Titel:
Erfolgloser Eilrechtsschutz gegen den Widerruf von Waffenbesitzkarten
Normenketten:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5, § 36 Abs. 1, § 46 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bei einem offensichtlichen Verstoß gegen die aus Sicherheitsgründen besonders wichtigen Aufbewahrungsvorschriften des § 36 Abs. 1 WaffG rechtfertigt bereits ein einmaliger Verstoß die Prognose, dass der Betreffende auch künftig nicht vorsichtig und sachgemäß mit Waffen und Munition umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG sind die Ordnungsbehörden und die Verwaltungsgerichte zwar rechtlich nicht an die Beurteilung in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden; jedoch kann die strafgerichtliche Beurteilung „von tatsächlichem Gewicht“ sein. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Maßgebend für die Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist der ordnungsrechtliche Zweck, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten. Das wird nur der Fall sein, wenn die betreffende Person nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdient, dass sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
waffenrechtliche Unzuverlässigkeit mit Nebenentscheidungen, Androhung der Sicherstellung, Zwangsgeld, Aufbewahrungsvorschriften, Waffenschrank, Dekowaffen, Strafbefehl, Waffenbesitzkarte, Widerruf
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24470
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 8.875,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen einen Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 9. April 2024, mit dem die ihm erteilten Waffenbesitzkarten widerrufen und weitere Anordnungen getroffen wurden.
2
Dem Antragsteller wurden als Jäger und Sportschütze in den Jahren 1987,1990, 2022 und 2023 insgesamt vier Waffenbesitzkarten erteilt, in die zuletzt 18 Waffen eingetragen waren.
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Am 23. März 2023 erfolgte durch das Landratsamt eine unangekündigte Waffenschrankkontrolle. Laut eines Aktenvermerks der die Kontrolle durchführenden Bediensteten des Landratsamts habe der Antragsteller diese zum Waffenschrank geführt und erklärt, er habe außerdem noch einige Dekowaffen. Die Kontrolleure hätten erklärt, zunächst den Waffenschrank zu überprüfen und danach die Dekowaffen anzuschauen. Der Waffenschrank sei voll bestückt gewesen. Der Antragsteller habe danach weitere fünf Waffen gebracht, die er seinen Angaben zufolge in einer Holztruhe aufbewahrt habe. Zwei der Waffen seien erlaubnispflichtig (halbautomatische Büchse, Kal. .22lr, Winchester Modell 190, Nr. …; Einzelladerbüchse, Kal. 5,6x50R Mag., CZ STD, Nr. …*). Auf den Vorhalt hin, dass diese in einem Waffenschrank zu verwahren seien, habe der Antragsteller geantwortet: „Dann habe ich sie eben gerade geputzt“, was aufgrund des vollen Waffenschrank bezweifelt worden sei. Außerdem sei eine nicht auf den Antragsteller angemeldete Doppelbockflinte (Doppelflinte, Kal. 12/12, Frankonia Forest, Nr. … Favorit Kaliber 12/70) aufgefunden worden, deren Herkunft vor Ort nicht habe abschließend geklärt werden können. Im Nachgang habe sich herausgestellt, dass der ursprüngliche Besitzer im Jahre 1997 verstorben sei und der Verbleib der Waffe damals nicht habe geklärt werden können. Die Waffe sei 2002 in die polizeiliche Sachfahndung aufgenommen worden. Der Antragsteller habe diese Waffen zur Überprüfung des Sachverhalts an die Bediensteten des Landratsamts übergeben. Diese seien vorläufig sichergestellt worden.
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Das Landratsamt zeigte diesen Sachverhalt mit Schreiben vom 5. April 2023 bei der Staatsanwaltschaft … an, die daraufhin ein Ermittlungsverfahren einleitete (Az. …*).
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Mit Schreiben vom 18. Juli 2023 hörte das Landratsamt den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarten Nrn. …, …, … und … sowie des Jagdscheines Nr. … an.
