Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 26.03.2024 – B 1 K 23.719
Titel:

Verdacht auf wahnhafte Störung, Gutachten eines Facharztes, Zweifel an der Fahreignung, Fahrerlaubnisentziehung

Normenketten:
StVG § 3 Abs. 1
FeV § 46 Abs. 1 Satz 1
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 11 Abs. 6
FeV § 11 Abs. 2
Anlage 4 Nr. 7 zur FeV
Schlagworte:
Verdacht auf wahnhafte Störung, Gutachten eines Facharztes, Zweifel an der Fahreignung, Fahrerlaubnisentziehung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 24467

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Anfechtung des Bescheids des Beklagten, mit dem ihm u.a. die Fahrerlaubnis entzogen wurde.
2
Der Kläger war Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, C1E, CE, M, S, L und T.
3
Unter dem 11. Oktober 2022 wurde die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) von der Waffenbehörde darüber informiert, dass seitens der Waffenbehörde erhebliche Bedenken hinsichtlich der körperlichen waffenrechtlichen Eignung des Klägers bestünden, da dieser im Zuge des Verfahrens immer wieder Aussagen getätigt habe, die auf eine psychische Erkrankung hindeuteten (vgl. BA Bl. 1 ff.). Die dieser Mitteilung beiliegende Akte enthält u.a. eine Kurzmitteilung der Polizeiinspektion … (im Folgenden: PI) an die Waffenbehörde des Landratsamts mit der Information, dass der Kläger im Zusammenhang mit einer anderen Sachbearbeitung bei der Polizei angerufen und wirre, zusammenhanglose Angaben gemacht habe (vgl. BA Bl. 3), weshalb der Eindruck einer psychischen Verwirrung entstanden sei. So habe der Kläger behauptet, dass man versucht habe, ihn mit Quecksilber zu vergiften. Zudem könne er Angaben zu einem Millionenraub machen, er wisse etwas von einem Doppelmord und sei bei einem Landkauf über den Tisch gezogen worden. Dies sei im Jahr 1964 geschehen und der gesamte Gemeinderat sei involviert gewesen. Außerdem habe er ausgeführt, bereits zu Unrecht in die Psychiatrie eingewiesen worden zu sein. Auch seine Ehefrau und sein Sohn seien in psychiatrischer Behandlung. Weiterhin enthält die Akte zahlreiche Schreiben und E-Mails des Klägers an das Landratsamt sowie ein Schreiben an Fr. Dr. L., Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis … (vgl. BA Bl. 15 ff.). Zudem ist in der Akte eine Ereignismeldung der Kriminalpolizeiinspektion … vom 15. August 2022 enthalten, aus der sich ergibt, dass der Kläger an diesem Tag eine Anzeige gegen seinen Sohn wegen Rufmordes habe stellen wollen. Das in diesem Zuge der Polizei übergebene Schreiben des Klägers sei voller Gedankensprünge und zusammenhangloser Aussagen (vgl. BA Bl. 23 ff.).
4
Unter dem 23. November 2022 wurde der Kläger vom Landratsamt aufgefordert, am 30. November 2022 um 13 Uhr in der Führerscheinstelle des Landratsamts vorzusprechen, um aufgeworfene Zweifel bezüglich der Fahreignung aufgrund der Mitteilungen der Waffenbehörde ausschließen zu können. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass in diesem Rahmen auch ein freiwilliges Gespräch mit Hrn. Dr. v. S. vom amtsärztlichen Dienst stattfinden werde. Nachdem der Kläger den Termin nicht wahrnehmen konnte, wurde seitens des Landratsamts unter dem 7. Dezember 2022 ein neuer Termin auf den 15. Dezember 2022 festgesetzt.
5
In einem Aktenvermerk des Hrn. Dr. v. S. über den vereinbarten Untersuchungstermin (vgl. BA Bl. 52) wurde der Gesprächsverlauf mit dem Kläger festgehalten. Der Kläger habe ausgeführt, in den 60er Jahren bereits stationär fachpsychiatrisch im Bezirkskrankenhaus … behandelt worden zu sein, sich aber nicht mehr an den Grund erinnern zu können. Im Laufe des Gesprächs habe er sich in diffusen Vorwürfen gegen ehemalige Gemeinderatsmitglieder ergangen. Die Ausführungen seien wortreich und wirr erfolgt. Es sei sodann versucht worden, den DemTect-Test durchzuführen. Der Kläger habe sich gereizt gezeigt und der Test habe abgebrochen werden müssen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger zeitlich, örtlich und zur Person ausreichend orientiert sei und keine wesentlichen kognitiven Beeinträchtigungen vorlägen. Es liege jedoch der dringende Verdacht einer wahnhaften Störung vor. Insofern müsse festgehalten werden, dass der Kläger situativ nur eingeschränkt orientiert sei. Aus amtsärztlicher Sicht bestünden erhebliche Zweifel an der Eignung zum Führen von Fahrzeugen, weshalb die Einholung eines Gutachtens eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation empfohlen werde.
6
Unter dem 5. Januar 2023, zugestellt am 10. Januar 2023, wurde der Kläger aufgefordert, bis zum 6. März 2023 ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, L, M, S und T beizubringen. Die Untersuchung müsse folgende Fragestellungen umfassen:
7
Ist Herr … trotz des Vorliegens einer Erkrankung aus dem nervenärztlichen Fachbereich (wahnhafte Störung), welche nach Anlage 4 Nr. 7 FeV die Fahreignung in Frage stellt, in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, L, M, S und T gerecht zu werden? Beeinträchtigen die Herrn … ggf. verordneten Medikamente die Fahreignung und das Leistungsvermögen? Liegt eine ausreichende Adhärenz (Compliance, z.B. Krankheitseinsichtigkeit, regelmäßige / überwachte Medikamenteneinnahme) vor? Sind bei gegebener Fahreignung Nachuntersuchungen und wenn ja, in welcher Form, in welchen Zeitabständen und von welchem Arzt erforderlich? Es werde darum gebeten, bis spätestens 19. Januar 2023 mitzuteilen, bei welcher Stelle die Begutachtung erfolgen solle und darauf hingewiesen, dass bei einer verspäteten Rücksendung der Einverständniserklärung eine fristgerechte Erstellung des Gutachtens eventuell nicht mehr gewährleistet werden könne. Es bestehe die Möglichkeit, die Unterlagen vor Übersendung an die Begutachtungsstelle in den Diensträumen des Landratsamts einzusehen. Das Schreiben enthält zudem den Hinweis, dass das Landratsamt im Falle der Nichtvorlage bzw. nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen dürfe, § 11 Abs. 8 FeV.
