Titel:
Endgültiges Nichtbestehen einer juristischen Prüfung – Ineinandergreifen von mehreren Studien- und Prüfungsordnungen – "Regelungslücken"
Normenketten:
BayVwVfG Art. 35 S. 1
BayJAPO § 36 Abs. 1 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Auch wenn der Wortlaut einer (vorliegend: juristischen) Studien- und Prüfungsordnung dahingehend offen formuliert ist, dass sie auf das "erstmalige Ablegen" der schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Ersten Juristischen Staatsprüfung abstellt, findet diese Norm auch in einem Fall Anwendung, in dem der Student die Prüfung zwar nicht "abgelegt" hat, die Prüfung für ihn aber im Wege einer Fiktion als abgelegt gilt (vorliegend: als nicht bestanden). (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. War der Student sowohl nach den Regelungen der alten Studien- und Prüfungsordnung als auch der neuen Studien- und Prüfungsordnung verpflichtet, in seinem 13. Fachsemester (WS 15/16) zur studienabschließenden Klausur im Schwerpunktbereich anzutreten und anschließend binnen der beiden Folgesemester zur Wiederholungsklausur anzutreten, sodass er die studienabschließende (Wiederholungs-)Klausur demnach spätestens im WS 2016/17 hätte ablegen müssen, gibt es keine Regelungslücke dahingehend, dass die Norm nicht galt, weil er sich bei Inkrafttreten der neuen Studien- und Prüfungsordnung bereits im 14. Fachsemester befunden hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vorschriften ineinandergreifen und einen nahtlosen Übergang zwischen den beiden Studien- und Prüfungsordnungen gewährleisten (vorliegend: die Rechtslage hatte sich damit nicht geändert, sondern sie ist vollkommen identisch geblieben. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
endgültiges Nichtbestehen der Juristischen, Universitätsprüfung, Anwendbarkeit der Studien- und Prüfungsordnung, zwei Bescheide, Zweitbescheid, Austausch der Begründung, keine Wesensänderung, endgültiges Nichtbestehen der Juristischen, Universitätsprüfung, Nichtbestehen, Juristische Universitätsprüfung, Studienordnung, Prüfungsordnung, Hochschulrecht, Prüfungsrecht, Studien- und Prüfungsordnung, Regelungslücke, Wiederholungsprüfung, Prüfung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24473
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist in seiner Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Gegenstand des Verfahrens ist ein Streit um das endgültige Nichtbestehen der Juristischen Universitätsprüfung des Klägers im Schwerpunktbereich 6 (...) bei der Beklagten.
2
Der Kläger befand sich im Sommersemester 2014 in seinem 12. Hochschulsemester und im 10. Fachsemester des Studiengangs Rechtswissenschaften bei der Beklagten. Zusammen mit seiner Anmeldung und dem Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen zum Schwerpunktbereichsstudium am 03.06.2014 beantragte der Kläger gemäß einer bestehenden Übergangsregelung [§ 62 Abs. 2 Satz 1 der Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaft vom 31. März 2014 (SPO alt) ] die Anfertigung der studienbegleitenden Seminararbeit im Sommersemester 2014. Die vom Kläger sodann in diesem Semester angefertigte studienbegleitende Seminararbeit wurde mit 7 Punkten (befriedigend) bewertet. Zum Termin seiner mündlichen Seminarleistung im Wintersemester 2014/15 (09.01.2015) ist der Kläger unentschuldigt nicht erschienen. Die mündliche Seminarleistung wurde entsprechend mit 0 Punkten (ungenügend) bewertet. Im Sommersemester 2015 befand sich der Kläger in seinem 12. Fachsemester. Er hat sich bis zum Ablauf der Meldefrist (18.06.2015) nicht zur Ersten Juristischen Staatsprüfung angemeldet und auch keine Gründe für die Versäumung der Meldefrist mitgeteilt. Mit Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz – Landesjustizprüfungsamt – vom 06.10.2015 wurde festgestellt, dass für den Kläger die Erste Juristischen Staatsprüfung 2015/2 als erstmals abgelegt und nicht bestanden gilt. Mit Schreiben der Beklagten vom 05.09.2017 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er nach § 55 Abs. 4 Satz 2 der Studien- und Prüfungsordnung (SPO alt) verpflichtet gewesen wäre, die studienabschließende Klausur spätestens im Wintersemester 2015/16 abzulegen. Gemäß § 55 Abs. 4 Satz 3 SPO (alt) gelte die studienabschließende Klausur damit als abgelegt und mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet. Die Wiederholung sei gemäß § 57 Abs. 2 SPO (alt) im Sommersemester 2016 oder im Wintersemester 2016/17 möglich gewesen. Der Kläger habe an den studienabschließenden Klausuren in diesen Semestern nicht teilgenommen.