6
In seiner Stellungnahme verwies der Bevollmächtigte des Antragstellers auf die Ausführungen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Dort wurde vorgetragen, dass die Doppelflinte Kal. 12/70 Frankonia Forrest Nr. … von dem ursprünglichen Eigentümer, einem Herrn J. aus H. (Kreis …*), der ca. 1992 verstorben sei, im Elternhaus des Antragstellers hinterlegt worden sei mit der Bitte, den defekten Schlagbolzen reparieren zu lassen. Dieser Auftrag sei dann offensichtlich untergegangen. Der Antragsteller habe Ende der 90er Jahre zu einem nicht mehr nachvollziehbaren Termin die Absicht gehabt, die Waffe registrieren zu lassen, was dann allerdings in Vergessenheit geraten sei. Er habe keine Kenntnis darüber gehabt, dass die Waffe nicht registriert gewesen sei. Die zwei erlaubnispflichtigen Waffen seien ordnungsgemäß im Waffenschrank verstaut gewesen und nicht in einer hierfür nicht zulässigen Truhe. Vor dem Eintreffen der Bediensteten des Landratsamts habe der Antragsteller die Waffen aus dem Waffenschrank entnommen in der Absicht, diese zu putzen.
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Der Bevollmächtigte legte außerdem einen vor Kurzem erfolgten Briefwechsel mit der Kreisverwaltung … zum Verbleib der Doppelflinte vor.
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Mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 16. Juni 2023, rechtskräftig seit 30. November 2023, wurde der Antragsteller zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen verurteilt wegen des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen des vorsätzlichen mangelhaften Treffens einer Vorkehrung für eine Schusswaffe und Munition entgegen § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Dem Vorgang ist zu entnehmen, dass der Antragsteller den Einspruch in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat.
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Im Rahmen einer erneuten Anhörung zum beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarten sowie des Jagdscheines trug der Bevollmächtigte des Antragstellers vor, dass die drei erlaubnispflichtigen Schusswaffen nicht dem unbefugten Zugriff von Dritten ausgesetzt gewesen seien. Die strafrechtliche Verurteilung belege keine unwiderlegliche Vermutung der Unzuverlässigkeit. Der Antragsteller sei lediglich zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen verurteilt worden.
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Mit Bescheid vom 9. April 2024 wurden die Waffenbesitzkarten Nr. …, Nr. …, Nr. … und Nr. … des Antragstellers widerrufen (Ziff. 1). Diese seien bis zum 10. Mai 2024 im Landratsamt abzugeben (Ziff. 2). Die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen seien bis spätestens 8. Mai 2024 unbrauchbar zu machen oder an einen Berechtigten zu überlassen; der Nachweis hierüber sei bis zum 10. Mai 2024 dem Landratsamt zu erbringen (Ziff. 3). Die sofortige Vollziehung von Ziff. 2 werde angeordnet (Ziff. 4). Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Anordnung unter Ziff. 2 werde ein Zwangsgeld von 200,00 EUR angedroht (Ziff. 5). Für die nicht rechtzeitige Erfüllung der unter Ziff. 3 getroffenen Anordnung werde die Sicherstellung von Waffen und Munition angedroht (Ziff. 6).
11
Der Antragsteller habe drei erlaubnispflichtigen Schusswaffen nicht ordnungsgemäß in einem zugelassenen Waffenschrank aufbewahrt und somit selbst Tatsachen geschaffen, die zur Annahme seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG führten. Außerdem habe er den Erwerb der bei der Kontrolle aufgefundenen Bockdoppelflinte Kal. 12/70, Frankonia Forrest, Nr. …, die er wahrscheinlich im Jahre 1997 erworben habe, nicht gemeldet. Er hätte diese auch nach dem damaligen Waffengesetz anzeigen müssen (§ 28 Abs. 4 Nr. 7 und Abs. 5 WaffG-1976). Damit habe der Antragsteller gröblich gegen das Waffengesetz verstoßen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 Alt. 2 WaffG). Er sei vom Amtsgericht … zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen verurteilt worden. Der Antragsteller sei im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und Abs. 2 Nr. 5 Alt. 2 WaffG nicht mehr zuverlässig, sodass die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen seien.