8
Mit Schreiben des Landratsamts vom 13. März 2023, zugestellt am 15. März 2023, wurde der Kläger zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört. Ihm wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 27. März 2023 eingeräumt.
9
Der Kläger hat am 16. März 2023 persönlich beim Landratsamt vorgesprochen und übergab hierbei ein auf den 15. März 2023 datiertes Schreiben, in dem er ausführte, noch nie einen Unfall verursacht zu haben und auf die Fahrerlaubnis der Klasse 3 dringend angewiesen zu sein. Weiterhin äußerte der Kläger, er leide nicht unter Wahnvorstellungen und könne sich immer beherrschen. Auf längere Zeit habe er keinen Gutachter finden können, da alle überlastet seien. Im Rahmen der persönlichen Vorsprache äußerte der Kläger außerdem, ein solches Gutachten nicht zahlen zu können, da er lediglich ca. 300 EUR auf dem Konto habe (vgl. Aktenvermerk des Landratsamts, Widerspruchsakte Bl. 103).
10
Innerhalb der Anhörungsfrist ging ein ärztliches Gutachten des Hausarztes Dr. med. F. vom 17. März 2023 ein, welches bescheinigt, dass sich der Kläger seit dem Jahr 2004 in hausärztlich-internistischer Behandlung befinde und seitdem keine Behandlungen oder diagnostischen Maßnahmen hinsichtlich psychiatrischer Erkrankungen eingeleitet worden seien.
11
Das Landratsamt teilte dem Kläger unter dem 21. März 2023 mit, an der Gutachtensbeibringungsaufforderung festzuhalten (vgl. Widerspruchsakte Bl. 108 f.).
12
Mit Bescheid vom 29. März 2023, zugestellt am 31. März 2023, entzog das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, L, M, S und T. Der Führerschein mit der Nr. … sei umgehend beim Landratsamt abzuliefern (Ziff. 1). Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 werde angeordnet (Ziff. 2). Für den Fall, dass der Kläger seinen Führerschein nicht innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheids abliefert, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht. Sollte die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs angeordnet werden, so werde die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft verlängert (Ziff. 3). Der Kläger habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gebühr für diesen Bescheid werde auf 150,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betrügen 3,45 EUR (Ziff. 4).
13
Aufgrund der Schilderungen der Waffenbehörde hätten sich beim Kläger Anzeichen für das Vorliegen einer Demenzerkrankung und somit Zweifel an der Fahreignung ergeben, weshalb das Landratsamt dazu verpflichtet gewesen sei, dieser Angelegenheit nachzugehen. Am 15. Dezember 2022 habe ein Gespräch des Klägers mit dem Amtsarzt Dr. v. S. stattgefunden, im Rahmen dessen der Verdacht auf eine wahnhafte Störung erweckt worden sei, da der Kläger in dem Gespräch geäußert habe, sich verfolgt und beeinträchtigt zu fühlen. Aus Sicht des Amtsarztes hätten erhebliche Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestanden, weshalb dieser empfohlen habe, zu dieser Frage ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation einzuholen. Das vorgelegte hausärztliche Attest habe nicht zum Absehen von der Gutachtensaufforderung führen können, da weiterhin Zweifel an der Fahreignung gegeben gewesen seien. Der Fahrerlaubnisbehörde seien Tatsachen zur Kenntnis gelangt, die auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung in Form einer wahnhaften Störung nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV schließen ließen. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe sich das Landratsamt deshalb dazu entschlossen, vom Kläger ein Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation zu fordern. Bei psychischen Erkrankungen bestünden Zweifel an der Fahreignung, da die für das Kraftfahren notwendigen psychischen Fähigkeiten herabgesetzt seien, sodass ein ernsthaftes Risiko des verkehrswidrigen Verhaltens bestehe. Schwere psychotische Krankheitserscheinungen könnten das Realitätsurteil eines Menschen in erheblichem Maße beeinträchtigen und zu Fehlleistungen führen. Die Frist zur Vorlage dieses Gutachtens sei auf den 6. März 2023 festgesetzt worden. Erst am 1. März 2023 – mithin fünf Tage vor Fristablauf – sei nach mehrmaligem Hinweis die Einverständniserklärung zur Begutachtung elektronisch übermittelt worden. Daraufhin habe die Facharztpraxis mitgeteilt, dass der Auftrag aus zeitlichen Gründen nicht angenommen werden könne. Der Kläger sei bereits in der Gutachtensbeibringungsanordnung darauf hingewiesen worden, dass die rechtzeitige Gutachtenserstellung in seiner Verantwortung liege. Hierzu gehöre auch, mit dem Facharzt abzuklären, ob eine termingerechte Untersuchung möglich sei. Eine Fristverlängerung sei aufgrund des Umstandes, dass dem Landratsamt kein konkreter Untersuchungstermin mitgeteilt worden sei, nicht möglich gewesen. Die Frist zur Vorlage des Gutachtens von zwei Monaten sei im Übrigen auch angemessen gewesen. Der Kläger habe das Gutachten nicht innerhalb der gesetzten Frist eingereicht. Aufgrund der Nichtvorlage des Gutachtens müsse das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis entziehen. Der Entzug der Fahrerlaubnis treffe den Kläger auch nicht unvorbereitet, da er zur Entziehung angehört worden sei.