3
Mit Bescheid der Beklagten – Prüfungsausschuss für die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich – vom 05.09.2017 wurde festgestellt, dass die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich endgültig nicht bestanden ist. Die Begründung des Bescheids gleicht inhaltlich dem Schreiben vom 05.09.2017 (vgl. oben) und basiert auf den Vorschriften der SPO alt. Der Bescheid wurde am 18.09.2017 per Post an den Kläger versandt.
4
Der Kläger hat mit Schreiben vom 19.10.2017, eingegangen bei der Beklagten am gleichen Tag, Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.09.2017 erhoben. Nach mehrfacher Aufforderung seitens der Beklagten begründete der Kläger den Widerspruch mit Schreiben vom 31.08.2018. Er führte zur Begründung sinngemäß an, dass mit der Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 27. November 2015 die Verpflichtung für die Studierenden, sich spätestens nach dem zwölften Fachsemester der Ersten Juristischen Staatsprüfung zu unterziehen, aus Deregulierungsgründen aufgehoben worden sei. Dementsprechend sei auch die Verpflichtung zur Ablegung der studienabschließenden Klausur im WS 2015/16 entfallen. Weiter sei daher auch eine Wiederholung der studienabschließenden Klausur im §§ 2016 oder im WS 2016/17 nicht möglich bzw. nicht notwendig. Folglich sei ein endgültiges Nichtbestehen der studienabschließenden Klausur im Schwerpunktbereich nicht erfolgt. Ferner sei auch die SPO vom 15. März 2016 (SPO neu), genauer § 55 Abs. 4 SPO, nicht einschlägig. Geltung habe vorliegend die Fassung vom 31. März 2014, in der ein erstmaliges Ablegen der studienabschließenden Klausur spätestens im 13. Fachsemester nicht gefordert werde. Ein von der Beklagten versandtes Schreiben zur Anerkennung der Fassung vom 15. März 2016 sei nicht unterschrieben worden.
5
Auf entsprechende Beschlussvorlage hat der Prüfungsausschuss für die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich beschlossen, dem Widerspruch des Klägers nicht abzuhelfen und diesen der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vorzulegen (vgl. Bl. 19-21 der vorgelegten Behördenakte).
6
Am 20.11.2018 erging ein weiterer Bescheid der Beklagten – Prüfungsausschuss für die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich –, der mit dem Bescheid vom 05.09.2017 im Tenor identisch ist. Zur Begründung des Bescheids wurde – anhand der Vorschriften der Studien- und Prüfungsordnung vom 15. März 2016 (SPO neu) in der Fassung der dritten Änderungssatzung vom 20. März 2018 – sinngemäß ausgeführt, der Kläger habe die studienabschließende Klausur (Wiederholung) im Schwerpunktbereich 6 im Wintersemester 2016/17 endgültig nicht bestanden. Die Klausur gelte wegen Überschreitens der Wiederholungsfrist als nicht angefertigt und werde mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet. Aufgrund der erzielten Prüfungsgesamtnote von „mangelhaft“ (2,79 Punkte) sei die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich endgültig nicht bestanden. Der Bescheid wurde laut Vermerk am 21.11.2018 an den Kläger versandt.