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Aufgrund des Widerrufs habe er die Waffenbesitzkarten unverzüglich zurückzugeben.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verpflichtung in Ziff. 2 stütze sich auf § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug. Zum Schutz der Allgemeinheit sei es erforderlich, dass dem Antragsteller als ungeeignete Person die Möglichkeit zum Umgang mit Schusswaffen umgehend verwehrt werde. Eine Ausnahmekonstellation, die eine andere Interessenbewertung rechtfertige, sei nicht ersichtlich.
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Die Anordnung in Ziffer 3 stütze sich auf § 46 Abs. 2 WaffG. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Unbrauchbarmachung oder Abgabe an einen Berechtigten könnten die Gegenstände sichergestellt werden. Das Landratsamt ermögliche es dem Antragsteller in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens, vor einer behördlichen Verwertung selbst über das Schicksal seiner Waffen und der Munition zu verfügen.
15
Die Androhung des Zwangsgeldes richtet sich nach Art. 18, 19 Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 31 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG).
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Gegen diesen am 19. April 2024 bekanntgegebenen Bescheid ließ der Antragsteller mit einem am 7. Mai 2024 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Bevollmächtigten Klage erheben (B 1 K 24.382) und im Rahmen des Eilrechtsschutzes beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte im Bescheid vom 9. April 2024 anzuordnen bzw. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnungen gem. Ziffn. 2 bis 7 des Bescheids vom 9. April 2024 wiederherzustellen.
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Der Antragsteller besitze die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Er habe bereits im Strafverfahren ausführen lassen, dass die Waffe des Herrn J. in Vergessenheit geraten sei und dass er keine Kenntnis darüber gehabt habe, dass die Waffe nicht registriert gewesen sei. Ein Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften in Bezug auf diese Waffe sei insofern nicht erkennbar. Hinsichtlich der weiteren aufgefundenen Waffen habe der Antragsteller die Absicht gehabt, diese zu putzen und sie erst aus dem Waffenschrank entnommen.
18
Der Antragsteller sei seit Jahrzehnten beanstandungsfrei Inhaber von Jagd- und Waffenschein und bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er habe durch die umgehende Kontaktaufnahme mit der unteren Jagdbehörde des Landkreises … dargelegt, dass ihm an einer sofortigen Wiederherstellung legaler Verhältnisse gelegen sei und habe seine Kooperationsbereitschaft dokumentiert. Unter Würdigung aller Umstände könne davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehe.
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Der Sofortvollzug sei bereits formell rechtswidrig. Es werde nicht auf den konkreten Einzelfall eingegangen. Eine bloß formelhafte, allgemein gehaltene Begründung entspreche nicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO. Auch die Aufforderung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte sei formell rechtswidrig. Weshalb eine sofortige Vollziehung hinsichtlich der Rückgabe der Waffenbesitzkarten angeordnet worden sei, werde im Einzelnen nicht begründet. Das private Interesse des Antragstellers in Bezug auf die Androhung des Zwangsgeldes überwiege.
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Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2024 beantragte das Landratsamt, den Antrag abzulehnen.
21
Nachdem der Widerruf der Waffenbesitzkarte kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, sei im Regelfall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgeentscheidung der Rückgabe dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang einzuräumen sei. Gerade im Recht der Gefahrenabwehr könnten sich die für den Erlass des Verwaltungsakts und die sofortige Vollziehung maßgebenden Gründe decken.
22
Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten rechtfertige die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Die bei der unangemeldeten Aufbewahrungskontrolle am 23. März 2023 vorgefundene Aufbewahrungssituation sowie die auf Vorhalt erfolgte Aussage des Antragstellers „Dann habe ich sie eben gerade geputzt“, die sich in der Gesamtschau als reine Schutzbehauptung erweise, rechtfertigten die Annahme, dass der Antragsteller seine Waffen nicht sorgfältig aufbewahre und zeigten dessen waffenrechtlich bedenkliches Verhalten und eine leichtfertige Sichtweise. Ergänzend werde auf den Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 16. Juni 2023 verwiesen. Zudem sei ein Wechsellauf Kal. 12/70 zur Nr. 3 der Waffenbesitzkarte Nr. … nicht mehr auffindbar gewesen. Der Verbleib sei ungeklärt.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
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1. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.