14
Der Führerschein sei gemäß § 47 Abs. 1 FeV unverzüglich bei der Verwaltungsbehörde abzuliefern.
15
Die Sofortvollzugsanordnung sei im öffentlichen Interesse geboten.
16
Es folgen die Begründungen der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung.
17
Der Kläger hat seinen Führerschein am 4. April 2023 bei der PI abgegeben. Das Landratsamt hat diesen am 6. April 2023 erhalten.
18
Unter dem 6. April 2023 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragte zugleich, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Das Landratsamt forderte den Kläger daraufhin auf, den Widerspruch bis zum 12. Mai 2023 zu begründen. Nachdem innerhalb der Frist keine Begründung eingegangen ist, wurde dem Widerspruch nicht abgeholfen. Das Landratsamt legte diesen unter dem 25. Mai 2023 der Regierung von … zur Entscheidung vor (vgl. Widerspruchsakte Bl. 194 f.). Mit Schreiben vom 16. Juni 2023 wurde der Kläger von der Regierung von … aufgefordert, binnen einer Frist von 4 Wochen eine Begründung nachzureichen.
19
Nachdem die digitale Akteneinsicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers wiederholt gescheitert ist, wurde die Akte diesem am 26. Juni 2023 in Papierform übersendet.
20
Mit Schreiben vom 25. Juli 2023 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers widerspruchsbegründend aus, es sei nicht verständlich, weshalb das Attest des Hausarztes nicht geeignet sei, die Zweifel im Hinblick auf die Fahreignung des Klägers zu entkräften. Der aktuelle Zustand des Klägers finde seine Wurzel in der seit einigen Jahren bestehenden Anspruchsverfolgung auf Rückabwicklung einer Hofübergabe. Der Sohn des Klägers habe beim Familiengericht in sittlich fragwürdiger Weise ein Verfahren wegen Betreuung eingeleitet. Hierbei sei eine ambulante Begutachtung durch Dr. V. vorgenommen worden, der eine dementielle, die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigende neurologische Erkrankung ausgeschlossen habe. Außerdem sei festgestellt worden, dass keine Geschäftsunfähigkeit vorliege und eine psychiatrische Unterbringung in einer Klinik nicht befürwortet werde. Feststellungen im Hinblick auf Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit den Normen der Fahrerlaubnisverordnung seien nicht getroffen worden. Zudem sei die Maßnahme auch nicht verhältnismäßig. Aufgrund des Alters, der Erkrankungen des Klägers und der Notwendigkeit der ärztlichen Versorgung bestehe ein hohes Bedürfnis an Mobilität und Flexibilität.
21
Das Gutachten des Dr. V. wurde nicht vorgelegt.
22
Der Kläger wandte sich mit Schreiben u.a. unter dem 10. Juni 2023 (vgl. BA Bl. 224 f.), 30. Juni 2023 (vgl. BA Bl. 253 ff.) und 23. Juli 2023 an das Landratsamt und legte zwei ärztliche Bescheinigungen des Dr. J. und des Dr. T. aus den Jahren 1960 und 1965 (vgl. BA Bl. 255) vor, aus denen hervorgeht, dass der Kläger in psychischer Hinsicht unauffällig sei, nicht an Anfällen leide und keine Intelligenzdefekte vorhanden seien.
23
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2023 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 29. März 2023 zurückgewiesen.
24
Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 7. September 2023, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, beantragte der Kläger, den Bescheid des Beklagten vom 29.03.2023 (Entziehung der vom Landratsamt … erteilten Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, L, M, S und T) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2023 kostenpflichtig aufzuheben und dem Beklagten aufzugeben, den vom Kläger am 04.04.2023 bei der Polizeiinspektion … abgegebenen Führerschein unverzüglich wieder an den Kläger zurückzugeben oder ihm für den Fall der Unbrauchbarmachung eine neue Ausfertigung kostenfrei auszustellen.
25
Unter dem 2. Januar 2024 wurde klagebegründend ausgeführt, dass die erheblichen Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund des dringenden Verdachts einer wahnhaften Störung konstruiert seien. Was ein dringender Verdacht sei, sei rechtlich auszulegen und was eine wahnhafte Störung sei, sei Folge eines medizinisch zu beurteilenden Sachverhalts. Eine solche Störung liege beim Kläger nicht vor. Aus den ärztlichen Attesten aus den Jahren 1960, 1965 und 2023 ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen psychiatrischer Erkrankungen, mithin kein Wahnverhalten, keine Wahnvorstellungen und keine Notwendigkeit einer Behandlung. Auch die ambulant erfolgte Begutachtung durch den MDK im Pflegegeldverfahren spreche gegen eine wahnhafte Störung. Bei der Begutachtung am 22. April 2022 habe sich gezeigt, dass normale altersbedingte degenerative Veränderungen vorlägen, nicht jedoch kognitive Beeinträchtigungen. Auch der Prozessbevollmächtigte habe keine Verhaltensauffälligkeiten bemerkt. Der Kläger leide erheblich unter einem Streit mit seinem Sohn. Es folgt die Schilderung der Hintergründe zu der familiären Zerrüttung. Der Kläger sei auf die Fahrerlaubnis – zumindest der Klasse B – aus gesundheitlichen Gründen angewiesen, da er einen künstlichen Harnausgang habe und wegen der ärztlichen Behandlungen auf Eigenmobilität angewiesen sei.
26
Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2024 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
27
Aufgrund der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens habe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Klägers geschlossen werden können. Die der Entziehung zugrundeliegende Aufforderung zur Vorlage eines Gutachtens stelle sich als verhältnismäßig dar. Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls hätten ausreichend konkrete Tatsachen vorgelegen, die auf Eignungsmängel des Klägers hingedeutet hätten. Es werde auf die vorliegenden Verwaltungsvorgänge sowie auf die amtsärztliche Stellungnahme zur Vorsprache des Klägers am 15. Dezember 2022 Bezug genommen. Das Landratsamt habe alle Umstände sorgfältig ermittelt und habe keine Mutmaßungen „ins Blaue hinein“ vorgenommen. Den vorgelegten Attesten komme keine ausreichende Aussagekraft in Hinblick auf die hier inmitten stehende Frage der Fahreignung des Klägers zu. Es werde zudem auf die Begründung des Ausgangsbescheides sowie des Widerspruchsbescheides verwiesen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29
Über das Verfahren kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 4. bzw. 7. März 2024 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
30
Die Klage hat keinen Erfolg.