7
Der Kläger hat mit Schreiben vom 22.12.2018 Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.11.2018 erhoben und eine Begründung mit separatem Schreiben angekündigt (vgl. Bl. 31 der Behördenakte). Mit Schreiben vom 22.02.2019 zeigte sich unter Vorlage einer Vollmacht der Bevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten an und beantragte Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 22.01.2020 stellte der Bevollmächtigte des Klägers die Anträge im Widerspruchsverfahren und begründete den Widerspruch. Bezüglich des Inhalts des Schreibens, der sinngemäß mit dem Inhalt der Klagebegründung übereinstimmt, wird auf das Schreiben vom 22.01.2020 (Bl. 40-43 der Behördenakte) verwiesen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2022, der dem Bevollmächtigten des Klägers laut Postzustellungsurkunde am 15.12.2022 zugestellt wurde, wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 05.09.2017 und 20.11.2018 zurück (Ziff. 1), legte dem Kläger als Widerspruchsführer die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf (Ziff. 2) und setzte für den Bescheid eine Gebühr in Höhe von 45,00 € und einen Auslagenbetrag in Höhe von 3,45 € fest (Ziff. 3). Zur Begründung in der Sache wurde ausgeführt, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.09.2017 sei zulässig, aber unbegründet. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.11.2018 sei bereits unzulässig, da er nicht statthaft sei. Soweit der Bescheid vom 05.09.2017 mit den Regelungen der Studien- und Prüfungsordnung vom 31. März 2014 (SPO alt) begründet worden sei, sei dies zwar unrichtig, der Bescheid sei dennoch rechtmäßig. Bei gebundenen Verwaltungsakten, wie der vorliegenden Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen, sei eine fehlerhafte Begründung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unschädlich, wenn die Entscheidung der Behörde im Ergebnis richtig und ihrem Wesen nach keine andere sei. So sei es vorliegend. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 05.09.2017 im 16. Fachsemester befunden. Zu diesem Zeitpunkt habe für ihn die Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaft an der Universität … vom 15. März 2016 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 20 Oktober 2016 (§ 63 Abs. 1 und 2 SPO neu) gegolten. Der Kläger habe die Wiederholung der studienabschließenden Klausur im Schwerpunktbereich 6 im Wintersemester 2016/17 endgültig nicht bestanden (§ 57 Abs. 2 Satz 2 SPO neu), da die Klausur wegen Überschreitens der Wiederholungsfrist als nicht angefertigt gelte und daher mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werde. Eine weitere Wiederholung sei gemäß § 57 Abs. 1 Satz 3 SPO (neu) auch nach einem erneuten Studium nicht möglich. Im Falle des Klägers ergebe sich eine Prüfungsgesamtnote von „mangelhaft“ (2,79 Punkte). Die Juristische Universitätsprüfung sei damit gemäß § 59 Abs. 1 SPO (neu) nicht bestanden. Zu keinem anderen Ergebnis komme die Beklagte in ihrem Bescheid vom 05.09.2017.
9
Der Widerspruch gegen den tenor- und wortgleichen Bescheid vom 20.11.2018 sei nicht statthaft, da er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mangels unmittelbarer Rechtserheblichkeit kein Verwaltungsakt sei. Es handele sich um eine bloße Wiederholung eines bereits ergangenen Verwaltungsaktes (Bescheid vom 05.09.2017) ohne neuen Regelungsgehalt.
10
Die Kosten der Entscheidung beruhten auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 1, 2, 3 Abs. 1 KG i.V.m. Art. 3 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 10, Art. 11 Abs. 1 KG.
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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 04.01.2023 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 20.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13.12.2022.
12
Die Klägerseite beantragte zuletzt,
- 1.
-
Die Bescheide der Universität … – Prüfungsausschuss für die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich – vom 05.09.2017 sowie vom 20.11.2018, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2022, werden aufgehoben.
- 2.
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Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.
13
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 05.06.2023 (Eingang bei Gericht am 12.06.2023) ausgeführt, die Bescheide vom 05.09.2017 und 20.11.2018 seien rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben. Es sei zunächst als verfahrensfehlerhaft anzusehen, dass zwei Bescheide existierten, die inhaltlich eine gleiche Regelung träfen. Bei dem Bescheid vom 20.11.2018 handele es sich nicht um eine Wiederholung, sondern aufgrund der abgeänderten Begründung nach erneuter Rechtsprüfung um einen Zweitbescheid. Des Weiteren habe gegenüber dem Kläger die Juristische Universitätsprüfung nicht als endgültig nicht bestanden gewertet werden können. Entgegen dem Schreiben der Beklagten vom 05.09.2017 habe für den Kläger nicht die Pflicht bestanden, nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) die studienabschließende Klausur im Wintersemester 2015/16 abzulegen. Im Wintersemester 2015/16 habe noch die SPO alt gegolten. Insofern sei zwar richtig, dass gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) die studienabschließende Klausur spätestens in dem Prüfungstermin abgelegt werden muss, der auf das erstmalige Ablegen der schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Ersten Juristischen Staatsprüfung folgt. Im Fall des Klägers sei jedoch zu berücksichtigen, dass gemäß Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 06.10.2015 für ihn die Erste Juristische Staatsprüfung 2015/2 als erstmals abgelegt und nicht bestanden gilt. Die SPO alt differenziere jedoch ausdrücklich hinsichtlich einer rechtlichen Fiktion. So werde bspw. in § 57 Abs. 2 Satz 1 unterschieden, dass eine Klausur schlechter als mit der Note „ausreichend“ (4,00 Punkte) bewertet wurde oder als bewertet gilt. Aufgrund dessen könne § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) nicht einfach auf den Fall angewendet werden, dass die Erste Juristische Staatsprüfung nicht tatsächlich abgelegt wurde, sondern lediglich als erstmals abgelegt und nicht bestanden gilt.