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Gegen den nach § 45 Abs. 2 WaffG erfolgten Widerruf der Waffenbesitzkarten, der kraft Gesetzes nach § 45 Abs. 5 WaffG sofort vollziehbar ist, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft. Gleiches gilt für die kraft Gesetzes nach Art. 21a VwZVG sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung in Ziff. 4 des Bescheids. Die in Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Abgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarten nach § 46 Abs. 2 WaffG wurde für sofort vollziehbar erklärt, so dass hier der gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der statthafte Antrag ist.
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Der Antrag ist jedoch unzulässig, soweit er sich gegen die Ziffn. 3 und 6 des Bescheids richtet. Ziff. 3 des Bescheids wurde nicht für sofort vollziehbar erklärt mit der Folge, dass die Klage vom 7. Mai 2024 aufschiebende Wirkung hat und dem Antragsteller daher das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Eine Umdeutung des Antrags in einen Feststellungsantrag dahingehend, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe, erfolgt auch unter Berücksichtigung von § 88 VwGO nicht, da der Antragsteller anwaltlich vertreten ist. Außerdem ist derzeit nichts dafür ersichtlich, dass die Behörde die aufschiebende Wirkung der Klage ignorieren würde.
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Gleiches gilt für die Androhung der Sicherstellung der Waffen nach § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG. Eine ausdrückliche Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde erfolgte nicht. Wenngleich eine Maßnahme nach § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG in Nr. 46.3 WaffVwV als Vollstreckungsmaßnahme bezeichnet wird, bedarf es – insbesondere auch im Umkehrschluss zur Regelung nach § 46 Abs. 4 Satz 3 WaffG – in der hier vorliegenden Konstellation einer Anordnung des Sofortvollzugs, was ausdrücklich nicht erfolgt ist (vgl. hierzu Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Auflage 2020, Rn. 1003; VG Würzburg B.v. 8.5.2019 – W 9 S 19.509, BeckRS 2019, 11385 Rn. 12). Damit hat die Klage gegen Ziff. 6 des Bescheids aufschiebende Wirkung.
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2. Soweit der Antrag zulässig ist, hat er in der Sache keinen Erfolg.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
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Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der vorliegende Antrag keinen Erfolg, da die Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. April 2024 bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg hat und auch das formelle Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO im Hinblick auf Ziff. 2 des Bescheids erfüllt ist.
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a. Hinsichtlich der nicht bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Anordnung der Abgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarte wurde der Sofortvollzug in einer zwar äußerst knappen, den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO aber noch entsprechenden Weise angeordnet.
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Die im Bescheid gemachten Ausführungen zeigen, dass sich das Landratsamt in Bezug auf die Abgabeverpflichtung des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war im Gegensatz zu dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Widerruf der Waffenbesitzkarten. Der Bescheid enthält die Erwägungen, die das Landratsamt für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat, auch wenn im Wesentlichen nicht auf den Besitz der Waffenbesitzkarten an sich, sondern die Gefährdungslage durch den Umgang mit Waffen durch den Antragsteller als waffenrechtlich ungeeignete Person abgestellt wird. Wünschenswert wäre (in inhaltlicher Hinsicht, die jedoch vom Gericht unter § 80 Abs. 3 VwGO nicht zu prüfen ist), wenn Ausführungen auch zum Rechtsschein, den der Besitz einer Waffenbesitzkarte vermittelt, erfolgt wären. Wegen der besonderen Sicherheitslage im Waffenrecht besteht das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug aus Gründen auch – wie regelmäßig – für die nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten, mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen waffen- und vollstreckungsrechtlichen Nebenentscheidungen und damit auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung von entsprechenden Maßnahmen ohne zusätzliche Begründung, weil Waffen in Händen von unzuverlässigen Personen für die Gemeinschaft nicht hinnehmbare Gefahren darstellen. (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17 und B.v. 11.10.2023 – 24 CS 23.1565 – juris Rn. 11).
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b. Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage der Anordnung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, ohne dass der Behörde Ermessen eingeräumt wäre, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Versagungsgrund liegt dann vor, wenn die betreffende Person die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht besitzt.