31
1. Die Klage ist im wohlverstandenen Sinne des anwaltlich vertretenen Klägers so auszulegen, dass dieser die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 29. März 2023 mit Ausnahme der Ziff. 2 (Sofortvollzugsanordnung) begehrt. Ziff. 2 des Bescheids stellt keinen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) dar, sondern ist eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Hauptverwaltungsakt, die rechtliche Aussagen zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes trifft. Rechtsschutz gegen die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung richtet sich daher ausschließlich nach § 80 Abs. 5 VwGO und ist nicht im Rahmen eines Klageverfahrens zu gewähren (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 42 m.w.N.).
32
2. Die Klage ist nur teilweise zulässig. Soweit sie die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheides erfasst, fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis. Der Führerschein wurde vom Kläger innerhalb der in Ziff. 3 des Bescheides bestimmten Frist bei der Führerscheinstelle des Zweckverbandes abgegeben. Das Zwangsgeld wurde deshalb nicht fällig gestellt. Gemäß Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) ist die Anwendung eines Zwangsmittels einzustellen, sobald der Pflichtige seiner Verpflichtung nachkommt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Ziff. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen dieser Vorschrift beitreiben wird. Die Zwangsgeldandrohung hat sich damit erledigt (VG Bayreuth, B.v.12.7.2018 – B1 18.564 – juris Rn. 21; VG Würzburg, U.v. 24.2.2021 – W 6 K.20.1735 – BeckRS 2021, 6971 Rn. 21). Die Klage ist insoweit unzulässig.
33
3. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet und hat deshalb in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Form des Widerspruchbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
34
a. Die in Ziff. 1 angeordnete Fahrerlaubnisentziehung begegnet keinen Rechtmäßigkeitsbedenken.
35
Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet oder bedingt geeignet ist, so finden gem. § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung.
36
Die Nichteignung des Klägers ergibt sich vorliegend aus § 11 Abs. 8 FeV. Bringt ein Fahrerlaubnisbewerber demgemäß ein behördlich angeordnetes Fahreignungsgutachten nicht bzw. nicht fristgerecht bei, darf die Fahrerlaubnisbehörde zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung darauf schließen, dass dem Betroffenen die Fahreignung fehlt. Der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen im Falle grundloser Nichtbeibringung des Gutachtens ist gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung zur Gutachtensbeibringung rechtmäßig war, wenn also die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung erfüllt sind und die Anordnung auch im Übrigen den Anforderungen des § 11 FeV entspricht. Voraussetzung ist, dass die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig erfolgt ist (st Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20/15 – juris Rn. 19). Die Gutachtensanordnung muss weiter hinreichend bestimmt und aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss der Gutachtensaufforderung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Weiterhin ist gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV erforderlich, dass der Betroffene nachweislich auf die Folgen der Nichteignungsvermutung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV hingewiesen wurde. Zwar trifft es zu, dass nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Ungeeignetheit des Betreffenden geschlossen werden kann, wenn das Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt wird. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Ausschlussfrist nach deren Ablauf weiteres Vorbringen präkludiert ist und z.B. auch bei verspäteter Vorlage eines positiven Gutachtens die Fahrerlaubnis entzogen werden könnte, sondern weiterer Sachvortrag und andere Erkenntnisse sind bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 7.8.2018 – 11 CS 18.1270 – juris Rn. 16 ff. unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 12.3.1985 – 7 C 26/83 – juris Rn. 16).
37
aa. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV müssen der Fahrerlaubnisbehörde Tatsachen bekannt werden, die im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Beibringungsanordnung Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens muss sich dabei auf konkrete Tatsachen stützen und darf nicht auf einen bloßen Verdacht hin „ins Blaue hinein“ verlangt werden (BayVGH, U.v. 3.9.2015 – 11 CS 15.1505 – juris Rn. 13). Ob solche konkreten Tatsachen vorliegen, die Bedenken gegen die körperliche und geistige Eignung des Fahrerlaubniserwerbers begründen, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Diese Tatsachen können sich auch aus Mitteilungen anderer Behörden ergeben. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Ergehens der zu überprüfenden Anordnung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – juris Rn. 14; B.v. 21.5.2012 – 3 B 65.11 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 11 CS 15.645 – juris Rn. 11). Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Beibringungsanordnung trotz Vorliegens neuer Erkenntnisse, die die ursprünglichen Zweifel (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV: „Tatsachen, die Bedenken begründen“) an der Fahrgeeignetheit des Betroffenen ausräumen, aufrechtzuerhalten ist. Vielmehr ist, werden die ursprünglich zu Recht bestehenden Bedenken gegen die Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers auch ohne die Vorlage des geforderten Gutachtens in sonstiger Weise vollständig und – auch für den (medizinisch und psychologisch nicht geschulten) Laien nachvollziehbar – eindeutig ausgeräumt, die Gutachtensbeibringungsanordnung aufzuheben, weil es dann einer medizinischen Untersuchung und der Vorlage eines Fahreignungsgutachtens offensichtlich nicht mehr bedarf. Davon ist allerdings nur dann auszugehen‚ wenn keinerlei Restzweifel hinsichtlich der Fahreignung mehr verbleiben und die ursprünglichen Bedenken eindeutig widerlegt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2016 – 11 CS 16.260 – juris Rn. 13, so auch SächsOVG, B.v. 18.5.2020 – 6 B 346/19 – ZfSch 2020, 416, 417).
