – Loschancen.
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Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Gemeinden. Daraus folgt, dass die Gemeindevertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Gemeindebürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Gemeindevertretung. Da sie der ganzen Volksvertretung, d.h. der Gesamtheit ihrer gewählten Mitglieder obliegt, haben alle Mitglieder grundsätzlich gleiche Mitwirkungsrechte. Entsprechendes gilt für die Fraktionen als Zusammenschlüsse politisch gleichgesinnter Mitglieder der Volksvertretung. Auch die Fraktionen sind somit im Plenum und in den Ausschüssen grundsätzlich gleichberechtigt an der Willensbildung der Volksvertretung zu beteiligen (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 – 8 C 17/08 – juris Rn. 18 m.w.N.; U.v. 28.4.2010 – 8 C 18.08 – juris Rn. 20). Gemeinderatsausschüsse müssen die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 – 8 C 18/03 – juris LS). Der verfassungsrechtlich gebotene Spiegelbildlichkeitsgrundsatz schützt den Anspruch jedes Mitgliedes der Gemeindevertretung und jeder von den Mitgliedern gebildeten Fraktion auf gleichberechtigte Mitwirkung. Er sichert die Erfolgswertgleichheit der gültigen Wählerstimmen und die gleiche Repräsentation der Wähler durch die gewählten Mandatsträger. Gegenstand und Bezugspunkt der Abbildung ist das Stärkeverhältnis der politischen Kräfte, die sich zur Wahl der Gemeindevertretung gestellt und zwischen denen die Wähler entschieden haben, und nicht der politischen Mehrheiten, die sich erst nach der Wahl in der Gemeindevertretung durch Koalitionsabreden gebildet haben. Sitzverschiebungen zu Gunsten einer Koalitionsmehrheit können deshalb nur durch dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz gleichrangige kollidierende verfassungsrechtliche Vorgaben gerechtfertigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 – 8 C 17/08 – juris Rn. 22; U.v. 28.4.2010 – 8 C 18.08 – juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn 31; U.v. 19.2.2024 – 4 CE 24.176 – juris Rn. 15).
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Eine solche Sitzverschiebung kann einerseits im Hinblick auf den ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Minderheitenschutz gerechtfertigt sein. Das Prinzip der demokratischen Repräsentation (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG) umfasst auch den Schutz der im Parlament vertretenen Minderheit. Dieser Grundsatz muss auch auf Gemeinde- und Landkreisebene gelten. Mit der Zulassung von Ausschussgemeinschaften nach Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO erhalten die in die kommunale Vertretungskörperschaft gewählten Mitglieder kleiner, nicht ausschussfähiger Gruppen sowie die fraktionslosen Mandatsträger die Möglichkeit, in einzelne Ausschüsse entsandt zu werden und an der dortigen Willensbildung punktuell teilzunehmen. Die Regelung hat damit erkennbar zum Ziel, die – durch das Fehlen einer Sperrklausel begünstigte – Vielfalt der im Plenum vertretenen Grundpositionen in den Ausschüssen deutlicher zum Ausdruck zu bringen, als dies durch eine rein proportionale Verteilung anhand der Stärkeverhältnisse möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn. 33). Jedoch kann die vollständige Verdrängung der kleinsten „an sich“ ausschussfähigen Gruppe zugunsten einer bloßen Zählgemeinschaft von noch kleineren Gruppierungen oder gar eines Zusammenschlusses von Einzelpersonen nicht mehr als taugliches Instrument des Minderheitenschutzes angesehen und daher als zulässige Durchbrechung des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes gerechtfertigt werden. Denn damit würde einer gewichtigeren Minderheit, die immerhin so groß ist, dass ihr ein originärer Ausschusssitz zusteht, jede Möglichkeit der Mitwirkung in den Ausschüssen genommen. Zur Vermeidung dieser unzulässigen Rechtsfolge bedarf es daher einer verfassungskonformen Auslegung des Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO und der vergleichbaren kommunalrechtlichen Vorschriften dahingehend, dass die Sitzvergabe an Ausschussgemeinschaften nicht zum völligen Ausschluss einer aus eigener Kraft ausschussfähigen Fraktion oder Gruppe führen darf (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn. 34).