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Ab dem Sommersemester 2016 habe die neue SPO gegolten. Diese habe jedoch auf den Fall des Klägers nicht ohne weiteres angewendet werden können. Gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (neu) sei die studienabschließende Klausur spätestens im 13. Fachsemester abzulegen. Im Sommersemester 2016 habe sich der Kläger jedoch bereits im 14. Fachsemester befunden. Insofern enthalte die neue SPO für den Fall des Klägers eine Regelungslücke. Aus diesem Grund habe nach § 55 Abs. 4 Satz 3 SPO (neu) auch nicht die studienabschließende Klausur als abgelegt und mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werden können.
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Somit liege beim Kläger bis jetzt nicht der Fall vor, dass die studienabschließende Klausur bereits einmal als nicht angefertigt und mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet worden sei. Aus diesem Grund könne beim Kläger bis jetzt § 57 SPO (neu) keine Anwendung finden.
16
Die Beklagtenseite beantragte,
17
Soweit der Bescheid vom 05.09.2017 mit den Regelungen der SPO vom 31. März 2014 (SPO alt) begründet worden sei, sei dies zwar unrichtig, der Bescheid sei dennoch rechtmäßig. Die fehlerhafte Begründung sei unschädlich, da die Entscheidung im Ergebnis richtig und ihrem Wesen nach keine andere sei. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 05.09.2017 im 16. Fachsemester befunden. Zu diesem Zeitpunkt habe für ihn die SPO vom 15. März 2016 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 20. Oktober 2016 (§ 63 Abs. 1 und 2 SPO neu) gegolten. Nach den Regelungen der neuen SPO habe der Kläger die gesamte Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich endgültig nicht bestanden. Zu keinem anderen Ergebnis komme die Beklagte in ihrem Bescheid vom 05.09.2017. Zu keinem anderen Ergebnis komme man in Übrigen auch unter Anwendung der SPO vom 31. März 2014 (SPO alt). Warum es bei der Frist des § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) darauf ankommen solle, dass die Erste Juristische Staatsprüfung tatsächlich abgelegt wurde, lasse sich aus dem Sinn und Zweck der Norm nicht erschließen.
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Die Klage gegen den tenor- und wortgleichen Bescheid vom 20.11.2018 sei nicht statthaft, da er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mangels unmittelbarer Rechtserheblichkeit kein Verwaltungsakt sei. Es handele sich um eine bloße Wiederholung eines bereits ergangenen Verwaltungsaktes (Bescheid vom 05.09.2017) ohne neuen Regelungsgehalt.
19
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagtenseite wird auf deren Schriftsatz vom 04.07.2023 verwiesen.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mitsamt Sitzungsprotokoll vom 29.01.2024 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
21
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 05.09.2017 und 20.11.2018, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2022, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Klage ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Halbs. 1 VwGO statthaft, sowohl bezüglich des Bescheides vom 05.09.2017 als auch bezüglich des Bescheides vom 20.11.2018. Letztgenannter Bescheid stellt – ebenso wie der Bescheid vom 05.09.2017 – einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar. Der Bescheid vom 20.11.2018 trifft als Zweitbescheid insbesondere eine erneute Regelung und verweist nicht lediglich als wiederholende Verfügung auf den Inhalt des bereits früher erlassenen Verwaltungsakts. Es ist ersichtlich, dass die Beklagte die streitgegenständliche Regelung inhaltlich überprüft und aufrechterhalten hat, ohne sich lediglich auf den bisherigen Bescheid zu berufen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2020 – 11 ZB 18.1139 – juris Rn. 33). Diese rechtliche Einordnung als Zweitbescheid deckt sich vorliegend auch mit der Intention der Beklagtenseite. Diese wollte mit dem Erlass des neuen Bescheides gerade rechtliche Wirkungen erzielen. Hinter dem Erlass des Bescheides vom 20.11.2018 steht – auch wenn sich inhaltlich nichts Anderes ergeben hat – eine erneute rechtliche Prüfung anhand der Normen der SPO neu. Eine etwaige Klarstellung, dass es sich um eine bloße wiederholende Verfügung handeln soll, fehlt hingegen. Der Bescheid vom 20.11.2018 stellt inhaltlich sogar überhaupt keinen Bezug zu dem zuvor ergangenen Bescheid vom 05.09.2017 her und wurde mit einer eigenen Rechtsbehelfsbelehrungversehen. Auch dieser Umstand spricht für die vorliegend erfolgte Einordnung als Zweitbescheid und mithin anfechtbarer Verwaltungsakt gemäß § 42 Abs. 1 Halbs. 1 VwGO.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Die beiden angefochtenen Bescheide, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2022, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 58 Abs. 1 bis 3 SPO (alt) bzw. § 59 Abs. 1 bis 3 SPO (neu). Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Studien- und Prüfungsordnungen vom 31. März 2014 und 15. März 2016 sind nicht ersichtlich und werden seitens des Klägers auch nicht vorgebracht.