38
Das Gericht hat keinen Zweifel, dass die Forderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens im maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringungsaufforderung zu Recht erfolgt ist, denn es bestanden und bestehen vorliegend Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer Wahnerkrankung leidet. Am 11. Oktober 2022 wurde der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts von der Waffenbehörde der waffenrechtliche Vorgang zum Kläger zur Kenntnis und zur Prüfung übersandt, da seitens der Waffenbehörde erhebliche Bedenken hinsichtlich der körperlichen Eignung gemäß § 6 WaffG bestünden, die auch für die Beurteilung der Fahreignung des Klägers von Relevanz sein könnten (vgl. BA Bl. 1 ff.). So wies die Waffenbehörde die Fahrerlaubnisbehörde darauf hin, dass der Kläger im Zuge des waffenrechtlichen Verfahrens immer wieder Aussagen getätigt habe, die auf eine psychische Erkrankung hindeuteten. Auch in der Akte enthaltene Mitteilungen der Polizei wie etwa die Kurzmitteilung der PI vom 26. Januar 2021 (BA Bl. 3) oder die Ereignismeldung der Kriminalpolizeiinspektion … vom 15. August 2022 (BA Bl. 23 ff.) enthielten Hinweise auf einen psychisch auffälligen und geistig verwirrten Zustand des Klägers. Diese zweifelbegründenden Tatsachen wurden weiter verstärkt infolge des Termins zur persönlichen Vorsprache des Klägers beim Amtsarzt Dr. v. S. am 15. Dezember 2022, als dessen Ergebnis in einem Aktenvermerk seitens des Amtsarztes festgehalten wurde, dass beim Kläger der dringende Verdacht einer wahnhaften Störung vorliege (vgl. Aktenvermerk, BA Bl. 52), weshalb ein Gutachten eines verkehrsmedizinisch geschulten Arztes für Neurologie und Psychiatrie empfohlen werde.
39
Zwar steht nicht fest, ob diese Erkrankung einer der in der Anlage 4 Nr. 7 der FeV aufgezählten Störungen zugeordnet werden kann – wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist – und welche konkrete Unternummer innerhalb der Nr. 7 einschlägig sein könnte. Um die Notwendigkeit einer solchen Begutachtung zu bejahen, genügt es jedoch, dass bei einer Person Symptome zu verzeichnen sind, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Fähigkeit zur adäquaten Erfassung oder Bewertung der Lebenswirklichkeit beeinträchtigt ist, und diese Störung möglicherweise mit einer Gefährdung des Straßenverkehrs einhergeht (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 11 C 10.2329 – juris Rn. 27). Eine Person, die unter Verfolgungswahn leidet und deshalb Vorgängen eine nicht der Realität entsprechende Bedeutung beimisst, bietet nicht die Gewähr dafür, dass sich aus ihrer motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr keine Schäden für die Rechtsgüter Dritter ergeben werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 11 C 10.2329 – juris Rn. 27). Insbesondere ist in derartigen Fällen zu vermuten, dass der situationsgerechte Einsatz der psycho-physischen Leistungsfähigkeit aufgrund von Antriebs- bzw. Konzentrationsstörungen gemindert ist. Weiterhin besteht bei psychischen Erkrankungen die Gefahr, dass das Realitätsurteil des Fahrerlaubnisinhabers in so erheblichem Maße beeinträchtigt ist, dass selbst die Einschätzung normaler Verkehrssituationen gestört sein kann. In höherem Alter tritt regelmäßig eine zunehmende Anpassungsschwierigkeit hinzu. Verbindet sich diese mit einer psychischen Erkrankung so entsteht die besonders gefahrenträchtige Kombination von Leistungsschwäche und falscher Einschätzung des eigenen Leistungsvermögens (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 228 ff.).
40
Die bestehenden Anhaltspunkte für eine fahreignungsrelevante Erkrankung des Klägers sind auch nicht nachträglich durch Vorlage medizinischer Befunde entfallen.
41
Gänzlich ungeeignet, den Verdacht auf eine fahreignungsrelevante Erkrankung beim Kläger entfallen zu lassen, sind die beiden vorgelegten ärztlichen Atteste des Dr. J. aus dem Jahr 1960 und des Dr. T. aus dem Jahr 1965 (vgl. BA Bl. 255), da diese zu der Frage, ob aktuell beim Kläger Erkrankungen aus dem nervenärztlichen Bereich vorliegen, die die Fahreignung in Frage stellen, nichts beitragen können, weil sie bereits vor über fünfzig Jahren erstellt wurden.
42
Auch nicht geeignet, den Verdacht entfallen zu lassen, dass bei dem Kläger fahreignungsrelevante Beeinträchtigungen vorliegen könnten, ist das ärztliche Attest des Hausarztes Dr. med. F. vom 17. März 2023, welches bescheinigt, dass sich der Kläger seit dem Jahr 2004 in hausärztlicher Behandlung befinde und seitdem keine Behandlungen oder diagnostische Maßnahmen hinsichtlich psychiatrischer Erkrankungen eingeleitet worden seien. Sieht man davon ab, dass Ärzte, die die zu begutachtende Person behandelt haben, nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV grundsätzlich nicht dazu berufen sind, sich sachverständig zur Fahreignung des Betroffenen zu äußern, so muss berücksichtigt werden, dass sich aus der Bescheinigung auch die Begutachtungsgrundlage nicht ergibt. Es bleibt deshalb unklar, ob eine Untersuchung des Klägers im Hinblick auf dessen Fahreignung vorgenommen wurde. Außerdem wird aus dem Attest nicht ersichtlich, wie oft der Kläger diesen Arzt konsultierte und ob der Arzt überhaupt über die notwendige Kenntnis über die Vorgänge in der Vergangenheit verfügt, um über die Fahreignung eine treffende Einschätzung abgeben zu können. Schließlich lagen ihm auch die Unterlagen für die Beurteilung der Fahreignung nicht vor. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Hausarzt nicht um einen Facharzt handelt, ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass der Hausarzt über eine verkehrsmedizinische Qualifikation zur Beurteilung derartiger Fragen verfügt.