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Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden, die erforderliche Zuverlässigkeit nicht. Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG hat, wer Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.
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Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bei einem offensichtlichen Verstoß gegen die aus Sicherheitsgründen besonders wichtigen Aufbewahrungsvorschriften des § 36 Abs. 1 WaffG rechtfertigt bereits ein einmaliger Verstoß die Prognose, dass der Betreffende auch künftig nicht vorsichtig und sachgemäß mit Waffen und Munition umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird. Es handelt sich bei den Aufbewahrungspflichten um eine zentrale waffenrechtliche Vorschrift, die der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern (BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 11). Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 4 und 6, bestätigt u.a. durch BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20). Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20).
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Ausgehend von den Ausführungen im behördlichen Aktenvermerk zur Durchführung der Waffenschrankkontrolle am 23. März 2023 und insbesondere der zwischen den Beteiligten dort festgehaltenen Gesprächssituation kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller die Waffen erst kurz zuvor aus einem Waffenschrank genommen hat, um sie zu reinigen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass der Waffenschrank des Antragstellers bei der Kontrolle voll bestückt vorgefunden worden ist und keine hinreichende Erklärung gegeben werden konnte, wo sich die Waffen zulässigerweise vor der angeblichen Reinigung befunden haben sollen. Auch der Gesprächsverlauf spricht für eine längere Lagerung der Waffen außerhalb eines Waffenschranks. Denn der Antragsteller hat ausweislich des Aktenvermerks zunächst davon gesprochen, er habe (neben den Waffen im voll bestückten Waffenschrank) noch einige Dekowaffen in einer Truhe. Erst nachdem er diese Waffen aus einem anderen Zimmer gebracht hat und es sich daraufhin gezeigt hatte, dass es sich nicht um Dekowaffen handelt, sowie dem Hinweis der Kontrolleure zur nicht sachgemäßen Aufbewahrung kam die Rede auf einen Reinigungsvorgang. Der Antragsteller ist dem von der Behörde in dem Aktenvermerk geschilderten Gesprächsverlauf und insbesondere den dort dokumentierten expliziten Äußerungen, die ihm zugeschrieben worden sind, nicht entgegengetreten, er hat lediglich – ohne hierzu substantiierte Ausführungen zu machen – auf eine Reinigung der Waffen verwiesen. Unter diesen Umständen wertet das Gericht in der Gesamtschau die Einlassung des Antragstellers als Schutzbehauptung. Ergänzend hierzu ist das Ergebnis des Strafverfahrens heranzuziehen, in dem der Antragsteller wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Aufbewahrungspflichten nach § 36 Abs. 1 WaffG zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Für die Bewertung als Vorsatztat ist die strafrichterliche Bewertung im Strafurteil oder Strafbefehl maßgeblich. Es ist zwar zutreffend, wie der Bevollmächtigte des Antragstellers ausführt, dass die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen unter der Schwelle des § 5 Abs. 2 WaffG liegt, die zur Regelunzuverlässigkeit führt. Dies hindert jedoch nicht, den im strafrechtlichen Verfahren festgestellten Sachverhalt wertend in die Gesamtschau mit einzubeziehen.
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Selbst wenn man in Bezug auf einen Verstoß nach § 36 Abs. 1 WaffG von offenen Erfolgsaussichten ausgehen wollte und es im Hauptsacheverfahren der Zeugeneinvernahme bedürfte, wäre bei der vom Gericht eigenständig zu treffenden Abwägungsentscheidung dem öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Maßnahme angesichts der besonderen Gefährdung, die durch Waffen ausgeht, der Vorrang einzuräumen vor dem privaten Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung von der Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnis verschont zu bleiben. Ein vorrangiges Interesse des Antragstellers entfiele aber auch deshalb, weil ihm mit dem jahrelang unangezeigten Besitz der Doppelbockflinte ein weiterer Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften zur Last liegt (siehe nachfolgende Ausführungen).