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Eine Abweichung vom Spiegelbildlichkeitsgrundsatz kann andererseits auch im Hinblick auf den Grundsatz des freien Mandats verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Nach Art. 13 Abs. 2 BV sind die Landtagsabgeordneten Vertreter des Volkes, nicht nur einer Partei, nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Aufträge nicht gebunden. Damit wird das Recht gewährleistet, das Mandat innerhalb der Schranken der Verfassung ungehindert auszuüben, insbesondere frei abzustimmen. Die Gewährleistung des freien Mandats gilt in ihrem Kernbestand auch für Gemeinderatsmitglieder (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.7.1984 – Vf. 15-VII-83 – VerfGH 37, 119/121 f.; vgl. auch BVerwG, U.v. 27.3.1992 – 7 C 20/91 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 16.2.2000 – 4 N 98.1341 – juris Rn. 26). Wegen des Grundsatzes des freien Mandats können sich Mitglieder kommunaler Vertretungen zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele und Vorstellungen auch über die Grenzen der Wahlvorschläge hinweg zusammenschließen. Da das Gemeinderatsmitglied nicht an Weisungen seiner Partei oder Wählergruppe gebunden ist, steht es ihm frei, sich auch mit solchen Mitgliedern zu einer Fraktion zusammenzuschließen, die auf einem anderen Wahlvorschlag gewählt wurden (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand April 2023, Art. 33 Rn. 9). Die Regelung des Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO trägt für Fälle nachträglicher Änderung des Stärkeverhältnisses diesem Grundsatz Rechnung, da der auf einen bestimmten Wahlvorschlag in das Vertretungsorgan einer Gebietskörperschaft gewählte Vertreter letzten Endes nur seinem Gewissen unterworfen ist und während der ganzen Wahlperiode das Recht behält, sich der einen oder anderen Gruppierung im Vertretungsorgan anzuschließen oder diese zu verlassen (vgl. BayVGH, U.v. 15.7.1992 – 4 B 91.3106 – juris Rn. 11).
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Jedoch führt nicht jeder formell wirksame Zusammenschluss zu einer Fraktion (hier entsprechend den Maßgaben von § 5 Abs. 1 GeschO) ohne Weiteres auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO dazu, dass dieser stets auch im Hinblick auf die Ausschussbesetzung zu berücksichtigen wäre. Parteien und Wählergruppen oder einzelne Gemeinderatsmitglieder können sich nicht beliebig zusammenfinden, um als Fraktion für die Ausschussbesetzung nach ihrem Stärkeverhältnis im Gemeinderat berücksichtigt zu werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2020 – 4 CE 20.2032 – juris Rn. 36). Vielmehr ist jeweils die konkrete Fallgestaltung und sind die sich im konkreten ergebenden Folgewirkungen auf das aktuell bestehende Kräfteverhältnis innerhalb des Gemeinderats und der Ausschüsse in den Blick zu nehmen.
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Vorliegend besteht die Besonderheit, dass beide Beigeladene bei Obsiegen der Antragstellerin ihre jeweiligen Ausschusssitze verlieren und die Antragstellerin (ebenfalls wie diese) als zweiköpfige Fraktion im Hinblick auf die Verteilung der Ausschusssitze gleichrangig mit den Beigeladenen um die verbleibenden Ausschusssitze (jedenfalls in den Ausschüssen mit acht Sitzen) konkurrieren würde. Daher ist zu prüfen, ob bzw. inwieweit es sich bei der Antragstellerin um eine mit den Beigeladenen in ihrer „Spiegelbildswertigkeit“ vergleichbaren Zusammenschluss handelt, oder ob diese sich in der Sache eher als bloße Ausschussgemeinschaft darstellt, der im konkreten Fall jedoch wegen ansonsten nicht gerechtfertigter erheblicher Verzerrung der Kräfteverhältnisse in den Ausschüssen keine Ausschusswirksamkeit zukommen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2022 – 4 BV 22.871 – juris Rn. 36).
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Wie oben ausgeführt, kennzeichnen sich Fraktionen als Zusammenschlüsse politisch gleichgesinnter Mitglieder. In dieser Hinsicht stellen sie sich innerhalb des politischen Meinungs- und Kräftespektrums im Gemeinderat als deutlich gebündelte politische Einheit dar, die gemeinsame politische Ziele verfolgt. Es kommt folglich darauf an, ob die Antragstellerin diese Anforderung in einer Weise erfüllt, in der sie im Hinblick auf die Spiegelbildlichkeit bei der Ausschussverteilung mit den Beigeladenen gleichzusetzen wäre – denn (nur) dann dürfte eine Schmälerung von deren Rechtspositionen in Durchbrechung des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes gerechtfertigt sein. Im Gegensatz zu der Antragstellerin haben sich die Mitglieder der Beigeladenen jeweils auf dem Wahlvorschlag einer Partei bzw. Wählervereinigung gemeinsam zur Wahl gestellt und aufgrund der Wahlentscheidung der Bürger eine originäre Fraktionsstärke im Marktgemeinderat erlangt.