43
An diesem Ergebnis ändert auch die Vorlage des sozialmedizinischen Gutachtens des Medizinischen Dienstes zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit vom 15. März bzw. 22. April 2023 nichts, da das Gutachten erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides und Widerspruchsbescheides vorgelegt wurde. Das Gutachten hätte zudem die konkreten behördlichen Zweifel im Vorfeld der Begutachtungsaufforderung auch bei fristgerechter Vorlage nicht ausräumen können. Dergleichen wäre nur dann anzunehmen, wenn – wie oben bereits festgehalten wurde – keinerlei Restzweifel hinsichtlich der Fahreignung mehr verblieben und die ursprünglichen Bedenken – auch für einen medizinisch und psychologisch geschulten Laien – eindeutig hätten widerlegt werden können (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2016 – 11 CS 16.260 – juris Rn. 13). Insofern ist anzumerken, dass sich das sozialmedizinische Gutachten auf die Frage bezieht, ob der Kläger pflegebedürftig ist. Die Fahreignung des Klägers hingegen war nicht Gegenstand dieser Begutachtung. Hinzu tritt der Umstand, dass die Begutachtung durch den medizinischen Dienst von einer Pflegefachkraft und nicht von einem Arzt, mithin auch nicht von einem Facharzt, durchgeführt wird. Insofern können die gutachterlichen Feststellungen dahingehend, dass keine kognitiven Einschränkungen und psychische Problemlagen bestehen, die begründeten Zweifel an der Fahreignung nicht gänzlich ausräumen. Vielmehr bleiben auch nach Vorlage des Gutachtens erhebliche Zweifel an der Fahreignung des Klägers.
44
Zudem begründet die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgetragene ambulante Begutachtung durch Dr. V. im Rahmen eines den Kläger betreffenden Betreuungsverfahrens, der in seinem Gutachten festgehalten habe, dass beim Kläger eine dementielle, die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigende neurologische Erkrankung ausgeschlossen werde und der zugleich festgestellt habe, dass keine (partielle) Geschäftsunfähigkeit, kein unfreier Wille und keine Notwendigkeit einer psychiatrischen Unterbringung in einer Klinik vorliege (vgl. Widerspruchsbegründung, Widerspruchsakte Bl. 212 f.), kein anderes Ergebnis. Insofern ist festzuhalten, dass das Gutachten des Dr. V. weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren vorgelegt wurde. Unklar bleibt deshalb, wann dieses Gutachten angefertigt worden sein soll, welchen Zeitraum das Gutachten beleuchtet hat und was konkret Gutachtensgegenstand war. In Bezug auf die vorgetragenen Feststellungen, die in dem Betreuungsgutachten getroffen worden sein sollen, ist anzumerken, dass diese nicht die Frage der Fahreignung des Klägers umfassen. Zudem wären die getroffenen Feststellungen wohl auch nicht geeignet, die Zweifel an der Fahreignung des Klägers zu entkräften. Auch wenn der Kläger als geschäftsfähig eingeschätzt würde und eine Notwendigkeit zur psychiatrischen Unterbringung in einer Klinik ausgeschlossen würde, können – wie vorliegend angenommen – dennoch Zweifel an der Eignung des Betroffenen bestehen, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen.
45
bb. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV ist in der Anordnung zu bestimmen, von welcher Art von Arzt das ärztliche Gutachten erstellt werden soll. Das Landratsamt forderte vom Kläger die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens von einem für die Fragestellung zuständigen Facharzt der Neurologie und Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV.
46
cc. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV muss die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 der FeV in der Anordnung zur Beibringung des ärztlichen Gutachtens festlegen, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ist dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen mitzuteilen, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen, das Gutachten beizubringen hat und er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringungsanordnung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – juris Rn. 21). Durch die Mitteilung der zu begutachtenden Fragestellung, die der Konkretisierung des Untersuchungsthemas dient, soll der Betroffene in Einklang damit in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zu bestimmenden Frist zur Vorlage des Gutachtens ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Zudem soll er sich darüber schlüssig werden können, ob er sich der mit seiner Exploration voraussichtlich verbundenen Offenlegung von Details seiner Privatsphäre aussetzen will. Schließlich ist die Mitteilung der konkreten Fragestellung an den Betroffenen auch deshalb geboten, um ihm die Prüfung zu ermöglichen, ob die an den Gutachter mitgeteilte Fragestellung der Beibringungsanordnung entspricht und sich die Begutachtungsstelle daran hält (BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 23). Hinsichtlich des genauen Grades der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss, kommt es ausgehend von diesen abstrakten Anforderungen auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an. Der Beibringungsanordnung muss sich zweifelsfrei entnehmen lassen, welche Problematik auf welche Weise geklärt werden soll (vgl. BVerwG, B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14 – juris Rn. 9). Dabei ist die Krankheit oder die Beeinträchtigung, die die Fahreignungszweifel begründet, zu benennen.
47
1) Wenn der Beklagte die Fragestellung so fasst, dass zu klären sei, ob der Kläger „trotz des Vorliegens einer Erkrankung aus dem nervenärztlichen Fachbereich (wahnhafte Störung), welche nach Anlage 4 Nr. 7 FeV die Fahreignung in Frage stellt“ in der Lage ist, „den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A1, B, BE, C1E, CE, M, S, L und T gerecht zu werden“, so begegnet dies keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit der Konkretisierung der Fragestellung auf die Abklärung einer Erkrankung im Sinne der Anlage 4 Nr. 7 wird im Sinne des aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeschlossen, dass die Gesamtheit der in Anlage 4 genannten Krankheitsbilder zum Gegenstand der fachärztlichen Untersuchung gemacht wird.*Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es der Behörde nicht immer möglich sein wird, das genaue Krankheitsbild aus der Anlage 4 Nr. 7 zu bestimmen, denn die verdachtsbegründenden Umstände können – wie im vorliegenden Fall – so unspezifisch sein, dass eine genaue Zuordnung zu den Nummern der Anlage 4 ausgeschlossen ist. Deshalb genügt die Behörde den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV auch, wenn sie die Fragestellung auf „Erkrankungen aus dem nervenärztlichen Bereich“ bezieht und die Begutachtung auf Erkrankungen aus der Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV beschränkt.