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2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind formell rechtmäßig ergangen, insbesondere wurden die Vorgaben des § 45 Satz 1 und 2 SPO (alt und neu) beachtet.
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Es ist zudem nicht – wie von der Klägerseite gerügt – als verfahrensfehlerhaft anzusehen, dass zwei Bescheide existieren, die inhaltlich eine gleiche Regelung treffen. Der vorliegenden Konstellation eines ergehenden Zweitbescheides (vgl. oben) ist die Existenz eines weiteren Bescheides wesensimmanent. Dieser Zweitbescheid enthält typischerweise eine identische Regelung, da auf der Grundlage einer erneuten rechtlichen Prüfung das gleiche Ergebnis festgehalten wird. Sofern die Behörde den ersten Bescheid nicht aufhebt, sind – wie vorliegend – zwei wirksame und anfechtbare Verwaltungsakte gegeben. Die Beklagte hat – wie aus dem Widerspruchsbescheid vom 13.12.2022 hervorgeht – an beiden Bescheiden festgehalten. Diese Vorgehensweise der Beklagten war sicher nicht alternativlos, insbesondere war der Erlass eines zweiten Bescheides nicht zwingend notwendig und hätte mit Blick auf das Widerspruchsverfahren auch unterbleiben können. Ein Verfahrensfehler ist hierin jedoch nicht zu erblicken. Die Vorgehensweise der Beklagten erweist sich für den Kläger auch nicht als nachteilig. Für die beiden Ausgangsbescheide wurden jeweils keine Kosten erhoben und über die gegen die Bescheide gerichteten Widersprüche des Klägers wurde in einem einheitlichen Widerspruchsverfahren entschieden. Da zudem beide Bescheide inhaltsidentisch sind, ist nicht ersichtlich, inwiefern die Rechtsverteidigung des Klägers hierdurch beeinträchtigt sein sollte.
27
3. Die beiden streitgegenständlichen Bescheide, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2022, sind auch materiell rechtmäßig. Dem Kläger gegenüber wurde zu Recht festgestellt, dass er die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich endgültig nicht bestanden hat.
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a. Der Kläger hat – gemäß der SPO vom 31. März 2014 (SPO alt) – im Sommersemester 2014 seine studienbegleitende schriftliche Seminarleistung (Seminararbeit) angefertigt (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 1, § 49 SPO alt), die mit 7 Punkten bewertet wurde. Dabei hat der Kläger von einer gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 SPO (alt) bestehenden Übergangsregelung Gebrauch gemacht. Die im Anschluss an die Bewertung der Seminararbeit stattfindende mündliche Seminarleistung (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 1, § 50 SPO alt) wurde mit „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet, da der Kläger zum Prüfungstermin (09.01.2015) unentschuldigt nicht erschienen ist (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 1 SPO alt).
29
Im Rahmen des staatlichen Teils der Ersten Juristischen Prüfung wurde mit bestandskräftigem Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 06.10.2015 festgestellt, dass für den Kläger die Erste Juristische Staatsprüfung 2015/2 als erstmals abgelegt und nicht bestanden gilt. Zum damaligen Zeitpunkt bestand noch die Verpflichtung, sich spätestens nach dem 12. Fachsemester der Ersten Juristischen Staatsprüfung zu unterziehen. Diese Verpflichtung ist erst mit Änderung der JAPO vom 27. November 2015 (GVBl. 2015, S. 446) mit Wirkung zum 01.01.2016 entfallen.
30
Nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) musste die studienabschließenden Klausur spätestens in dem Prüfungstermin abgelegt werden, der auf das erstmalige Ablegen der schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Ersten Juristischen Staatsprüfung folgt. Das wäre im Fall des Klägers der Prüfungstermin im WS 2015/16 gewesen. Da der Kläger diesen Prüfungstermin nicht wahrgenommen hat, galt die studienabschließende Klausur als abgelegt und mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet (vgl. § 55 Abs. 4 Satz 3 SPO alt). Nach den Vorschriften der SPO (alt) wäre der Kläger in der Folge verpflichtet gewesen, die ihm mögliche Wiederholung der studienabschließenden Klausur (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 SPO alt) innerhalb der beiden Semester anzufertigen, die auf das Semester folgen, in dem die Klausur schlechter als mit der Note „ausreichend“ (4,00 Punkte) bewertet wurde oder als bewertet gilt (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 und 2 SPO alt). Der Kläger hätte seine Wiederholungsklausur damit im §§ 2016 oder WS 2016/17 schreiben müssen.