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Bei der Bewertung können die Maßgaben zu der (jedenfalls teilweise) vergleichbaren Bildung einer Fraktionsgemeinschaft im Gemeinderat durch mehrere Parteien oder Wählergruppen herangezogen werden, wonach die für den Fraktionswechsel einzelner Ratsmitglieder entwickelten Grundsätze – mit Ausnahme von zulässigen Ausschussgemeinschaften – in gleicher Weise auch für den Zusammenschluss von Parteien oder Wählergruppen während oder zu Beginn einer neuen Wahlperiode gelten (vgl. BayVGH, B.v. 7.12. 2020 – 4 CE 20.2032 – juris Rn. 36; vgl. auch BayVGH, U.v. 15.7.1992 – 4 B 91.3106 – juris Rn. 12 ff.; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 21.7.2000 – RO 3 E 00.1267 – juris Rn. 46 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung). Danach liegt eine für die Ausschussbesetzung beachtliche Änderung des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen, wie sie aus der Wahl hervorgegangen sind, nur vor, wenn der Eintritt oder Übertritt eines Ratsmitglieds in eine aus den Mitgliedern einer anderen Partei oder Wählergruppe gebildete Fraktion eine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften darstellt. Mit einer Abkehr von den bisherigen Positionen und Wählerschaften muss zugleich eine Hinwendung zu der neuen Gruppierung verbunden sein. Denn nur dann wird deren Mitgliederzahl vergrößert und das Stärkeverhältnis verändert (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2020 – 4 CE 20.2032 – juris Rn. 36).
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Die allgemeinen Grundsätze bei der Bewertung von Eintritten oder Übertritten in eine bestehende Fraktion hat die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 8. März 2024 (M 7 E 24.593 – juris Rn. 40 ff.) ausführlich dargelegt. Die Prüfung hat unter Berücksichtigung aller äußerlich erkennbaren Umstände zu erfolgen. Die Frage, ob und inwieweit ein Fraktionswechsel oder Fraktionseintritt tatsächlich von einem Wandel der politischen Überzeugung getragen wird, entzieht sich weitgehend der gerichtlichen Nachprüfung. Maßgeblich sind daher die äußeren Umstände, aus denen sich erkennen lässt, dass sich der Betreffende von den Personen gelöst hat, die ihm ursprünglich zu seinem Mandat im Gemeinderat verholfen haben, also der Partei oder Wählergruppe, auf deren Wahlvorschlag er erfolgreich kandidiert hat, hingegen ist nicht die politische Überzeugung inhaltlich zu bewerten. Anhand der äußerlich erkennbaren Gesamtumstände muss der Schritt als Ausdruck eines geänderten politischen Verhaltens zu werten sein. Das setzt im Allgemeinen eine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften verbunden mit einer Hinwendung zu der neuen Gruppierung voraus. Dabei ist der Parteibeitritt ein Indiz dafür, dass der Eintritt in die Fraktion nicht zum Schein, etwa zur Herbeiführung einer nach dem Gesetz nicht zulässigen Zusammensetzung des Ausschusses, vorgenommen wurde. Auch im Falle eines Fraktionswechsels kann eine Abkehr von bisherigen Positionen dann nicht gefordert werden, wenn diese sich in wesentlichen Punkten mit denen der anderen Gruppe oder Partei decken (vgl. VG München, B.v. 8.3.2024 – M 7 E 24.593 – juris Rn. 52 m.w.N.). Allerdings wird in diesem Fall die Abkehr von der Wählerschaft, die dem Betroffenen zu dem Sitz im Gemeinderat verholfen hat, umso bedeutsamer (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2009 – 4 ZB 09.858 – juris Rn. 3).