48
Angesichts der Tatsache, dass es dem Landratsamt bei der Beibringungsaufforderung eines medizinischen Gutachtens nach eigener Aussage vor allem um die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen einer Erkrankung nach der Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV ging, überrascht zunächst die gewählte Formulierung, ob der Kläger „trotz des Vorliegens einer Erkrankung“ in der Lage ist, den verkehrsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, da diese auf den erstem Blick die Annahme impliziert, eine solche Erkrankung würde beim Kläger vorliegen. Die Behördenakte enthält keine ärztliche Diagnose einer konkreten psychisch geistigen Störung. Angesichts der unspezifischen verdachtsbegründenden Umstände, die auf eine wahnhafte Störung beim Kläger hindeuteten, war die Behörde gehalten, sich zur Präzisierung des Krankheitsbildes des Sachverstandes eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation zu bedienen. Nichtsdestotrotz erfüllt die Fragestellung die Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV. Die Frage muss in ihrer Gesamtschau der rechtlichen Bewertung zugeführt werden. Der erste Bestandteil der Frage, der das Vorliegen einer Erkrankung zu implizieren erscheint, ist untrennbar mit dem zweiten Teil verknüpft, der danach fragt, ob der Kläger aufgrund der Erkrankung den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen noch gerecht werden kann. Folglich erledigt sich der zweite Teil der Fragestellung, wenn vom begutachtenden Arzt bereits keine Erkrankung nach der Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV festgestellt werden sollte. Bei genauerer Betrachtung der Fragestellung zeigt sich, dass diese aus zwei Fragen besteht: Die Erste fragt nach dem Vorliegen einer Erkrankung und die Zweite danach, ob der Kläger trotz der festgestellten Erkrankung die Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen erfüllen kann. Einer solchen Auslegung der Fragestellung steht auch nicht der Sinn und Zweck des § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV entgegen, der sicherstellen soll, dass dem Betroffenen durch die Mitteilung der Frage klar wird, welche Aspekte den Gegenstand der medizinischen Untersuchung bilden, um so beurteilen zu können, ob er sich dieser medizinischen Untersuchung unterziehen möchte. In der Gesamtschau der Fragestellungen zusammen mit den ausführlichen Schilderungen des Landratsamtes zum Anlass der Beibringungsaufforderung ergab sich eindeutig, dass die Frage nach dem Vorliegen einer psychischen Erkrankung Gegenstand der medizinischen Untersuchung durch den Facharzt sein wird.
49
2) Der Beklagte ist weiterhin den sich aus § 11 Abs. 6 Satz 2 und 4 FeV ergebenden Informationspflichten korrekt nachgekommen. Der Beklagte hat dem Kläger in seinem Schreiben vom 5. Januar 2023 ausführlich die Gründe dargelegt, welche die Zweifel an der Fahreignung des Klägers stützen. Außerdem hat das Landratsamt den Kläger gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV auf die Möglichkeit hingewiesen, die zu übersendenden Unterlagen bei der Führerscheinstelle einzusehen.
50
dd. Die Fristsetzung zur Beibringung des medizinischen Gutachtens gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV war angemessen. Sie war insbesondere so bemessen, dass es dem Kläger unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände möglich und zumutbar war, das Gutachten fristgerecht vorzulegen. Die Beibringungsfrist ist nach der Zeitspanne zu bemessen, die zur Erstattung des Gutachtens voraussichtlich benötigt wird (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 11 CS 18.1808 – juris Rn. 26; B.v. 23.4.2013 – 11 CS 13.219 – juris Rn. 20). Dem Kläger standen acht Wochen zur Verfügung, um seinen Gesundheitszustand und seine Fahreignung entsprechend der Gutachtensbeibringungsaufforderung begutachten zu lassen. Dieser Zeitraum hätte ihm unter Berücksichtigung der vorhandenen Kommunikationswege grundsätzlich die Gelegenheit geboten, sich begutachten zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 11 CS 18.1808 – juris Rn. 27 bezüglich eines Zeitraums von „etwas mehr als acht Wochen“, wobei hier Feiertage und Jahreswechsel zu berücksichtigen waren). Weder aus der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2017 – 11 CS 17.1483 – juris Rn. 5, 26; B.v. 21.10.2015 – 11 C 15.2036 – juris Rn. 18; B.v. 23.4.2013 – 11 CS 13.219 – juris Rn. 20: jeweils zwei Monate für ausreichend erachtet) noch aus der Verwaltungspraxis anderer Hoheitsträger lässt sich eine behördliche Verpflichtung ableiten, regelmäßig (z.B.) drei Monate zur Beibringung eines Gutachtens einzuräumen (BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 11 CS 18.1808 – juris Rn. 28). Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen der Gutachtensbeibringungsaufforderung gebeten wurde, bis spätestens 19. Januar 2023 mitzuteilen, bei welcher Stelle die Begutachtung erfolgen solle, um eine fristgerechte Begutachtung sicherzustellen. Die Einverständniserklärung wurde von ihm jedoch erst wenige Tage vor Fristablauf der Behörde übersendet. Dass die Begutachtung in diesem Falle nicht mehr fristgerecht durchgeführt werden konnte, geht zu seinen Lasten, da er hinreichend Zeit hatte, sich um einen Gutachter zu bemühen, der die Begutachtung innerhalb der Frist durchführen kann.