39
Der Antragsteller hatte seit 1997 eine erlaubnispflichtige Waffe in seinem Besitz, ohne dies ordnungsgemäß anzuzeigen. Damit hat er gröblich gegen waffenrechtliche Vorschriften verstoßen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG). Ein einmaliger Gesetzesverstoß ist dann gröblich, wenn eine schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige), nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende Zuwiderhandlung gegeben ist. Der Unterschied zum wiederholten Verstoß in § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG liegt darin, dass es bei der wiederholten Begehung nicht so sehr auf die Schwere des Verstoßes als auf die Mehrmaligkeit der Begehung ankommt, während die Gröblichkeit einen bewusst schwerwiegenden, evtl. sogar mit Nachdruck begangenen Verstoß voraussetzt. Maßgebend für die Beurteilung sind ordnungsrechtliche Gesichtspunkte. Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind in aller Regel als „gröblich“ einzustufen (BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12/95 – BVerwGE 101, 24). Bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit in diesem Zusammenhang sind die Ordnungsbehörden und die Verwaltungsgerichte zwar rechtlich nicht an die Beurteilung in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden; jedoch kann die strafgerichtliche Beurteilung „von tatsächlichem Gewicht“ sein. Maßgebend für die Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist der ordnungsrechtliche Zweck, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten. Das wird nur der Fall sein, wenn die betreffende Person nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdient, dass sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (Steindorf/Papsthart, 11. Aufl. 2022, WaffG § 5 Rn. 57-61 m.w.N.).
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Nach § 10 Abs. 1 WaffG wird die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe durch die Eintragung in die Waffenbesitzkarte erteilt. Die Überlassung einer Waffe durch Dritte ist innerhalb einer zweiwöchigen Frist anzuzeigen (§ 10 Abs. 1a WaffG). Nach den Ausführungen des Landratsamts galten im Zeitraum des Besitzübergangs vergleichbare Regelungen. Festzuhalten bleibt daher, dass der Antragsteller seit 1997 wissentlich eine Waffe in seinem Besitz hatte, für die er die notwendigen Anzeigepflichten nicht erfüllt hat. Dies stellt nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 WaffG eine Straftat dar.
41
Der Antragsteller trägt selbst vor, dass er Ende der 1990er Jahre die Absicht hatte, die Waffe ordnungsgemäß anzuzeigen. Damit gibt er gleichzeitig zu, jedenfalls damals vorsätzlich seiner Anzeigepflicht nicht unverzüglich nachgekommen zu sein. Im Übrigen entspricht es keinesfalls den Anforderungen an die Zuverlässigkeit, wenn jemand über Jahre hinweg im Besitz von Waffen ist, zu deren legalem Besitz er sich keine Gedanken mehr macht, zumal im vorliegenden Fall aufgrund des unmittelbaren Vorzeigens davon ausgegangen werden muss, dass diese Waffe zusammen mit den anderen Waffen aufbewahrt worden ist und dem Antragsteller damit die Situation bewusst war. Schließlich ist auch die im Strafbefehl zum Ausdruck kommende Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat mit einzubeziehen. Der Vortrag des Antragstellers, er habe nicht gewusst, dass die Waffe nicht registriert gewesen sei, ist unverständlich. Denn der Antragsteller wusste, dass die Waffe nicht auf ihn registriert ist und ging offensichtlich davon aus, dass sie auf Herrn J. eingetragen ist. Andernfalls hätte er seiner Vorstellung nach eine unregistrierte (illegale) Waffe im Besitz gehabt.
42
Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG führt im Regelfall zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Ein Abweichen von der gesetzlichen Vermutung kommt nur dann in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Munition und Waffen nicht gerechtfertigt sind. Erforderlich ist danach eine tatbezogene Prüfung in Gestalt einer Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem (tatbezogenen) Verhalten zum Ausdruck kommt. Die Vermutung kann daher grundsätzlich nicht schon dann entkräftet sein, wenn der Betroffene ansonsten strafrechtlich nicht aufgefallen ist.
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Ein Abweichen von der Regelvermutung ist nicht geboten. Der Antragsteller hat sich über lange Jahre keine Gedanken mehr gemacht über die in seinem Besitz befindliche Doppelbockflinte. Dies ist mit den Sorgfaltspflichten eines pflichtbewussten Waffenbesitzinhabers nicht vereinbar. Zusätzlich zeigt auch sein Verhalten im Hinblick auf die Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Waffen einen sorglosen, unreflektierten Umgang mit Waffen und die ihm durch das Waffengesetz auferlegten Pflichten.