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Vorliegend hat sich Frau ..., die nach ihrem Austritt aus der Fraktion der Beigeladenen zu 1) dem Gemeinderat als (zuletzt auch parteilose) Einzelgängerin angehörte, nicht dem Einzelvertreter der Partei FDP im Sinne der Bildung einer gemeinsamen „FDP“-Fraktion angeschlossen, wie auch schon der Name der Antragstellerin bestätigt (vgl. zu einer solche Fallgestaltung VG München, B.v. 27.11.2014 – M 7 S 14.5089 – juris). Vielmehr haben beide eine „überparteiliche“ (so nach den Vorbemerkungen in dem Arbeitsprogramm der Antragstellerin) Fraktion gebildet. Zwar hat Herr ... in einer E-Mail vom 8. September 2023 dem Landratsamt gegenüber zunächst mitgeteilt, dass Frau ... bekräftige, die kommunalpolitischen Ziele zu teilen, welche die FDP in ihrem Wahlprogramm 2020 bis 2026 für die letzten Kommunalwahlen festgelegt habe. Allerdings hat Frau ... selbst im Folgenden mit E-Mail vom 21. November 2023 gegenüber dem Landratsamt bestätigt, dass sie sich ausdrücklich voll und ganz zu den politischen Zielen der „Fraktion Freie und Liberale für ...“ bekenne, so wie Herr ... diese in ihrer gemeinsamen Plattform niedergelegt habe. Daher ist es vorliegend nicht als ausreichend anzusehen, wenn nur in Bezug auf Frau ... eine Abkehr von bisherigen Positionen sowie Wählerschaft und Hinwendung zu der neuen Gruppierung festzustellen wäre. Vielmehr ist dies auch in Bezug auf Herrn ... erforderlich, da gerade kein bloßer Anschluss von Frau ... an die politische Ausrichtung von Herrn ... erfolgt ist, der als Angehöriger der politischen Kraft „FDP“ ein Gemeinderatsmandat aufgrund der Wahlentscheidung der Gemeindebürger gerade für diese erlangt hat.
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Eine hinreichende Abkehr beider Mitglieder der Antragstellerin von ihren jeweiligen bisherigen Positionen und Wählerschaften verbunden mit einer Hinwendung zu einer neuen Gruppierung im Sinne einer eigenständigen politischen Kraft dürfte sich derzeit anhand der äußerlich erkennbaren Gesamtumstände nicht feststellen lassen.
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In dem Gründungsprotokoll der Antragstellerin vom 24. April 2024 wird eigenständig hervorgehoben, dass sich die Antragstellerin um Ausschusssitze im Marktgemeinderat bzw. um Mandate in den Verwaltungsräten der gemeindeeigenen Unternehmen bemühe, womit das Ziel verbunden sei, den Wählerauftrag der Mitglieder möglichst optimal zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger ... umsetzen zu können. Weitere übergeordnete eigenständige politische Ziele der Antragstellerin werden in dem Gründungsprotokoll hingegen nicht benannt. Bereits dies lässt darauf schließen, dass die Mitglieder der Antragstellerin diese primär mit dem Ziel gegründet haben, Ausschusssitze zu erlangen und nicht um eine – infolge einer deutlichen Änderung ihrer jeweiligen politischen Einstellung – von der bisherigen Wählerschaft losgelöste eigenständige neue politische Kraft zu etablieren. Hierfür sprechen weiterhin auch die Aussagen in der Vorbemerkung des Arbeitsprogramms. Dort wird ausgeführt, dass man sich aus Anlass des bisherigen dreijährigen Stillstands bzw. nicht erfolgter dringend notwendiger positiver Fortentwicklung des Heimatorts und der Amtsführung der ersten Bürgermeisterin entschlossen habe, die Kräfte (der Fraktionsmitglieder) im Marktgemeinderat und in der Kommunalpolitik zu bündeln. Weiter erklären die Mitglieder der Antragstellerin, dass sie als Mitglieder ihrer jeweiligen Parteien anstrebten, dieses Arbeitsprogramm oder wesentliche Elemente daraus, soweit noch nicht geschehen, in die kommunalpolitische Programmatik und Arbeit ihrer Parteien einzubringen. Gerade dies zeigt, dass sich die Fraktionsmitglieder noch uneingeschränkt mit ihren Parteien und Wählerschaften verbunden sehen, jedenfalls zum Gründungszeitpunkt der Antragstellerin.