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Am 01.04.2016 ist die SPO vom 15. März 2016 (SPO neu) in Kraft getreten (vgl. § 62 SPO neu). Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SPO (neu) gilt die Satzung für alle Studierenden, die bei Inkrafttreten der Satzung im Studiengang Rechtswissenschaft der Beklagten immatrikuliert waren und damit auch für den im Studiengang immatrikulierten Kläger. Die Ausnahmeregelung des § 63 Abs. 2 SPO (neu) findet auf den Kläger keine Anwendung. Der Kläger hat zwar bereits vor Inkrafttreten der SPO (neu) seine Seminararbeit angefertigt. Die Regelung des § 63 Abs. 2 SPO neu erfasst jedoch ausschließlich Altfälle nach der „Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaft der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität … vom 30. September 2004 in der Fassung vom 15. März 2011“. Der Kläger hat seine Seminararbeit nach der Studien- und Prüfungsordnung vom 31. März 2014 angefertigt. Die neue SPO fand damit auf den Kläger Anwendung. Die bisherigen Prüfungsleistungen des Klägers nach der SPO alt behielten ihre Gültigkeit (vgl. 63 Abs. 1 Satz 2 SPO neu), mithin insbesondere auch die beiden mit „ungenügend“ bewerteten Prüfungsleistungen bzgl. der studienbegleitenden mündlichen Seminarleistung und der studienabschließenden Klausur.
32
Nach den Vorschriften der neuen SPO konnte der Kläger – wie bislang nach der alten SPO – die studienabschließende Klausur einmal wiederholen (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 SPO neu). Die Wiederholung der studienabschließenden Klausur ist gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 SPO (neu) innerhalb der beiden Semester abzulegen, die auf das Semester folgen, in dem die Klausur schlechter als mit der Note „ausreichend“ (4,00 Punkte) bewertet wurde oder als bewertet gilt. Der Kläger war demnach verpflichtet, die Wiederholung der studienabschließenden Klausur – wie bereits nach den Regelungen der zuvor geltenden SPO – im §§ 2016 oder WS 2016/17 abzulegen. Da er diese Frist unentschuldigt überschritten hat, galt die Klausur gemäß § 57 Abs. 2 Satz 2 SPO (neu) als nicht angefertigt und wurde mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet.
33
Die Prüfungsgesamtnote des Klägers (2,79 Punkte) ergibt sich aus § 59 Abs. 2 Satz 1 und 2 SPO (neu). Damit ist die Juristische Universitätsprüfung nicht bestanden (vgl. § 59 Abs. 1 SPO neu). Die Prüfungsgesamtnote wird dem Prüfungskandidaten schriftlich oder elektronisch bekannt gegeben, nachdem die studienabschließende Klausur mit mindestens „ausreichend“ (4 Punkte) oder endgültig schlechter als mit „ausreichend“ (4 Punkte) bewertet wurde (vgl. § 59 Abs. 3 Satz 1 SPO neu). Hat der Prüfungskandidat die Juristische Universitätsprüfung insgesamt nicht bestanden, erfolgt die Mitteilung schriftlich durch das Prüfungsamt nach Maßgabe des § 45 SPO (vgl. § 59 Abs. 3 Satz 2 SPO neu).
34
b. In dem Bescheid vom 05.09.2017 wurde demnach materiell zutreffend festgestellt, dass die Juristische Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich endgültig nicht bestanden ist.
35
Der Umstand der insoweit unzutreffenden Anwendung der Vorschriften der SPO vom 31. März 2014 (SPO alt) macht den Bescheid nicht rechtswidrig. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 18 m.w.N.). Jedenfalls bei gebundenen Verwaltungsakten schadet eine inhaltlich fehlerhafte Begründung – zur zugrundeliegenden Rechtsgrundlage mit ihrer jeweiligen Tatbestandsseite – von vornherein grundsätzlich nicht, sondern es geht allein darum, ob sich bei objektiver gerichtlicher Betrachtung eine Grundlage für die ergangene Regelung findet (vgl. BayVGH, B.v. 26.10.2023 – 14 ZB 22.2030 – juris Rn. 11 und 12).
36
Vorliegend findet sich eine Grundlage für die ergangene Regelung in den Vorschriften der SPO neu, vgl. oben. Der Austausch der Begründung durch Anwendung der Vorschriften der zutreffenden Rechtsgrundlage führt dabei zu keiner Wesensänderung der getroffenen Regelung. Zunächst ist bereits fraglich, ob vorliegend überhaupt ein „Austausch“ der Begründung gegeben ist. Wie der – mit materiell zutreffender Begründung – erlassene Bescheid vom 20.11.2018 zeigt, ist die Begründung identisch zur Begründung des Bescheids vom 05.09.2017. Die anzuwendenden Normen der SPO haben sich geringfügig vorschoben, sind dabei inhaltlich jedoch identisch geblieben, insbesondere soweit es für die Konstellation des Klägers von Relevanz ist. Die Regelungen zur Wiederholung der studienabschließenden Klausur finden sich in beiden Prüfungsordnungen sogar an der gleichen Stelle und inhaltliche Veränderungen der Vorschriften sind nicht gegeben (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 und 2 SPO alt und neu). Insoweit war der Bescheid vom 05.09.2017, der – zutreffend – mit der neuen SPO überschrieben war („Vollzug der Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaft an der Universität … vom 15. März 2016 […]“), bereits nicht falsch begründet. Selbst wenn man vorliegend jedoch im Übrigen einen Austausch der Begründung durch Anwendung der Normen der SPO neu für gegeben erachtet, liegt die Annahme einer Wesensänderung aus Sicht des Gerichts fern. Abgesehen vom teilweisen – geringfügigen – Austausch der im Bescheid genannten Vorschriften hat sich inhaltlich nichts geändert. Der Tenor und die materiell zutreffende Begründung – wie sie im Bescheid vom 20.11.2018 enthalten ist – sind wortlautidentisch mit den Ausführungen im Bescheid vom 05.09.2017. Bei den getroffenen Regelungen handelt es sich zudem – sowohl nach der SPO alt als auch der SPO neu – um gebundene Entscheidungen (vgl. § 58 Abs. 1 und 3 Satz 2 SPO alt und § 59 Abs. 1 und 3 Satz 2 SPO neu).
37
c. Der zeitlich nachgelagerte Bescheid vom 20.11.2018 wurde auf die Normen der SPO neu gestützt und ist materiell ebenfalls rechtmäßig, vgl. oben.
38
d. Die von der Klägerseite vorgebrachten Einwände bezüglich des Wortlautes des § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) und bezüglich einer etwaigen Regelungslücke in der SPO vom 15. März 2016 (SPO neu) können nicht überzeugen.
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Der Wortlaut des § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) ist zwar offen formuliert und stellt auf das „erstmalige Ablegen“ der schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Ersten Juristischen Staatsprüfung (EJS) ab. Der Kläger hat die Prüfung nicht „abgelegt“, für ihn galt sie lediglich als abgelegt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Vorschrift auf diesen Fall keine Anwendung findet. Der Sinn und Zweck einer Fiktion – wie sie für den Kläger bezüglich des erstmaligen Ablegens des schriftlichen Teils der EJS greift – besteht gerade darin, die rechtlichen Wirklungen zu erzeugen, die durch die Erfüllung des Realtatbestandes (hier: tatsächliches Ablegen der schriftlichen Prüfungen der EJS) erzeugt werden. Entsprechend sieht auch die Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten Fiktionen vor (vgl. etwa § 55 Abs. 4 Satz 3 SPO alt) und knüpft hieran durchweg die gleiche Rechtsfolge wie an die Erfüllung des Realtatbestandes. Auch in der vorliegenden Konstellation entspricht es dem sachgerechten Sinn der Vorschrift, wenn den Kläger mit der Erfüllung des Fiktionstatbestandes die gleichen rechtlichen Wirkungen treffen wie denjenigen, der die Prüfung tatsächlich abgelegt hat. Aus teleologischer Sicht besteht kein Grund für die ansonsten gegebene Privilegierung des Klägers, gerade im Verhältnis zu denjenigen, die die schriftlichen Aufsichtsarbeiten der EJS tatsächlich abgelegt und die Prüfung nicht bestanden haben. Die tatsächliche Teilnahme würde sich dann im Hinblick auf die Verpflichtung zum Ablegen der studienabschließenden Klausur als Nachteil erweisen. Vom „Ablegen“ in § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) ist damit auch der Fall des Klägers umfasst, für den die schriftlichen Aufsichtsarbeiten der EJS als abgelegt gelten.
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Die Argumentation bezüglich einer Regelungslücke in der SPO vom 15. März 2016, da sich der Kläger bei deren Inkrafttreten bereits im 14. Fachsemester befunden hat, greift ebenfalls nicht. Insoweit ist zunächst anzumerken, dass die von der Klägerseite in Bezug genommene Regelung in § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (neu) das erstmalige Ablegen der studienabschließenden Klausur betrifft, das beim Kläger noch unter der Geltung der SPO vom 31. März 2014 erfolgt ist. Die neue SPO ist erst am 01.04.2016 in Kraft getreten (vgl. § 62 SPO neu) und ist mithin auf den Fall des Klägers bezüglich der „Erstablegung“ der studienabschließenden Klausur nicht anwendbar. Insoweit war damals noch die Regelung des § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (alt) einschlägig, vgl. auch oben. Die vom Kläger im zeitlichen Geltungsbereich der SPO vom 31. März 2014 (SPO alt) erbrachten Prüfungsleistungen, mithin auch die verbuchten 0 Punkte für die nichterbrachte Prüfungsleistung des erstmaligen Ablegens der studienabschließenden Klausur, behielten jedoch auch unter der Neufassung der Satzung ihre Gültigkeit (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 SPO neu). Nach den Vorschriften der SPO vom 15. März 2016 (SPO neu) hat sich sodann die Wiederholung der studienabschließenden Klausur gerichtet (vgl. § 57 Abs. 1 und 2 SPO neu). Diese für die Wiederholung der Prüfungsleistung einschlägigen Vorschriften sehen eine Fachsemesteranzahl o. Ä. nicht vor. Unabhängig davon beinhalten die Vorschriften der Satzungen keine Regelungslücke und für den Kläger auch keinen Nachteil. Die Rechtslage nach den Satzungen (SPO neu und SPO alt) ist – insbesondere den Fall des Klägers betreffend – identisch geblieben. Die Vorschriften greifen ineinander und gewährleisten einen nahtlosen Übergang zwischen den beiden Studien- und Prüfungsordnungen. Nach der SPO vom 31. März 2014 war der Kläger verpflichtet, die studienabschließende Klausur erstmals in dem Termin abzulegen, der auf das Ablegen des schriftlichen Teils der Ersten Juristischen Staatsprüfung folgt. Damals bestand noch die Verpflichtung, sich spätestens nach dem 12. Fachsemester erstmals dem schriftlichen Teil der EJS zu unterziehen. Somit war das erstmalige Ablegen der studienabschließenden Klausur im universitären Schwerpunktbereich spätestens im 13. Fachsemester vorgesehen. Hieran hat sich mit Inkrafttreten der SPO vom 15. März 2016 nichts geändert. Nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SPO (neu) muss die studienabschließende Klausur spätestens im 13. Fachsemester abgelegt werden. Die ausdrückliche Benennung des Fachsemesters ist erfolgt, da der bisherige Anknüpfungspunkt der Regelung (die Verpflichtung zum Ablegen des schriftlichen Teils der EJS spätestens nach dem 12. Fachsemester) entfallen ist. Dadurch hat sich die Rechtslage jedoch nicht geändert, sie ist vielmehr sogar vollkommen identisch geblieben. Sowohl nach den Regelungen der SPO alt als auch der SPO neu war der Kläger verpflichtet, in seinem 13. Fachsemester (WS 15/16) zur studienabschließenden Klausur im Schwerpunktbereich anzutreten und anschließend binnen der beiden Folgesemester zur Wiederholungsklausur anzutreten. Die studienabschließende (Wiederholungs-)Klausur hätte er demnach spätestens im WS 2016/17 ablegen müssen.
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e. Die im Widerspruchsbescheid vom 13.12.2022 festgesetzten Kosten (Ziff. 3) entsprechen den gesetzlichen Regelungen in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 10 und Art. 11 Kostengesetz (KG).
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Die streitgegenständlichen Bescheide, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2022, sind nach alledem rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
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4. Entsprechend hat der Kläger auch keinen Anspruch darauf, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig erklären zu lassen. Die Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 und 3 BayVwVfG, der an einen erfolgreichen Widerspruch des Klägers anknüpft, sind nicht gegeben. Die Widersprüche des Klägers wurden mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2022 rechtmäßig zurückgewiesen. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens, einschließlich ggf. notwendiger Aufwendungen bezüglich der Zuziehung eines Bevollmächtigten, hat der Kläger gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BayVwVfG selbst zu tragen.
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Die Klage war demnach insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.