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c. Die Verpflichtung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten ergibt sich aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Sie stellt eine begleitende Verfügung dar und ist eine mit der Widerrufsentscheidung verbundene notwendige Anordnung. Ein Ermessen steht der Behörde dabei nicht zu. Die im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung zur Abgabe bis zum 10. Mai 2024 und damit innerhalb von drei Wochen ab Bescheidszugang ist auch im Hinblick auf die gesetzte Frist nicht zu beanstanden.
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d. Nicht zu beanstanden ist auch die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 5 des Bescheids, da insoweit die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind. Zwar erschöpfen sich die Ausführungen im Wesentlichen in der Aufzählung und Wiedergabe der gesetzlichen Vorschriften. Insofern wären weitere einzelfallbezogene Erwägungen zur Androhung des hier angewandten Zwangsmittels (vgl. Art. 29 Abs. 2 VwZVG) und dessen Höhe (vgl. Art. 31 Abs. 2 VwZVG) im Interesse einer verständlicheren Begründung durchaus wünschenswert. Angesichts des vom Landratsamt gewählten Zwangsgeldes als dem auch vom VwZVG vorgesehenen mildesten Mittel der Vollstreckung erachtet das Gericht die Begründung aber noch für ausreichend. Zur Höhe des angedrohten Zwangsgeldes folgt das Gericht im konkreten Fall dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. April 2023 (Az.: 9 ZB 23.79 – juris Rn. 9). Der BayVGH führt darin aus, dass es sich bei der Bestimmung der Zwangsgeldhöhe um einen Fall des intendierten Ermessens handelt. In dem durch Art. 31 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwZVG vorgegebenen Rahmens soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Dieses darf gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzt werden. Eine besondere Begründung für die im Schätzungsweg zu ermittelnde Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich. Das Zwangsgeld muss allerdings nach Sinn und Zweck darauf gerichtet sein, den Pflichtigen effektiv zur Befolgung einer Anordnung anzuhalten. Schließlich bildet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Grenze für die Ermessensausübung. Dem wird das angedrohte Zwangsgeld von 200,00 EUR für die Abgabe der Waffenbesitzkarten jedenfalls gerecht.
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Das Gericht weist aber darauf hin, dass die im Bescheid genannte Frist zur Erfüllung der Verpflichtung aus Ziff. 2 (10. Mai 2024) bereits verstrichen ist. Das Landratsamt wird dem Antragsteller daher zunächst eine neue und angemessene Frist zur Erfüllung dieser Verpflichtung setzen müssen. Erst wenn innerhalb dieser neuen Frist die Verpflichtung nicht erfüllt wurde, kann das Landratsamt die Vollstreckung des Zwangsgeldes betreiben.
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e. Die in Ziff. 7 getroffene Kostenentscheidung, wonach der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, ist ebenso wenig zu beanstanden. Als Veranlasser der behördlichen Amtshandlung hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz – KG). Ergänzend erfolgt der Hinweis zu Ziff. 8, die im vorliegenden Verfahren nicht angefochten wurde, dass nach Nr. 1.I.8 Tarifstelle 1 der Anlage zum KVz nur dann für die Androhung eines Zwangsgeldes eine separate Gebühr erhoben werden kann, wenn die Androhung nicht mit dem Grundverwaltungsakt verbunden ist.
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3. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt.
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4. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57). Für den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers ist unabhängig von der Zahl der widerrufenen Waffenbesitzkarten der Auffangwert (5.000,00 EUR) anzusetzen, wobei hierin zugleich die erste eingetragene Waffe mit enthalten ist. Für jede weitere Waffe ist entsprechend Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs eine Erhöhung um 750,00 EUR vorzunehmen (vgl. VGH BW, B.v. 8.1.2020 – 1 S 2212/19 – juris Rn. 4). Dies führt bei insgesamt 18 eingetragenen Waffen zu einem Wert von 17.750,00 EUR, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der für das Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert zu halbieren ist.