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Zwar ist Frau ... aus der Fraktion der Beigeladenen zu 1), dem Verein Freie Wähler ... e.V. und schließlich zum 15. Mai 2023 auch aus der Partei Freie Wähler ausgetreten und hat Herr ... den Ortsverband seiner Partei verlassen. Nach wie vor ist er jedoch weiterhin Parteimitglied der FDP bzw. des Kreisverbands der FDP und hat mit E-Mail vom 3. März 2024 gegenüber dem Landratsamt auch nochmals bekräftigt, dass er weiterhin Mitglied der Partei bleiben werde. Frau ... ist weiterhin als (parteilose) Kreisrätin Mitglied der FWG-Fraktion des Kreistags, mag diese sich auch aktuell nicht mehr aus Mitgliedern dieser Partei bzw. Gemeinschaft zusammensetzen.
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Zwar hat Frau ... mit E-Mail vom 22. Februar 2024 formal gegenüber dem Landratsamt („wie gewünscht“) mitgeteilt, dass sie sich im Sinne des Gesetzes von den Wählerinnen und Wählern verabschiede, die sie bei den Kommunalwahlen im Jahr 2020 als Mitglied der Freien Wähler gewählt hätten, da sie sich jetzt zu den politischen Zielen der Antragstellerin bekenne. Jedoch hat Herr ... im Folgenden auf Nachfrage des Landratsamts, welchen Wählerschaften sie sich jetzt zugewandt hätten, diesem mit E-Mail vom 10. März 2024 mitgeteilt, dass aus den Gründungsunterlagen für die Antragstellerin und seiner sowie der Eigenschaft von Frau ... als Bürgermeisterkandidaten folge, dass sie einerseits die Wähler ansprechen würden, die ihnen ihre Stimme als Bürgermeisterkandidaten bzw. Kandidaten für den Marktgemeinderat gegeben hätten und zum anderen die Mitbürger, die inhaltlich ihre Ziele für den Marktgemeinderat teilten und sich von den Wegen angesprochen fühlten, mit denen sie diese Ziele verwirklichen wollten. Gerade auch diese Aussage spricht dafür, dass sich insbesondere Herr ... und möglicherweise auch Frau ... tatsächlich nicht von ihrer bisherigen Wählerschaft abgewendet haben und ein politischer Meinungswechsel bei ihnen nicht erfolgt ist. Hinsichtlich Frau ... dürfte dies hier aber letztlich dahinstehen können, da jedenfalls bezüglich Herrn ..., der sich auch weiterhin seiner Partei verbunden fühlt, auf deren Wahlvorschlag er erfolgreich kandidiert hat, keinerlei Abkehr von seiner Wählerschaft erkennbar ist.
42
Auch die weitere Betrachtung des Arbeitsprogramms der Antragstellerin führt zu keiner anderen Bewertung. In diesem sind nur Ausführungen zu einzelnen kommunalpolitischen Sachthemen und diesbezüglichen Forderungen enthalten, die sich jedenfalls zu einem erheblichen Teil auch in den Programmen anderer Parteien und Wählergruppen finden dürften (wie z.B. „Bezahlbaren Wohnraum endlich schaffen“, „Das Ortsbild erhalten“, „Für ein ökologisches ...“). Konkrete Abgrenzungen zu diesen in der Sachpolitik erfolgen dabei nur teilweise. Jedoch ist auch dies letztlich nicht maßgeblich, da es (im Hinblick auf die Ausschussbesetzung) nicht genügt, die Wahlprogramme der zum Gemeinderat kandidierenden Parteien und Wählergruppen zu vergleichen. Auf kommunaler Ebene werden Wahlprogramme der Parteien und Wählergruppen durch die in der Amtsperiode zu erledigenden Sachfragen bestimmt. Die Programme unterscheiden sich deshalb vielfach inhaltlich kaum voneinander; Wert wird vielmehr auf die Personen gelegt, die sich zutrauen, die Zukunftsprobleme zu bewältigen (vgl. in einer vergleichbaren Fallgestaltung VG Regensburg, B.v. 21.7.2000 – RO 3 E 00.1267 – juris Rn. 47 f.; nachgehend BayVGH, B.v. 24.8.2000 – 4 ZE 00.2438 – juris). Da – wie ausgeführt – eine Abkehr von bisherigen Positionen dann nicht gefordert werden kann, wenn diese sich in wesentlichen Punkten mit denen der anderen Gruppe oder Partei decken, wird gerade in diesen Fällen die Abkehr von der Wählerschaft, die dem Betroffenen zu dem Sitz im Gemeinderat verholfen hat, umso bedeutsamer (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2009 – 4 ZB 09.858 – juris Rn. 3; vgl. auch Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand April 2023, Art. 33 Rn. 7). Eine solche lässt sich dann aber gerade nicht aus einem gemeinsamen Sachprogramm ableiten (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2000 – 4 ZE 00.2438 – juris Rn. 9). Vielmehr sind in solchen Fällen sonstige objektive Umstände erforderlich, aus denen sich mit hinreichender Klarheit eine Abwendung von den ursprünglichen Wählergruppen erschließen lässt (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.7.2000 – RO 3 E 00.1267 – juris Rn. 48 f.). Solche liegen hier jedoch – wie dargestellt – nicht vor. Auch der Name der Antragstellerin spricht im Übrigen deutlich dafür, dass es sich nicht um eine einheitliche, neue und eigenständige politische Gruppierung handelt, sondern vielmehr um einen heterogen zusammengesetzten Verbund von Anhängern unterschiedlicher politischer Parteien bzw. Richtungen (“Freie und Liberale“). Die Mitglieder der Antragstellerin haben auch nicht dargelegt, zusammen in einem eigenen Wahlvorschlag für die kommende Kommunalwahl kandidieren zu wollen (vgl. hierzu z.B. VG Regensburg, B.v. 19.9.2013 – RN 3 S 13.1463 – juris Rn. 25). Auch dies spricht dafür, dass es sich bei der Antragstellerin primär um ein Zweckbündnis handelt, einen Zusammenschluss auf Zeit bis zum Ende der laufenden Wahlzeit mit dem Ziel, für die anstehenden Sachthemen die Einzelkräfte zu bündeln und auf diese Weise Teilhabe an der Ausschussarbeit zu erlangen (vgl. auch OVG RhPf, B.v. 14.7.1982 – 7 B 29/82 – NVwZ 1983, 488/489; BayVGH, B.v. 28.9.2009 – 4 ZB 09.858 – juris Rn. 4).
43
Daher dürfte es hier gerechtfertigt und auch geboten sein, im Wege einer einschränkenden Auslegung der maßgeblichen Vorschriften der Bildung der Antragstellerin – angelehnt an die hier unzulässige Bildung einer Ausschussgemeinschaft – im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Rechtspositionen der Beigeladenen die Ausschusswirksamkeit abzusprechen (vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.9.2013 – RN 3 S 13.1463 – juris Rn. 26, welches ebenfalls den Fall einer Gesetzesumgehung im Hinblick auf Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO prüft und im konkreten Fall verneint, da dort auch eine Ausschussgemeinschaft rechtlich zulässig wäre).
44
Dies ist bereits aus den sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin und der Aktenlage ergebenden objektiven Umständen zu folgern, sodass es im Rahmen des Eilverfahrens auch nicht mehr entscheidungserheblich auf das konkrete Agieren der Antragstellerin bzw. ihrer einzelnen Mitglieder im Marktgemeinderat ankommt, zu welchem die Beigeladenen in ihren Stellungnahmen kritisch vorgetragen haben.
45
Da die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, kann dahinstehen, ob dies auch hinsichtlich eines Anordnungsgrunds der Fall wäre, wofür im Hinblick auf die gravierenden Folgen für die Beigeladenen (Verlust von Ausschusssitzen) gegenüber den möglichen Vorteilen für die Antragstellerin (lediglich Loschancen) jedoch vieles sprechen dürfte (vgl. hierzu VG Regensburg, B.v. 21.7.2000 – RO 3 E 00-1267 – juris Rn. 55 ff.; nachgehend BayVGH, B.v. 24.8.2000 – 4 ZE 00.2438 – juris Rn. 7). Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin liegt hier schon kein Fall einer streitigen Vergabe von Ausschusssitzen vor, sodass der Vorhalt mangelnden Vertrauensschutzes in Bezug auf die Ausschussmitglieder der Beigeladenen ins Leere geht.
46
Der Antrag war daher sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag abzulehnen.
47
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Antrag gestellt haben und somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt waren.
48
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. auch BayVGH, B.v. 26.10.2020 – 4 CE 20.2238 – juris Rn. 28; VG München, B.v. 8.3.2024 – M 7 E 24.593 – juris Rn. 71).