51
ee. Das Landratsamt … hat weiterhin das ihm gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV zustehende Ermessen im Hinblick auf die Aufforderung zur Beibringung eines medizinischen Gutachtens gemäß § 114 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß ausgeübt. Es sind keine Ermessensfehler erkennbar. Insbesondere lässt die Beibringungsaufforderung des Landratsamts … erkennen, dass die Interessen des Klägers – die persönlichen und finanziellen Interessen – mit dem öffentlichen Interesse an Verkehrssicherheit auf öffentlichen Straßen abgewogen wurden. Dies zeigt, dass das Landratsamt alle relevanten Interessen ermittelt und einander gegenübergestellt hat. In der Zusammenschau der bekannt gewordenen Informationen über den Kläger ergaben sich für die Behörde zu Recht erhebliche Zweifel an seiner Fahreignung. Im Rahmen der Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens durfte die Behörde vorliegend von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs gegenüber dem persönlichen und finanziellen Interesse des Klägers an der Nichtbeibringung eines medizinischen Gutachtens ausgehen.
52
Der klägerische Einwand, er könne sich die Begutachtung nicht leisten, verfängt nicht. Für die Frage der Zulässigkeit der Gutachtensbeibringungsaufforderung kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht an. Verfügt der Betroffene nicht über die erforderlichen Mittel für die Beauftragung eines medizinischen Gutachtens, so geht dies zu Lasten des Betroffenen, denn das Risiko, das von einem möglicherweise ungeeigneten Kraftfahrer ausgeht, kann nicht der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Es entspricht der einhelligen Meinung der Rechtsprechung sowie der Kommentarliteratur, dass das Fehlen finanzieller Mittel bei Fahreignungszweifeln keinen ausreichenden Grund für das Absehen von der Begutachtung darstellt (vgl. anstatt Vieler BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 11 CS 17.1821 – juris Rn. 17; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 11 FeV Rn. 53).
53
ff. Die Aufforderung zur Beibringung eines medizinischen Gutachtens eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie war auch verhältnismäßig. Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich prüfen, ob der Sachverhalt zunächst noch durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen weiter aufgeklärt werden kann. Die Anordnung zur Beibringung eines medizinischen Gutachtens gegenüber dem Kläger war im vorliegenden Fall insbesondere erforderlich, mithin das mildeste geeignete Mittel, um die Zweifel an der Fahreignung des Klägers auszuräumen. Lassen die der Anforderung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen einen Eignungsmangel als naheliegend erscheinen, so steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dieser Anordnung in der Regel nicht entgegen. Dies wurde gerichtlich vor allem für die Fälle festgestellt, in denen die Fahrerlaubnisbehörde im Entziehungsverfahren nicht nur ein einfaches medizinisches Gutachten, sondern sogar ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert hat (vgl. BVerfG, B.v. 24.6.1993 – 1 BvR 689/92 – BverfGE 89, 69 – juris Rn. 63; BayVGH, B.v. 25.4.2016 – 11 CS 16.227 – juris Rn. 11; VG Bayreuth, U.v. 29.10.2019 – B 1 K 19.219 – juris Rn. 30). In diesem Zusammenhang ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das Landratsamt nach Erhalt des waffenrechtlichen Vorgangs des Klägers, der Tatsachen enthielt, die auch Zweifel an der Fahreignung des Klägers begründeten, zunächst eigene Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt hat, bevor es vom Kläger ein fachärztliches Gutachten zur Beurteilung der Fahreignung forderte. So wurde der Kläger vorerst zu einer persönlichen Vorsprache bei dem Amtsarzt Dr. v. S. gebeten. Im Rahmen dieses Gesprächs konnten zwar die Zweifel hinsichtlich einer Demenz ausgeräumt werden. Seitens des Amtsarztes wurde aber der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer wahnhaften Störung geäußert und die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens empfohlen. Da eine Person, die unter Verfolgungswahn leidet und deshalb Vorgängen eine nicht der Realität entsprechende Bedeutung beimisst, nicht die Gewähr dafür bietet, dass sich aus ihrer motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr keine Schäden für die Rechtsgüter Dritter ergeben werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010, 11 C 10.2329 – juris Rn. 27), musste das Landratsamt diesen Zweifeln an der Fahreignung des Klägers nachgehen und durfte zur Klärung dieser Frage ein fachärztliches Gutachten fordern.
54
gg. Das Landratsamt hat den Kläger im Rahmen der Gutachtensbeibringungsaufforderung vom 5. Januar 2023 gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV auch auf die Folgen der nicht fristgerechten Beibringung des geforderten Gutachtens hingewiesen.
55
hh. Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 14). Da der Kläger das vom Landratsamt geforderte medizinische Gutachten nicht beigebracht hat, musste das Landratsamt folglich von der Nichteignung des Klägers ausgehen und die Fahrerlaubnis entziehen. Das Vorbringen des Klägers, er sei zur Sicherung der ärztlichen Versorgung, aber auch zur täglichen Grundversorgung und zur sozio-kulturellen Teilhabe auf die Fahrerlaubnis angewiesen, konnte deshalb im Rahmen der Entziehungsentscheidung keine Berücksichtigung finden.
56
b. Aus obenstehenden Gründen ist auch die Pflicht zur umgehenden Ablieferung des Führerscheins in Ziff. 1 rechtmäßig. Die Anordnung beruht auf § 47 Abs. 1 FeV, wonach Führerscheine nach der Entziehung unverzüglich bei der Behörde abzuliefern sind. Insofern steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Rückgabe des Führerscheins zu.
57
c. Die Festsetzung der Kosten in Ziff. 4 des Bescheides beruht auf §§ 1 ff. Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Gebühren sind nach §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt dem Kläger aufzuerlegen. Die Gebühren in Höhe von 150,00 EUR bewegen sich im Gebührenrahmen der Nr. 206 der Anlage 1 zur GebOSt und sind nicht zu beanstanden. Die Auslagen für die Postzustellungsurkunde in Höhe von 3,45 EUR sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt vom Kläger zu tragen. Auch die Gebührenfestsetzung des Widerspruchsbescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
II.
58
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
III.
59
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO).